Münster glänzt grundlos

Greenpeace-Studie sieht Öffentlichen Verkehr in der Domstadt deutschlandweit auf Rang vier

Der aktuelle Greenpeace-Städtevergleich „Verspätete Abfahrt“, der Anfang März veröffentlicht wurde, zeigt, dass in den beiden vergangenen Jahren das ÖPNV-Angebot in den deutschen Städten sich allerdings in nur lediglich zehn der 30 größten Kommunen unwesentlich verbessert hat. Teilweise wurde das Angebot mit Bus & Bahn sogar bis zu sieben Prozent gekürzt. Wie Greenpeace schreibt, müsse, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, das ÖPNV-Angebot pro Jahr um mindestens 4,5 Prozent wachsen. Diesen Wert erreichte im Untersuchungszeitraum nur die sächsische Metropole Leipzig . Die laut Greenpeace von Bund und Ländern angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 erfordere sogar ein jährliches Wachstum von acht Prozent, was von keiner der untersuchten Städte erreicht wurde.

„Eine Großstadt ohne gutes Bus- und Bahnangebot ist keine. Der ÖPNV ist das Rückgrat eines sauberen, klimaschonenden Verkehrs, doch in den meisten Städten steht der Ausbau auf der Kriechspur. Viele streichen sogar Verbindungen und zwingen Menschen so zurück ins Auto. Lebenswerte Städte brauchen attraktiven, klimafreundlichen Nahverkehr.

Lena Donat, Greenpeace-Verkehrsexpertin

In Münster sei das ÖPNV-Angebot zwischen 2023 und 2025 um knapp vier Prozent gewachsen, stellt die Studie fest. Damit liegt die westfälische Domstadt im Vergleich mit den 30 anderen untersuchten Städten zwar auf dem vierten Platz, doch Greenpeace merkt kritisch an: „Historisch betrachtet wurde das Angebot jedoch nicht ausgeweitet, die Stadt hat lediglich versucht, auf das Angebotsniveau von 2019 zurückzukehren. Seit der Corona-Pandemie haben die Stadtwerke mit Personalproblemen zu kämpfen und mussten den 20-Minuten-Takt auf einen 30-Minuten-Takt reduzieren und ganze Buslinien streichen. Seit 2023 wird das Angebot schrittweise wieder hochgefahren, ohne das 2019er Niveau bislang zu erreichen.“

Greenpeace will mehr und besseren ÖPNV

Bleibt also nicht allein, aber auch in Münster, deren Anteil des ÖPNV am Modal Split, der Fahrtenverteilung in der Stadt, zudem deutlich unter einem Anteil von zehn Prozent der Wege liegt, sehr viel zu tun, wenn der Öffentliche Verkehr die Verkehrswende miteinläuten soll. „Der öffentliche Nahverkehr ermöglicht soziale Teilhabe, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima“, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima, betont Greenpeace und stellt begleitend zur Studie Forderungen auf:

  • Der Bund soll gemeinsam mit den Ländern einen mit Maßnahmen, Zwischenzielen und Finanzierungszusagen hinterlegten Fahrplan zur Fahrgastverdoppelung bis 2030 erarbeiten und die Finanzierung des ÖPNV massiv aufstocken. Mehr Mittel sind nötig, um den Betrieb zu sichern, den Ausbau voranzutreiben und genügend Fachkräfte mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu gewinnen.
  • Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land erfordern einen attraktiven, barrierefreien ÖPNV als echte Alternative zum Auto. Der Bund sollte in Absprache mit Ländern, Kommunen und der Öffentlichkeit einen bundesweiten Mindeststandard festlegen. Wir brauchen verlässliche Verbindungen mindestens alle zehn Minuten in der Stadt, alle 30 Minuten auf dem Land. Von früh bis spät, auch an Wochenenden.
  • Das Deutschlandticket bringt Rückenwind für den Nahverkehr. Es muss langfristig gesichert werden und für alle bezahlbar sein: Mit kostenlosen Tickets für Kinder und Jugendliche werden Familien entlastet. Ein bundesweites Sozialticket für maximal 19 Euro erlaubt allen Menschen Teilhabe und Mobilität. Um die Verkehrswende voranzubringen, sollte der reguläre Preis für das Deutschlandticket 29 Euro betragen.
Demonstration für einen effektiven ÖPNV im Dezember 2024 in Berlin. (Foto: © greenpeace.de)

VCD Münsterland will schnellere Busse

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat schon vor einiger Zeit deutlich gemacht, was in Münster passieren muss, da die zu langsamen Busse, sie erreichen statt der in Großstädten grundsätzlich angestrebten Reisegeschwindigkeit von 25 km/h in der Domstadt lediglich Geschwindigkeit von durchschnittlich 15 bis 17 Stundenkilometer. „Leider ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der Busse in Münster in den letzten Jahren immer geringer geworden“, erklärte Anfang Februar Thomas Lins, Vorsitzender des VCD im Münsterland, „denn der überbordende KFZ-Verkehr bremst auch den Bus aus.“ Da haben die unter anderem vom VCD erkämpften Busspuren, die in den vergangenen Jahren in der Innenstadt errichtet wurden, zwar für Verbesserungen gesorgt, aber mitnichten Abhilfe bei dem Grundproblem geschaffen.

Thomas Lins forderte konkret: „Das bedeutet Busspuren, wo es möglich ist; Ampelschaltungen, die dem Bus freie Vorfahrt gewähren; dort, wo kein Platz für Busspuren ist, möglicherweise Einbahnstraßenregelungen für den motorisierten Individualverkehr; Buchten für den Lieferverkehr, damit Paketdienste und Lieferwagen den Bus nicht ausbremsen.“

Alternative zu Bus und Auto ist der SPNV

Die erfolgreiche, kommunale Eisenbahn im Kreis Bentheim könnte einen Weg für den Stadt-Land-Pendelverkehr rund um Münster aufzeigen. (Foto: Werner Szybalski)

Die Alternative zu Bus und PKW könnte der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Münsterland sein. Eine Arbeitsgruppe des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland sitzt aktuell an einem Forderungskatalog für eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Straßenbahn in Münster. Die Wiederbelebung der Straßenbahn würde zwar einige Jahre dauern, so ein Vertreter von Pro Bahn, aber wäre „vermutlich leichter und schneller umzusetzen, als die von der Kommunalpolitik des Münsterlandes erhoffte, beziehungsweise besser erträumte, Verwirklichung der S-Bahn Münsterland.“

Von der auch in der Greenpeace-Studie die Rede. Sie würde zügig auf vorhandenen Schienen an allen Staus vorbeifahren. Doch der Pro-Bahner meint: „Wir sehen an der verschleppten Reaktivierung der WLE oder verzögerten Sicherung der Bahntrasse zwischen Münster und Warendorf das mit der DB im Nahverkehr nicht wirklich zu rechnen ist. Deshalb muss intensiv über Straßenbahnen in Münster, Stadtbahnen in die Fläche und eine eigene kommunale oder stadtregionsweite Regionalbahn in Eigenregie nachgedacht werden. Strecken dafür, zum Beispiel nach Coesfeld, Gronau oder Warendorf gibt es genügend, um einen effektiven, kostengünstigen SPNV anzubieten.“

DB ist regional ein Bremsklotz

„Warendorfer“ wird ausgebremst – Forderung von 1991 noch immer nicht umgesetzt

Von Werner Szybalski

Die Misere des Schienenpersonennahverkehr (SPNV) nicht nur im Münsterland geht weiter – Verbesserungen sind nicht wirklich in Sicht. Da sind Bürgermeister (von Telgte und Warendorf) leider genauso machtlos, wie die Menschen, die sich teilweise seit Jahrzehnten für eine Attraktivitätssteigerung der Schiene in Münster und dem Münsterland einsetzen. Einer der größten Bremsklötze ist ausgerechnet die ehemalige Deutsche Bundesbahn (DB).

Am 7. März 2025 gab die Stadt Warendorf eine Pressemeldung heraus, die die SPNV-Misere erneut verdeutlicht: „Mit großer Bestürzung haben die Bürgermeister der Städte Telgte und Warendorf, Wolfgang Pieper und Peter Horstmann, die Entscheidung im DB-Konzern zur Kenntnis genommen, dass offenbar aus strategischen Gründen der Prozess zur Bündelung und Schließung der technisch nicht gesicherten Bahnübergänge auf der Bahnstrecke 2013 von Münster über Telgte nach Warendorf bis mindestens 2031 nicht weiterverfolgt werden soll. In einem gemeinsamen Brief an Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing, Bahnchef Dr. Richard Lutz und den Vorstandsvorsitzenden der DB InfraGO AG Dr. Philipp Nagl fordern sie eindringlich diese Entscheidung zu revidieren.“

Schon Ende 1991 forderte der Verkehrsclub Deutschland (VCD), damals gemeinsam mit dem ehemaligen SPD-Ratsherrn Rudolf Steingrube die Kommunalisierung der Bahnstrecke von Münster nach Warendorf:

Schon 1991 forderten der spätere Bürgermeister von Greven, Rudolf Steingrube, und der VCD Münsterland eine regional betriebene, moderne Bahn zwischen Warendorf, Münster und Neubeckum. (Artikel aus den Westfälischen Nachrichten)

Auch aktuell ist der VCD federführend bei der Kritik an der Entscheidung der DB InfraGO. In seiner Pressemitteilung verdeutlicht der VCD – gemeinsam mit Pro Bahn – grundsätzlich, woran es beim SPNV und seiner Zukunft im Münsterland mangelt: Der Fortschritt beim Bahnverkehr im Münsterland ist eine Schnecke, die teilweise sogar rückwärts kriecht. Die WLE-Reaktivierung nach Sendenhorst verzögert sich seit Jahren; die längst überfällige Elektrifizierung der Bahnlinie nach Enschede wird vermutlich in den kommenden Jahren nicht realisiert; der Ausbau der Bahnstrecke nach Dortmund könnte erneut an Finanzierungsfragen scheitern. Aufgrund des Personalmangels ist das Bedienungsangebot auf einigen (von privaten Unternehmen bedienten) Regionalbahnstrecken heruntergefahren und jetzt verschiebt sich auch noch die Modernisierung der DB-Strecke zwischen Münster und Rheda-Wiedenbrück.

Gehört die Zukunft auf der Strecke nach Warendorf dem DB-Bus (im Hintergrund) oder der Eurobahn? (Fotos: Werner Szybalski)

Ein verlässlicher und leistungsfähiger Schienenverkehr ist von entscheidender Bedeutung für die Mobilität der Menschen in unserer Region. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels ist eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr essenziell, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im ländlichen Raum zu unterstützen, erklärten die Bürgermeister Pieper und Horstmann in der Pressemitteilung der Stadt Warendorf.

Thomas Lins

Thomas Lins, Vorsitzender des VCD Münsterland und ehemaliger grüner Lokalpolitiker in Warendorf, verdeutlicht: „Die Meldung, dass die Bahnstrecke von Münster nach Warendorf frühestens ab den 30er Jahren ertüchtigt wird, ist ein Schlag ins Kontor für alle, die sich für eine ressourcenschonende Gestaltung des Verkehrs einsetzen. Gerade diese Bahnstrecke des »Warendorfer« ist aufgrund der vielen unbeschrankten Bahnübergänge in Bahnkreisen als »Westfalentöter« berüchtigt. Wenn jetzt die Ertüchtigung der Strecke auf Jahre verschoben wird, bleibt die hohe Unfallgefahr und das markerschütternde doppelte Pfeifen vor jedem der rund 30 unbeschrankten Bahnübergänge. Auch der geplante Halbstundentakt zwischen Münster und Warendorf ist mit der jetzigen geringen Fahrgeschwindigkeit nicht realisierbar.“

KOMMENTAR

Weichen neu stellen – Regionalisierung

Die gewählten Lokalpolitiker*innen zwischen Beelen und Bocholt sowie Werne und Ibbenbüren träumen von der S-Bahn Münsterland. Leider werden, trotz avisierter Milliarden für öffentliche Infrastrukturmaßnahmen durch den Bund, die Probleme im regionalen SPNV immer wieder verschoben oder gar aufgegeben. Trotz der Lippenbekenntnisse der gewählten Mandatsträger*innen in den politischen Gremien des Münsterlandes. Dies liegt auch an der Zuständigkeit. So lange die Menschen im Münsterland nicht eigenverantwortlich mit Schienen, Bahnhöfen, Haltepunkten und deren Betrieb umgehen können, wird das Münsterland schienentechnisch bleiben, was es ist: Provinz. Werner Szybalski

Straßenbahn für Münster

Ende Oktober lud Pro Bahn Münsterland zur Auftaktveranstaltung zur Wiedereinführung der Straßenbahn in Münster. Mit rund 40 interessierten Schienenfreund*innen diskutierte Wolfgang Seyfert von der Straßenbahninitiative Osnabrück in der B-Side am Stadthafen in Münster die Perspektiven für den schienengebunden Nahverkehr in Städten und speziell in Osnabrück und Münster.

Zuvor hatte im Stadthaus 3 am Albersloher Weg Werner Szybalski vom Pro-Bahn-Vorstand im Münsterland vor dem Hintergrund der restaurierten „Elektrischen“, wie die Straßenbahn von den Münsteraner*innen genannt worden war, über die gut 50-jährige Geschichte der Tram in der Domstadt informiert. Vor genau 70 Jahren (siehe unten) endete die Geschichte der Tram in Münster – allerdings nur vorläufig, wenn auf die Meinung der Teilnehmer*innen der Pro-Bahn-Veranstaltung gehört wird.

In Osnabrück wäre die Wiederbelebung der Tram machbar

Der Rat der Stadt Osnabrück hatte eine Machbarkeitsstudie für die Reaktivierung der Tram in Auftrag gegeben. Dies allerdings nur, weil die Straßenbahn-Initiative Osnabrück (SBI) zuvor rund 5000 Unterstützer*innenunterschriften für die Wiedereinführung der Tram in Osnabrück gesammelt hatte. Das 80.000 Euro teure Gutachten des Dresdener Planungsbüros VKT stellte die SBI-Mitglieder zufrieden, denn es bescheinigte ihnen, dass es durchaus realistische Perspektiven für die Renaissance des Schienenverkehrs in Osnabrück gibt.

„Die Straßenbahn allein ist nicht die Lösung, aber sie ist die Königin der Mobilität“, unterstrich der emeritierte Professor Wolfgang Seyfert aus Osnabrück gleich zu Beginn seines Vortrages. Zunächst verglich er die verkehrliche Situation zwischen Münster und Osnabrück, die überraschend viele Parallelen ausweise. So sind im Vergleich mit gleichgroßen deutschen Städte Münster und Osnabrück bei der Verkehrswegenutzung (Modalsplit) beide Schlusslicht in den Bereichen Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und Fußverkehr.

Wolfgang Seyfert von der Stadtbahn-Initiative Osnabrück warb bei Pro Bahn Münsterland für ein Revival der Straßenbahn in Münster. Foto: Wolfgang Bensberg

Seyfert hielt fest, dass es Münster ganz gut gelingt, den motorisierten Individualverkehr (Autos) einzuschränken, um aber kritisch erklärend für die genannten Schlusslichtpositionen der benachbarten Orte anzumerken: „Bei Städten der Größe von Münster und Osnabrück brauchen Fußgänger*in einen gut funktionierenden ÖPNV. Die Städte mit hohem ÖPNV-Anteil haben eine Tram.“

Renaissance der Straßenbahn in Frankreich

In französischsprachigen Städten erlebt die Tram ab den 80er Jahren des vergangenen Jahrhundert eine Renaissance. Seyfert: „1971 waren in Frankreich nur noch drei kleine Tramsysteme übrig: in Saint-Étienne, drei Kilometer Strecke in Marseille und in Lille.“ 1975 erfolgte die Cavaillé-Initiative. Marcel Cavaillé, Staatssekretärs im Verkehrsministerium in Paris, forderte in einem Brief die Stadtverwaltungen von Bordeaux, Grenoble, Nancy, Nice, Rouen, Strasbourg, Toulon and Toulouse auf, Konzepte für ihren Stadtverkehr zu entwickeln. „Alle Cavaillé-Städte – bis auf Toulon – haben heute eine Tram. Toulouse baut gerade. Viele andere, auch die ganz großen wie Paris, Marseille und Lyon setzen inzwischen auf die Tram. Spät, aber umfassenden kam der Umschwung in Bordeaux. Die Stadt wurde vom Nachzügler zum Vorreiter in Sachen Straßenbahn und Stadtentwicklung. So gelang der Wandel von einer etwas heruntergekommenen Hafenstadt zum Weltkulturerbe in 2007“, erläuterte Seyfert, der anschließend ein Beispiel aus seiner Geburtsheimat vortrug.

Optimaler Planungsprozess in Calgary

In Ulm sollte die letzte 5,5 Kilometer lange Straßenbahnstrecke 1975 still gelegt werden. Dies wurde durch Proteste der Bürger*innen verhindert. Später konnte diese Tramlinie verlängert werden und zwischen 2025 und 2018 wurde eine zweite Linie gebaut. „Heute sorgen rund 50 Prozent aller Fahrgäste auf den nur zwei Straßenbahnlinien dafür, dass in Ulm die Tram das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs bildet“, berichtete der Osnabrücker.

Calgary im südlichen Kanada, das Zentrum der kanadischen Öl- und Gasindustrie mit über 1,6 Millionen Einwohner*innen. „Das 2005 gestartete Projekt Imagine Calgary, war eine umfassende kommunale Visions- und strategische Planungsinitiative, die die langfristige Entwicklung von Calgary beeinflussen sollte“, verdeutlichte Seyfert, dass dieser Planungsprozess aus seiner Sicht optimal verlaufen sei: „Das vermutlich breiteste Beteiligungsverfahren weltweit. In 18 Monaten, von 2005 bis 2007, waren 18.000 Bürger*innen am Verfahren beteiligt.“ Mit einem Planungshorizont von 50 bis 100 Jahren wurde die gesamte Stadtentwicklung entlang von festgelegten Verkehrskorridoren, die schon ab Baubeginn mit öffentlichen Verkehr bedient wurden, geplant. „Dabei ist die Tram das Rückgrat und die letzte Stufe der Verkehrsplanung. Weil so jede neue Bahn sofort ziemlich voll war, blieben die Betriebskosten der Tram pro Passagier von Beginn an niedrig bei einem Sechstel der Betriebskosten eines Busses.

Zürich kämpft für Tram und Fahrrad

Die Züricher*innen lieben ihre Straßenbahn, berichtete Wolfgang Seyfert. Drei Mal (1960 mit 70 Prozent, 1962 mit 63 Prozent und 1973 mit 71 Prozent) lehnten sie in Volksabstimmungen die Verlegung der Tram in den Untergrund ab und 2020 stimmten sie für ein 130 Kilometer langes Velovorzugsroutennetz in der Stadt. „Viel mehr geht nicht“, so Seyfert.

Letzte Fahrt vor 70 Jahren

Genau vor 70 Jahren, am Donnerstag, dem 25. November 1954, fuhr die Straßenbahn letztmalig durch Münster. Das Ende nach nur 53 Jahren kam nicht überraschend. Schon gut ein Jahr zuvor musste im Oktober die Linie 2 auf der Warendorfer Straße aufgegeben werden. Die Gleise waren, vermutlich wegen eines nicht ausreichend gefüllten Bombenkraters unter der Straße, abgesackt, so dass die Tram nicht mehr fahren konnte. Schon direkt nach dem Krieg hatte ein externer Gutachter empfohlen, zukünftig auf die vom Volksmund „Elektrische“ oder „Strom“ genannte Straßenbahn zu verzichten. Als im Herbst die Sperrung einer der Hauptlinien hinzukam, schlug die Stimmung langsam um in Richtung „modernen Bus- beziehungsweise O-Busbetrieb in Münster.

Die letzte Fahrt des Wagen 60 der Elektrischen in Münster: Im Hintergrund ist die abgerissene Kiesekamps Mühle am Albersloher Weg erkennbar. Heute steht dort das Cineplex. Foto: Universität Münster

Das Aus für die Elektrische in der Domstadt – zurückblickend sicherlich als politische Fehlentscheidung einzustufen – nahmen viele Münsteraner*innen zum Anlass, sich mit einer letzten Fahrt von der Straßenbahn zu verabschieden. Die Westfälischen Nachrichten (WN) schrieben damals, dass tagsüber die „Straßenbahnwagen auffallend starken Verkehr gehabt. Die konservativen Münsteraner, die sich nur schweren Herzens von liebgewordenen Einrichtungen trennen können, nahmen Gelegenheit zu Abschiedsfahrten.“

Auf der tatsächlich letzten Fahrt der Elektrischen wurden unter anderem die Mitglieder des Rates der Stadt mit den Straßenbahnwagen 57, 60 und 62 – außen verziert mit der Aufschrift „Letzte Fahrt“ – von der Lambertikirche durch die Stadt ins Straßenbahndepot am Albersloher Weg gefahren. Eine große Menschenmenge begleitete diese Fahrt. Am Schaltbrett des letzten der drei Wagen stand Oberfahrer Eduard Jenschenfelde, der schon seit drei Jahrzehnten die Elektrische durch Münster bugsierte. Die Menschen winkten, als sich der in den WN „Trauerzug“ genannte Tross in Bewegung setzte. Es wurde extra langsam gefahren, um den Zuschauer*innen am Schienenstrang und in den Fenstern Gelegenheit zum Abschied zu geben. Mit dem „Straßenbahn-Abschiedsschmaus“ an der Haltestelle Stadtwerke, laut WN-Bericht im Regen, endete diese Ära in Münster. Zurück in die Stadt ging es anschließend per Autobus.

Pro Bahn Münsterland fordert Machbarkeitsstudie

Pro Bahn Münsterland möchte in einem Folgetreffen zum oben beschrieben Auftakt mit Seyfert besprechen, wie die Forderung „Reaktivierung der Straßenbahn in Münster“ weiter umgegangen werden soll. Es soll mit möglichst vielen interessierten Menschen am Freitag, dem 6. Dezember 2024, von 17 Uhr bis 19 Uhr im Umwelthaus (nicht barrierefrei) in der Zumsandestraße 15 stattfinden.

„Beim Treffen wird der Pro-Bahn-Nikolaus zunächst die bisherigen Vorschläge und Ideen zur Reaktivierung der Straßenbahn in Münster aus dem Sack lassen“, heißt es in der öffentlichen Einladung von Pro Bahn an alle interessierten Straßenbahnfreund*innen. So werden die abgelehnten Vorschläge aus dem Rat der Stadt Münster vorgestellt. Unter anderem dabei sind die Ratsanträge der CDU Münster („Von der Regionalbahn zur Stadtbahn“) aus dem Jahr 2016 und der SPD Münster („Eine Stadtbahn für unsere Stadt“) aus dem Jahr 2017. Verschiedene Vorschläge aus dem Internet runden den ersten Teil der Versammlung ab.

Anschließend soll gemeinsam besprochen werden, wie die Straßenbahn-Zukunft in Münster in die Spur oder besser „auf die Schiene“ gebracht werden könne. Bedeutsam dabei könnte, wie in Osnabrück erfolgreich durchgeführt, eine Machbarkeitsstudie zur Straßenbahn in Münster sein. Ob dies ein erster sinnvoller Schritt ist und was gemeinsam getan werden kann, um ihn zu gehen, soll Hauptdiskussionspunkt im Umwelthaus werden.

Verkehrspolitik in Münster: Kniefall vor dem Auto

WLE-Reaktivierungsdesaster, Busausfälle wegen katastrophaler Personalplanung, immer mehr Details zur S-Bahn-Lüge werden öffentlich, Fahrtkürzungen beim Mobilitätspreisträger 2023, der Buslinie X90/S90, Einstellung des LOOP-Betriebs, zunehmende Privatisierung des Busverkehrs in Münster und nun die Aufgabe des Metrobus-Konzeptes – die aktuelle Liste des Scheitern im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Münster und dem Münsterland ist erschreckend lang. Sie kommt allerdings wenig überraschend. Die Verkehrswende ist mit roter Farbe auf Pseudoradstraßen mit PKW-Verkehr und durch die Einführung von Elektrobussen ausschließlich bei den Fahrzeugen der Stadtwerke Münster und angeblichen Zeitgewinnen durch Fahrstreckenveränderungen und kurzen Busspuren natürlich nicht zu erreichen.

Politikwende ist erforderlich

Spätestens nach dem entlarvenden WN-Interview von Frank Gäfgen, ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke Münster, am 20. Juli zieht Werner Szybalski, Sprecher der Münsterliste, ein für das Klima katastrophales Fazit der örtlichen Verkehrspolitik: „Die dringend notwendige Verkehrswende in Münster und dem Münsterland ist krachend gescheitert. Es ist Zeit für die Politikwende!“

Mehr Nebelkerzen als Pyrotechnik im Preußenstadion

Frank Gäfgen, ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke Münster. (Foto: Werner Szybalski)

Die kommunale Wähler*innen-Vereinigung Münsterliste – bunt und international e.V. beklagt seit Jahren, dass von Politik und Verwaltung in der Verkehrspolitik mehr Nebelkerzen gezündet werden, als die Preußenfans Pyrotechnik im Stadion abbrennen können. „Die Menschen im Münsterland werden andauernd durch tolle Versprechen geblendet. Die klassischen ÖPNV-Nutzer*innen, die vier „A“s, wie abgehängt, Arme, Alte, Auszubildende und Ausländer, sind die Leidtragenden der fortgesetzten lokalen und insbesondere regionalen Privatisierungs- und Automobilpolitik“, erklärt Werner Szybalski: „Die Zeche für neoliberale Politik zahlen die jungen und die zukünftigen Generationen. Noch können wir etwas korrigieren und die Belastung senken. Dazu ist aber ein konsequente nachhaltige und ressourcenschonende Verkehrs- und Infrastrukturpolitik notwendig.“

Klein-Klein statt Nachhaltigkeit

Gäfgen beklagt im Interview, dass er „eingestehen [muss], dass wir den erforderlichen Raum [für Metrobusse] nicht auftreiben können.“ Ein Kniefall vor dem Auto. Ganz im Sinne seiner neoliberalen Vorstellungen orientiert sich der ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke auch nicht an den Bedürfnissen und Interessen seiner Fahrgäste („dann ist es hinnehmbar, dass die verbleibenden keinen Vorteil haben.“), sondern an der marktwirtschaftlichen Optimierung seines Unternehmens. Dabei wird natürlich ein grünes Mäntelchen umgehängt. Die Stadtwerke streben zukünftig den emissionsfreien Busbetrieb an – allerdings nicht in der Stadt sondern lediglich bei den eigenen Fahrzeugen. Dies ist ein großes Problem und schon wieder eine Nebelkerze, denn die von Gäfgen beauftragten privaten Busunternehmen, die seit ein paar Monaten und mit weiter wachsender Tendenz (Ringlinien) schon mehr als die Hälfte der Busfahrten in Münster durchführen, haben, so die Stadtwerke-Antwort auf Nachfrage, keinen einzigen emissionsfreien Bus im Fahrbetrieb. Ohne Politikwende bleibt es in der Verkehrspolitik beim Klein-Klein ohne ausreichende Nachhaltigkeit.

Alle mit Verbrenner-Antrieb!

Blicke nach Oberhausen, Utrecht, Essen und Freiburg lohnen

„Wir setzen auf viele kleine Lösungen“, verdeutlicht Frank Gäfgen im Interview, dass es lediglich mit Tröpfchen statt fließend Wasser weitergeht. Wo aber liegt der Hase im Pfeffer, wo ist der Hund begraben oder was ist der springende Punkt? Ziemlich einfach, denn Münster (und die Landes- und Bundesebene) betreiben weiterhin eine Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, die das Auto ins Zentrum rückt. Während Utrecht eine Fahrradstadt ist, wird in Münster nur viel Rad gefahren. Während in Essen nach dem „Bürgerbegehren RadEntscheid“ ein Konzept verfolgt wird, dass das Auto aus der Stadt verdrängen soll, schließt Münster gerade einmal ein paar Parkplätze auf dem Domplatz. Während Oberhausen die Straßenbahn schon Ende des Jahrtausends reaktivierte, wartet die Wiederinbetriebnahme des Personenverkehrs auf der WLE-Strecke schon seit rund 40 Jahren. Während Freiburg im Breisgau die Stadt der kurzen Wege realisiert und Stadtteile schafft, in denen die neuen Bewohner*innen weitgehend auf Autos verzichten können, wird in Münster eine Autobahn zum Vorort Handorf gebaut.

Mönster-Tram und Mönsterlänner fehlen

Historische Straßenbahn im Regelbetrieb in Mailand. Links hinter dem sitzenden Fahrgast die digitale Selbstbedienungskasse für Fahrschein-, EC- und Kreditkarten. (Fotos: Werner Szybalski)

Die Priorisierung des Autos muss zu Ende gehen. Insbesondere der ÖPNV und der Fußverkehr ist hingegen massiv durch Angebotserweiterung und Infrastrukturausbau zu fördern. Nimmt man die Verkehrs- und Energiewende ernst, muss auch in Münster die Schiene eine Renaissance erleben. „Die Münsterliste fordert seit Jahren eine Stadtbahn. Die Mönster-Tram ist zwar eine großes und teures Projekt, wird aber alle bei der Inbetriebnahme lebenden Münsteraner*innen überleben. Kürzlich fuhr ich in Mailand mit einer 98 Jahre alten Straßenbahn, in der ich elektronisch – durch Vorhalten meiner EC-Karte – die nur 2,20 Euro für die Einzelfahrt zahlen konnte. Viel nachhaltiger und moderner geht es kaum“, so Werner Szybalski.

Die Münsterliste wünscht sich für das Münsterland einen Nahverkehr auf Schiene und Straße aus einem Guß und natürlich ausschließlich in Öffentlicher Hand. (Foto: Werner Szybalski)

Die Münsterliste möchte zudem den Mönsterlänner einführen. Ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen mit möglichst viel Schiene und emissionsfreien Bussen, dass zwischen Münster, Osnabrück und Enschede den Nahverkehr plant und betreibt. Leider sind bislang die Politiker*innen in den Gemeinde- und Stadträten sowie den Kreistagen und der Bus- und Bahn-Zwecksverbandsversammlung (ZVM) des Münsterlandes selten einmütig für den Nahverkehr im Münsterland. Zuletzt zeigten dies die Entscheidungen zur Einschränkungen bei der Buslinie X90/S90 oder auch der nur stadtinternen Einführung des 29-€-Tickets in Münster.

Fahrgastbeirat würde helfen

100.000 Euro liegen seit vergangenen Jahr im Haushalt der Stadt Münster brach, mit dem Wege zur Beteiligung der Einwohner*innen an der Politik durch Bürger*innenräte gesucht werden sollen. Die Einführung von einem Fahrgastbeirat bei den Stadtwerken könnte ohne einen Cent auszugeben durch Beschluss des Unternehmens und der Aufsichtsgremien erfolgen. Aber damit ist bei einem auf Betriebsoptimierung statt auf Fahrgastinteressen gerichteten Blick des ÖPNV-Geschäftsführers nicht zu rechnen. „Dabei wäre es so sinnvoll, wenn auch in Münster, wie schon in zahlreichen Verkehrsunternehmen und -verbünden in Deutschland, die Nutzer*innen des Öffentlichen Nahverkehr dauerhaft und mitentscheidend in die Organisation und Planung einbezogen würden“, unterstreicht Werner Szybalski für die Münsterliste.

Stadtbahn online

Die bislang fünf Ausgaben des Magazins für den öffentlichen Verkehr im Münsterland sind auch als pdf veröffentlicht. Sie sind hier zu finden:

  • Stillstand beim Metrobus #05-03/23 (Inhalt: Metrobus – Gummi statt Schiene, VCD fordert Busspur um die Altstadt, Busangebot in Münster gekürzt, mehr Subunternehmer – schleichende Privatisierung bei den Stadtwerken, Werkstattgespräch – S-Bahn ist ein Provinzprojekt, Neubau: Ein Fern- statt zwei Umsteigebähnhöfe für Münster, Sicherheit im Nachtbus, Deutschlandticket in Westfalen, Geld für Schnellbusse, Reaktivierung: Haltepunkt in Roxel, Kurzmeldungen)
  • Die S-Bahn-Lüge #04-02/23 (Inhalt: Die S-Bahn-Lüge, Neue Umsteigebahnhöfe in Münster, Westliches Münsterland – von der Schiene abgehängt, Busverkehr in Münster-Nord, Ringlinien werden weiterhin nicht bedient, Kurzmeldungen)
  • Fahrgäste protestieren #03-01/23 (Inhalt: Fahrgastbeirat – Lizenz zum Meckern, Reaktivierung der WLE-Strecke, Fahrgäste aus Coerde protestieren, Metrobus statt Stadtbahn, Deutschlandticket, Pro Bahn Münsterland, KSB 248 – Radstrecke statt Schiene, Straßenbahn für Münster, Kurzmeldungen)
  • S-Bahn im Münsterland #03-02/22 (Inhalt: S-Bahn Münsterland, Herzstück WLE, Finanzknappheit im Nahverkehr, Ökostrom statt Diesel im Busverkehr, Nahverkehr mit Rikschas wird schlecht angenommen, Gleise im Bahnhof Münster-Ost liegen noch, Kurzmeldungen)
  • Luxemburg fährt Tram #01-01/23 (Inhalt: Luxemburg – Nulltarif und Schiene, Straßenbahn in Münster, Ökoflitz bringt Kids in Grüne, Wandern mit dem Bus, 9-Euro-Ticket, Stadtbahn-Ringlinie für Gievenbeck, Kurzmeldungen)

LOOPmünster startet in neue Projektphase

Viele Änderungen im Pilotprojekt

Mit LOOPmünster probieren die Stadtwerke seit 2020 aus, wie sich On-Demand-Mobilität in das Nahverkehrssystem in Münster Süden einfügt und welche Fortschritte bei der Mobilitätswende sich damit erzielen lassen. Die Kleinbusse fahren ohne feste Fahrpläne und Linienwege, gebucht werden sie ganz einfach per App. Bei den Fahrgästen erfreut sich LOOPmünster großer Beliebtheit: Insgesamt fast 450.000 Fahrgäste haben das System bereits genutzt, aktuell fahren 500 Fahrgäste am Tag mit. „Für die Mobilitätswende brauchen wir mehr als nur große Busse und Züge. Dazu gehören auch Carsharing, E-Scooter oder eben flexible Kleinbusse. LOOPmünster startet nun in eine neue Projektphase, in der wir ausprobieren, wie sich geänderte Rahmenbedingungen auswirken“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Gäfgen, dessen Vertrag der Rat der Stadt Münster am vergangenen Mittwoch bis 2029 verlängert hat.

Neue App muss installiert werden

Durch die nächste Projektphase ändert sich auch für die Fahrgäste etwas. Ab Dienstag, 28. März, können sie LOOPmünster nur noch über eine neue App buchen. Diese heißt LOOPmünster und ist kostenlos in den Appstores zu finden, auch in der alten App sowie unter www.loop-muenster.de finden sich die Links dorthin. Die bisherige App funktioniert ab dem 28. März nicht mehr. Grund dafür ist ein Anbieterwechsel beim Hintergrundsystem, das Buchungen verwaltet, optimale Fahrwege errechnet und vieles mehr. Der bisherige Anbieter hat den Betrieb eingestellt, daher waren die Stadtwerke gezwungen, auf ein neues System umzustellen.

LOOP-Fahrten kosten bald 1 € extra

Diese Änderung nutzen die Stadtwerke auch, eine bereits länger geplante Änderung umzusetzen: Ab dem 28. März fällt für die Fahrt mit LOOPmünster ein Aufpreis von einem Euro pro Fahrgast an. Davon ausgenommen sind schwerbehinderte Menschen mit Ausweis und Wertmarke sowie Kinder unter sechs Jahren. Ein gültiges Ticket oder Abo ist darüber hinaus weiterhin erforderlich. „Unser Auftrag ist es, mit LOOPmünster auszuprobieren, wie wir ein solches System in Münster langfristig etablieren können. Wir möchten zum Beispiel herausfinden, ob der höhere Komfort gegenüber einer Busfahrt – der auch mit höheren Betriebskosten einhergeht – den Fahrgästen einen Aufpreis wert ist und wie sich dieser auf die Nutzung und Verfügbarkeit der Kleinbusse auswirken. Auch andere Städte experimentieren bereits mit einem solchen Aufpreis“, erklärt Projektleiter Phil Rose. Die nur sehr selten genutzte Telefonbuchung wird ab dem 28. März eingestellt, die Kleinbusse können dann nur noch über die App bestellt werden. Die Stadtwerke bieten in diesem Zuge Schulungen zur App an, nähere Informationen dazu finden sich auf www.loop-muenster.de. Beide Änderungen sind bereits im letzten Jahr vom Rat der Stadt Münster beschlossen worden.

LOOPmünster geht ins vierte Jahr

Ursprünglich war geplant, LOOPmünster drei Jahre lang zu testen. Dafür erhalten die Stadtwerke Fördergelder in Höhe von fünf Millionen Euro vom Land NRW und drei Millionen Euro von der Stadt Münster. Da die Stadtwerke unter anderem während der Coronazeit, als weniger Fahrgäste unterwegs waren, die damit verbundenen Einsparpotenziale konsequent genutzt haben, kommen sie mit diesen Mitteln ein Jahr länger aus – und haben sich vom Land die Freigabe für ein viertes Jahr geben lassen. „Das bedeutet, dass LOOPmünster bis Herbst 2024 gesichert ist – ohne zusätzliche Kosten für Stadt und Land. Diese Zeit werden wir nutzen, um gemeinsam mit der Stadt eine Nachfolgelösung zu suchen. Sie muss praktikabel und finanzierbar sein, der Vorteil für die Mobilitätswende erkennbar“, sagt Frank Gäfgen.

Räumliche Beschränkung bleibt bestehen

Unverändert bleibt das Bediengebiet von LOOPmünster, das Hiltrup, Amelsbüren mit weiten Teilen der Davert, Berg Fidel, die Gewerbegebiete am und Loddenheide sowie die östlichen Teile von Mecklenbeck umfasst. Auch die Fahrerinnen und Fahrer bleiben den Kleinbussen erhalten. Für die wissenschaftliche Begleitforschung ist die FH Münster verantwortlich.

Deutschlandticket – noch viele offene Fragen

Artikel aus der Stadtbahn 1-2023#03 vom März 2023

Ab 1. Mai soll das Deutschlandticket in Bussen und Bahnen nutzbar sein. Nach dem großen Erfolg des Neun-Euro-Tickets im vergangenen Jahr stehen die deutschen Politiker*innen in der selbst auferlegten Verantwortung, ein attraktives Nachfolgeangebot zu unterbreiten. Ob das angekündigte zunächst knapp 50 Euro teure Monatsticket, das nur digital und zudem im Abonnement zu haben sein wird, ein Erfolg wird, steht derzeit völlig in den Sternen. Zumindest halten nach Befragungen durch PwC, die in der März-Ausgabe des „Stadtverkehr“ veröffentlicht wurde, etwas mehr als 40 Prozent der potentiellen Käufer*innen den Preis für angemessen.

Keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit der Abos

In Münster ist das Deutschlandticket natürlich besonders für einen Teil der rund 20.000 Abonnent*innen von Monatstickets, darunter circa 11.500 Auszubildende und Schüler*innen, interessant. Derzeit gibt es folgende Angebote für Stadtwerke-Kund*innen: Münster-Abo, 8-Uhr-Abo, Flex-Abo, Job-Ticket, 60-plus-Abo beziehungsweise 60plus-Partner-Abo, goCard-Abo und die Azubi- und Schüler-Abos.

„Da unsere lokalen Abos maximal 49 Euro kosten, wird das Deutschlandticket keinen Einfluss auf die Verfügbarkeit der Abos haben – die Fahrgäste können also, müssen aber nicht in dieses wechseln. Abgeschafft wird mit dem Deutschlandticket nichts“, erklärte Stadtwerke-Pressesprecher Florian Adler. Insbesondere die rund 4000 Inhaber*innen des Münster-Abos dürften zum Deutschlandticket wechseln, den der Preis bliebe der gleiche. Dafür steigen die Leistungen in Bezug auf das Nutzungsgebiet, denn das Deutschlandticket ist in allen Regionalbahnen der DB und in allen deutschen ÖPNV-Tarifgebieten gültig. Die Stadtwerke können – laut ZVM (Zweckverband Mobilität Münsterland) sogar ungefragt die Tickets tauschen.
Ob das Deutschlandticket für Inhaber*innen von Job-Tickets, in Münster immerhin 3000, interessant wird, hängt auch von den Arbeitgeber*innen ab. Sie müssen, um die Tickets mit fünf Prozent Rabatt einkaufen zu können, ihren Mitarbeiter*innen beim Erwerb mindestens 25 Prozent Unternehmensanteil an den 49 Euro gewähren. Die Stadt Münster, bei der es nach Auskunft des Presseamtes aktuell insgesamt 850 Job-Ticktes, davon 603 teurer als 49 Euro, gibt, zahlt schon heute an tariflich Beschäftigte einen Zuschuss zum Jobticket in Höhe von 16 Euro. Insgesamt dürfte die Stadt also durch das Deutschlandticket sparen.

Semesterticket bleibt

Wie Studierende, Auszubildende und Schüler*innen vom Deutschlandticket profitieren können, ist derzeit noch ziemlich unklar. Gegenüber der Unizeitung „wissen | leben“ verdeutlichte Christopher Margraf vom Referat für Nachhaltigkeit, Mobilität und Infrastruktur des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) der WWU Münster im Februar: „Das 49-Euro-Ticket ist zunächst nur befristet und mit einer noch nicht definierten Preisdynamik geplant. Ein blinder Ausstieg aus dem Semesterticket kann daher für künftige Studierende nachteilig sein.“ Florian Adler teilte mit: „Leider gibt es noch immer keine finale Entscheidung bezüglich Schüler*innen- sowie Sozialtickets im Deutschlandticket, so dass wir hier aktuell keine Aussagen treffen können.“ Für viele Busnutzer*innen in Münster wird bei den bestehenden, teilweise kostengünstigeren Angeboten der Stadtwerke, wie zum Beispiel das Flex-Abo für 36 Euro, der Anreiz zum Umstieg auf das bundesweit gültige Deutschlandticket sicherlich nur gering sein.

Ringlinien werden eingestellt

Ab Montag, 3. Oktober, werden die Fahrten der Ringlinie 33 und 34 in Münster vorübergehend eingestellt. Die Personalsituation im Busverkehr macht diese Entscheidung notwendig: Aktuell fallen auf verschiedenen Linien immer wieder Busse aus, da die Dienste kurzfristig nicht besetzt werden können. Da auf der Ringlinie vergleichsweise wenige Fahrgäste unterwegs sind, ist es im Sinne eines zuverlässigen Busverkehrs, die Fahrerinnen und Fahrer auf Linien mit größerer Nachfrage einzusetzen.

Die Stadtwerke werten zeitnah aus, ob diese Maßnahme bereits ausreicht, um eine für die Fahrgäste spürbar höhere Zuverlässigkeit im Stadtbusverkehr zu erreichen. Ansonsten können weitere Reduzierungen in fahrgastschwächeren Linienabschnitten notwendig werden. Die Stadtwerke bitten ihre Fahrgäste um Verständnis. Mit verschiedenen Aus- und Weiterbildungsangebote arbeitet das kommunale Unternehmen bereits seit längerem daran, neue Fahrerinnen und Fahrer zu gewinnen.

„Großer Bahnhof“ im Schaufenster Stadtgeschichte

Am 12. September 1966 war in Münster „großer Bahnhof“: Oberbürgermeister Dr. Albrecht Beckel (l.) begrüßte auf Bahnsteig 1 Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm (2.v.l.) und verschiedene Landesminister, um gemeinsam feierlich 164 Kilometer neu elektrifizierte Bahnstrecken von Hamm und Haltern nach Münster sowie von Münster nach Osnabrück in Betrieb zu nehmen. Damit war Münster an den elektrifizierten Bahnverkehr angeschlossen, wichtige Strecken wie die nach Emden folgten erst im nächsten Jahrzehnt. Die Fotografie kann ab dem 9. September im Großformat im Schaufenster des Stadtmuseums an der Salzstraße betrachtet werden. (Foto: Westfälische Nachrichten, Sammlung Rudolf Krause, Münster.)