„Weichen stellen für Münster“

Stellten das Forderungspapier der Wirtschaft zur Kommunalwahl 2025 vor: (v.l.) Jan-Hendrik Schade, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Münster, Sandra Wulf, Geschäftsführerin der Wirtschaftsinitiative Münster, Lisa Kittner, Geschäftsführerin der Initiative Starke Innenstadt, Uta Deutschländer, Vorsitzende ISG Bahnhofsviertel, Michael Radau, Vorsitzender im IHK-Regionalausschuss für die Stadt Münster, Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen, und Thomas Banasiewicz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster. (Foto: © Stein / IHK)

Forderungen der lokalen Wirtschaft zur Kommunalwahl 2025

Die Wirtschaft in Münster hat klare Vorstellungen, wohin es nach der Kommunalwahl im September gehen soll. Am Donnerstag vor Ostern veröffentlichten auf der IHK-Webseite neun Wirtschaftskammern, -initiativen und -verbände der lokalen Wirtschaft unter dem Titel „Weichen stellen für Münster“ acht zentrale Forderungen zur Kommunalwahl 2025 Beteiligt waren: IHK Nord Westfalen, Handwerkskammer Münster, DEHOGA Westfalen, Handelsverband Westfalen-Münsterland, Industriegemeinschaft Münster, Initiative Starke Innenstadt, ISG Bahnhofsviertel, Kreishandwerkerschaft und WIN Wirtschaftsinitiative Münster.

Die Wirtschaft in Münster sieht „dringenden Handlungsbedarf, um die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt als Wirtschaftsstandort zu sichern“. Das zeigt sich besonders deutlich am Mangel an bezahlbarem Wohnraum, an fehlenden Gewerbeflächen sowie an der Stauproblematik auf den Straßen – insbesondere zu Pendlerzeiten, heißt es in einem Forderungspapier „Weichen stellen für Münster“ zur Kommunalwahl 2025, das am 17. April 2025 in der IHK Nord Westfalen in Münster vorgestellt wurde.

Klare Führung und stabile Finanzen

„Münster braucht eine starke Führung, die Entscheidungen trifft und konsequent umsetzt“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel. Eine klare Führungsrolle des Oberbürgermeisters sei notwendig, um wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und den Standort zukunftssicher aufzustellen.

Die tragende Rolle der Unternehmen für einen stabilen kommunalen Finanzhaushalt unterstrich Thomas Banasiewicz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster. Ihre Belange müssten deshalb mit Priorität berücksichtigt werden. „Die Stärkung der Wirtschaft sichert die Steuereinnahmen, die für Investitionen in Infrastruktur notwendig sind. Steuerliche Mehrbelastung für Unternehmen müssen zugleich vermieden werden“, sagte er. Zur Fachkräftesicherung sei ein Ausbau der Kinderbetreuung notwendig.

Entwicklung von Wirtschaftsflächen

Um ihre wichtige Rolle für die Stadt Münster erfüllen zu können „benötigen Unternehmen aber auch den notwendigen Raum für wirtschaftliche Entwicklung“, erklärte Michael Radau, Vorsitzender im IHK-Regionalausschuss für die Stadt Münster. „Die Stadt muss konsequenter als bisher an der Sicherung und Entwicklung von Wirtschaftsflächen arbeiten, damit Betriebe wachsen und investieren können.“ Dies erfordere auch eine engere Zusammenarbeit mit Immobilienentwicklern und eine strategische Nutzung vorhandener Flächen.

Die Bedeutung einer lebendigen und gut erreichbaren Innenstadt hob Lisa Kittner, Geschäftsführerin der Initiative Starke Innenstadt, hervor: „Eine starke Innenstadt ist das Herz unserer Stadt. Projekte zur Steigerung ihrer Attraktivität müssen Priorität haben. Gleichzeitig gilt es, die Erreichbarkeit sicherzustellen und den Fokus stärker auf Sicherheit und Ordnung zu richten.“

Wohnraummangel entpuppt sich als zunehmende Belastung

Der Wohnraummangel entpuppt sich für die Wirtschaftsvertreter als zunehmende Belastung für den Standort Münster. „Fachkräfte, Auszubildende und Studierende brauchen bezahlbaren Wohnraum“, forderte Sandra Wulf, Geschäftsführerin der Wirtschaftsinitiative Münster. Beschleunigte Bauprozesse und die Förderung alternativer Wohnmodelle wie Mikroapartments sowie Wohnheime für unterschiedliche Zielgruppen seien essenziell, um Münster als attraktiven Standort zu erhalten.

In der Mobilitätspolitik sehen die Wirtschaftsvertreter ebenfalls großen Nachholbedarf. „Münster muss für alle erreichbar bleiben und braucht dafür kluge Mobilitätslösungen, um den großen Strom an Pendlern, Besucher und Wirtschaftsverkehren abzuwickeln. Dafür müssen alle Verkehrsträger berücksichtigt und klug miteinander verknüpft werden“, betonte Uta Deutschländer, Vorsitzende der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Bahnhofsviertel. Der Ausbau von ÖPNV, Park+Ride-Angeboten und Radverkehr sei entscheidend, um nachhaltige und effiziente Mobilität zu fördern.

Wirtschaft aktiv einbinden

Die Notwendigkeit einer stabilen Energieversorgung unterstrich Jan-Hendrik Schade, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Münster: „Technologieneutrale Wärmeplanung und die Förderung dezentraler Energieprojekte sind wichtige Bausteine für die Zukunft.“

Thomas Banasiewicz (v.l.), Michael Radau und Dr. Fritz Jaeckel erläuterten die Forderungen der lokaöen Wirtschaft zur Kommunalwahl im September. (Foto: © Krüdewagen / IHK)

IHK-Hauptgeschäftsführer Jaeckel betonte die Bedeutung dieser Forderungen für die kommenden Jahre: „Die Wirtschaft erwartet, dass die politischen Akteure diese Themen ernst nehmen. Nur mit einer starken Führung, zukunftsorientierten Konzepten und der aktiven Einbindung der Wirtschaft kann Münster weiterhin als attraktiver Wirtschaftsstandort bestehen.“

K O M M E N T A R
Machen statt fordern!
Die lokale Wirtschaft in Münster steht zusammen. Gleich neun Institutionen haben sich auf acht Forderungen an die kommunale Politik geeinigt und sich damit auch an die Wähler:innen in Münster gewandt, die am 14. September 2025 und vermutlich zur Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt 14 Tage später zu den Urnen gerufen werden. Dabei klingt zunächst eine Kritik am Amtsinhaber durch, wenn „wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen seien und zudem der Standort zukunftssicher aufzustellen sei.“ Dies lässt auf eine gewisse Unzufriedenheit der lokalen Wirtschaftsorganisationen schließen, die somit eine Veränderung befürworten dürften.
Erfreulich ist die Anerkennung der großen Bedeutung der lokalen Steuereinnahmen der Stadt der lokalen Wirtschaft. Um die geforderte Unterstützung bei der „Fachkräftesicherung“ durch „Ausbau der Kinderbetreuung“ zu finanzieren, müssen die Wirtschaftsvertreter:innen nun nur noch einsehen, dass dazu zukünftig die Gewerbesteuer in Münster einerseits breiter (Stichwort: Freiberufler:innen) und andererseits auch etwas höher erhoben werden muss.
Die sonstigen von den Wirtschaftsorganisationen unterbreiteten Vorschläge sind allerdings alles andere als neu. So klingt weiterhin die Forderung nach „Sicherung und Entwicklung von Wirtschaftsflächen“ nur nach Einschränkung des Natur- und Umweltschutzes. Beim Thema Innenstadt wird durch die Forderungen „Steigerung ihrer Attraktivität“ und Sicherstellung der „Erreichbarkeit“ spätestens beim Punkt „Sicherheit und Ordnung“ deutlich, dass für sie für „ihre Innenstadt“ an Kund:innen und nicht an Einwohner:innen denken.
Die meisten großen Vermieter:innen in Münster gehören den Wirtschaftsverbänden an, weshalb sie grundsätzlich das Heft des Handelns in Sachen Wohnraumbau in den eigenen Händen halten. Doch das Wohl ihrer Mitarbeitenden und deren Wohnsituation reicht offensichtlich nicht so weit, dass auf Profite verzichtet und Wohnraum günstig geschaffen wird. Ein gutes lokales Beispiel ist die LEG Immobilien SE. Sie nimmt jährlich Millionen in Münster ein, transformiert sie nach Düsseldorf und schüttet satte Dividenden über die Börse in London aus. Investieren in Wohnungsbau in Münster? – Bei der LEG Fehlanzeige. Auch ein kommunales Wohnheim für Auszubildende wird von Gewerkschaften und SPD seit Jahren gefordert. Vielleicht können sich die örtlichen Tarifpartner:innen mal zusammensetzen, um in diesem Sektor Nachhaltiges zu schaffen und zudem junge Menschen aus nah und fern mit einer günstigen Unterkunft zur Ausbildung nach Münster locken.
Auch ohne die Wörter „Auto“ oder „PKW“ – wie übrigens auch „Kunden“ – zu benutzen, wird klar, worum des der lokalen Wirtschaft bei „klugen Mobilitätslösungen“ geht. Bleibt zu hoffen, dass bei wirklichen Schritten einer Verkehrswende die Wirtschaft nicht auf dem Bremspedal steht.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass es der Wirtschaft in Münster und auch im Umland gut geht. Nicht zuletzt deshalb, sollte auch bei den Unternehmen und deren Verbände der Blick nicht ins eigene Portemonnaie sondern weit darüber hinaus auch in die Zukunft gehen. Um Mensch und Natur dauerhaft eine gutes Leben zu ermöglichen, gibt es viel zu tun. Nicht zuletzt für die Wirtschaft gilt deshalb: Machen statt fordern!
Werner Szybalski

Lieder zum 1. Mai: „Brot und Rosen“

Arbeiterlieder für eine bessere Welt

Schon zum vierten Mal findet am Vorabend des „Tages der Arbeit“, also am 30. April 2025, in Münster das Konzert „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“. Gemeinsam veranstaltet vom KulturVerein Frauenstraße 24 und dem DGB Münster gestalten das Duo Contraviento, Cuppatea, Nedim Şahin und der Autor und Lokalhistoriker Friedhelm Redlich den Abend. Die Veranstaltung im Bennohaus in Klein-Muffi beginnt am Mittwochabend um 19.30 Uhr.

Am 8. Mai 2022, wegen Corona mit zweijähriger Verspätung, stand „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“ auf dem Spielplan der Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Cuppatea, das Duo Sigrun Knoche und Joachim Hetscher aus Münster, waren ebenso dabei wie der Chor Chorrosion, die Grenzgänger, die Spätlese und das Duo Contraviento.

Kampfruf seit 1911

„Bread and Roses“ war die Forderung US-amerikanischer Arbeiterinnen während einer großen Streikaktion Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Die New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman forderte in ihrer Rede 1911: „The woman worker needs bread, but she needs roses too.“ 1912 wurde Brot und Rosen als Parole beim Streik von mehr als 20.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, Massachusetts bekannt. Seitdem gehört der Slogan zur Internationalen Gewerkschaftsbewegung und zur Frauenbewegung.

Vorabkonzert in Münster

Die beiden Duos Contraviento und Cuppatea nutzen die Gelgenheit um quasi vorab am 30. April 2022 in Münster vor damals nur 35 Gästen gemeinsam die lokale Version von „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“ ins Leben zu rufen. Erfolgreich, denn jedes Jahr wuchs die Zuhörer*innenschaft. Kamen im zweiten Jahr schon 80 Gäste wuchs 2024 die Zahl im ausverkauften Haus schon in den dreistelligen Bereich. 2025 gastieren sie nun im Bennohaus, wo beim rund dreistündigen Auftritt viele engagierte Liedern und Texte in zahlreichen Sprachen zu hören sein werden.

Erinnerung an den 8. Mai 1945

Im ersten Teil des Abendprogramms im Bennohaus werden die Künstler*innen den Schwerpunkt auf die Erinnerung an den 8. Mai 1945 setzen. Mit historischen und aktuellen antifaschistischen Liedern zeigen sie die Facetten und die Aktualität des Widerstands gegen den Faschismus auf – in deutscher, englischer, griechischer, spanischer und türkischer Sprache. Autor Friedhelm Redlich erzählt bislang unbekannte Geschichten aus dem Widerstand einfacher Menschen gegen den Nationalsozialismus in Münster.

Der Eintritt beträgt 15 Euro beziehungsweise ermäßigt 12 Euro. Karten gibt es im Vorverkauf per E-Mail.

SPD setzt LVM unter Druck

Wohnungsbau in Pluggendorf soll zügig beginnen

Schon im Februar vor zwei Jahren kündigte die LVM Versicherung in einer Pressemitteilung an, dass nachdem der Rat der Stadt Münster den Bebauungsplan beschlossen hatte, nun bald die vorbereitenden Arbeiten für das neue Stadtquartier Klosterareal Friedrichsburg in Pluggendorf an der Ecke Weseler Straße / Kolde-Ring beginnen sollten. Gut 500 neue Wohnungen mit hohen Nachhaltigkeitsstandards will die LVM dort bauen. Das Problem? Es passiert nichts, was die SPD-Fraktion und mit ihr Oberbürgermeisterkandidat Stephan Brinktrine in einer Presseveröffentlichung kritisieren.

„Münster benötigt dringend mehr Wohnraum für Familien, Studierende und nicht zuletzt für Fachkräfte, die vor Ort dringend gebraucht werden. Wir sind froh mit dem Bauvorhaben einen Beitrag leisten zu können und wollen ein Quartier mit hoher Lebensqualität für die Menschen in Münster entwickeln“, erklärte damals in der Pressemitteilung LVM-Vorstandsmitglied Ludger Grothues.

Stadtquartier soll bunt werden

Die LVM will auf dem ehemaligen Klostergelände Friedrichsburg Wohnraum für Familien, Seniorinnen und Senioren, Single-Haushalte und Studierende schaffen und plant auch Einrichtungen für Kinderbetreuung, Gastronomie und Nahversorgung, sowie gemeinschaftlich nutzbare Quartierstreffs und Büros. Es soll trotzdem drei öffentliche Plätze mit Sitzmöglichkeiten sowie grüne Innenhöfe mit hoher Aufenthaltsqualität geben. Für Kinder sollen eigene Spielflächen mit Sandkästen, Kletterbaum, Spielhügel, Trampolin und Multispielelementen im neuen Quartier entstehen.

LVM plant modernes Mobilitätskonzept

Für die LVM gehört auch ein modernes Mobilitätskonzept mit ökologischen Aspekten zum Plan. Ankommende Pkw sollen im Quartier direkt von der Weseler Straße und vom Kolde-Ring in eine Tiefgarage mit rund 500 Pkw-Stellplätzen geleitet werden. Innerhalb des zukünftigen Quartiers soll es keinen motorisierten Verkehr geben. Eine zusätzliche Fahrrad-Tiefgarage für rund 1800 Fahrräder ist ebenso angedacht, wie ein Mobility-Hub (automatische Erfassung der Ein- und Ausfahrt durch digitale Parkaufsicht) für interessierten Parker*innen aus der Nachbarschaft. ÖPNV-Serviceangebote, Infoboards mit Mobilitätsinfos, elektronische Fahrplaninfos, Carsharing, ein Lastenradverleih und eine Paketstation sollen das Mobilitätsangebot abrunden. Mit der Fertigstellung des Stadtquartiers rechnet selbst die LVM frühestens im Jahr 2028.

OB-Kandidat „endlich liefern“

    Stephan Brinktrine. (Foto: Werner Szybalski)

    Der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Stephan Brinktrine fordert eine zügige Umsetzung der Pläne für das Klostergelände Friedrichsburg in Pluggendorf. „Ein solches Projekt darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum und auch die soziale Infrastruktur, die auf dem Klosterareal geplant ist. Die Menschen in Pluggendorf warten seit Jahren auf die Entwicklung dieses Geländes – jetzt ist es an der Zeit, endlich zu liefern. Die Fläche ist eine der wenigen innenstadtnahen Areale, auf denen mehrere Hundert Wohnungen entstehen können.“

    SPD-Ratsherr Noah Börnhorst unterstützt laur Pressemitteilung die Forderung und kritisiert die andauernden Verzögerungen: „Das Projekt ist für Pluggendorf eine enorme Chance – insbesondere, weil es mit einem Quartierstreff, zwei Kitas und auch gastronomischen Angeboten einen echten Mehrwert für den gesamten Stadtteil bringen soll. Dass es nun durch neue Einschätzungen im Management des LVM immer weiter zu Verzögerungen kommt, ist mehr als bedauerlich.“

    Investor sei in der Pflicht

    Börnhorst nimmt insbesondere den Investor in die Pflicht: „Der LVM ist ein großes und im Stadtteil verwurzeltes Unternehmen. Damit geht auch Verantwortung für Pluggendorf einher. Es darf nicht sein, dass diese zentrale Fläche weiter brachliegt. Ich erwarte von LVM und Stadt, dass sie zügig zu Lösungen für die Tiefgaragenproblematik kommen und das Projekt endlich voranbringen.“

    Auch Ute Hagemann, planungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, appelliert an den LVM: „Die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht: Das Bebauungsplanverfahren wurde zügig abgeschlossen, die Baugenehmigung liegt seit über einem Jahr vor. Jetzt liegt der Ball eindeutig beim Investor.“

    Die neue Sperre ist da

    Münsteraner Quartalsmagazin beleuchtet Digitalisierung in der Stadt

    Seit inzwischen 39 Jahren beliefert der Verein „Arbeitslose brauchen Medien“ analog und online die Öffentlichkeit in Münster mit kritischen Texten. Seit heute liegt die Frühjahrsausgabe gedruckt vor. In den 36 Seiten geht es um viele aktuelle Themen, die von den der Digitalisierung über Kultur in Ostdeutschland, den vor dem Bauernkrieg verabschiedeten 12 Artikeln, der just 500 Jahre alten Menschenrechtserklärung von unten, bis zum Angebot des Vereins Kulturliste.

    „Vom Amt bis ins Malta“ schickt im Vorwort Arnold Voskamp die Sperre-Leserschaft auf Erkundungstour durchs Heft. Er erinnert an sowohl an die Online-Ausgabe als auch an die sonstigen Veröffentlichungen („fast umsonst“ und „Migrationskompass“) des Vereins, der montags, dienstags und donnerstags vormittags ab zehn Uhr im MAltA (Münsteraner Arbeitslosentreff Achtermannstraße) kostenfreie Serviceleistung bei allen Fragen rund um Arbeit, Bewerbung, Lebenslauf und amtliche Formulare insbesondere Sozial-, Wohnungs- und Ausländeramt sowie dem Jobcenter oder der Arbeitsagentur anbietet.

    Digital nicht abhängen!

    Das MAltA hilft, wenn Menschen keinen oder schlechten Zugang zur digitalen Welt haben, verdeutlicht Arnold Voskamp in der Titelgeschichte „Digital nicht abhängen!“. Infos zum Barrierefreiheitsgesetz („Zugang für alle“) und die Rezension von Peter Schaars „Schöne neue Stadt“ runden das Schwerpunktthema der ersten Sperre-Ausgabe des Jahres ab.

    Nach einem Blick nach Coerde von Regina Joffe und Jochen Schweitzer, die die Initiative „Chancen für alle Coerder Kinder“ vorstellen, werden Wege zur Kultur auch für Menschen mit geringem Einkommen aufgezeigt. Denn der Verein „Kulturliste Münster “ sorgt für kostenfreie kulturelle Teilhabe.

    Lena Dhaliwal erklärt in „Fit für den Arbeitsmarkt“ wie Menschen, die aufgrund einer Erwerbsminderung vorzeitig im Rentenbezug sind, unschädlich testen können, ob der Wiedereinstieg in die tägliche Arbeit klappen könnte.

    Armut für Alle? – „Armut hat System“

    Sperre-Redakteur Jan Rinke – der Sperre lesende Mann oben im Bild – hat Sirkka Jendis´ Buch „Armut hat System“ kritisch gelesen. Er findet: „Angesichts der wirtschaftlichen Stagnation und der Herausforderung einer neuen Regierung liefert »Armut hat System« einen notwendige Analyse und drängende Handlungsempfehlung. Es macht deutlich, dass Politik, die Armut ignoriert, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie selbst gefährdet. Ein Buch, das als Pflichtlektüre zur Bewertung der kommenden Sozialpolitik dienen sollte.“

    Jan Rinke bespricht in der aktuellen Sperre das Buch „Armut hat System – Warum Deutschland Armut zulässt und was wir dagegen tun können“.

    Sascha Lübbe recherchierte für sein Buch „Im System ganz unten“, so ist auf den Folgeseiten der Sperre zu lesen, bei denen, die „von der Gesellschaft allein gelassen“ werden. Das in Münster dies nicht zwingend der Fall ist, macht Regina Offe im Beitrag „Münster auch hier vorne. Teilhabequoten aus dem Bildungs- und Teilhabepaket im Vergleich“ deutlich.

    Sehnsucht nach Frieden

    Traditionell eng verbunden sind die Sperre-Redakteure mit Rudolstadt-Musikfestival, das Anfang Juli rund 25.000 Menschen in die kleine ostdeutsche Stadt lockt. Sperre-Urgestein Norbert Attermeyer macht auf zwei Seiten Lust auf einen Trip nach Thüringen, wo auch schon mal die Sehnsucht nach Frieden deutlich wird. Den gab es vor 500 Jahren weder in Thüringen noch in weiten Teilen des südlich deutschen Sprachgebietes. Die „12 Artikel“, praktisch die erste Menschenrechtserklärung von unten, führte zum Großen Bauernkrieg mit bis zu 70.000 toten Bauern, Bergknappen, Handwerkern und Städtern, aber auch zu etwas mehr Freiheit nach der Revolution durch den Gemeinen Mann.

    Kurzmeldungen und der Dauerbrenner und vielleicht beliebteste Teil der Sperre – die Urteile runden die wieder kostenlose Frühjahrsausgabe von „Münsters Magazin für Arbeit, Soziales & Kultur“ ab.

    Zwei politische Beiträge fielen raus

    Zwei Artikel fielen nach einer Abstimmung (6 Nein, 2 Ja, ein Enthaltung) in der Redaktionssitzung wegen ihrer politischer Inhalte aus dem Heft. „Münster könnte Vorzeigestadt werden“ und „Verändern – egal, ob in der Opposition oder Regierung!?“ sind online aber zu finden.

    „I feel good“ – Verkehr in Münster

    Verkehrspolitik in Münster: Nach Jahrzehnten wird in Kürze die Umgehungsstraße, fast eine Stadtautobahn, vom Anschluss an die A 43 an der Weseler Straße fertig, denn der Anschluss an den Schifffahrter Damm wird bald fertig.

    Klimagespräch mit Industrie, Wissenschaft und Umweltverband

    Andrea Blome, hauptberufliche Moderatorin, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Kommunalwahl am 14. September diesen Jahres in Münster und aktuell Vorsitzende des Ratsausschusses für Verkehr und Mobilität in der Domstadt, moderierte am Donnerstagabend (27. März 2025) in den Räumen der Volkshochschule Münster am Aegidiimarkt das jüngste Klimagespräch in der Stadt.

    Im Mittelpunkt der mit rund 50 Zuhörer*innen gut besuchten Veranstaltung stand die „ schwierige Beziehungskiste“ Verkehr und Klima. Die Chancen einer klimaschonenden Mobilität im Münsterland sollten die Podiumsgäste Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Regionalverbandes Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) beurteilen.

    Moderatorin Andrea Blome (l.) hatte Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) – Regionalverband Münsterland zu Gast. (Fotos: Werner Szybalski)

    Nach der Begrüßung durch Volker Rotthauwe vom Trägerkreis der Münsteraner Klimagespräche führte sein Kollege Michael Tillmann mit einem Kurzreferat ins Thema ein. Dabei ging er besonders auf die Problematik ein, dass die Bundesrepublik 2024 zwar ihr Klimaziel erreicht habe, aber der Sektor Verkehr bis 2030 insgesamt 180 Millionen Tonnen CO²-Emissionen zu viel produzieren werde. Damit verfehlt die Politik ihr selbst gesteckte Ziel deutlich. 71,7 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße erzeugt europaweit der Straßenverkehr, 14 Prozent die Schifffahrt, 13,4 Prozent die Zivilluftfahrt und 0,4 Prozent die Eisenbahn. Auch in Münster gehört der Verkehrssektor zu den größten Klimakillern, da er weiterhin konstant hohe Emissionen erzeug

    Gute Stimmung, da das Klima ausgeblendet wurde

    In seiner Einführung präsentierte Rums-Kolumnist Michael Tillmann, Initiator der „Münsteraner Klimagespräche“ erschreckend hohe klimaschädliche Ausstöße des Verkehrssektors – auch in Münster.

    Andrea Blome ließ zunächst das Publikum zu einem Wort kommen. Jede und jeder im VHS-Saal durfte ein Schlaglicht auf die Verkehrssituation in Münster werfen, ehe die lokale grüne Spitzenpolitikerin von den drei Podiumsgästen hören wolle, was unter der von Blomes Partei geführten Ratsmehrheit in Münster im Verkehrssektor alles schon gut laufen würde. Mit dieser vorgegebenen „I feel good“-Stimmung war fortan von der von Tillmann kurz zuvor noch beschworenen „schwierigen Beziehungskiste Verkehr und Klima“ nichts mehr zu spüren. Vielen Teilnehmer*innen fiel es vermutlich erst auf, als gegen Ende der Veranstaltung Michel Wildt anmahnte, dass das Klima in der Diskussion viel zu kurz komme.

    Burchard Sieht viel Positives*

    Dr. Jana Burchard plädierte für Erreichbarkeit – insbesondere der Arbeitsstätten in Münster.

    Tatsächlich konnte IHK-Vertreterin Dr. Jana Burchard gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion eine ganze Palette von positiven Verbesserungen in Münsters Verkehrssektor aufzählen: „Es gibt viele Konzepte in der Stadt, die Verbesserungen für einzelne Verkehrsarten, also zum Beispiel Fahrrad, Busverkehr, S-Bahn oder E-Ladesäulen, bringen oder bringen werden. Ich finde das gut.“

    Allerdings führte Dr. Jana Burchard auch die hohe Quote der E-Mobilität bei den Stadtwerken Münster ins Feld. Tatsächlich gelingt dem städtischen Unternehmen in der eignen Busflotte die Antriebswende sehr gut. Im Fahrbetrieb in der Domstadt aber verkehren für die Stadtwerke nur weniger als 50 Prozent eigene Busse – die Mehrheit ist im Auftrag und klimaschädlich mit Verbrennermotoren unterwegs. Gleiches gilt übrigens zur Zeit auch für den Regionalbusverkehr in der Domstadt.

    „Die Konzepte sind da“, betonte Jana Burchard, der besonders wichtig war, dass auch für die Menschen aus den Außenbereichen der Stadt und dem Umland die Erreichbarkeit in Münster gewährleistet wird. Dies gelte insbesondere für die Arbeitsstätten. Die Fahrten dorthin würden, so Burchard, aktuell zu 70 Prozent mit dem PKW erfolgen.

    Das Münsteraner Klimagespräch zum Thema Verkehrswende war mit rund 50 Zuhörer*innen recht gut besucht.

    Städte sollen zusammenarbeiten

    Die Politik- und Umweltwissenschaftlerin Professorin Dr. Antonia Graf sah viele positive Ansätze bei der Europäischen Union, dem Städtetag und auch im jüngst beschlossenen Infrastrukturfond der Bundesregierung. „Die Möglichkeiten wurden erweitert“, forderte die Mitarbeiterin der Universität Münster, dass die Städte in Deutschland zusammenarbeiten sollten, um zum Beispiel eigene Parkraumkonzepte oder mehr Tempo-30-Zonen in den Städten durchsetzen zu können. Die Kommunen seine dabei, so die Einschätzung der Professorin, auf sich selbst gestellt, da „vom Bund wenige Beiträge zur Verkehrswende zu erwarten seien.“

    Insgesamt forderte Graf mehr Bürger*innenbeteiligung in der Verkehrspolitik und erhofft eine inklusive und auch gendergerechte Organisation der Mobilität. Da war sie mit Thomas Lins vom VCD auf einer Linie. Wobei der VCDler forderte, dass komplexe Handlungen erfolgen müssten: „Nur Förderung nützt allein nichts.“ Um zu einer Verkehrswende zu kommen, müsse es nicht eine Antriebswende erfolgen, sondern der MIV (motorisierte Individualverkehr) tatsächlich verteuert und auch eingeschränkt werden. „Auf die höheren Benzinpreise in einigen Jahren wegen der CO²-Abgabe zu hoffen, reicht definitiv nicht!“

    Unstimmigkeit fast lediglich bei der Auto-Politik

    Dem widersprach Dr. Jana Burchard, die befürchtete, dass Münster als einkaufs- und Touristikstadt leiden würde, wenn der Autoverkehr erschwert würde. Dies würde sich auch wirtschaftlich widerspiegeln. Der Arzt, der Anwalt und die Arbeit müsse auch mit dem Auto erreichbar bleiben, erklärte Jana Burchard. Kontrovers wurde die Diskussion zum Komplex „Verkehre vermeiden“ und individuelle Möglichkeiten zur Umsetzung der Verkehrswende.

    „Von der Gesellschaft allein gelassen“

    Sascha Lübbe recherchiert „ganz unten im System“

    Den „Unsichtbaren“ in unserem Wirtschaftssystems spürte der Berliner Journalist Sascha Lübbe nach. Ursprünglich geplant für eine Reportage der Tageszeitung (taz) recherchierte Lübbe in drei Branchen, wie die Menschen „ganz unten im System“ ihr Geld verdienen und wie sie in Deutschland leben. Obwohl diese Arbeiter*innen in der Öffentlichkeit häufig zu sehen sind, denn sie sitzen hinter dem Lenkrad des Lkw, den ich auf der Autobahn überhole, malochen auf den Baugerüsten in unserer Innenstadt, kommen aus dem Fabriktor der Fleischindustrie oder stehen am Bahnhof oder Kiosk in Gruppen zusammen, um die wir schnell einen Bogen machen.

    Der Lebenswirklichkeit dieser prekär beschäftigen Menschen ohne deutschen Pass ist Sascha Lübbe in seinem Buch „Ganz unten im System“auf der Spur. Der legendäre Günter Wallraff, der ab 1983 zwei Jahre in die Identität des türkischen Gastarbeiters „Ali Levent Sinirlioğlu“ schlüpfte, decken undercover „ganz unten“ die harten bisweilen auch unmenschlichen Arbeitsbedingungen für Migrant*innen im Deutschland der 80er Jahre auf. Mit den Mitteln des Journalismus bringt hingegen Sascha Lübbe mit seinen Reportagen Licht in die dunkele Wirklichkeit der heutigen Arbeitswelt für Ausländer*innen im extremen Niedriglohnsektor Deutschlands.

    Ausbeutung für niedrige Preise im Supermarkt

    Die Reportagen („Auf dem Bau“, „Im Schlachthaus“, „Auf der Autobahn“) von Lübbe aus Frankfurt (Baubranche), Ostwestfalen (Umfeld der Tönnies-Fleischfabriken) oder Brandenburg (LKW-Fahrer) geben kaum erträgliche Einblicke in eine Wirklichkeit, die die Gesellschaft eigentlich nicht wahrhaben will. Dies insbesondere, da auch für unser Leben die Ausbeutung von ausländischen Menschen bedeutsam ist. Schließlich wollen wir – beziehungsweise müssen prekär lebende Menschen – die niedrigen Preise unter anderem für Lebensmittel behalten.

    Fleischfabrik in Münster.

    Nach den teilweise schwer zu ertragenden Reportagen fügt Lübbe einen Bericht von seinen begleitenden Besuchen beim Zoll an. Er überschreibt dieses Kapitel mit der Frage „Beschützer oder Verfolger, Freund oder Feind?“. Dies macht schon deutlich, dass es keine dauerhafte Hilfe für die Beschäftigten „ganz unten“ gibt oder gar diese Ausbeutung – zumindest in Deutschland – durch Überwachung unterbunden werden könne. Auch durch die Politik und das Kapital, dies macht Sascha Lübbe in zwei eigenen Kapiteln deutlich, ist aktuell kaum Abhilfe zu erwarten.

    Schlafen, kochen und essen, Körperpflege – Leben auf der Autobahnraststätte.

    Hoffnung besteht nur bei klassischer Gewerkschaftsarbeit

    Lübbes Erkenntnis: Fast niemand hilft diesen Arbeiter*innen, die „von der Gesellschaft allein gelassen“ (Seite 151) sind. Lichtblicke findet der Autor bei einzelnen gewerkschaftsnahen Organisationen. So hat er Mitarbeiter des Peco-Instituts und auch von dem Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen bei ihrer Hilfstätigkeit begleitet und zu den Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Ausgebeuteten interviewt.

    Baustelle in Münster-Kinderhaus.

    Unerwähnt bei Lübbe bleibt, dass es sogar staatlich geförderte Stellen gibt, die ebenfalls versuchen mit Aufklärung die prekäre Situation zu entschärfen. Übrigens zum Beispiel auch in Münster. Im Cuba hat die „Beratungsstelle Münster gegen Arbeitsausbeutung“ ihr Büro.

    Ähnliche Ausbeutung in anderen Wirtschaftszweigen

    Deutlich wird bei der Lektüre des aufklärerischen, durchaus lesenswerten Buch aber, dass nicht nur in den drei von Lübbe untersuchten Branchen Arbeitsbedingungen herrschen, die abgeschafft gehören. Auch in den Wirtschaftsbereichen Gebäudereinigung, Lieferdienste oder Gastronomie und Tourismus gibt es – vermutlich nicht nur Einzelfällen – Beispiele von solcher gnadenlosen Ausbeutung. Sascha Lübbe versucht am Ende („Was nun?“) seines Buches etwas Optimismus zu verbreiten. Trotzdem bleibt er die große, die Systemfrage schuldig. Tatsächlich begünstigen die von Politik und Verwaltung betriebene neoliberale Politik mit immer mehr Privatisierung und zum Beispiel europaweiten Ausschreibungen diese bestehenden ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse in Deutschland.

    Werner Szybalski

    Tribünenbau am Preußenstadion.

    Verändern – egal, ob in der Opposition oder Regierung!?

    Nimmt Die Linke in Münster ihren Wähler*innenauftrag an?

    Von Werner Szybalski

    Ein klarer Wahlsieger im Bund und in insbesondere in Münster ist die Partei Die Linke. Durch einen enorm großen Zustrom an jungen Mitgliedern in die Partei gelang es der Linken mit einem klaren sozialen Programm die Menschen bei der Bundestagswahl für sich zu begeistern. Dies besonders bei Erstwähler*innen und auch den noch Jüngeren, die erst zukünftig an Wahlen teilnehmen dürfen. Insbesondere in Münster hat sich die Linke jüngst stark verändert. Stand der Kreisverband vor Jahren unter Kontrolle der trotzkistischen Organisation Marx 21, scheint nun – Dank des neuen Vorstandes und den zahlreich eingetretenen Mitgliedern, deren Anzahl sich in den vergangenen Monaten verdreifacht hatte – ein offener linker Diskurs in Münsters Linkspartei möglich.

    Der Politikwechsel in Münsters Linkspartei verlief recht lautlos. Dies lag einerseits an der Auflösung, beziehungsweise Zersplitterung von Marx 21 vor knapp zwei Jahren und andererseits an dem leisen Wechsel in der Ratsfraktion Mitte November vergangenen Jahres. Der aktuelle Kreisvorstand der Linken in Münster ist erfrischend jung. Schatzmeister und Ratsherr Heiko Wischnewski ist trotz seines Alters schon Senior im Gremium. Kreissprecher*innen sind Jonas Hakenes und Patricia Niehaus. Gemeinsam mit Schriftführer Emil Langer, dem Jugendpolitischen Sprecher Benjamin Fobbe sowie den Beisitzer*innen Jenna Inhoff, Joline Klein, Sarah Jansa, Hannes Süper und Yannick Lux kämpfen sie erfolgreich für linke Politik in der Domstadt.

    Erfolgreich wie niemals zuvor

    Bei der Bundestagswahl 2025 votierten fast 26.000 Münsteraner*innen für Die Linke, was 12,5 Prozent aller abgegebenen Stimmen waren. Ein Ergebnis was viele erstaunt, aber die jungen Linken in Münster offensichtlich motiviert. Beim ersten „Offenen Aktiventreffen“ nach dem Wahlerfolg erklärte ein junges Mitglied: „Ich hatte heute nach den anstrengenden Wochen und der gestrigen Wahlparty gehofft, dass wenigstens fünf Leute kämen.“ Zu seine Überraschung und Freude waren tatsächlich mehr als zehnmal so viele Menschen ins Linke-Zentrum an der Achtermannstraße gekommen. Zu viele für den Versammlungsraum, weshalb es zwei Aktiven Treffen in zwei Räumen mit parallelem Programm gab. Bei den Aktiven Treffen der Linkspartei in Münster ist es derzeit so voll, dass sie sich in zwei Gruppen in unterschiedlichen Räumen versammeln müssen.

    Das Aktiventreffen der Linken in Münster war am Tag nach der Bundestagswahl so gut besiucht, dass die Gruppe sich teilen und in zwei Räumen getrennt tagen musste. (Foto: Werner Szybalski)

    Kann Münster gar Klein-Berlin werden?

    Noch nie gaben so viele Menschen in Münster ihre Stimme einer linken Partei. Dies war bei der Bundestagswahl auch in Berlin, mit allerdings dreimal so vielen Einwohner*innen wie Münster, der Fall. Die Linke gewann vier Direktmandate und erhielt die meisten Kreuze sowohl bei der Erst- wie auch bei der Zweitstimme. Zum zweiten Mal nach 2017 wählte mehr als jede*r Zehnte in Münster Die Linke. Nach 10,1 Prozent bei der Bundestagswahl 2017 stimmte 2025 jede* Sechste in der Domstadt für die Linkspartei. Dies weckte beim Aktiven Treffen Hoffnungen und Wünsche. Vereinzelt war 20 Prozent als Kommunalwahlziel zu hören. Tatsächlich könnte mit dem aktuellen Drive und der gewaltigen Energie der vielen Mitglieder es im September bei der Kommunalwahl auch ein Rekordergebnis geben. Vielleicht ist sogar Platz drei hinter Grünen und CDU drin.

    Neues Selbstbewusstsein in der Linken

    Auch die Bundespartei hat sich stark verjüngt, wie der Altersdurchschnitt von 42,2 Jahren in der neuen Fraktion zeigt. Zudem sorgt nicht nur die bisherige Co-Sprecherin der Bundestagsfraktion, Heidi Reichinnek, für einen neuen und unumstrittenen Kurs: „Wir haben gesagt: Alle wollen regieren – wir wollen verändern, ob wir in der Opposition oder Regierung sind, ist egal.“ Dies schien auch in Münster bei den nun anlaufenden Vorbereitungen für die Kommunalwahl auf Unterstützung zu stoßen. War bislang die Linke in Münsters Stadtrat grundsätzlich auf strengen Oppositionskurs ausgerichtet, war beim Aktiven Treffen zu hören, dass das Wichtigste positive Veränderungen für die Menschen sei: „Dafür wurden wir gewählt. Aber wir kämpfen sowohl auf der Straße als auch im Rat dafür.“

    Münster könnte Vorzeigestadt werden

    Ergebnis der Bundestagswahl vom 23. Februar stärkt den ländlichen Raum

    Von Werner Szybalski

    Wenig überraschend erreichte die CDU bei der vorgezogenen Bundestagswahl die meisten Stimmen aller Parteien. Dies im Bund, in Nordrhein-Westfalen aber nicht in Münster. Trotzdem könnte durch die drei westfälischen Christdemokraten Friedrich Merz (Sauerland), dem designierten zukünftigen Bundeskanzler, dem CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann (Paderborn) und dem Atomkraftbefürworter Jens Spahn (Borken) aus dem westlichen Münsterland, die alle drei Führungsaufgaben in der Bundesrepublik übernehmen dürften, in Zeiten globaler Krisen die Bundesregierung provinzieller sein wird. Davon dürfte auch die ehemalige Provinzialhauptstadt Münster profitieren, denn in der konservativen, schwarz-grünen und noch immer katholischen Stadt ticken die Uhren so, wie sich die drei genannten CDU-Politiker es sich für die Zukunft wünschen dürften. Münster könnte die Vorzeigestadt für die CDU werden, obwohl die Christdemokraten nur auf Rang zwei in der Domstadt stehen.

    Großstadt zu sein, aber eher ländlich strukturiert – der Wandel der vergangenen Jahrzehnte ist in Münster kaum zu spüren. Zwar gab es positive, zukunftsgewandte Veränderungen; doch alles dauert in der Domstadt ewig lange. Ein gutes Beispiel ist die Anerkennung des preußischen Fußballclubs durch die Stadtoberen. Es hat rund 100 Jahre gedauert, bis endlich auch Poahlbürger rund um den Prinzipalmarkt sich hinter den Verein stellten, was sich aktuell durch den Ausbau des LVM-Preußenstadions an der Hammer Straße offen zeigt. Zudem gibt es in Münster einzelne soziale (Münster-Pass, MünsterAbo), ökologische (Rieselfelder, Umwelthaus) und kulturelle (Skulptur Projekte, Freie Szene) Entscheidungen, die einen Blick in die Zukunft erlauben. Allerdings dienen sie auch dazu, den Einwohner*innen ein ruhiges Gewissen zu bereiten und sie so weiterhin gut schlafen zu lassen.

    In Westfalen ist es ruhig, aber weltweit wird gezündelt oder brennt es schon

    Es ist nicht überall in der Welt so ruhig wie an der Aa beziehungsweise zwischen dem Kahlen Asten und Ibbenbüren sowie zwischen Höxter und Bocholt. Putin, Netanjahu, Xi Jinping und nicht zuletzt Trump machen die Welt gewaltsamer und damit natürlich auch erheblich unsicherer. Ob da ein provinzieller Kanzler aus dem Sauerland in einem zudem nach rechts driftendem Europa in der Lage ist, eine der größten Volkswirtschaften weltweit politisch so zu führen, dass zukünftig Deutschland gehört wird?

    Angesichts des Wahlergebnisses vom 23. Februar 2025 ist damit zu rechnen, dass es Friedrich Merz tatsächlich schafft, sich schnell zum deutschen Bundeskanzler wählen zu lassen. Schließlich kommt, da Merz offensichtlich weiterhin kein festes Bündnis mit den teilweise rechtsradikalen Abgeordneten der AfD eingehen will, nur die gescheiterte SPD als Koalitionspartner in Frage. Angesichts ihrer Schwächen, sowohl im Wahlergebnis als auch im Personal, wird die Klingbeil-SPD nicht zu viele Schwierigkeiten bei der Koalitionsbildung machen.

    Schwarz-rot muss es richten

    Die Neuauflage der schwarz-roten Koalition wird ohne Ex-Kanzlerin Angela Merkel und Ex-Kanzler Olaf Scholz trotzdem innenpolitisch den Merkel-Kurs fahren müssen. Schließlich wird der Kanzler außenpolitisch extrem gefordert sein, so dass die Reste des ehemaligen stolzen Polittankers deutsche Sozialdemokratie sich, trotz der möglichen Übernahme des Außenministeriums durch die SPD, schwerpunktmäßig mit sozialer Politik befassen kann. Unterstützt durch die gestärkte linke Fraktion im Bundestag könnte so unter anderem der Mietendeckel und auch das Deutschland-Ticket verlängert werden. Selbst die Anhebung des Mindestlohns ist nicht unwahrscheinlich. Offen bleibt die Androhung von Kürzungen beim Bürgergeld, dass vermutlich aber nur einen neuen Namen bekommen dürfte.

    Durch Trennung von Sicherheits- und Migrationspolitik die AfD bekämpfen

    Befreit von den migrationsfeindlichen Parteien FDP und BSW, die beide an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten, kann Merz nun durch eine klare Trennung von Sicherheits- und Migrationspolitik, auch bei leider nicht unwahrscheinlichen zukünftigen Attentaten auch von Menschen mit Migrationsvorgeschichte, daran gehen, seinen alten Plan „Halbierung der AfD“ in die Praxis umzusetzen. Dazu muss er nur die schon sehr restriktive EU-Migrationspolitik fortführen und zukünftig keine Wolkenkuckucksheime (per Dekret Grenzen schließen, Abschiebekandidat*innen verhaften oder Menschenrechte außer Kraft setzen) mehr bauen.

    In der Steuerpolitik, die Vorschläge im Wahlkampf nahm praktisch niemand ernst, und der Wirtschaftspolitik werden die von Trump geplanten Einfuhrsteuern und die Lockerung der Schuldenbremse die Agenda bestimmen. Im verbalen Kampf gegen Windkraftanlagen wird sich der Bundeskanzler Friedrich Merz vermutlich am NRW-Ministerpräsidenten Wüst orientieren, so dass die Energiepolitik der Ampel fortgesetzt wird, auch wenn an einzelnen Gesetzen (Heizungsgesetz) optisch manipuliert werden wird.

    Junge Menschen entdecken wieder ihr soziales Gewissen

    Hoffnung macht, dass bei den jüngsten Wähler*innen, wie übrigens auch überwiegend bei den U18-Wahlen an den Schulen in Münster und NRW die Linke die meisten Stimmen erhält. Die Partei selbst, wie auch die meisten Wahlanalytiker, führt dies darauf zurück, dass sie einen konsequenten Wahlkampf mit sozial Themen (Mietendeckel, Mehrwertsteueraus für Grundnahrungsmitte, „Milliardäre abschaffen“) geführt hat. Auch war sie die einzige Partei, die konsequent ohne Migrantenhetze Wahlkampf betrieb.

    Gefahren drohen durch die Merz-Regierung aber auch

    Die größte Gefahr dürfte in der Schwäche von Friedrich Merz liegen, der zu oft impulsiv agiert. Aufreger – insbesondere auf dem internationalen Parkett – wird es für den im Regieren völlig unerfahrenen Sauerländer genügend geben. Auch könnte die zukünftige militärische Unterstützung der Ukraine durch Merz beängstigend werden. Zudem ist Merz kein Hoffnungsträger für die Bedrohung der Palästinenser*innen durch Israel und Trump und der Kurd*innen durch Erdogan und den möglichen Abzug der US-Militärs aus Nordost-Syrien. Innenpolitisch dürfte das Kabinett Merz vor allem finanziell den unteren Mittelstand sowie Länder und Kommunen schröpfen. Und als größtes Schreckgespenst geistert die mögliche Ernennung eine Verkehrsministers aus den Reihen der CSU durch die Republik.

    Butter statt Kanonen – Umverteilung jetzt!

    „Es sind wahrlich makabre Zeiten, in denen wir leben.“ – Gespräch mit Prof. Dr. Christoph Butterwegge

    Für die Winterausgabe 2024 der Sperre, dort erschien das Gespräch gedruckt, interviewte Werner Szybalski den in Köln lebenden ehemaligen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten und prominentesten Armuts-, Reichtums- und Verteilungsgerechtigkeitsforscher in Deutschland.

    Im Land, auch in Münster, nimmt die soziale Ungleichheit seit Jahren zu. Warum ist das so und welche Bedeutung haben die „Zeitenwende“ mit ihrer zusätzlichen Rüstungsanstrengung, welche Rolle spielt unsere Wirtschaftsstruktur, welche die Eigentumsverhältnisse und warum gibt es keinen gerechten Verteilungsmechanismus? Antworten gibt Christoph Butterwegge, der politisch und meinungsfreudig ist:

    Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron (l.) wird von Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe begrüßt. Foto: Stadt Münster

    Du warst am 28. Mai dieses Jahres zufällig in Münster, als der französische Präsident Macron im Historischen Rathaus den mit 100.000 Euro dotierten Internationalen Preis des Westfälischen Friedens für besonderes Engagement für Frieden und Verständigung der Wirtschaftlichen Gesellschaft für Westfalen und Lippe erhielt. Kurz zuvor hatte Emmanuel Macron, um einen russischen Sieg in der Ukraine zu verhindern, nicht ausgeschlossen, dass sich französische Bodentruppen auf Seiten der Ukraine am Krieg beteiligen könnten. Passt diese Überlegung des Präsidenten zum Friedenspreis?

    Christoph Butterwegge: Überhaupt nicht. Es sind wahrlich makabre Zeiten, in denen wir leben. Da wird dem französischen Präsidenten ein Friedenspreis verliehen, obwohl er den russisch-ukrainischen Krieg eskalieren und die Weltkriegsgefahr potenzieren will. Übrigens titelte die Süddeutsche Zeitung genau zwei Monate später „Raketen für den Frieden“, kurz nachdem Olaf Scholz am Rande des jüngsten NATO-Gipfels der Stationierung von „abstandsfähigen Präzisionswaffen“ in Deutschland zugestimmt hatte, und meinte es nicht etwa ironisch. Dabei hatte Helmut Schmidt, sein Vorvorgänger als sozialdemokratischer Bundeskanzler, schon in dem 1961 erschienenen Buch „Verteidigung oder Vergeltung“ erklärt, was die neue Aufrüstungsinitiative so abenteuerlich macht: „Landgestützte Raketen gehören nach Alaska, Labrador, Grönland oder in die Wüsten Libyens oder Vorderasiens, keineswegs aber in dicht besiedelte Gebiete; sie sind Anziehungspunkte für die nuklearen Raketen des Gegners. Alles was Feuer auf sich zieht, ist für Staaten mit hoher Bevölkerungsdichte oder kleiner Fläche unerwünscht.“ Tatsächlich sind Raketen – militärisch gesehen – Magneten, die Gegenreaktionen herausfordern und die Kriegsgefahr erhöhen.

    Deutschland rüstet massiv auf und will zudem wieder amerikanische atomar bestückbare Mittelstreckenwaffen stationieren. Aufrüstung kostet extrem viel Geld. Drängt sich die Frage auf, ob wir vor einer Entscheidung „Butter oder Kanonen“ stehen?

    Christoph Butterwegge: Clemens Fuest, Chef des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, hat dies im Februar 2024 bei Maybrit Illner wie folgt begründet: „Kanonen und Butter, es wäre schön, wenn das ginge, aber das ist Schlaraffenland, das geht nicht.“ Da hat der neoliberale Ökonom ausnahmsweise mal recht: Sozial- oder Rüstungsstaat heißt in der Tat die Alternative, wenn das „Sondervermögen Bundeswehr“ 2027/28 ausgeschöpft ist und der Militäretat laut Scholz und Pistorius schlagartig um 20, 25 oder 30 Milliarden Euro steigen muss, um das anvisierte Ziel von „mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts“ zu erreichen. Schon wegen meines Familiennamens fordere ich: Butter statt Kanonen! Ich denke dabei in erster Linie an die Armen und sozial Benachteiligten, Fuest hingegen an die Reichen, etwa die (Groß-)Aktionäre der Rüstungskonzerne. Sinnvoller als zusätzliche Rüstungsprojekte wären Mehrausgaben im Sozial- und Gesundheitsbereich, um Obdach- und Wohnungslosigkeit zu bekämpfen, den öffentlichen Wohnungsbau wiederzubeleben, der Kinderarmut entgegenzuwirken, den Pflegenotstand zu beseitigen und die Alterssicherung für abhängig Beschäftigte wieder auf eine solide Finanzierungsgrundlage zu stellen. Zu befürchten ist jedoch, dass sich Wohnungsnot sowie Energie- und Ernährungsarmut infolge einer unsozialen „Sparpolitik“ ausbreiten. Denn die stark gestiegenen Preise für Gas und Strom, aber auch bei Grundnahrungsmitteln wie Brot, Mehl, Speiseöl, Eiern oder Nudeln, bedeuten für Menschen, die schon vor dem Ukrainekrieg kaum über die Runden kamen, dass sie den Gürtel noch enger schnallen müssen. Die große Mehrheit der Bevölkerung kann sich staatliche Austerität nicht leisten.

    Münster ist eine reiche Stadt in der die Armut relativ gut versteckt ist. Woran liegt es, dass sich in gut situierten bürgerlich-konservativen – in Münster kommt sicherlich noch katholisch geprägten hinzu – Städten sich von Armut bedrohte und natürlich auch die in Armut lebenden Menschen nicht offener zeigen?

    Christoph Butterwegge: Da man die Armen hierzulande in aller Regel selbst für ihre soziale Misere verantwortlich macht, statt in der wachsenden Ungleichheit ein strukturelles Problem zu sehen, schämen sich die Betroffenen. In der Öffentlichkeit gelten sie als „Drückeberger“, „Faulenzer“ und „Sozialschmarotzer“, die „uns Steuerzahlern“ auf der Tasche liegen. Wer so tituliert und in fast allen Lebensbereichen diskriminiert wird, resigniert meist und versteckt sich lieber so gut es geht, was es übrigens schwerer macht, Armut und soziale Ungleichheit zu bekämpfen.

    Was ist unter „absoluter“ und „relativer Armut“ zu verstehen?

    Christoph Butterwegge: Es gibt keine allgemein verbindliche Definition von Armut, sondern in der Fachliteratur bloß den Versuch, das Problem durch die Unterscheidung zwischen absoluter, extremer oder existenzieller Armut einerseits sowie relativer Armut andererseits zu klären. Von absoluter Armut ist betroffen, wer seine Grundbedürfnisse nicht zu befriedigen vermag, also die für das Überleben notwendigen Nahrungsmittel, sicheres Trinkwasser, eine den klimatischen Bedingungen angemessene Kleidung und Wohnung sowie eine medizinische Basisversorgung entbehrt. Von relativer Armut ist betroffen, wer sich vieles von dem nicht leisten kann, was für fast alle übrigen Mitglieder einer wohlhabenden Gesellschaft als normal gilt, also mal ins Kino oder ins Theater zu gehen, aber auch, sich mit Freunden im Restaurant zu treffen. Während die absolute Armut eine existenzielle Mangelerscheinung ist, verweist die relative Armut auf den Wohlstand, der sie hervorbringt. In einer so reichen Gesellschaft wie der unseren ist Armut nicht gott- oder naturgegeben, sondern vorwiegend systemisch, dass heißt durch die bestehenden Eigentums-, Macht- und Herrschaftsverhältnisse bedingt.

    Welche Gruppen in Deutschland sind warum besonders von Armut betroffen? Reicht der Mindestlohn, um Armut zu entkommen?

    Christoph Butterwegge: Besonders vulnerabele Personengruppen können sich den bestehenden Verhältnissen schwer entziehen, weil sie aufgrund ihrer schwachen Stellung in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung strukturell benachteiligt oder diskriminiert werden. Waren nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst vor allem viele Rentnerinnen arm, bis die Große Rentenreform 1957 das Problem abmilderte, lösten Kinder und Jugendliche sie in den späten 1980er-Jahren als Hauptbetroffenengruppe ab. Mit der Agenda 2010 und Hartz IV hat sich die Situation insofern verändert, als die rot-grüne Reformpolitik die Lage von Millionen Langzeit- bzw. Dauererwerbslosen und ihren Familien spürbar verschlechtert und besonders durch das Abdrängen der Langzeiterwerbslosen, die vorher Arbeitslosenhilfe erhalten hatten, in den Fürsorgebereich mit seinen für alle gleich niedrigen Transferleistungen dazu beigetragen, dass sich die Kinderarmut beinahe verdoppelte. Noch immer spielt der Niedriglohnsektor als Haupteinfallstor für Erwerbs-, Familien- und Kinderarmut wie für spätere Altersarmut eine Schlüsselrolle. Der gesetzliche Mindestlohn schottet den Niedriglohnsektor nach unten ab, bringt ihn jedoch bisher nicht zum Verschwinden.

    Die Kürzungen im Bundeshaushalt 2025 wirken sich auch direkt auf Münster und dessen Jobcenter aus. Wegen der Streichungen werden insbesondere Mittel für Langzeitarbeitslose knapp, die 1-Euro-Jobs oder eine Arbeitsgelegenheit gemäß § 16i SGB II haben. Bei Asyl-Suchenden und Langzeitarbeitslosen wird gekürzt und das Bürgergeld 2025 nicht erhöht – geht der Sozialstaat vor die Hunde?

    Christoph Butterwegge: Zwar hat Olaf Scholz auf dem letzten SPD-Bundesparteitag im Dezember 2023 unter lautem Beifall der Delegierten versprochen, dass es keinen Abbau des Sozialstaates geben werde. Gleichwohl folgt der außen-, energie- und militärpolitischen Zeitenwende, die Scholz zu Beginn des Ukrainekrieges ausgerufen hat, jetzt mit leichter Verzögerung eine wirtschafts-, finanz- und sozialpolitische Zeitenwende. Das erste Opfer der sozialpolitischen Zeitenwende war die Kindergrundsicherung, aber weitere Maßnahmen, die Armen und Angehörigen der unteren Mittelschicht besonders schaden, dürften folgen, es sei denn, dass sich massiver Widerstand regt.

    Stichwort Kinderarmut. Warum werden reiche Eltern häufig besser von der Bundesregierung unterstützt als Erziehungsberechtigte von armen oder von Armut bedrohten Kindern?

    Christoph Butterwegge: Wer reich ist, ist auch politisch einflussreich. Das sieht man am deutlichsten an der Steuergesetzgebung, die Scheunentoren gleichende Schlupflöcher für Kapitaleigentümer geschaffen hat. Hingegen fehlt den Armen eine Lobby, die mächtig genug ist, um die Gesetzgebung in ihrem Sinne zu beeinflussen.

    Ist „Umverteilung des Reichtums“, der Titel Deines jüngsten Buches, die Lösung?

    Christoph Butterwegge: Aufgrund der bestehenden Wirtschaftsstrukturen, Eigentumsverhältnisse und Verteilungsmechanismen werden die Reichen immer reicher und die Armen immer zahlreicher. Tagtäglich findet Umverteilung statt – allerdings nicht von Oben (den viel Besitzenden) nach Unten (den hart Arbeitenden), sondern von Unten nach Oben: Unternehmensprofite, Veräußerungs- und Kursgewinne der Aktionäre, Dividenden, Zinsen sowie Miet- und Pachterlöse von Immobilienkonzernen fließen überwiegend in die Taschen materiell Bessergestellter, sind aber normalerweise von Menschen erarbeitet worden, die erheblich weniger Geld haben, oft nicht einmal genug, um in Würde leben zu können. Deshalb muss Umverteilung künftig in die entgegengesetzte Richtung stattfinden – als Rückverteilung des Reichtums von Oben nach Unten, also zu denjenigen Menschen, die ihn geschaffen und nicht geerbt haben. Der wichtigste Hebel dafür ist eine andere Steuerpolitik, die Wohlhabende, Reiche und Hyperreiche stärker belasten müsste, um eine konsequente Armutsprävention und -bekämpfung des Staates zu finanzieren, die viel Geld kostet. Will man die soziale Ungleichheit nicht bloß reduzieren, sondern darüber hinaus die Entstehung weiterer Ungleichheit dauerhaft verhindern, muss man auch ihre strukturellen Ursachen beseitigen und das kapitalistische Gesellschaftssystem überwinden.

    Du bist zwar nicht Mitglied, warst aber Kandidat der Linkspartei bei der Bundespräsidentenwahl 2017. Inzwischen zeigt DIE LINKE – nicht erst als sich die Bundestagsfraktion spaltete – vielerorts Auflösungserscheinungen. Woran liegt das?

    Christoph Butterwegge: Das hat sicher viele Gründe. Einer ist der, dass die LINKE nicht mehr als konsequente Interessenvertreterin der sozial Benachteiligten wahrgenommen wird und auch weder zum Ukrainekrieg noch zu den Waffenlieferungen und den Sanktionen klar genug Stellung genommen hat. Habituell fühlen sich eher Angehörige der urbanen Mittelschicht von der Partei angesprochen, die nach den verheerenden Wahlniederlagen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg um ihre Fortexistenz bangen muss.

    Deine Frau Carolin Butterwegge ist Mitglied im Bündnis Sahra Wagenknecht. Ist das BSW auch für Dich eine mögliche politische Heimat?

    Christoph Butterwegge: Nein. Ich fühle mich weiterhin als ideeller Gesamtlinker, der keiner Partei beitritt, sondern für ein breites Bündnis wirbt, in dem BSW-Anhängerinnen und -Anhänger ebenso ihren Platz haben müssen wie Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, Grüne und LINKE. Auch in den „bürgerlichen“ Parteien CDU, CSU und FDP gibt es übrigens viele Mitglieder, die für mehr soziale Gerechtigkeit eintreten, ohne dass ihre Führungen dem Rechnung tragen.

    2025 wird ein neuer Bundestag gewählt. Die Ampelkoalition ist selbst für den ehemaligen grünen Parteichef Omid Nouripour nur eine „Übergangsregierung“. Woran ist die Koalition von SPD, Grünen und SPD gescheitert und warum ist trotz einiger eingeführter sozialer Verbesserungen wie der Anhebung des Mindestlohns oder Einführung des Bürgergeldes die Meinung bei den abgehängten Menschen in Deutschland zur Ampel so schlecht?

    Christoph Butterwegge: Man hat etwa beim Bürgergeld durch die Verschärfung der Sanktionen und Leistungskürzungen eine Rolle rückwärts vollzogen und ist von einer „Fortschritts-“ zu einer sozialpolitischen Rückschrittskoalition geworden. Statt die Armen im eigenen Land stärker zu unterstützen, haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP allein in diesem Jahr acht Milliarden Euro für Militärhilfe an die Ukraine ausgegeben. Daher muss die soziale Frage inhaltlich mit der Friedensfrage verbunden, der außerparlamentarische Druck auf die Regierenden erhöht und der Widerstand durch gemeinsame Aktionen von Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden, Globalisierungskritikern sowie Klimagerechtigkeits- und Friedensbewegung gestärkt werden. Gelingen kann das, weil die Zahl derjenigen gewaltig ansteigen dürfte, die „den Gürtel enger schnallen“ müssen, obwohl er ihnen schon auf den Knochen sitzt, damit Deutschland nach den Wünschen „kriegstüchtig“ wird. Wohlstandseinbußen, die Millionen Menschen weit über den Kreis der Transferleistungsbezieherinnen und -bezieher hinaus treffen, denen die FDP keine Erhöhung der Regelbedarfe mehr zugestehen will, bleiben nicht folgenlos. Arme versetzt diese Politik in einen sozialen Ausnahmezustand, aber auch die Mittelschicht gerät zunehmend unter Druck.

    Prof. Dr. Christoph Butterwegge hat bis 2016 Politikwissenschaft an der Universität zu Köln gelehrt und zuletzt die Bücher „Deutschland im Krisenmodus. Infektion, Invasion und Inflation als gesellschaftliche Herausforderung“ sowie „Umverteilung des Reichtums“ veröffentlicht.

    2025 wird es in Deutschland kälter

    Kanzler Scholz beendet Ampel-Regierung – Bundestagsneuwahlen am 23. Februar 2025

    Dieser Beitrag erscheint in der Sperre, Ausgabe Winter 2024, die Anfang Dezember kostenfrei in Münster verteilt wird.

    Kamala Harris und mit ihr die Linksliberalen in den USA sind krachend gescheitert. Donald Trump kehrt ins Weiße Haus zurück. Er wird in seiner zweiten Amtszeit die Welt mehr verändern, als es ihm in der ersten Präsidentschaft von 2017 bis 2021 gelang. Neben der Beschleunigung des Klimawandels werden die Leidtragenden dieses erneuten Politikwechsels in Washington in den USA insbesondere die Migrant*innen und zudem die wirtschaftlich benachteiligten Menschen sein, in Europa die Ukrainer*innen insbesondere in den östlichen Landesteilen und im Nahen Osten die Palästinenser*innen. Zudem wird die produzierende Wirtschaft außerhalb der USA Probleme mit dem Absatz ihrer Güter bekommen. Nach dem Zusammenbruch der Ampel in Berlin droht nun im Windschatten des Rechtsrucks in den USA sowie der EU auch in Deutschland ein Politikwechsel.

    Bemerkenswert ist, dass die Regierung bei der Aufstellung des Haushaltes vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen Auseinandersetzung in der Koalition gescheitert ist. Wie seiner Zeit Bundeskanzler Gerhard Schröder, der auf eine verlorene Wahl in Nordrhein-Westfalen zu Neuwahlen im Bund blies, hat auch Olaf Scholz mit der Wahl in den USA einen äußeren Anlass zur Beendigung der Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen gewählt. Dabei lässt sich der noch amtierende Kanzler – anders als sein sozialdemokratischer Vorgänger – nicht von seinen individuellen Vorstellungen blenden, sondern sieht in der vorgezogenen Neuwahl mit von ihm gesetzten Themen seine letzte Chance.

    Wirtschaft und Finanzen im Zentrum der Bundestagswahl

    Olaf Scholz ist überzeugt, dass er für eine arbeitsplatz- und exportorientierte Wirtschaft steht und zudem als ehemaliger Finanzminister unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel für kreative Finanzwirtschaft prädestiniert ist. So wie er 2021 mit der Betonung des Respektes voreinander den Ton der Zeit traf, glaubt der gebürtige Osnabrücker nun mit Wirtschaft und Finanzen punkten zu können. Die Chancen, dass diese Themen den Wahlkampf dominieren werden, sind nicht schlecht, denn neben Scholz und seiner SPD dürfte auch CDU-Gegenkandidat Friedrich Merz, ehemaliger Deutschlandrepräsentant des weltgrößten in New York ansässigen Vermögensverwalters BlackRock, und die Christdemokraten sowie der entlassene FDP-Finanzminister Christian Lindner, der nach der Neuwahl in neuer Koalition wieder Finanzminister werden will, mit diesen Themen punkten wollen. Auch der grüne Frontmann, Wirtschaftsminister Robert Habeck, setzt schon von seiner bisherigen Regierungstätigkeit in Berlin her auf das Thema Wirtschaft. Dabei dürfte bei den Grünen, wie schon nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine, der Schutz des Klimas, der Natur und der Umwelt in den Hintergrund rücken. Bleibt schließlich die Frage, was bedeutet dieser Wahlkampf und schließlich sein wahrscheinlicher Ausgang mit einer von Merz geführten Koalition für das Soziale?

    FDP als Zünglein an der Waage

    Die Reichen und insbesondere die Superreichen, die schon von der Trump-Wahl und der neuen rechtsgerichteten EU-Kommission stark profitieren, werden zweifelsfrei die Wahlsieger sein. Die CDU und die CSU in Bayern werden gemeinsam die meisten Stimmen bekommen und damit die führende Kraft in der zukünftigen Bundesregierung sein. Gut für vermögende Menschen – schlecht für die Öffentliche Infrastruktur, für die Kommunen, für die finanziell nicht privilegierte untere Hälfte der Bevölkerung sowie für das Klima.

    Die Sozialdemokraten werden nach der Wahl zerrissen sein, denn die Machtorientierten werden in die Merz-Regierung drängen, während Sozis mit sozialem Gewissen in die Opposition wollen und vielleicht sogar gemeinsam mit Linken, Ökolog*innen, Rentner*innen, Bürgergeldempfänger*innen und den prekär im Niedriglohnsektor beschäftigten Menschen auf der Straße demonstrieren.

    Die FDP wird alles versuchen, Leihstimmen der CDU zu ergattern, um so in den Bundestag zurückzukehren und wieder das Zünglein an der politischen Waage Bundesregierung zu sein. Mit ihrem Programm erreichen die deutschen Liberalen nur ein oder zwei Prozent der Menschen, weshalb die fehlenden drei Prozent mit Wahlversprechen gegenüber Wähler*innen anderer Parteien – insbesondere bei CDU und CSU – geholt werden müssen. Spricht sich Merz für eine Koalition mit der FDP aus, dürfte die Strategie erfolgreich sein.

    Die Grünen regieren, wo sie können. Egal, ob als chancenloser Kanzlerkandidat oder als Spitzenkandidat seiner Partei wird Robert Habeck einen Wahlkampf führen, der die Grünen als „Partei der Mitte“ präsentiert. So behalten sie alle Optionen offen, wobei sie vermutlich nur in der vor sieben Jahren durch Lindner gescheiterten „Jamaika-Koalition“ eine echte Regierungs- und Machtoption besitzen. Ihren ehemaligen Markenkern Ökologie und Nachhaltigkeit werden sie unter dem Schlagwort „Grüner Kapitalismus“ und der Forderung nach mehr individueller Selbstverantwortung tarnen. Ob es zur Regierungsbeteiligung reicht, hängt aber allein vom Vertrauen und damit Wahlverhalten ihrer zuletzt ständig und auf allen politischen Ebenen enttäuschten Stammklientel ab.

    AfD wird nur von Linken und Sahra Wagenknecht bekämpft werden

    Auch die selbsternannte „Alternative für Deutschland“ hat ihren Markenkern durch den aktuellen Regierungssturz in Berlin und die Entwicklungen in Brüssel und Washington verloren. Migration ist im nach rechts wandernden Europa nur noch ein Sicherheitsthema an den Grenzen der Vereinigung. Zwar werden die Rechten weiterhin die massenhafte Ausweisung aller oder vieler zugewanderter Menschen propagieren, doch die von Scholz, Merz, Lidner und Habeck gesetzten Wahlkampfschwerpunkte Wirtschaft und Finanzen wird den nächsten Wahlerfolg der AfD verhindern.

    Bekämpfen werden die AfD im Wahlkampf lediglich die vom Untergang bedrohten Mitglieder der Linkspartei sowie die ehemaligen Linken in der Wagenknecht-Gruppierung. Parteigründerin Sahra Wagenknecht und ihre Gefolgschaft haben durch Trumps Sieg ihre bisherige Erfolgsstrategie Friedenspolitik und damit auch ihr Alleinstellungsmerkmal verloren, da die Ukraine im nächsten Jahr von der Trump-Administration in den USA in einen Waffenstillstand gezwungen werden wird. Bleibt auch den Links-Abtrünnigen nur im Wahlkampf der Versuch, dass lediglich von kleinen Teilen der SPD und den Grünen bearbeitete Feld der sozialen Gerechtigkeit erfolgreich zu besetzen. Den angeblich woken Linksliberalismus zu bekämpfen, wird kein Wahlkampfhit von Wagenknecht, da alle Ausgegrenzten, Diffamierten und Abgehängten im kommenden Wahlkampf von allen oben genannten Parteien links liegen gelassen werden.

    Linkes Potential ist aktuell begrenzt

    Bei Wahlen in Deutschland dürfte zur Zeit das Potential für linke Wirtschafts- und Sozialpolitik bei rund neun Prozent liegen. Ob nun die einen sechs (Wagenknechte) und die anderen (Linkspartei) drei oder beide nur jeweils 4,5 Prozent bekommen, hängt einerseits vom Wahlverhalten der links fühlenden Stammwähler*innen von SPD und Grünen ab und andererseits von der Schwerpunktsetzung der beiden um linke Wähler*innen konkurrierenden Parteien. Weder AfD noch BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) werden außerhalb der migrationsfeindlichen Wähler*innengruppe mit dem Thema Zuwanderung beziehungsweise Abschiebung punkten können. Die Linke muss sich deshalb grundsätzlich nur in Abgrenzung zum BSW und zur AfD mit Migration im Wahlkampf beschäftigen. Zentral wird im linken Wahlkampf, wie es mit der sozialen Absicherung in Deutschland weitergeht? Diese Frage müssen Linke im Wahlkampfes überzeugend beantworten, wenn im nächsten Bundestag noch Parlamentarier*innen sitzen wollen, die sich um die untere Hälfte der Gesellschaft und deren Überleben kümmern möchten. Angesichts dieser aufgezeigten Perspektiven zur vorgezogenen Bundestagswahl, ist aber schon jetzt klar: Es wird in Deutschland klimatisch wärmer und sozial kälter werden.