Die rund 700 LEG-Wohnungen am Berg Fidel sind nicht im optimalen Zustand. (Foto: Werner Szybalski)
SPD: „Causa LEG muss auch politisch angegangen werden“
Die Beschwerden von Mieterinnen und Mietern des Wohnungsunternehmens LEG nehmen nicht ab: Seit Jahren kommt es in den LEG-Wohnungen in Berg Fidel und weiteren Stadtteilen immer wieder zu großflächigem Schimmelbefall, defekten Aufzügen, Wasserschäden und Problemen bei der Wasserversorgung. Die SPD will die „causa LEG“ nun auch verstärkt politisch angehen.
„Uns ist die teils katastrophale Lage in den LEG-Wohnungen sehr bewusst, vieles haben wir mit eigenen Augen gesehen. Das Unternehmen kommt trotz Gewinnen in Milliardenhöhe seiner Verantwortung gegenüber den Mietenden vielfach nicht nach“, sagt Simon Kerkhoff, der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksvertretung Hiltrup. „Wir sind im Kontakt zu LEG-Mieterinitiativen, der SPD-Landtagsfraktion und haben auch ein Gespräch mit dem CEO der LEG geführt. Für uns steht fest: Die Stadt Münster muss Mieterinnen und Mieter weiterhin und verstärkt bei Missständen in den LEG-Wohnungen unterstützen und die zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel nutzen. Dazu befinden wir uns aktuell in Gesprächen mit anderen Parteien, um mit politischem Druck eine substanzielle Verbesserung zu erreichen“, betont Lia Kirsch, wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion. „Die Missstände in LEG-Wohnungen treffen Menschen besonders hart, die sich etwa aufgrund mangelhafter Sprachkenntnisse oder geringem Einkommen kaum gegen Vertragsverletzungen wehren können. Gerade diese Menschen müssen von der Stadt noch besser unterstützt werden. Hier haben wir daher bereits einen Antrag verabschiedet, der es Sozialhilfe-Empfängern und Empfängerinnen vereinfacht, Mieter*innenberatungsscheine zu erhalten. So erhalten sie in Härtefällen kostenlos juristischen Beistand“.
Quartiersmanagement soll für Abhilfe sorgen
Simon Kerkhoff fügt hinzu: „In unserer Fraktion in der BV Hiltrup arbeiten wir außerdem gerade an einem Antrag, der die Einrichtung eines Quartiersmanagements für Berg Fidel als Ziel hat. Wir brauchen hier vor Ort eine Ansprechperson von der Stadt, die für die Menschen da ist und sie unterstützt. Denn die LEG nimmt mittlerweile Beschwerden von Mietenden, die sich häufiger bei ihr melden, nicht einmal mehr entgegen. So kann und darf es nicht weitergehen!“.
Vor dem Konsulat von Frankreich in Münster demonstrierten am Dienstagmorgen Münsteraner*innen für das freie Einreiserecht einer Delegation von indigenen Gemeinschaften aus Mexiko, überwiegend Zapatistas, nach Frankreich und Europa. (Foto: Werner Szybalski)
Auch Münsteraner*innen fordern Einreiserecht
Am 22. Juni betraten sie im Hafen von Vigo (Spanien) europäischen Boden. Eine siebenköpfige Delegation der linksgerichteten zapatistischen Befreiungsarmee EZLN aus Chiapas (Mexiko) erreichte Europa. Die „umgekehrte Invasion“, wie die Zapatistas ihre Reise nach Europa humorvoll, aber auch mahnend nennen, hat begonnen. Folgen sollen noch über 150 mexikanische Staatsangehörige, hauptsächlich aus den indigenen zapatistischen Gemeinden in Chiapas. Diese bereiten sich seit Monaten darauf vor, nach Europa zu kommen. Hier wollen sie sich mit Solidaritätsgruppen, Kulturvereinen, Künstler*innengruppen, Gewerkschaften, NGOs und Menschenrechtsorganisationen treffen.
Begrüßt wurde die mit dem Segelschiff „La Montaña“ (deutsch: „Der Berg“) angereiste Vorhut in Vigo von über 500 Freund*innen aus dem Baskenland, Brasilien, Deutschland, Frankreich, Galizien, Griechenland, Iran, Italien, Katalonien, Marokko, Mexiko, Portugal, Schweden, der Schweiz, der Tschechischen Republik sowie aus verschiedenen Städten und Regionen Spaniens, wie Luz Kerkeling berichtet. Insgesamt dauerte die Atlantiküberquerung 50 Tage. Auch die Gruppe B.A.S.T.A. berichtete über die Ankunft.
Zwischen Juli und September 2021 sind zahlreiche Veranstaltungen mit der Zapatistas-Delegation in verschiedenen europäischen Ländern geplant. Es geht dabei um den Austausch über Gesundheit, Bildung, Ökologie, Gerechtigkeit, soziale Rechte und Menschenrechte. Nun ist die Einreise und auch die Ausreise der Gruppe gefährdet, denn Frankreich will den Zapatistas und Mitgliedern des Nationalen indigenen Rates die Einreiseerlaubnis verwehren. Hintergrund scheint zu sein, dass Frankreich mit den bestehenden Coronaeinschränkungen die politische „Reise für das Leben“ unterbinden möchte.
Klares Statement der Münsteraner*innen.
Deshalb demonstrieren und appellieren in zahlreichen Städten und Ländern die europäischen Unterstützer*innen der Zapatistas für die Ermöglichung der Reise nach Europa. „Auch der mexikanische Staat bereitet derzeit Schwierigkeiten. Über 60 Delegationsteilnehmer*innen haben zum Beispiel noch keinen Pass“, berichtet Edo Schmidt am Rande der Kundgebung vor der NRW.Bank.
Reisegrund und die europäischen Gastgeber*innen verursachen die Schwierigkeiten
Zapatistas.
„Die Zapatistas kommen nicht aus Businessgründen nach Europa oder als Tourist*innen; vielmehr beginnen sie ihre »Reise für das Leben«, um sich mit Gleichgesinnten zu treffen, die – wie sie – eine respektvollere Alltäglichkeit schaffen wollen. »Ein Europa von linksunten« fordert das Ende der Festung Europa, ein Ende von rassistischer und jeglicher anderer Diskriminierung von Staatswegen und ist für eine freie Entfaltung, Freizügigkeit für Alle unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem sozialen Status, Geschlechteridentität, Alter und so weiter 1994 hat die ganze Welt auf die bewaffnete Erhebung der EZLN gesehen. Dieses Mal kommt die EZLN friedlich, während die Presse schweigt. Ihre Aktionen bleiben jedoch historisch. Es ist ein internationaler, interkultureller und politischer Austausch. Nachdem vor einer Woche der Brief beim Außenministerium einging und den Inhalt über Twitter verbreitete, hat es noch keine Antwort darauf gegeben. Verschiedene soziale Bewegungen, die sich bereit erklärt haben, die Zapatistas während ihrer Reise aufzunehmen, organisieren Aktionen vor Ort überall in Europa“, berichtet Radio Dreyeckland, das freie und nichtkommerzielle Radio im Südwesten Deutschlands.
Botschaft an das Konsulat von Frankreich in Münster
Unterstützer*innen schreiben an das französische Honorarkonsulat in Münster (13. Juli 2021):
Forderung nach freiem Einreiserecht einer Delegation von indigenen Gemeinschaften aus Mexiko, hauptsächlich Zapatistas, nach Frankreich und Europa
Eine Delegation von 177 mexikanischen Staatsangehörigen, hauptsächlich aus den indigenen zapatistischen Gemeinden in Chiapas, bereitet sich seit Monaten darauf vor, nach Europa zu kommen, um sich mit Solidaritätsgruppen, Kulturvereinen, Künstler*innengruppen, Gewerkschaften, NGOs und Menschenrechtsorganisationen zu treffen.
Zwischen Juli und September 2021 sind zahlreiche Veranstaltungen geplant, bei denen ihre Anwesenheit für den Austausch über Gesundheit, Bildung, Ökologie, Gerechtigkeit, soziale Rechte und Menschenrechte äußerst wichtig ist.
Mehr als 800 Organisationen, Institutionen und Persönlichkeiten haben die Erklärung „Waiting for the Boat for Life“ unterzeichnet, in der es heißt: „Aus unseren Territorien wiederholen wir die Einladung, nach Europa zu kommen, uns zu besuchen, uns in diesen Ländern zu treffen, die nicht nur die des wilden und transnationalen Kapitals sind, sondern auch ein Gebiet, von dem aus wir dafür kämpfen, das Leben und damit die Welt zu einem lebenswerten Ort zu machen“.
Angesichts der aktuellen Situation des planetarischen Schocks kommen die indigenen Gemeinschaften – darunter vor allem die zapatistische Bewegung – nach Europa, um „Treffen, Dialoge, Ideenaustausch, Erfahrungen und Analysen unter uns durchzuführen“, wie es in dem Text mit dem Titel „Eine Erklärung für das Leben“ heißt.
Diejenigen von uns, die die Zapatistas eingeladen haben, zu diesen Treffen und zum Austausch hierher zu kommen, sind der Meinung, dass der Kampf für das Leben eine Angelegenheit von lebenswichtiger Bedeutung ist, eine zwingende Angelegenheit; wenn wir nicht für das Leben kämpfen, wird es keine Zukunft geben.
Und da wir der Meinung sind, dass dieser Kampf für das Leben auch für die französische Regierung eine Priorität sein sollte, sind wir der Meinung, dass die französische Verwaltung dies als einen zwingenden Grund für die Einreise in das Land anerkennen sollte, denn die Reise dient dem Wiederaufbau eines Gefüges der Hoffnung und der Freiheit.
Wir sind der Meinung, dass die bereits organisierten Treffen, die Einladungen der Unterzeichner:innen der bereits erwähnten Erklärungen, die Einladungen derjenigen, die auch diesen Brief unterschreiben, und vor allem die Tatsache, dass die Delegation kommt, um angesichts der ökologischen und sozialen Katastrophe, in der wir leben, für das Leben zu kämpfen, das Vorhandensein eines zwingenden Grundes beweisen, der die Einreise der Delegation erlauben sollte.
Deshalb schreiben wir Ihnen, weil wir von Ihnen die Bestätigung haben möchten, dass die französische Regierung sich diesem Kampf für das Leben nicht entgegenstellen wird. Dass es keine Hindernisse oder Grenzen geben wird, die das Land der Geschwisterlichkeit, Freiheit und Gleichheit daran hindern, die natürliche Brücke der Ankunft dieser historischen Delegation zu sein, die zum ersten Mal die Stimme der ursprünglichen Bevölkerungsgruppen in den Vordergrund unserer Straßen, Theater, Universitäten und Herzen stellen wird.
Unterstützen Sie uns deshalb mit den mehr als 4000 Solidaritätsorganisationen aus aller Welt, die das Kommuniqué „Eine Erklärung für das Leben“ unterzeichnet haben, und diejenigen, die sich diesem Brief anschließen und ihn unterschrieben haben.
Wir bitten daher dringend darum: Ergreifen Sie die notwendigen Maßnahmen, damit diese Delegation aus Mexiko auf dem Luftweg in das französische Hoheitsgebiet einreisen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Gruppe B.A.S.T.A. Münster, der Vorbereitungskreis für den Besuch der Delegation der Zapatistas in Münster, Zwischenzeit e.V., Münster gazometer – Soziokultureller Kunstraum, Pilar Puertas, Duo Controviento, Isabel Lipthay, Martin Firgau, Dr. phil. Ludger Kerkeling, Kaffeekollektiv Aroma Zapatista eG Hamburg sowie hunderte Gruppen aus 30 europäischen Ländern.
Das Kommuniqué „Eine Erklärung für das Leben“
Das Kommuniqué vom 1. Januar 2021 ist der Webseite „enlacezapatista“ entnommen.
EINE ERKLÄRUNG FÜR DAS LEBEN.
Erster Januar 2021.
AN DIE PUEBLOS, DIE VÖLKER DER WELT. AN DIE MENSCHEN, DIE IN DEN FÜNF KONTINENTEN KÄMPFEN. GESCHWISTER UND COMPAÑER@S,
Während dieser letzten Monate haben wir mit unterschiedlichen Mitteln den Kontakt zueinander hergestellt. Wir sind Frauen, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transvestiten, Transsexuelle, Intersexuelle, Queers und mehr, Männer, Gruppen, Kollektive, Vereinigungen, Organisationen, soziale Bewegungen, Pueblos originarios/ursprüngliche Völker, Stadtteil-Zusammenschlüsse, Gemeinden und ein langes Etcetera, das uns Identität gibt.
Uns unterscheiden und uns entfernen von einander: Erden, Himmel, Berge, Täler, Steppen, Dschungel, Wüsten, Ozeane, Seen, Flüsse, Bäche, Lagunen, Ethnien, Kulturen, Sprachen, Geschichten, Alter, Geographien, sexuelle Identitäten und Nicht-Identitäten, Wurzeln, Grenzen, Organisierungsformen, soziale Klassen, Kaufkraft, gesellschaftliche Stellung, Ruhm, Popularität, followers, likes, Währungen, Schulbildung, Art und Weisen zu sein, Arbeiten, Stärken, Schwächen, die Pro, Contra, Aber, Trotzdem – Rivalitäten, Feindschaften, Konzeptionen, Argumentationen, Gegenargumentationen, Debatten, Streitigkeiten, Anzeigen, Beschuldigungen, Verachtungen, Phobien, Vorlieben, Lobpreisungen, Ablehnungen, Pfeifkonzerte, Applaudieren, Gottheiten, Dämonen, Dogmen, Ketzereien, Gefallen, Missfallen, Modi – und ein langes Etcetera, das uns unterschiedlich macht und – nicht selten – gegensätzlich.
Uns vereinen nur sehr wenige Dinge:
Dass wir uns die Schmerzen der Erde zu eigen machen: die Gewalt gegen Frauen; die Verfolgung und Verachtung der in ihrer affektiven, emotionalen, sexuellen Identität Differenten; die Vernichtung der Kindheit; der Genozid an den Originarios, den indigenen Pueblos; der Rassismus; der Militarismus; die Ausbeutung; die Zerstörung der Natur.
Die Verständigung: Der Verantwortliche für diese Schmerzen ist ein System. Den Henker stellt ein ausbeuterisches, patriarchales, pyramidenförmiges, rassistisches, räuberisches und kriminelles System dar: der Kapitalismus.
Das Wissen: Es ist nicht möglich, dieses System zu reformieren, zu erziehen, abzumildern, zurechtzufeilen, zu zähmen, zu humanisieren.
Die Verpflichtung: Zu kämpfen, überall und jederzeit – jede/r auf ihrem/seinem Gebiet – gegen dieses System – bis es vollständig zerstört ist. Das Überleben der Menschheit hängt von der Zerstörung des Kapitalismus ab. Wir ergeben uns nicht, wir verkaufen uns nicht – und wir geben nicht nach.
Die Gewissheit: Der Kampf für die Menschheit ist weltweit. So wie die laufende Zerstörung keinerlei Grenzen, Nationalitäten, Fahnen, Sprachen, Kulturen, Ethnien anerkennt, so ist der Kampf für die Menschheit überall und jederzeit.
Die Überzeugung: Es sind viele Welten, die auf der Welt leben und kämpfen. Und jeder Anspruch auf Homogenität und Hegemonie verstößt gegen die Essenz der menschlichen Wesen: ihre Freiheit. Die Gleichheit der Menschheit liegt in der Respektierung der Differenz. In ihrer Diversität liegt ihre Ähnlichkeit.
Die Erkenntnis: Nicht der Anspruch unseren Blick, unsere Schritte, unsere Begleitungen, Wege und Ziele aufzuzwingen, erlaubt es uns voranzuschreiten, sondern das Hören und Sehen des Anderen, welches – verschieden und unterschiedlich – dieselbe Bestimmung zu Freiheit und Gerechtigkeit hat.
Aufgrund dieser Übereinstimmungen – und ohne unsere Überzeugungen aufzugeben oder zu lassen, was wir sind – haben wir vereinbart:
Erstens: – Treffen, Gespräche, Austausch von Ideen, Erfahrungen, Analysen und Einschätzungen durchzuführen – zwischen uns, die wir – von verschiedenen Konzeptionen und unterschiedlichen Terrains aus – für das Leben kämpfen. Danach wird jede/r ihren/seinen Weg fortsetzen oder nicht. Das Andere zu sehen und zu hören, wird uns vielleicht helfen auf unserem Weg – oder auch nicht. Das Andere zu kennen, ist jedoch auch Teil unseres Kampfes und Unterfangens – unserer Menschlichkeit.
Zweitens: – Diese Treffen und Aktivitäten finden auf den fünf Kontinenten statt. Auf dem europäischen Kontinent werden sie in den Monaten Juli, August, September und Oktober 2021 umgesetzt – mit der direkten Beteiligung einer mexikanischen Delegation – bestehend aus Congreso Nacional Indígena-Indigener Regierungsrat (CNI-CIG), der Frente de Pueblos en Defensa del Agua y de la Tierra de Morelos, Puebla y Tlaxcala [Zusammenschluss der Pueblos in Verteidigung von Wasser und Land in Morelos, Puebla und Tlaxcala] und der EZLN. Und zu späteren noch festzulegenden Zeitpunkten: die Realisierung von Treffen und Aktivitäten in Asien, Afrika, Ozeanien und Amerika – nach unseren Möglichkeiten – zu unterstützen.
Drittens: – Diejenigen einzuladen – die die gleichen Sorgen und ähnlichen Kämpfe teilen; alle ehrlichen Menschen und alle von Unten, die in den vielen Ecken der Welt rebellieren und widerstehen – sich anzuschließen, beizutragen, zu unterstützen und an diesen Treffen und Aktivitäten teilzunehmen; und diese Erklärung FÜR DAS LEBEN zu unterschreiben und zu ihrer eigenen zu machen.
Von einer der Brücken der Würde aus – die die fünf Kontinente verbinden.
Peter Römer referiert im Preußen-Stadion über Rassismus und Antisemitismus als Bestandteil der Fankultur
„Sport und Politik sind enger miteinander verbunden als allgemein angenommen. So haben sportliche Veranstaltungen immer auch eine symbolische und politische Bedeutung. Ein Ereignis der besonderen Art war der Sieg der deutschen Fußballnationalmannschaft über das legendäre ungarische Team 1954 im Finale der Weltmeisterschaft“, schrieb 2004 die Bundeszentrale für politische Bildung in der Beilage der Wochenzeitschrift „Das Parlament“. Dieses „Wunder von Bern“ ist auch für den Altenberger WM-Experten Dietrich Schulze-Marmeling ein herausragendes Ergebnis: „Bei einer WM hat es allerdings erst einmal einen richtigen Überraschungssieger gegeben: Westdeutschland 1954“, erklärte er 2006 im Gespräch mit der Zeitung „ak – analyse & kritik“. Jüngst machte das Begehren der Stadt München, beim Spiel der Nationalmannschaften von Deutschland und Ungarn das Stadion in Regenbogenfarben leuchten zu lassen, Schlagzeilen. Hintergrund zu dieser durch die UEFA verhinderten Protestaktion der Fraktionen des Rates der Stadt München war ein vom ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban initiiertes Gesetz, das die Informationsrechte von Jugendlichen bezüglich Homosexualität und Transsexualität eingeschränkt.
Edo Schmidt, Leiter des sozialpädagogischen Fanprojekts „Fanport Münster“, begrüßte im Preußen-Stadion den Referenten Peter Römer und die Zuhörer*innen. (Fotos: Werner Szybalski)
Fußball ist für Fans ein Spiel „gut gegen böse“
Rassismus und Antisemitismus seien leider Bestandteil der Fankultur – in ihrer fankulturellen Funktion und Verwendungsweise dabei aber durchaus unterschiedlich. Anders als noch vor wenigen Jahrzehnten bliebe Rassismus und Antisemitismus in heutigen Fankurven nicht unwidersprochen. Doch dachte man einige Jahre, dass die Ultra-Bewegung den Einfluss des rechten Flügels der als überaltert geltenden Hooligan-Kultur zurückdrängen würde, treffen in deutschen Fankurven inzwischen Gegensätze aufeinander. Relativ neu, so die Vorankündigung zum jüngsten Themenabend im Preußen-Stadion des Veranstalters Fanport Münster, sei dabei das öffentlichkeitswirksame Sendungsbewusstsein von rechten Hooligans. Sonst würden diese Wert auf konspirative Strukturen legen. Inzwischen träten sie aber ebenso selbstverständlich bei politischen Demonstrationen auf wie in und um die Stadien. Nicht zuletzt käme ihnen eine bedeutende Rolle im Zuge der „Querdenken“-Proteste zu.
Diese Entwicklung sollte analysiert und eingeordnet werden. „Denn was fankulturell passiert, hat eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung”, betonte Gastgeber Edo Schmidt, Leiter des sozialpädagogischen Fanprojekts Fanport Münster, in der kurzen Begrüßung des Referenten Peter Römer und der Zuhörer*innen in seinem „Wohnzimmer“, dem Block L im Preußen-Stadion.
DFB hofierte in Argentinien dem Nazi und früheren Wehrmachtoberst Rudel
Der Historiker Peter Römer, ein gebürtiger Hamburger, ehemaliger aktiver Fan des FC St. Pauli und seit 17 Jahren in Münster lebend, nahm die Zuhörer*innen mit auf eine kleine Reise durch die bundesrepublikanische Geschichte der Nationalmannschaft. Römer erinnert an das Wiedererstarken des nationalen Bewusstseins nach dem deutschen WM-Sieg in Bern, kam aber schon mit der ersten Folie auf die dunkele Seite zu sprechen. Bei der WM 1978 in Argentinien, das südamerikanische Land wurde damals seit wenigen Jahren von einer Militärjunta beherrscht, empfing die DFB-Delegation unter Leitung des Verbandspräsidenten Hermann Neuberger schon kurz nach ihrer Ankunft im Quartier in Ascochinga den früheren Wehrmachtoberst Hans-Ulrich Rudel. „Rudel, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südamerika abgesetzt hatte und dort in einem Netzwerk alte Nazis um sich geschart hatte, die immer noch von der deutschen Weltmacht träumten und die die lateinamerikanischen Generäle darin berieten, wie man politische Gegner ausschaltet“, berichtet der Spiegel, der auch darauf verwies, dass „gleichzeitig die deutsche Studentin Elisabeth Käsemann in einem Folterkeller der Junta saß, war der DFB-Spitze durchaus bekannt. Man sagte nichts, man unternahm nichts, Käsemann wurde von den Militärs umgebracht. Erst als sie tot war, erfuhr die Mannschaft davon.“
Römer verdeutlichte, dass Fußball und insbesondere die Fankultur „sich Abgrenzung definiere. Gut gegen böse“, was auch die Abwertung des Gegners beinhalte. Diese Grundstruktur sei fester Bestandteil der Fußballkultur. Fangruppen seien grundsätzlich unpolitisch gewesen, was nicht bedeutet (siehe oben) das Fußball unpolitisch gewesen sei. Nach den ersten Bundesligaskandalen und bis zur Durchkommerzialisierung des Fußballs waren die Stadien selten ausverkauft. Die Fangruppen hatten in den 80ern Platz im Stadien und zeugten sich in nicht kleinen Teilen empfänglich für stramme Organisation und abgrenzende, abwertende politische Argumentationen. Die gewaltbereite Hooliganszene, die eine dritte gewaltsame Halbzeit kultivierten, wuchs. Als die Rechten Anfang der 90er Jahre offen begannen, Migrant*innen zu jagen und sogar töteten (Rostock, Mölln, Solingen), hatten die Rechten schon einige Stadien unterwandert. Der erste große politische Akt der rechten Fußballfans ereignete sich während der Europameisterschaft 1988 – der Angriff auf die Häuser in der Hamburger Hafenstraße.
Die Tageszeitung (taz) schrieb zum nächtlichen Überfall: „Nach dem Halbfinalspiel zwischen der BRD und Holland [im Volksparkstadion] haben sogenannte Hooligans in Hamburg-St. Pauli schwere Auseinandersetzungen provoziert. Anfänglich unbehindert, stürmten in der Nacht zu Mittwoch mehr als 200 militante Fußballfans zu den ehemals besetzten Häusern in der Hafenstraße. Schon im Vorfeld der EM gab es Anzeichen für einen solchen Überfall, während des Spiels wurden im Stadion Flugblätter verteilt, die zum Sturm auf die bunten Häuser am Hafenrand aufforderten.“
Hooligan-Angriff auf die Hafenstraße – Weckruf für die Linke?
Das Antifa-Infoblatt veröffentlichte, wer für den Angriff verantwortlich war und welche Konsequenzen die Linken und Antifaschisten ziehen sollten: „Als nächstes ging es den Neonazi-Hooligans der »Borussenfront«, der »Endsieg Hertha Berlin« und aus dem HSV (Hamburg) usw. darum in der Hamburger Hafenstraße zu zeigen »wer die Herren der Straße sind«. Die einschlägigen Fußballfans sollten über, die mehr oder weniger übliche, Randale unter Fans hinaus, gegen linke Hausbesetzer*innen mobilisiert werden. Nachdem schon eine Woche vorher in verschiedenen Stadien Aufrufe dafür verteilt worden waren und das Ganze auch noch in einem vom »Stern« gemachten Interview bekannt geworden war, schafften es die Neonazis etwa 200 rechte Hooligans zu mobilisieren.
Größtenteils unbehelligt von der Hamburger Polizei, die 2500 Beamte eingesetzt hatte, zogen rechte Hooligans und Neonazis kurz vor Schluss des Halbfinales am Abend des 21. Juni 1988 nach Hamburg St. Pauli. Mit »Rotfront verrecke« Rufen zogen sie durch die Straßen, bis sie an der Hafenstraße von AntifaschistInnen gestoppt wurden. Unterstützer*innen und Bewohner*innen hatten die Drohungen ernst genommen und sich entsprechend vorbereitet. Drei Mal versuchten Neonazis und Hooligans zu stürmen, wurden aber mit massiver Gegenwehr gestoppt und verjagt. Ohne die entschlossene Selbstverteidigung der Hafenstraßen Bewohner*innen und den Unterstützer*innen wäre der Überfall auf die Häuser geglückt.
Der Einfluss der Neonazis auf die Hooligan Szene wäre bei einem erfolgreichen Angriff gestärkt worden. Wie auch immer, die Neonazis führten die Fans in eine, für viele schmerzhafte Niederlage, obwohl sie von der Hamburger Polizei schon bis an die Häuser durchgelassen worden sind. Das Signal scheint nunmehr auf ein Kräftemessen mit der Hafenstraße zu stehen. Dort ist jetzt fast jeden Samstag Alarmzustand, weil wieder irgendeine Hooligangruppe zeigen will, dass sie es schafft. Nach dem Spiel Hamburger SV gegen Bayern München am 20. August konnten 120 Hooligans von der Polizei auf dem Weg zum Hafen abgefangen werden. Doch nach der Fußball-EM gibt sich Innenminister Friedrich Zimmermann (CSU) zufrieden: Chaoten bleiben eine Minderheit, 22.000 eingesetzte Polizisten und 1200 Festnahmen lautet die offizielle Bilanz. Für die Regierungsparteien ist »Fußballrandale“, denn vom Einfluß der Neonazis dabei wird nicht geredet, ein sicherheitstechnisches Problem.
AntifaschistInnen und die Linke setzen dem Einfluss von Neonazis in den Stadien wenig bis gar nichts entgegen. Wir denken, dass das ein Fehler ist und wollen in dieser Ausgabe eine Auseinandersetzung über dieses Thema anfangen.“
DFB reagiert mit Trikotaktion
Peter Römer berichtete in seinem Vortrag, dass der offizielle Fußball auf die offene Rechtslastigkeit vieler Fußballfans reagierte. „Die damals weit verbreitete Kuttenkultur auf den Rängen war von Sexismus und Rassismus geprägt“, so Römer. Am Abschlussspieltag der Saison 1992 / 1993 liefen deshalb die Profiteams in der Bundesliga mit dem Trikotaufdruck „Mein Freund ist Ausländer“ auf. Doch wirklich sensibel waren die DFB-Offiziellen noch nicht geworden, denn für den 20. April 1994 – dem Geburtstag Adolf Hitlers – planten sie ein Spiel der Nationalmannschaft gegen England.
Während der DFB unter Führung ihres Vorsitzenden Egidius Braun lange die Brisanz nicht erkennen wollte, sagten die geplanten Austragungsorte München, Hannover und Hamburg ab. Berlin sollte das Spiel schließlich ausgerechnet im Olympiastadion von 1936 ausrichten. Offiziell wurden über 10.000 Rechtsradikale aus England und Deutschland und zusätzlich rechten Hools zum Spiel erwartet. 40 Gruppen aus dem linken und bürgerlichem Spektrum kündigten Demonstrationen in Berlin an. Mehr Politik rund um das Stadion ging nicht. Nach einem Anschlag auf die Geschäftsstelle des Berliner Fußballverbandes, zu dem sich eine autonome Gruppe bekannte, sagte die FA, der englische Fußballverband, die Partie endlich ab. Die Bild titelte: „Schande! Warum kuscht ihr vor den Nazis?“
Attentat auf Daniel Nivel
Ein Wendepunkt für die Hooligan-Szene war der Angriff deutscher Fans während der WM1998 in Frankreich auf den Polizisten Daniel Nivel. Er wurde am 21. Juni 1998 in Ausübung seines Dienstes von mehreren deutschen Hooligans angegriffen wurde. Als er schon wehrlos am Boden lag, schlugen und traten sie weiter auf ihn ein. Der damals 43-jährige Ehemann und zweifache Vater lag anschließend sechs Wochen im Koma. An den Folgen der Gewalttat leidet Nivel bis heute. Er ist halbseitig gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen, auf einem Auge blind und kann nur mühsam sprechen. Sechs der Hooligans wurden später zu Haftstrafen verurteilt, einer davon wegen versuchten Mordes zu zehn Jahren, berichtet wikipedia von den Geschehnissen.
Für Peter Römer hatten die Hooligans damit ihren Zenit überschritten. „Das Vakuum füllten nun die Ultras“, so Römer. Inzwischen gab es erste Zusammenschlüsse von Fangruppen, die sich auch sozial und vor allem gegen rechts engagierten. Dies sogar über die eigenen Fußballvereine hinaus. Trotzdem war und ist das Stadion überwiegend ein Ort, der von Rechten politisch genutzt wird. Die linken, autonomen Fußballanhänger eroberten sich die Ränge am Hamburger Millerntor, was natürlich auch nicht gewaltfrei gelang. Später wuchs der Faneinfluss auf den Verein FC St. Pauli, der zwar weiterhin kapitalistischen Fußball anbietet, aber vielfältige ökologische, soziale, antirassistische Projekte in die Fußballwelt einbringt.
Bei den überwiegend jungen Ultras entwickelte sich ein Teil der Gruppen nach links. Homophobie, Antisemitismus, Rassismus, Sexismus wird bekämpft. Doch in vielen Stadien dominieren auch heute noch Rechte, die zunehmend auch auf der Straße gemeinsam agieren. Am Angriff auf den links dominierten Leipziger Stadtteil Connewitz am 16. Januar 2016, dem ersten Jahrestag der rechtsradikalen Legida, nahmen auch Fußballfans der Vereine Dynamo Dresden (u.a. Faust des Ostens), Lokomotive Leipzig und Hallescher FC teil. Aktuell nutzen die rechten Fußballfans auch die Proteste gegen die Coronamaßnahmen für die Mobilisierung neuer Rechter.
Abschlussfolie des Vortrages von Peter Römer.
Stadien sind politische Orte
Zum Abschluss verdeutlichte Peter Römer, dass die Stadien Anteil am Wachstums des Rechtsradikalismus in Deutschland haben. Aber es gäbe auch positive Zeichen von den Rängen, wie die Ultras mit ihrem breiten Handlungsfeldern zeigten. Sie wären „Wertewandler“ in den Fußballarenen. In der anschließenden Diskussion stellte Römer klar, dass auch der Antisemitismus in den Stadien nicht verschwunden sei. Allerdings würde weniger abwertend, sondern eher verschwörungstheoretisch gegen jüdisches Leben agiert. Edo Schmidt brachte die Rolle der Polizei in die Diskussion ein. Für Römer ein sehr differenziertes Thema, welches eine eigene Veranstaltung wert sei.
„Nazis raus“-Rufe nach rassistischer Beleidigung eines Gästespielers
Nicht thematisiert wurde das vorbildhafte Verhalten der Preußenfans im Februar vergangenen Jahres im Heimspiel gegen die Würzburger Kickers. Ein 29-jähriger Mann hatte den Würzburger Profi Leroy Kwadwo rassistisch beleidigt. Die Preußenfans zeigten dem Ordnungsdienst den Übeltäter, der diesen aus dem Stadion entfernte und ihn der Polizei übergab. Begleitet wurde dies mit lautstarken „Nazis raus“-Rufen der über 5000 Zuschauer*innen auf den Rängen. Wahrscheinlich blieb diese wehrhafte Aktion der Münsteraner Fußfans am Montagabend unerwähnt, da Münster und auch seine Fußballfans ziemlich geschlossen gegen Rassismus, Antisemitismus und rechtsradikale politische Bestrebungen zusammenstehen.
Mit dieser Folie wies Peter Römer die Verbindung rechter Fans mit Coronademonstrant*innen nach. Links oben ein Banner am Kopf einer Demonstration. Später tauchte das Banner im Stadion auf.
Verstrahlt „Preußens Gloria“ den Verein?
Allerdings auch nicht thematisiert wurde der unrühmliche „Vorname“ des SC Preußen Münster 06. Angesichts der historischen Bedeutung des früheren Königreichs und späteren Freistaates in der Weimarer Republik läuft dem geschichtsbewussten Fußballfans bei den Anfeuerungsrufen „Preußen – Preußen“ im Stadion schnell ein Schauer über den Rücken. Allerdings nicht wegen dem klasse Support der Münsteraner Mannschaft durch ihre Anhänger*innen, sondern allein wegen des Vereinsnamens. Er bedeutet quasi das Gegenteil von lokalem Patriotismus, von dem der Vereinsfußball maßgeblich lebt.
Nach dem Wiener Kongress wurde durch die „Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden“ vom 30. April 1815 Preußen in zehn Provinzen eingeteilt, eine davon wurde Westfalen mit der Provinzialhauptstadt Münster. In Westfalen wurden zahlreiche zuvor eigenständige Territorien mit unterschiedlichen Traditionen und Konfessionen im Königreich Preußen zwangsvereinigt. In Münster führte dies zu viel subtilem bis offenen (Kulturkampf), stark katholisch geprägten Widerstand. 1947 erklärte der Alliierte Kontrollrat Preußen für aufgelöst. Die Vereinsverantwortlichen des SCP hielten nach dem Krieg den Clubnamen fest, obwohl insbesondere die Münsteraner Poahlbürger – siehe Vereinsgründung des SC Münster 08 – bis heute ein schwieriges Verhältnis zum Verein (bedenke Stadionsituation) haben.
Die Veranstaltung mit dem Historiker Peter Römer fand im Rahmen der Ausstellung „Zwischen Erfolg und Verfolgung“ an der Liebfrauen-Überwasserkirche statt. Am kommenden Montag, dem 5. Juli, um 19 Uhr führt der Fanport Münster im Gemeindesaal der Pfarrei Liebfrauen-Überwasser (Katthagen 2, 48143 Münster) eine Podiumsveranstaltung mit Kurzvorträgen und anschließender Diskussion unter dem Titel „Zugänge. Jüdischer Sport in Deutschland und im Münster der 1930er Jahre“ durch. Auf dem Podium werden Prof. Lorenz Peiffer (Jüdischer Sport in Deutschland – Veränderungen nach 1933), Gisela Möllenhoff (Sport im Abseits in Münster während der NS-Zeit) und Jan Becker („Spurensuche“ – ein Projekt für Schüler*innen und Jugendliche über Sport in Münster während des Nationalsozialismus) Platz nehmen. Aufgrund der begrenzten Teilnehmer*innenzahl ist eine Voranmeldung per Email erforderlich.
SCP-Präsident Christoph Strässer zeigt Ratsgruppe das Preußen-Gelände
Am Dienstag (29. Juni) machte sich die Ratsgruppe Volt einen Eindruck vom derzeitigen Preußenstadion und den geplanten Maßnahmen. SCP-Vereinspräsident Christoph Strässer und Fanbeirat Burkhard Brüx nahmen die Führung über das Gelände vor. Mit dabei die Volt-Ratsmitglieder Helene Goldbeck und Tim Pasch sowie aus dem Sportausschuss Sebastian Schlusen und Marlene Elsässer, Martin Grewer aus dem Bereich Verkehr und Referent Tim Priggemeyer.
Während sich die Ratsgruppe vor und auf der Tribüne über selbige informierte, gab es auch einen Austausch zur Erreichbarkeit der Anlage. Die Mobilitätsstation und die perspektivische Errichtung des Bahnhaltepunkts nahe des Stadions stießen dabei auf großes Interesse. Weiteres Thema war zudem die Jugendarbeit und die verbandsseitigen Hürden.
Volt will offenen und lösungsorientierten Austausch
Die derzeit nicht genutzte Westtribüne (oben rechts) des Preußen-Stadions soll zunächst abgerissen werden. (Foto: Werner Szybalski)
Schon lange beschäftigt die Sanierung des in die Jahre gekommenen Preußenstadions die Stadt, den Verein und insbesondere den Rat. Dieser hat zuletzt, auch mit den Stimmen von Volt, den Abriss der Westtribüne beschlossen. Dies ist ein erster Schritt hin zur Sanierung, aber auch ein erster Blick auf den Unterbau der Tribüne, dessen Zusammensetzung derzeit noch unbekannt ist und eine präzise Kostenschätzung erschwert. Mit den neuen Erkenntnissen solles dann zügig in die Detailplanung gehen. Wichtige Kriterien sind dabei Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und ein Mehrwert für die Stad tund ihre Bevölkerung. Die kommenden Beratungen werden die Möglichkeiten für das Stadion aufzeigen. Im Hinblick auf den langen Stillstand in der Weiterentwicklung des Stadions strebt Volt einen offenen und lösungsorientierten Austausch an.
Erneuerung der Kanäle an der Grevener Straße / Baubeginn am 7. Juli
Der kurze Verkehrsversuch mit zwei fahrbahnbreiten Radwegen auf der Grevener Straße zwischen York-Ring und dem Kanonierplatz geht am Mittwoch, dem 7. Juli, zu Ende. An diesem Tag beginnen die Tiefbauarbeiten für die Erneuerung der Schmutz- und Regenwasserkanäle zwischen Steinfurter Straße und Ring. Im ersten Schritt kommen 650 Meter Kanäle neu in die Erde. Auch die Anschlussleitungen werden saniert. Rund 14 Monate wird dieser Teilabschnitt der Grevener eine Baustelle sein, denn erst im Oktober 2022 erwartet die Stadt Münster den Abschluss der Arbeiten.
„Insgesamt werden etwa 480 Meter Schmutzwasser- und 170 Meter Regenwasserkanäle in einer Tiefe bis zu fünf Metern verlegt. Zudem werden 1165 Meter Anschlussleitungen zu den Grundstücken saniert“, erklärte die Stadt Münster am Donnerstag in einer Pressemitteilung. Die Tiefbauarbeiten starten in Höhe der Einmündung der Melchersstraße in die Grevener Straße. Diese wird für den Kfz-Verkehr zur Einbahnstraße – in Fahrtrichtung Steinfurter Straße / Innenstadt. Aus Richtung Steinfurter Straße ist der Anliegerverkehr bis zur Baustelle frei, die Grevener Straße wird stadtauswärts zur Sackgasse. Die Buslinie in Richtung Steinfurter Straße bleibt bestehen, die Haltestellen Orléans-Ring B, Dreifaltigkeitskirche C und Kanonierplatz werden weiterhin angefahren. Die stadtauswärts fahrenden Busse lassen diese Haltestellen aus und fahren direkt über die Steinfurter Straße weiter.
Stadt rät Radfahrer*innen: „absteigen und schieben.“
Erhebliche Einschränkungen gibt es für den nicht motorisierten Verkehr. Zwar sollen Fußgänger*innen die Baustelle auf den Gehwegen passieren können, doch für Radfahrer*innen wird es kein Durchkommen geben. Nach den Monaten mit den eigenen Fahrspuren, die viele Radfahrer*innen ihre Routen verändern ließen, wird der Radverkehr ab dem Baubeginn großräumig umgeleitet. Als Alternative bietet die Stadt an: „absteigen und schieben.“
Der neue Vorstand des SPD-Ortsvereins Münster-Nord lud am Donnerstagabend zum Bürger*innendialog auf dem Kanonierplatz ein. (Fotos: Werner Szybalski)
SPD Münster-Nord im Bürger*innendialog zur Umgestaltung der Grevener Straße
Am frühen Donnerstagabend (1. Juli) lud die SPD Münster-Nord zum Bürger*innendialog an die Grevener Straße. Durch die neue Ratsmehrheit wird die verkehrliche Gestaltung der Grevener Straße zwischen Ring und Steinfurter komplett neu diskutiert. „Wir haben praktische ein weißes Blatt vor uns“, erklärte Grit Hecht vom Planungsamt der Stadt Münster den rund 20 interessierten Teilnehmer*innen. Auch ein Vertreter des Ingenieurbüros Eberhardt aus Tecklenburg nahm teil, um die Fragen und Möglichkeiten zur zukünftigen Verkehrsführung zu beantworten oder zu diskutieren.
Nach den einführenden Worten, in denen der Planungsbereich (Steinfurter bis Ring) vorgestellt wurde, ging es zur Ortsbesichtigung an die Straße.
Die alten, inzwischen verworfenen Pläne für den auto- beziehungsweise fahrradgerechten Ausbau der Grevener Straße (links) sind Makulatur. Alle Teilnehmer*innen konnten ihre Wünsche auf dem „weißen Blatt“ (rechts) eintragen.
Anschließend wurden die Vorschläge gesammelt und in Einzel- und Kleingruppengespräche erörtert. Der Vorschlag, die Radwege nicht auf Fahrbahn- sondern auf Gehwegniveau anzulegen, überraschte die professionellen Planer*innen. Ein Kreisverkehr an der Einmündung der Melchersstraße in die Grevener stieß hingegen auf grundsätzliche Diskussionsbereitschaft bei den Planer*innen, wurde aber von mehreren Zuhörer*innen mehrfach abgelehnt. Auch die Perspektive neue Parkflächen auf der Grevener anzulegen, fand bei den Teilnehmer*innen wenig Zustimmung. Grit Hecht vom städtischen Planungsamt verwies in diesem Zusammenhang auf die vielen Lieferdienste, die eine Möglichkeit bekommen sollten, ihre Fahrzeuge wenig störend abstellen zu können.
Die Bürgerinitiative Uppenberg hatte vor einigen Jahren vorgeschlagen, auf der Brache einen Wochenmarkt anzusiedeln. (Fotomontage)
Ziel der Neuplanung, die einerseits wegen der neuen Ratsmehrheit und andererseits wegen der Herabstufung dieses Straßenabschnittes von einer Bundes- auf eine Kreisstraße möglich wurde, ist auch die Schaffung einer besseren und sicheren Verbindung zwischen Melchersstraße und Catharina-Müller-Straße. SPD-Ratsfrau Hedwig Liekefedt brachte den einige Jahre alten Vorschlag des Verkehrsclubs Münster (VCD) ins Gespräch. Sie plädierte dafür, zumindest zwischen den beiden Einmündungen eine Verkehrsfläche gänzlich ohne Verkehrszeichen anzulegen. Dieses „Shared Space“-Prinzip hatte vor rund sechs Jahren der ehemalige Ratsherr der Grünen und VCD-Vorständler Wolfgang Wiemers dem SPD-Ortsverein vorgestellt.
Auch griff Hedwig Liekefedt den Vorschlag der Bürgerinitiative Uppenberg von damals auf, dass die vom Stadtteilauto und wilden Parker*innen genutzte Fläche im Bereich der Bushaltestelle Kanonierplatz aufgewertet werden soll. Unter anderem schlug die BI 2016 vor, dort einen Wochenmarkt mit frischen Produkten anzusiedeln. Eine spannende Diskussion, die aber nur noch eingeschränkt die Fläche überplanen kann. Schließlich wird im letzten Quartal diesen Jahres der Kanonierplatz (siehe Bericht vom 8. Juni: Karten werden neu gemischt) aufgewertet. Die Wertstoffcontainer sollen dann an die Grevener Straße auf die Brache versetzt werden. Nach einer gesamtheitlichen Planung der Politik (und Verwaltung) sieht dies nicht aus. Auch wurden die ansässigen Bewohner*innen und Gewerbetreibenden nicht über die anstehenden Maßnahmen informiert.
Der SPD-Ortsverein für Uppenberg, Kreuzviertel und Neutor hat übrigens einen neuen Vorstand und eine Doppelspitze. Gemeinsam führen nun Laura Maxellon und Cedric Hoyer die Partei im Stadtteil. Zu ihren Stellvertreter*innen wurden von der Mitgliederversammlung die Ratsfrau Hedwig Liekefedt und der ehemalige Fraktionsgeschäftsführer der Links-Partei, Martin Scholz, gewählt. Das Gremium komplettieren der Kassierer Horst Schmidt, der Schriftführer André Bartsch, die Gleichstellungsbeauftragte Lucy Brachem, der Bildungsbeauftragter Maxim Polo Leon und Beisitzerin Gertrud Sparding. Ausgeschieden aus dem Vorstand sind der Vorsitzende Georg Tyrell, der beruflich bedingt nach Bayern verzog, Ruth Pope, Lorenz Wielenga, Thomas Schmidt, Peter Darmstädter und Wilfried Denz.
Durch einen Grünstreifen getrennt sind auf der Marktallee in Hiltrup Radweg und Fußweg – eine Besonderheit, die auch mehr Sicherheit bietet. (Foto: Stadt Münster / Michael C. Möller)
Stadt nimmt nun auch die schwächsten Verkehrsteilnehmer in den Blick
Erst im Juni 2020 gründete sich die Ortsgruppe Münster des bundesweiten Fuss e.V. Jetzt wurde die von Julia Hansel und Thorsten Knölke geleitete Gruppe 25. Mitglied der Ordnungspartnerschaft „Sicher durch Münster“. Die Belange der Fußgänger im Straßenverkehr stärker in den Vordergrund rücken – darum kümmert sich der Verein Fuss e.V. – möchte die Stadt Münster.
Unfallprävention steht an erster Stelle
„Verkehrsunfallprävention ist eine Aufgabe, die die Ordnungspartnerschaft auch über die nächsten Jahre hinaus fordern wird“, sagt Norbert Vechtel, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Münster. „Das geht nur mit einem stabilen Netzwerk und engagierten Mitwirkenden.“
Als Fachverband Fußverkehr Deutschland setzt sich Fuss e.V. schon seit 1985 für den Fußverkehr ein. „Verkehrsunfallprävention gehört zu unseren Kernthemen“, erklärt Thorsten Knölke. „Obwohl zu Fuß zu gehen die natürlichste und gesündeste Fortbewegungsform des Menschen ist, werden schnellere Fortbewegungsformen wie Pkw und Fahrrad bevorzugt. Die Perspektive der Zufußgehenden sollte daher beim Thema Unfallprävention verstärkt in den Fokus genommen werden“, so Knölke. Dafür wolle sich die Ortsgruppe in der Ordnungspartnerschaft „Sicher durch Münster“ aktiv einsetzen.
Verkehrssicherheitsarbeit auf breiter gesellschaftlicher Basis
Für die Ordnungspartnerschaft begrüßte neben Norbert Vechtel auch Polizeioberrat Andre Niewöhner vom Polizeipräsidium Münster Fuss e.V. als neuen Ordnungspartner. 2007 haben sich mit der Gründung der Ordnungspartnerschaft verschiedene Behörden, Verbände, Organisationen und Vereine zu einem stabilen Netzwerk zusammengeschlossen, um die Verkehrssicherheitsarbeit auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen.
Zur Begrüßung des Fuss e.V. in der Ordnungspartnerschaft „Sicher durch Münster“ nahmen Thorsten Knölke (v. l. n. r.), Sprecher der Ortsgruppe Münster des Fuss e.V., Jan Nordhoff (Polizei Münster), Monika Peters (Fuss e.V.), Ordnungsamtsleiter Norbert Vechtel, Polizeioberrat Andre Niewöhner und Sonja Hamberger-Rossol (Projektkoordinatorin „Sicher durch Münster“ im Ordnungsamt Münster) die Marktallee in Hiltrup in Augenschein. (Foto: Stadt Münster / Michael C. Möller)