Forderungen der lokalen Wirtschaft zur Kommunalwahl 2025
Die Wirtschaft in Münster hat klare Vorstellungen, wohin es nach der Kommunalwahl im September gehen soll. Am Donnerstag vor Ostern veröffentlichten auf der IHK-Webseite neun Wirtschaftskammern, -initiativen und -verbände der lokalen Wirtschaft unter dem Titel „Weichen stellen für Münster“ acht zentrale Forderungen zur Kommunalwahl 2025 Beteiligt waren: IHK Nord Westfalen, Handwerkskammer Münster, DEHOGA Westfalen, Handelsverband Westfalen-Münsterland, Industriegemeinschaft Münster, Initiative Starke Innenstadt, ISG Bahnhofsviertel, Kreishandwerkerschaft und WIN Wirtschaftsinitiative Münster.
Die Wirtschaft in Münster sieht „dringenden Handlungsbedarf, um die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt als Wirtschaftsstandort zu sichern“. Das zeigt sich besonders deutlich am Mangel an bezahlbarem Wohnraum, an fehlenden Gewerbeflächen sowie an der Stauproblematik auf den Straßen – insbesondere zu Pendlerzeiten, heißt es in einem Forderungspapier „Weichen stellen für Münster“ zur Kommunalwahl 2025, das am 17. April 2025 in der IHK Nord Westfalen in Münster vorgestellt wurde.
Klare Führung und stabile Finanzen
„Münster braucht eine starke Führung, die Entscheidungen trifft und konsequent umsetzt“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel. Eine klare Führungsrolle des Oberbürgermeisters sei notwendig, um wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und den Standort zukunftssicher aufzustellen.
Die tragende Rolle der Unternehmen für einen stabilen kommunalen Finanzhaushalt unterstrich Thomas Banasiewicz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster. Ihre Belange müssten deshalb mit Priorität berücksichtigt werden. „Die Stärkung der Wirtschaft sichert die Steuereinnahmen, die für Investitionen in Infrastruktur notwendig sind. Steuerliche Mehrbelastung für Unternehmen müssen zugleich vermieden werden“, sagte er. Zur Fachkräftesicherung sei ein Ausbau der Kinderbetreuung notwendig.
Entwicklung von Wirtschaftsflächen
Um ihre wichtige Rolle für die Stadt Münster erfüllen zu können „benötigen Unternehmen aber auch den notwendigen Raum für wirtschaftliche Entwicklung“, erklärte Michael Radau, Vorsitzender im IHK-Regionalausschuss für die Stadt Münster. „Die Stadt muss konsequenter als bisher an der Sicherung und Entwicklung von Wirtschaftsflächen arbeiten, damit Betriebe wachsen und investieren können.“ Dies erfordere auch eine engere Zusammenarbeit mit Immobilienentwicklern und eine strategische Nutzung vorhandener Flächen.
Die Bedeutung einer lebendigen und gut erreichbaren Innenstadt hob Lisa Kittner, Geschäftsführerin der Initiative Starke Innenstadt, hervor: „Eine starke Innenstadt ist das Herz unserer Stadt. Projekte zur Steigerung ihrer Attraktivität müssen Priorität haben. Gleichzeitig gilt es, die Erreichbarkeit sicherzustellen und den Fokus stärker auf Sicherheit und Ordnung zu richten.“

Wohnraummangel entpuppt sich als zunehmende Belastung
Der Wohnraummangel entpuppt sich für die Wirtschaftsvertreter als zunehmende Belastung für den Standort Münster. „Fachkräfte, Auszubildende und Studierende brauchen bezahlbaren Wohnraum“, forderte Sandra Wulf, Geschäftsführerin der Wirtschaftsinitiative Münster. Beschleunigte Bauprozesse und die Förderung alternativer Wohnmodelle wie Mikroapartments sowie Wohnheime für unterschiedliche Zielgruppen seien essenziell, um Münster als attraktiven Standort zu erhalten.
In der Mobilitätspolitik sehen die Wirtschaftsvertreter ebenfalls großen Nachholbedarf. „Münster muss für alle erreichbar bleiben und braucht dafür kluge Mobilitätslösungen, um den großen Strom an Pendlern, Besucher und Wirtschaftsverkehren abzuwickeln. Dafür müssen alle Verkehrsträger berücksichtigt und klug miteinander verknüpft werden“, betonte Uta Deutschländer, Vorsitzende der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Bahnhofsviertel. Der Ausbau von ÖPNV, Park+Ride-Angeboten und Radverkehr sei entscheidend, um nachhaltige und effiziente Mobilität zu fördern.
Wirtschaft aktiv einbinden
Die Notwendigkeit einer stabilen Energieversorgung unterstrich Jan-Hendrik Schade, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Münster: „Technologieneutrale Wärmeplanung und die Förderung dezentraler Energieprojekte sind wichtige Bausteine für die Zukunft.“

IHK-Hauptgeschäftsführer Jaeckel betonte die Bedeutung dieser Forderungen für die kommenden Jahre: „Die Wirtschaft erwartet, dass die politischen Akteure diese Themen ernst nehmen. Nur mit einer starken Führung, zukunftsorientierten Konzepten und der aktiven Einbindung der Wirtschaft kann Münster weiterhin als attraktiver Wirtschaftsstandort bestehen.“
K O M M E N T A R
Machen statt fordern!
Die lokale Wirtschaft in Münster steht zusammen. Gleich neun Institutionen haben sich auf acht Forderungen an die kommunale Politik geeinigt und sich damit auch an die Wähler:innen in Münster gewandt, die am 14. September 2025 und vermutlich zur Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt 14 Tage später zu den Urnen gerufen werden. Dabei klingt zunächst eine Kritik am Amtsinhaber durch, wenn „wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen seien und zudem der Standort zukunftssicher aufzustellen sei.“ Dies lässt auf eine gewisse Unzufriedenheit der lokalen Wirtschaftsorganisationen schließen, die somit eine Veränderung befürworten dürften.
Erfreulich ist die Anerkennung der großen Bedeutung der lokalen Steuereinnahmen der Stadt der lokalen Wirtschaft. Um die geforderte Unterstützung bei der „Fachkräftesicherung“ durch „Ausbau der Kinderbetreuung“ zu finanzieren, müssen die Wirtschaftsvertreter:innen nun nur noch einsehen, dass dazu zukünftig die Gewerbesteuer in Münster einerseits breiter (Stichwort: Freiberufler:innen) und andererseits auch etwas höher erhoben werden muss.
Die sonstigen von den Wirtschaftsorganisationen unterbreiteten Vorschläge sind allerdings alles andere als neu. So klingt weiterhin die Forderung nach „Sicherung und Entwicklung von Wirtschaftsflächen“ nur nach Einschränkung des Natur- und Umweltschutzes. Beim Thema Innenstadt wird durch die Forderungen „Steigerung ihrer Attraktivität“ und Sicherstellung der „Erreichbarkeit“ spätestens beim Punkt „Sicherheit und Ordnung“ deutlich, dass für sie für „ihre Innenstadt“ an Kund:innen und nicht an Einwohner:innen denken.
Die meisten großen Vermieter:innen in Münster gehören den Wirtschaftsverbänden an, weshalb sie grundsätzlich das Heft des Handelns in Sachen Wohnraumbau in den eigenen Händen halten. Doch das Wohl ihrer Mitarbeitenden und deren Wohnsituation reicht offensichtlich nicht so weit, dass auf Profite verzichtet und Wohnraum günstig geschaffen wird. Ein gutes lokales Beispiel ist die LEG Immobilien SE. Sie nimmt jährlich Millionen in Münster ein, transformiert sie nach Düsseldorf und schüttet satte Dividenden über die Börse in London aus. Investieren in Wohnungsbau in Münster? – Bei der LEG Fehlanzeige. Auch ein kommunales Wohnheim für Auszubildende wird von Gewerkschaften und SPD seit Jahren gefordert. Vielleicht können sich die örtlichen Tarifpartner:innen mal zusammensetzen, um in diesem Sektor Nachhaltiges zu schaffen und zudem junge Menschen aus nah und fern mit einer günstigen Unterkunft zur Ausbildung nach Münster locken.
Auch ohne die Wörter „Auto“ oder „PKW“ – wie übrigens auch „Kunden“ – zu benutzen, wird klar, worum des der lokalen Wirtschaft bei „klugen Mobilitätslösungen“ geht. Bleibt zu hoffen, dass bei wirklichen Schritten einer Verkehrswende die Wirtschaft nicht auf dem Bremspedal steht.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass es der Wirtschaft in Münster und auch im Umland gut geht. Nicht zuletzt deshalb, sollte auch bei den Unternehmen und deren Verbände der Blick nicht ins eigene Portemonnaie sondern weit darüber hinaus auch in die Zukunft gehen. Um Mensch und Natur dauerhaft eine gutes Leben zu ermöglichen, gibt es viel zu tun. Nicht zuletzt für die Wirtschaft gilt deshalb: Machen statt fordern!
Werner Szybalski