Pleitenserie für Wagenknecht

Katja Wolf setzt sich durch

5525 Stimmen erhielt bei der Bundestagswahl im Februar das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Münster. Was auf den ersten Blick sehr gut aussieht, erklärt bei genauerer Betrachtung den Misserfolg der neuen Partei. In Münster hätte das BSW fast doppelt so viele Stimmen bekommen müssen, um hier die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. Zudem blieb das BSW in der Domstadt immer etwas im Halbschatten. Niemand wollte – auch im Wahlkampf nicht –mit der Presse reden. Nur selten waren Unterstützer:innen auf der Straße präsent. Geld war allerdings offensichtlich kein Problem, denn das BSW plakatierte in Münster ähnlich viel, wie die drei große Parteien. Aktuell dürfte das BSW in Münster der Bundespartei einen Schritt voraus sein – es gibt das BSW in der westfälischen Metropole nicht mehr.

Namensgeberin Sahra Wagenknecht hatte den Mitgliedern im BSW-Landesverband in Thüringen, der am Samstag in Gera seinen Landesparteitag abhielt, empfohlen, die Landesvorsitzende Katja Wolf, Stellvertreterin des Ministerpräsidenten von Thüringen und Finanzministerin des Bundeslandes, nicht wieder zur Parteivorsitzenden zu wählen. Doch die Favoritin von Sahra Wagenknecht, Anke Wirsing, verliert deutlich. 61 Stimmen für die Amtsinhaberin und 35 Voten für die Gegenkandidatin.

Katja Wolf klar vor Wagenknecht-Kandidatin

Hintergrund dieser gescheiterten parteiinternen Revolte von oben ist der Frust der einst so beliebten Politikerin aus dem Osten, die nun mit ihrem Ehemann Oskar Lafontaine im Saarland residiert. Wagenknecht macht das BSW Thüringen, das im vergangenen Jahr mit der CDU und der SPD eine Regierungskoalition eingegangen ist, für das denkbar knappe Scheitern bei der Bundestagswahl mitverantwortlich. Diese Regierungsbeteiligung schwäche die Position des BSW im Bund.

Die namensgebende Co-Vorsitzende selbst scheute die Konfrontation mit dem rebellischen Parteivolk in Thüringen und schickte ihren Generalsekretär Christian Leye, der einst das Bürgerbüro der in der DDR geborenen Politikerin in Düsseldorf leitete. Damals waren beide noch Mitglied der Partei Die Linke. Immer wieder gaben sie Anlass zu heftigen parteiinternen Kontroversen, die die aus PDS und WASG hervorgegangenen Partei fast in die Bedeutungslosigkeit getrieben hätte. Gemeinsam nahmen Wagenknecht und Leye übrigens ihre üppig besoldeten Bundestagsmandate mit, als sie nach BSW-Gründung Partei und Bundestagsfraktion der Linken verließen.

Co-Vorsitzende der nach ihr benannten Partei: Sahra Wagenknecht. (Pressefoto Sahra Wagenknecht)

Autoritärer Führungsstil

Taz-Redakteur Daniel Bax sieht den tieferen Grund der jüngsten Misserfolge des BSW im autoritärer Führungsstil der Namensgeberin. Das inzwischen im Europaparlament, in drei Landtagen und zwei Landesregierungen vertretene BSW könne nicht mehr die Protestpartei sein, die in Opposition zu den Herrschenden seine Erfolge einfuhr. „Das führe zwangsläufig zu Enttäuschungen“, meint Daniel Bax. Zudem habe die restriktive Mitgliederaufnahme dem BSW geschadet, so Bax: „Wagenknecht besteht darauf, dass allein der Bundesvorstand entscheidet, wer Mitglied werden darf.“

Katja Wolf bleibt Parteivorsitzende des BSW in Thüringen. (Foto: Steffen Prößdorf)

Viele BSW-Unterstützer:innen, die bisher kein Mitglied werden durften, fühlen sich dadurch vor den Kopf gestoßen, so Bax. Das habe das BSW bei der Wahl möglicherweise entscheidende Stimmen gekostet. Wolf dagegen wolle, so der taz-Redakteur, dass die Landesverbände selbst entscheiden, wer bei ihnen Mitglied werden darf. Diesen Konflikt würde es auch ohne Katja Wolf geben. Er könnte auch Ursache für weitere Probleme sein.

Kein Antritt des BSW bei Kommunalwahl in Münster

Trotz der vielen Stimmen bei der Bundestagswahl in der Domstadt wird das Bündnis Sahra Wagenknecht in Münster nicht zur Kommunalwahl antreten. Am Rande des Ostermarsches erklärte ein bekannter BSW-Unterstützer und wichtiger Stratege der Partei bei der vergangenen Bundestagswahl: „Es gibt das Bündnis Sahra Wagenknecht in Münster nicht.“ Offensichtlich ist die angeblich rund 40 Mitglieder umfassende örtliche BSV-Wahlunterstützungsgruppe, die zuletzt immer bei ODAK tagte, noch nicht aufgenommen worden oder will gar nicht mehr in die im Westen und auch in Münster klar gescheiterte Partei.

Kampftag der Arbeiterklasse

Hinaus zum 1. Mai!

Am Donnerstag (1. Mai) zieht es viele mit Bollerwagen oder auf der Leeze hinaus in die Natur. Maigang ist angesagt. Traditionsbewusste Arbeitnehmer:innen hingegen versammeln sich in diesem Jahr vormittags um 11 Uhr im Hafen von Münster, um in diesem Jahr unter dem Motto „Mach dich stark mit uns!“ für eine gerechte Arbeitswelt, für Demokratie und Solidarität sowie gegen Rechts zu demonstrieren. In Deutschland begann es mit dem Kampftag der Arbeiterklasse im Jahr 1890.

Ein Jahrhundert nach der Französischen Revolution wurde am 14. Juli 1889 auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationalen in Paris von sozialistischen Gewerkschaften und Parteien aus der ganzen Welt beschlossen, sich den Plänen des amerikanischen Arbeiterbundes für eine weltweite Demonstration am 1. Mai 1890 anzuschließen. Eine der Kernforderungen war, den Arbeitstag auf acht Stunden festzulegen. Am 1. Mai 1890 beteiligten sich in Deutschland etwa 100.000 Arbeiter:innen – in Berlin, Dresden und als gewerkschaftlichen Schwerpunkt festgelegt in Hamburg – an Streiks, Demonstrationen und den Maispaziergängen, bei denen Menschen, häufig verbunden mit dem Konsum von Alkohol, den Frühling begrüßen.– an Streiks, Demonstrationen und den Maispaziergängen, bei denen Menschen, häufig durchaus verbunden mit dem Konsum von Alkohol, den Frühling begrüßen.

DGB ruft zum 1.Mai auf: „Mach dich stark mit uns!“

„Wir erheben unsere Stimme für eine gerechte Arbeitswelt! – Für Demokratie und Solidarität – gegen Rechts!“ Mit diesen klaren Äußerungen ruft Pia Dilling, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Münster, zur Teilnahme an der Maidemonstration und -kundgebung am kommenden Donnerstag auf. „Noch nie war es so wichtig für die Rechte der Arbeitnehmer*innen auf die Straße zu gehen“, machte die DGB-Stadtverbandsvorsitzende in einer Pressemitteilung deutlich: „Gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne sind der Schlüssel, um ausreichend Fachkräfte zu gewinnen, die unsere Schulen mit Leben füllen, Kranke pflegen und versorgen, unsere Brücken sanieren und bauen sowie den klimagerechten Umbau des Landes voranbringen. Immer mehr Arbeitgeber stehlen sich aus der Verantwortung und sorgen nicht für faire Löhne. Wir fordern deshalb einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung und ein Bundestariftreuegesetz. Damit wieder mehr Beschäftigte von starken Tarifverträgen profitieren und endlich mehr Lohn bekommen. Wir fordern außerdem einen armutsfesten Mindestlohn als untere Haltelinie.“

Pia Dilling und Carsten Peters vom DGB Münster rufen zur Teilnahme an der Maikundgebung in Münster auf. (Foto: DGB Münster)

Errungenschaften verteidigen!

DGB-Stadtverbandsvorstand Carsten Peters, Hauptamtlicher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Bezirk Münsterland sowie Kopf des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“, verdeutlichte: „Den Acht-Stunden-Tag, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, stabile Renten und einen starken Sozialstaat haben wir Gewerkschaften solidarisch erkämpft, und wir werden diese Errungenschaften verteidigen! Faire Arbeitszeiten, die zum Leben passen, sind für uns nicht verhandelbar. Wer krank ist, muss sich auskurieren können. Die Beschäftigten haben eine gute und sichere Rente verdient. Das Rentenniveau muss bei 48 Prozent stabilisiert und langfristig erhöht werden. Die Angriffe auf den Sozialstaat weisen wir zurück – das ständige Nach-unten-Treten gegen Bürgergeldbeziehende und Geflüchtete muss aufhören!“

Dilling ergänzte: „Wir stehen für ein gerechtes Steuersystem. Die Beschäftigten, die für ihr Geld arbeiten, dürfen nicht höher besteuert werden als diejenigen, die ihr Geld nur für sich arbeiten lassen. Nach Jahrzehnten wachsender Vermögen ist eine angemessene und gerechte Beteiligung von Spitzenverdienern überfällig. Es ist höchste Zeit, die Vermögensteuer wieder einzuführen und eine Erbschaftsteuer ohne Sonderregelungen für reiche Unternehmenserben auf den Weg zu bringen. Reiche und Superreiche müssen ihren fairen Beitrag leisten, um den Haushalt zukunftsfest zu gestalten und die Daseinsvorsorge zu sichern.“

Auch die DGB-Jugend ist traditionell am 1. Mai auf der Stbengasse dabei. (Foto: Archiv Werner Szybalski)

Kampftag für Demokratie und Solidarität

Carsten Peters erklärte zum Hintergrund des Maifeiertages: „Der traditionelle Tag der Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innen ist auch ein Kampftag für Demokratie und Solidarität. Wir müssen in diesen Tagen die Demokratie stärken, die derzeit von Rechts angegriffen wird, unsere Aktionen richten sich gegen den zunehmen Rechtsruck in Deutschland und Europa – keinen Platz für Rassismus, Antisemitismus und soziale Ausgrenzung! Der 1.Mai ist auch der Tag der internationalen Solidarität.“

Vom Hafen durch das Hansaviertel in die Innenstadt

Auf dem Hafenplatz treffen sich in Münster um 11 Uhr die Maidemonstrant:innen, die dann gemeinsam durch das Hansaviertel und die Innenstadt zum Stubengassenplatz ziehen. „Kommt mit uns am Tag der Arbeit auf die Straße und macht euch stark für eine friedliche und gerechte Zukunft in Deutschland, Europa und der Welt! Gemeinsam können wir die Politik zum Handeln bringen und für Investitionen, Verteilungsgerechtigkeit, Tarifbindung, faire Arbeitszeiten, stabile Renten und eine starke Demokratie“, wirbt der DGB, der verdeutlicht: „Unsere Botschaft ist klar. Wir haben nicht nachgelassen – mit Erfolg. Deutschland muss den jahrelangen Investitionsstau überwinden. Die von den künftigen Regierungsparteien vereinbarten Milliarden müssen jetzt dahin fließen, wo sie dringend benötigt werden: in die Schienen, Bildung, den Wohnungsbau, die soziale Sicherung, die Digitalisierung und den Klimaschutz. Es kommt jetzt darauf an, unser Land und unsere Wirtschaft am Laufen zu halten und für die Zukunft aufzustellen. Aber auch klar ist, dass wir erwarten, dass der Staat, die Unternehmen und die Arbeitgeber ihrer Verantwortung gerecht werden. Mit den Geldern müssen moderne Standorte, zukunftsfähige Produkte und damit gute und sichere Arbeitsplätze für die Beschäftigten finanziert werden.“

Die lokalistische FAU Münster nimmt auch schon Mal an der DGB-Kundgebung teil. Mit Infomaterial ist die anarchistische Gewerkschaft aber sicherlich am Nachmittag in Berg Fidel am Start. (Foto: Archiv Werner Szybalski)

Maifeiern in der Innenstadt, am Coerdeplatz, am Aasee und – „revolutionär“ – am Berg Fidel

Um 12 Uhr beginnt auf der Stubengasse das DGB Familienfest, bei dem auch verschiedene Rednerinnen sprechen werden. Die GEW-Landesvorsitzende Ayla Celik ist in diesem Jahr Stargast des DGB auf der Bühne. Für die musikalische Kurzweil sorgt NaDuMusik.

Um 14 Uhr startet die SPD Münster ihre Mai-Feierlichkeiten zwischen Kreuz- und Martiniviertel an der Promenade. Im Sternbuschpark am Berg Fidel lädt zeitgleich die Stadtteil-Gewerkschaft Berg Fidel solidarisch zum „Revolutionären 1. Mai“ ein. Es gäbt Essen, Trinken, Musik, Redebeiträge und sicherlich auch Infostände. Eine Stunde später um 15 Uhr startet das traditionelle Soli-Fest von ODAK, das in diesem Jahr am Aasee bei dem Spielplatz an der Mecklenbecker Straße stattfindet.

Kurze Geschichte des 1. Mai
In Australien, im dortigen Bundesstaat Victoria, gingen am 1. Mai 1856 Arbeiter:innen auf die Straße. Sie demonstrierten für die Begrenzung des Arbeitstages auf acht Stunden. 30 Jahre später rief die nordamerikanische Arbeiterbewegung – ebenfalls zur Durchsetzung des Achtstundentags – zum Generalstreik am 1. Mai 1886 auf.. Der 1. Mai war aus zwei Gründen von den amerikanischen Gewerkschaften ausgewählt worden. Einerseits wegen dem australischen Vorbild und andererseits , weil der erste Tag im Mai traditionell auch der traditionelle „moving day“ war. Der Stichtag, zu dem Arbeitsverhältnisse beendet wurden, weshalb für viele Gekündigte ein Umzug oft in einem anderen Ort anstand, um neue Arbeit zu finden. Es kam am Maitag 1886, der Samstag war ein regulärer Arbeitstag, zu Massenstreiks und Demonstrationen in den Industrieregionen Nordamerikas an denen nach verschiedenen Schätzungen insgesamt zwischen 300.000 und 500.000 Menschen teilnahmen. Allein in Chicago gingen 90.000 Arbeiter:innen in den Ausstand. Am dritten Tag des mehrtägigen Streik fand die von acht Anarchisten organisiere berühmten Haymarket-Versammlung statt. Tage später. Sie begründete den ruf des 1. Mai als Arbeiterkampftag.
In Deutschland wurde erstmals 1890 der 1. Mai von Sozialdemokraten als Aktionstag begangen. 1919 war er einmalig schon ein Feiertag. Ab 1933 nutzten die Nazis den 1. Mai, um

Blutorgie zu Walzerklängen

René Haustein und bodytalk im Pumpenhaus

Nur wenige Minuten nachdem das Publikum im Pumpenhaus in Münster Platz genommen hat und die fünf Tänzer:innen auf der Bühne sich in strahlend weißen Kostümen in Zeitlupe über die riesig über die Reaktion des imaginären Publikums freut, fällt im Pumpenhaus schon der Vorhang. Ohne Moos nichts los? Geht das Geld für Kultur aus? Nach einer kurzen, dunklen Pause lugt plötzlich der angestrahlte Kopf von Renè Haustein, dem in Bottrop lebenden Performance-Künstler, ganz oben durch den Vorhang. Der Kopf spricht von „kopflos“ und „Blutarmut“ . . . und davon, dass „Das Pumpenhaus leergepumpt ist. Die anderen Theater auch.“ Bei durch lauten Kirchenglockensound geprägter Musik stellt Renè Haustein zum Boden schwebend lautstark fest: „Das Theater muss sich der Realität anpassen!“

Als der Vorhand wieder komplett geöffnet ist, sind alle auf der Bühne in Unterwäsche oder wallenden Kimonos gekleidet. Akrobatisch tänzerisch wirbeln sie durcheinander, während Haustein fast lethargisch in sein Mikrophon spricht. Die Tänzer:innen agieren immer grausamer und zunehmend gewalttätig, bis sie urplötzlich alle zusammenkommen und brüllen: „Wir schließen einen Vertrag.“

Doch dieses (Tanz-)Theater strebt danach, sich der Realität anzupassen, ind der Vertäge nicht mehr sind als Papier oder ein Handschlag. Plötzlich blinken Hieb- und Stichwaffen in den Händen. Luana Rossetti, Cato Sieben, Tirza Ben Zvi und Hedda Fleischer verschmelzen zu einer vielarmigen Person, die wirkt, wie die bedeutende hinduistische Göttin „Kali“, die Göttin des Todes, der Zerstörung und der Erneuerung.

René Haustein und die Tänzer:innen Luana Rossetti, Cato Sieben, Tirza Ben Zvi und Hedda Fleischer triggern bei der Premiere von „Blutkörper“ durch Blutregen und Gewaltszenen Teile des Punpenhaus-Publikums. Am Ende gab es aber überwiegend Standig Ovetions. (Fotos: Laurenz Jochheim)

Sphärische Klänge, getaktet durch wiederkehrenden Sound einschlagender Fliegerbomben, hämmern auf die Künstler:innen ein, die sich gegenseitig bekämpfen, sexuell nötigen und vergewaltigen, um schließlich über Renè Haustein herzufallen. In einer angedeuteten Gewalt- und Sexorgie, die einige Zuschauer:innen an ihre Belastungsgrenze brachte, werden – durch großformatige Bilder verdeutlicht – zunächst Haustein und dann auch einer Tänzerin Körperteile abgeschnitten und triumphal präsentiert. Schließlich ist auch das Blutorgan überhaupt, das Herz, herausgeschnitten.

Von nun an ist es nur noch ein kleiner Moment, bis das Blut das Geschehen auf der Bühne dominiert. Schließlich hatte René Haustein schon bei seiner Niederkunft auf die Bühne gedroht: „Da wo Geld fließt, fließt auch Blut.“Zunächst abgezapft aus dem linken Arm von René Haustein und durch einen langen medizinischen Schlauch auch durch die erste Reihe des Publikums geflossen, stürzen schon kurz danach mehrere Blutregen auf die Künstler:innen hinab. Sie suhlen sich im Blut, eine von einer Tänzerin getragene Schweinsmaske erleichtert die sanften Gemüter im Saal, denn das Symbol reicht; das Schlachten eines echten Schweins kann ausbleiben. Wenn Cato Sieben als Schmetterling von den Toten aufersteht, geht auch das Blutbad – musikalisch mit Wiener Walzer unterlegt – langsam zu Ende.

Obwohl eine alte Theaterregel besagt, dass „Tiere und Kinder haben nichts auf der Bühne verloren“ haben, wird zum Finale ein lebender Schmetterling, der sich allerdings offensichtlich an keine Regieanweisung hält, auf die Bühne gebracht. Eine klare Boschaft hin zu notwendiger Veränderung, zu möglicher Transformation, erhoffter Wiedergeburt, vollendeter Schönheit und dem Wandel, der auf der Bühne beginnen kann und die Realität verändert. Das Publikum feierte die Premiere und die Künstler:innen René Haustein sowie den Tänzer:innen Luana Rossetti, Cato Sieben, Tirza Ben Zvi und Hedda Fleischer mit stehenden Ovationen.

Werner Szybalski

„Blutkörper“, ein rund einstündiges Tanztheater-Stück von und mit René Haustein sowie den Tänzer:innen Luana Rossetti, Cato Sieben, Tirza Ben Zvi und Hedda Fleischer. Regie beim in Koproduktion mit bodytalk und dem Theater im Pumpenhaus, sowie freundlicher Unterstützung von Theater Titanick, auf die Bühne gebrachten Stück führt Hannah Schrief. Die Licht- und sonstige technische Leitung hat Timo von der Horst. Für die Kostüme ist Kamila Wdowska verantwortlich.
Weitere Aufführungen im Pumpenhaus am Samstag (26. April 2025) um 20 Uhr und Sonntag (27. April 2025) um 18 Uhr.

Nach dem Abgang der Künstler:innen gleicht die Bühne einem verlassenen Schlachtfeld. (Foto: Werner Szybalski)

SPD will eine sozial gerechte Stadt

Themenkonferenz „Soziale Stadt“ im Wuddi des Bürgerhauses Kinderhaus

Am kommenden Mittwoch, dem 30. April 2025, will die SPD Münster im Johanniter Gästehaus ihr Kommunalwahlprogramm verabschieden. Eine Woche zuvor hatte die Partei Genossinnen und Genossen und Vertreter:innen von sozialen Einrichtungen in Münster zur Themenkonferenz „Soziale Stadt“ nach Kinderhaus eingeladen. In den knapp zwei Stunden wurde im Wuddi viel diskutiert, um herauszubekommen, wie die SPD in den kommenden Jahren Münster zu einer „sozial gerechten Stadt“ machen kann. Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeisterkandidaten Stephan Brinktrine stellte dieser drei Expert:innen (Dr. Christina Rentzsch, Sozialdezernentin Braunschweig; Markus Wallmeier, AWO Münster; Liam Kajin Demmke, DGB Münster) einführende Fragen, ehe in zwei Workshops intensiv gearbeitet wurde.

Dr. Christina Rentzsch. (Fotos: Werner Szybalski)

„Die besten Ideen entstehen im Dialog“, unterstrich Stephan Brinktrine, der die knapp 40 Gäste bat, sich intensiv in die Diskussion einzubringen. Dr. Christina Rentzsch, seit 2023 Sozialdezernentin in Braunschweig und früher Vorsitzende der SPD Münster-Mitte, unterstrich in ihrem Eingangsstatement die Bedeutung der „sozialen Funktionen, die der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Stadt“ helfen würden. Markus Wallmeier betonte, dass es in der sozialen Arbeit „die Ansprache vor Ort“ extrem wichtig sei, und Liam Demmke erklärte, dass insbesondere bei jungen Menschen die „Demokratie und Mitbestimmung“ eine zentrale Rolle einnehme.

Die drei Grundprinzipien der SPD-Sozialpolitik

Die SPD-Sozialpolitik in Münster sei an drei Grundprinzipien orientiert:

  • Prävention von Benachteiligungen: „Wir wollen durch einen vorbeugenden Ansatz Benachteiligungen gar nicht erst entstehen lassen. Das umfasst unter anderem die Förderung von frühkindlicher Bildung und die Stärkung sozialer Netzwerke in den Stadtteilen.“
  • Gleichberechtigte Teilhabe: „Wir wollen allen Menschen in Münster eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Dabei setzen wir auf ein breites Spektrum an Teilhabeangeboten, von Bildung und Kultur über Mobilität bis hin zu Freizeitaktivitäten.“
  • Ausgleich von Benachteiligungen: „Wir wollen vorhandene Benachteiligungen ausgleichen und es so allen ermöglichen, individuelle Lebenschancen zu verwirklichen. Dazu gehören gezielte Förderprogramme für benachteiligte Gruppen sowie der Ausbau von Angeboten im Bereich Bildung und Arbeit.“

Münster – Stadt der „Studies und Alten“

Im Workshop „Soziales und Wohnen“ wurde unter anderem über die zukünftig bessere Nutzung des vorhanden Wohnraums diskutiert. Dabei spielte auch der teilweise schlechte Zustand der Wohnungen (Stichwort: marode Hochhäuser in Coerde) eine Rolle. Festgestellt wurde, das Münster eine inzwischen eine Stadt der „Studies und Alten“ sei, was die Situation der Auszubildenden und der Fachkräfte in den Mittelpunkt der Diskussion brachte. „Den Wohnraum in der Stadt zu vermehren, ist ein Schlüssel zur Lösung des Fachkräftemangels“, warf ein Teilnehmer ein.

Aber auch, so wurde bemängelt, fehle Wohnraum für die „arbeitende Mitte“. Dies zeuge, trotz SoBoMü und KonvOY, von erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Wohnraumpolitik in der Stadt. Als ein Lösungsvorschläge wurden die Wohnungsgenossenschaften, es gibt in Münster zwei, und auch genossenschaftliches Wohnen (Beispiel: Grüner Weiler in Gievenbeck) ins Gespräch gebracht.

Ein besonders Problem in der Stadt und insbesondere in einigen Quartieren Münsters sei die Pflegesituation. Auch diese sei durch die Wohnraumsituation erschwert. Neben Nachbarschaftshilfe könne auch die Sozialarbeit in den Stadtteilen da für Entlastung sorgen.

Liam Demmke vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Münster betonte die Wichtigkeit der gerechten Bezahlung im Berufsleben.

Mit der Wirtschaft im Dialog

Kleiner war die Gruppe, die sich im Workshop „Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“ austauschte. Stephan Brinktrine berichtete zum Einstieg: „Ich habe Gespräche mit der Wirtschaft geführt. Dabei konnte ich den Eindruck gewinnen, dass die es inzwischen bezüglich der Ausbildungssituation in Münster begriffen hat.“ SPD-Ratsherr Thomas Kollmann warf ein, dass die SPD auch „im Unterschied zu den Grünen“ klar bekenne: „Wir wollen weitere Wirtschaftsstandorte in der Stadt realisieren.“

Neben der Bedeutung des Sozialen Arbeitsmarktes – insbesondere in prekären Stadtvierteln – wurde länger über die Verkehrssituation gesprochen. dabei stand unter anderem die Verkehrssicherheit für Radfahrer:innen im Zentrum. Aber auch die Situation des Öffentlichen Verkehrs (unter anderem schlechte Verbindungen zwischen Außenstadtteilen wegen zentrumszentrierte Ausrichtung der Buslinien) wurde kritisch beleuchtet. Dies alles mache dem Arbeitsmarkt zu schaffen, wie der SPD-Unterbezirksvorsitzende Fabian Fuchs erklärte: „Fachkräfte können es sich nicht leisten in Münster zu wohnen.“

Chancengleichheit und soziale Teilhabe

Der SPD Münster, so ihre Selbstbeschreibung, setzt sich in Münster für den Erhalt und den Ausbau von Chancengleichheit und sozialer Teilhabe ein. Dabei ist der Partei der sozialer Zusammenhalt in den Nachbarschaften wichtig. Das Miteinander im Quartier möchte die SPD durch Quartierstreffpunkte, und zwar dort, wo die Menschen wohnen, fördern. So soll das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und der Vereinsamung vorgebeugt werden. Dazu muss es Teilhabemöglichkeiten im Quartier, also Essenstreffs, Beratung und Bildung, geben. So wollen die Sozialdemokraten auch der Vereinsamung und der Altersarmut entgegenwirken. Für sie gehören wohnortnahe Freizeitmöglichkeiten und Sportangebote zwingend dazu, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und zugleich natürlich auch Gesundheitsförderung zu fördern.

Benachteiligungen abbauen

Obdachlosen Menschen wollen die SPDler:innen ein menschenwürdiges Wohnen ermöglichen, auch wenn diese auf dem Wohnungsmarkt keine eigene Unterkunft finden können. „Hierbei setzen wir auch auf modulare Wohnformen und soziale Wohnprojekte, die schnell und unkompliziert Lösungen bieten“, verdeutlicht die SPD auf ihrer Webseite zur Veranstaltung.

Den Soziale Arbeitsmarkt in Münster, der benachteiligten Menschen über Arbeitsgelegenheit (AGH) und 16i-Maßnahmen gemäß Sozialgesetzbuch II den Weg zum ersten Arbeitsmarkt eröffnen soll, wollen die Sozialdemokraten ebenso wie Programme zur Weiterbildung und Qualifizierung, die speziell auf die Bedürfnisse der betroffenen Gruppen abgestimmt sein müssten, weiter fördern. Zudem sollen Pflege- und Gesundheitsberufe attraktiver gemacht werden. Auch müsse für diese Kräfte bezahlbarer Wohnraum in der Stadt vorgehalten werden.

Als Expert:innen zur Themenkonferenz „Soziale Stadt“ der SPD Münster waren Markus Wallmeier (l.) von der AWO Münster, Dr. Christina Rentzsch, die Sozialdezernentin der Stadt Braunschweig, und Liam Kajin Demmke (r.) vom DGB Münster geladen. Oberbürgermeisterkandidat Stephan Brinktrine stellte ihnen einleitende Fragen.

Stadt- und Mobilitätsplanung für alle

Bei der Stadtplanung ist es der SPD wichtig, dass alle Stadtteile gut erschlossen werden und auch barrierefrei sind: „Wir setzen uns für einen öffentlichen Nahverkehr ein, der alle Stadtteile miteinander verbindet und auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Da Mobilität ein wichtiger Aspekt der Teilhabe ist, haben wir das Münsterticket eingeführt. Mit diesem Ticket können alle Menschen in Münster für umgerechnet einen Euro am Tag im gesamten Stadtbereich Bus und Bahn unbegrenzt nutzen.“ Keine Erwähnung fand die Einschränkung bezüglich des Deutschlandtickets sozial in Münster, das wegen dem genannten Münsterticket in der Domstadt den grundsätzlich Antragsberechtigten nicht angeboten wird. Diese Öffi-Nutzer:innen können weder die Nachbarkreise noch den Rest des Bundesgebietes mit ihrem „Sozialticket“ im Nahverkehr mit Bus und Bahn bereisen.

(v.l.) Pia Dilling, Vorsitzende des DGB Münster und Ratskandidatin der SPD, SPD-Ratsherr Thomas Kollmann aus Kinderhaus, Münsters Bürgermeisterin Maria Winkel, Markus Wallmeier von der Arbeitswohlfahrt Münster, Braunschweigs Sozialdezernentin Dr. Christina Rentzsch, SPD-OB-Kandidat Stephan Brinktrine und DGBler Liam Demmke beim Abschlussbild der SPD-Themenkonferenz „Soziale Stadt“ im Wuddi des Bürgerhauses Kinderhaus.

Es gäbe auch in Münster viele Menschen, denen es nicht gut geht. Davon ist die SPD überzeugt, weshalb sie gerade auch für diese Menschen da sein wollen: „Gemeinsam können wir eine Stadt gestalten, die sozial gerecht, lebenswert und für alle zugänglich ist.“

Rumphorst, Hafen und Wolbecker Straße

Historische Luftbilder als Ausgangspunkt für Recherchen zur Stadtgeschichte: Hier der Hafen mit Herz-Jesu-Kirche im Hintergrund um 1930. Quelle: Stadtarchiv Münster, Postkarten Nr. 2966.

Themenabend zur Erforschung der Geschichte des eigenen Stadtteils

Drei Experten in Sachen lokaler Geschichte sind am Donnerstag, 24. April, ab 18 Uhr im Stadtarchiv bei Dr. Philipp Erdmann, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs, zu Gast. Praktische Fragen der Arbeit mit historischen Quellen zur Stadtteilgeschichte steht im Mittelpunkt des Themenabends. Thomas Kaling (Rumphorst), Werner R. Cramer (Hafen) und Franz Peters (Wolbecker Straße) berichten von ihren Recherchen und Ergebnissen.

Thomas Kaling ist Kartograf und arbeitet an einem Stadtteilatlas für Rumphorst. Die Ergebnisse seiner Archivrecherchen präsentiert er in Viertelrundgängen und Vorträgen für den Stadtteilverein Rumphorstviertel. An jedem ersten Mittwoch im Monat lädt Kaling von 17.30 bis 19.30 Uhr in den Stadtteiltreff Rumphorst (Hoher Heckenweg 81, 48147 Münster) ein. Auf der wechselnden Agenda stehen immer Themen aus dem Stadtteil. Jüngst war der Eisenbahnliebhaber Michael Stach zu Gast, der über „Die Entwicklung der Eisenbahn incl. der Bau der Brückenüberführungen“ in Rumphorst sprach.

Recherche am Kai in Münster

Im vergangenen Jahr wurde Münsters Stadthafen 125 Jahre alt. Als Werner Rudolf Cramer am Ende des vergangenen Jahrhunderts ein Atelier am Kreativkai bezog, der gerade seinen 100 Geburtstag feierte, entwickelte sich Cramers lokalhistorisches Interesse am Stadthafen von Münster. Er forschte jahrelang zur Geschichte des Hafens. So konnte er rekonstruieren, welches Schiff als erstes in Münster einfuhr (die „Zuidersee“ aus Holland mit Holz aus Königsberg an Bord) oder auch, welche Waren in den inzwischen über 125 Jahren in Münster umgeschlagen wurden. Auch kann Werner Rudolf Cramer erläutern, warum es bis vor wenigen Zollgrenzen mitten in der Domstadt gab.

Stadthafen von Münster, abgebildet auf einer Postkarte von 1910.

Geschichte einer Straße

Wie sich die Geschichte einer Straße erzählen lässt, zeigt Franz Peters, der das Buch zur Geschichte der Wolbecker Straße verfasst hat. Den rasanten Wandel der zentralen Verkehrsachse in Münsters Südosten nach dem Kriegsende und bis 1970 hat Peters als langjähriger Anwohner in Teilen selbst miterlebt. Sein Buch lebt vor allem von zahlreichen historischen Fotografien, Zeitungsartikeln und Akten aus dem Stadtarchiv.

Beim kommenden Themenabend im Stadtarchiv Münster (An den Speichern 8, 48157 Münster) geht es um die Recherche zur Geschichte des eigenen Wohnorts, Stadtviertels oder auch der eigenen Straße. Interessierte, die nach historischen Unterlagen zur lokalen Geschichte ihrer Heimat oder ihres früheren oder aktuellen Wohnortes suchen, werden grundsätzlich in Archiven fündig. Oft, wie auch die drei Gäste, sind es engagierte Einzelpersonen, die diesen kleinräumigen Entwicklungen auf Grundlage von Fotos, Akten oder alten Stadtplänen nachgehen.

Deshalb ist bei diesem Themenabend reichlich Zeit für Fragen aus dem Publikum eingeplant. Möglichst sollen auch Recherchewege für eigene Geschichtsprojekte vorgestellt werden.

Anmeldung erforderlich

Die Teilnahme am Themenabend ist nur nach vorheriger Anmeldung per Telefon (02 51 / 4 92 47 01) oder E-Mailmöglich. Interessierte können sich per E-Mail anoder telefonisch unter Tel. anmelden. Die Veranstaltung wird auch live im Internet übertragen.

Menschen und Nationen – Neurasthenie

Von Christoph Theligmann (Zuerst erschienen auf proscript.de am 17. April 2025)

Deutschland soll kriegstüchtig werden. Es wird über eine Wiederauflage Wehrpflicht diskutiert. Äußerungen wie Wir müssen in die Lage kommen, uns verteidigen zu können, um uns nicht verteidigen zu müssen, diese Sätze sind zu hören und zu lesen.

Thomas Mann Gedenkjahr. Sein Erstlingsroman Buddenbrook hat den Untertitel Verfall einer Familie.

Der Verfall vollzieht sich in vier Stech-Schritten: Erfolg, Komfort, Vergeistigung, Dekadenz. Gilt auch für Nationen. Was heute Burnout heißt, nannte man zu Thomas Manns Zeiten Neurasthenie.

Seine Erzählung erstreckt sich über ein Intermezzo von vier Generationen. Das sind ca. 75 Jahre. Bedenkt man den Zeitraum von durchschnittlich 25 Jahre je einer Generation, ist man irritiert von der Parallele: 80 Jahre seit Weltkriegsende 1945.

Vier Akte: Erfolg gleich aufgestanden aus Ruinen, Wirtschaftswunder gleich Komfort, Studentenrevolte gleich Vergeistigung, Ölkrise und nicht endendes Krisen-Mikado gleich zunehmender Verfall.

In dieser, negative Bezeichnung Endzeitstimmung, positive Bezeichnung Zeitenwende, erscheint ein umstrittener Bestseller. Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde – Gegen die Kriegstüchtigkeit von Ole Nymoen, 27 Jahre alt.

In dem Buch die Argumente: Die Staatssouveränität will geschützt, soll wehrfähig sein. Dazu werden notfalls Menschenleben geopfert, obwohl die Menschen mit- und untereinander oft gar keine, geschweige denn tödliche Meinungsverschiedenheiten haben. Dennoch werden sie mit Waffen aufeinandergehetzt.

Der einzelne Bürgerwille, lieber in Unfreiheit zu leben, statt für die Freiheit zu sterben, zählt nicht. Auch die Frage, ob es nicht wert sei, eine demokratische Grundordnung zu verteidigen, stellt sich ja dann nicht, wenn man sich nicht als sinnvollen Teil einer Gesellschaft sieht, in der zwar jeder für sich verantwortlich sein soll, doch die Tolerierung von extremem Reichtum auf der einen, von Armut auf der anderen Seite die Vorgabe ist. Verteidigungswerte Gemeinschaft?

Errungenschaften, die da wären, Bildung und medizinische Versorgung etc. existieren in Wahrheit doch nur als Bedingungen für ein Humankapital, willens des Erfolgs einer Volkswirtschaft als Ganzes.

In einer zukünftigen Welt, die schon allein durch den Klimawandel gefährdet ist, sind es die Jüngeren, die als erstes die Zeche zahlen müssen. Die gleiche Altersgruppe, die vorzugsweise zu den Waffen gerufen wird, wenn es todernst wird. Dann wird verstärkt zuallererst und dann zuallerletzt an die Solidargemeinschaft dieser und später, falls vonnöten, aller Altersgruppen appelliert. Gleichzeitig der Kontrast der Konkurrenz unter den Staaten in jeweiliger repräsentativer Form der wenigen, die, daran hat sich nichts geändert, wie ein Sonnenkönig „L’Etat c’est moi – Der Staat bin ich“, tönen.

Warum ich niemals für mein Land …  Ein aktueller Widerruf zum Aufruf des Appells Gewehr bei Fuß.

Autor Christoph Theligmann lebt in Hiltrup. Der Politikwissenschaftler ist Redakteur der Sperre und Feuilletonist aus Neigung, was jeweils donnerstags neu auf seiner Webseite proscribt.de erfahren werden kann.

„Weichen stellen für Münster“

Stellten das Forderungspapier der Wirtschaft zur Kommunalwahl 2025 vor: (v.l.) Jan-Hendrik Schade, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Münster, Sandra Wulf, Geschäftsführerin der Wirtschaftsinitiative Münster, Lisa Kittner, Geschäftsführerin der Initiative Starke Innenstadt, Uta Deutschländer, Vorsitzende ISG Bahnhofsviertel, Michael Radau, Vorsitzender im IHK-Regionalausschuss für die Stadt Münster, Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen, und Thomas Banasiewicz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster. (Foto: © Stein / IHK)

Forderungen der lokalen Wirtschaft zur Kommunalwahl 2025

Die Wirtschaft in Münster hat klare Vorstellungen, wohin es nach der Kommunalwahl im September gehen soll. Am Donnerstag vor Ostern veröffentlichten auf der IHK-Webseite neun Wirtschaftskammern, -initiativen und -verbände der lokalen Wirtschaft unter dem Titel „Weichen stellen für Münster“ acht zentrale Forderungen zur Kommunalwahl 2025 Beteiligt waren: IHK Nord Westfalen, Handwerkskammer Münster, DEHOGA Westfalen, Handelsverband Westfalen-Münsterland, Industriegemeinschaft Münster, Initiative Starke Innenstadt, ISG Bahnhofsviertel, Kreishandwerkerschaft und WIN Wirtschaftsinitiative Münster.

Die Wirtschaft in Münster sieht „dringenden Handlungsbedarf, um die Wettbewerbsfähigkeit der Stadt als Wirtschaftsstandort zu sichern“. Das zeigt sich besonders deutlich am Mangel an bezahlbarem Wohnraum, an fehlenden Gewerbeflächen sowie an der Stauproblematik auf den Straßen – insbesondere zu Pendlerzeiten, heißt es in einem Forderungspapier „Weichen stellen für Münster“ zur Kommunalwahl 2025, das am 17. April 2025 in der IHK Nord Westfalen in Münster vorgestellt wurde.

Klare Führung und stabile Finanzen

„Münster braucht eine starke Führung, die Entscheidungen trifft und konsequent umsetzt“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel. Eine klare Führungsrolle des Oberbürgermeisters sei notwendig, um wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen und den Standort zukunftssicher aufzustellen.

Die tragende Rolle der Unternehmen für einen stabilen kommunalen Finanzhaushalt unterstrich Thomas Banasiewicz, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster. Ihre Belange müssten deshalb mit Priorität berücksichtigt werden. „Die Stärkung der Wirtschaft sichert die Steuereinnahmen, die für Investitionen in Infrastruktur notwendig sind. Steuerliche Mehrbelastung für Unternehmen müssen zugleich vermieden werden“, sagte er. Zur Fachkräftesicherung sei ein Ausbau der Kinderbetreuung notwendig.

Entwicklung von Wirtschaftsflächen

Um ihre wichtige Rolle für die Stadt Münster erfüllen zu können „benötigen Unternehmen aber auch den notwendigen Raum für wirtschaftliche Entwicklung“, erklärte Michael Radau, Vorsitzender im IHK-Regionalausschuss für die Stadt Münster. „Die Stadt muss konsequenter als bisher an der Sicherung und Entwicklung von Wirtschaftsflächen arbeiten, damit Betriebe wachsen und investieren können.“ Dies erfordere auch eine engere Zusammenarbeit mit Immobilienentwicklern und eine strategische Nutzung vorhandener Flächen.

Die Bedeutung einer lebendigen und gut erreichbaren Innenstadt hob Lisa Kittner, Geschäftsführerin der Initiative Starke Innenstadt, hervor: „Eine starke Innenstadt ist das Herz unserer Stadt. Projekte zur Steigerung ihrer Attraktivität müssen Priorität haben. Gleichzeitig gilt es, die Erreichbarkeit sicherzustellen und den Fokus stärker auf Sicherheit und Ordnung zu richten.“

Wohnraummangel entpuppt sich als zunehmende Belastung

Der Wohnraummangel entpuppt sich für die Wirtschaftsvertreter als zunehmende Belastung für den Standort Münster. „Fachkräfte, Auszubildende und Studierende brauchen bezahlbaren Wohnraum“, forderte Sandra Wulf, Geschäftsführerin der Wirtschaftsinitiative Münster. Beschleunigte Bauprozesse und die Förderung alternativer Wohnmodelle wie Mikroapartments sowie Wohnheime für unterschiedliche Zielgruppen seien essenziell, um Münster als attraktiven Standort zu erhalten.

In der Mobilitätspolitik sehen die Wirtschaftsvertreter ebenfalls großen Nachholbedarf. „Münster muss für alle erreichbar bleiben und braucht dafür kluge Mobilitätslösungen, um den großen Strom an Pendlern, Besucher und Wirtschaftsverkehren abzuwickeln. Dafür müssen alle Verkehrsträger berücksichtigt und klug miteinander verknüpft werden“, betonte Uta Deutschländer, Vorsitzende der Immobilien- und Standortgemeinschaft (ISG) Bahnhofsviertel. Der Ausbau von ÖPNV, Park+Ride-Angeboten und Radverkehr sei entscheidend, um nachhaltige und effiziente Mobilität zu fördern.

Wirtschaft aktiv einbinden

Die Notwendigkeit einer stabilen Energieversorgung unterstrich Jan-Hendrik Schade, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Münster: „Technologieneutrale Wärmeplanung und die Förderung dezentraler Energieprojekte sind wichtige Bausteine für die Zukunft.“

Thomas Banasiewicz (v.l.), Michael Radau und Dr. Fritz Jaeckel erläuterten die Forderungen der lokaöen Wirtschaft zur Kommunalwahl im September. (Foto: © Krüdewagen / IHK)

IHK-Hauptgeschäftsführer Jaeckel betonte die Bedeutung dieser Forderungen für die kommenden Jahre: „Die Wirtschaft erwartet, dass die politischen Akteure diese Themen ernst nehmen. Nur mit einer starken Führung, zukunftsorientierten Konzepten und der aktiven Einbindung der Wirtschaft kann Münster weiterhin als attraktiver Wirtschaftsstandort bestehen.“

K O M M E N T A R
Machen statt fordern!
Die lokale Wirtschaft in Münster steht zusammen. Gleich neun Institutionen haben sich auf acht Forderungen an die kommunale Politik geeinigt und sich damit auch an die Wähler:innen in Münster gewandt, die am 14. September 2025 und vermutlich zur Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt 14 Tage später zu den Urnen gerufen werden. Dabei klingt zunächst eine Kritik am Amtsinhaber durch, wenn „wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen seien und zudem der Standort zukunftssicher aufzustellen sei.“ Dies lässt auf eine gewisse Unzufriedenheit der lokalen Wirtschaftsorganisationen schließen, die somit eine Veränderung befürworten dürften.
Erfreulich ist die Anerkennung der großen Bedeutung der lokalen Steuereinnahmen der Stadt der lokalen Wirtschaft. Um die geforderte Unterstützung bei der „Fachkräftesicherung“ durch „Ausbau der Kinderbetreuung“ zu finanzieren, müssen die Wirtschaftsvertreter:innen nun nur noch einsehen, dass dazu zukünftig die Gewerbesteuer in Münster einerseits breiter (Stichwort: Freiberufler:innen) und andererseits auch etwas höher erhoben werden muss.
Die sonstigen von den Wirtschaftsorganisationen unterbreiteten Vorschläge sind allerdings alles andere als neu. So klingt weiterhin die Forderung nach „Sicherung und Entwicklung von Wirtschaftsflächen“ nur nach Einschränkung des Natur- und Umweltschutzes. Beim Thema Innenstadt wird durch die Forderungen „Steigerung ihrer Attraktivität“ und Sicherstellung der „Erreichbarkeit“ spätestens beim Punkt „Sicherheit und Ordnung“ deutlich, dass für sie für „ihre Innenstadt“ an Kund:innen und nicht an Einwohner:innen denken.
Die meisten großen Vermieter:innen in Münster gehören den Wirtschaftsverbänden an, weshalb sie grundsätzlich das Heft des Handelns in Sachen Wohnraumbau in den eigenen Händen halten. Doch das Wohl ihrer Mitarbeitenden und deren Wohnsituation reicht offensichtlich nicht so weit, dass auf Profite verzichtet und Wohnraum günstig geschaffen wird. Ein gutes lokales Beispiel ist die LEG Immobilien SE. Sie nimmt jährlich Millionen in Münster ein, transformiert sie nach Düsseldorf und schüttet satte Dividenden über die Börse in London aus. Investieren in Wohnungsbau in Münster? – Bei der LEG Fehlanzeige. Auch ein kommunales Wohnheim für Auszubildende wird von Gewerkschaften und SPD seit Jahren gefordert. Vielleicht können sich die örtlichen Tarifpartner:innen mal zusammensetzen, um in diesem Sektor Nachhaltiges zu schaffen und zudem junge Menschen aus nah und fern mit einer günstigen Unterkunft zur Ausbildung nach Münster locken.
Auch ohne die Wörter „Auto“ oder „PKW“ – wie übrigens auch „Kunden“ – zu benutzen, wird klar, worum des der lokalen Wirtschaft bei „klugen Mobilitätslösungen“ geht. Bleibt zu hoffen, dass bei wirklichen Schritten einer Verkehrswende die Wirtschaft nicht auf dem Bremspedal steht.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass es der Wirtschaft in Münster und auch im Umland gut geht. Nicht zuletzt deshalb, sollte auch bei den Unternehmen und deren Verbände der Blick nicht ins eigene Portemonnaie sondern weit darüber hinaus auch in die Zukunft gehen. Um Mensch und Natur dauerhaft eine gutes Leben zu ermöglichen, gibt es viel zu tun. Nicht zuletzt für die Wirtschaft gilt deshalb: Machen statt fordern!
Werner Szybalski

„Engagiert vor Ort“ – Lia Kirsch trifft Bundespräsidenten

Stadt- und Gemeinderäte unter Druck: Finanznot und wachsende Demokratiefeindlichkeit

Die Fraktionsvorsitzende der SPD im Rat der Stadt Münster, Lia Kirsch, hat Anfang April an einer zweitägigen Veranstaltung der Körber-Stiftung und des Bundespräsidenten in Berlin teilgenommen, wie ihre Fraktion in einer Pressemitteilung kund tut. Im Mittelpunkt der Veranstaltung „Engagiert vor Ort“ stand das kommunalpolitische Ehrenamt. Eingeladen waren rund 200 ehrenamtliche Stadt- und Gemeinderatsmitglieder aus ganz Deutschland – darunter aus Münster Lia Kirsch. Sie traf Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue auch persönlich.

„Der Bundespräsident hat die Lage und die Belange der Kommunen im Fokus!“

„Ich bin sehr froh, bei diesem spannenden Austausch dabei gewesen zu sein! Besonders gefreut hat mich, dass der Bundespräsident die Lage und die Belange der Kommunen so sehr im Fokus hat“, so Kirsch. „Der direkte Austausch mit anderen Engagierten aus ganz Deutschland hat noch einmal deutlich gemacht: Unsere Städte und Gemeinden stehen vor großen Herausforderungen – aber auch vor großen Chancen. Dafür braucht es starke, engagierte Kommunalpolitik vor Ort.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnungsrede auf der Veranstaltung „Engagiert vor Ort“ der Körber-Stiftung im Schloss Bellevue. (Fotos: David Ausserhofer / Körber-Stiftung)

„Ein starkes Zeichen gesetzt“

Neben einer Fachkonferenz mit Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft fand am 8. April ein Empfang bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue statt. Dort wurde über die Zukunft der Kommunalpolitik, Herausforderungen im Ehrenamt und notwendige politische Rahmenbedingungen diskutiert. Ein zentrales Thema war auch die neue Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung, die aufzeigt, unter welchem Druck das kommunalpolitische Ehrenamt zunehmend steht – unter anderem durch hohe Belastung, bürokratische Hürden und persönliche Anfeindungen. „Um unsere Demokratie vor Ort zu stärken, müssen wir die Arbeit der Ehrenamtlichen sichtbarer machen und politisch besser unterstützen“, betont Kirsch. „Der Bundespräsident hat hier ein starkes Zeichen gesetzt.“

Kommunalpolitiker:innen im Schloss Bellevue.

Umfrage der Körber-Stiftung beleuchtet Situation des kommunalpolitischen Ehrenamts

In Deutschland engagieren sich über 200.000 ehrenamtliche Mitglieder in kommunalen Räten für die lokale Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung, wie diese jüngst auf ihrer Webseite bekannt gab, unter 2.312 ehrenamtlichen Stadt- und Gemeinderatsmitgliedern zeigt: 70 Prozent der Ratsmitglieder bewerten die finanzielle Lage ihrer Kommune als schlecht oder sehr schlecht, in den ostdeutschen Kommunen sind es sogar 80 Prozent. Für 90 Prozent stellen die fehlenden Finanzmittel die drängendste Herausforderung der kommenden Jahre dar, gefolgt vom Erhalt der Wirtschaftskraft (80 Prozent) und der Energiewende (79 Prozent). Das bundespolitisch viel diskutierte Thema Migration spielt im Vergleich eine untergeordnete Rolle (57 Prozent), insbesondere im Osten der Republik (44 Prozent).

Die Mehrheit der Ratsmitglieder fühlt sich von Bund und Ländern nicht ausreichend unterstützt (80 Prozent) und sieht sich durch wachsende Bürokratie (86 Prozent) sowie schrumpfende Gestaltungsspielräume (61 Prozent) in ihrer Arbeit eingeschränkt. Gleichzeitig überträgt sich die wachsende Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Bundespolitik auf die kommunale Ebene (70 Prozent). Besorgniserregend ist, dass mehr als ein Viertel der Ratsmitglieder demokratiefeindliche Tendenzen in der eigenen Kommune beobachtet (27 Prozent). 25 Prozent berichten zudem, dass sie selbst oder Personen in ihrem Umfeld aufgrund ihrer politischen Arbeit bereits beleidigt oder bedroht wurden.

„Die Kommunen müssen gestärkt werden, die Demokratie vor Ort ist unter Druck. Ohne ausreichende Mittel gibt es kaum Handlungsspielräume. Das schwächt das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger und gibt demokratiefeindlichen Stimmen weiter Auftrieb“, kommentiert Sven Tetzlaff, Leiter des Bereichs Demokratie und Zusammenhalt bei der Körber-Stiftung, die Ergebnisse.

Drohender Nachwuchsmangel trotz guter Vereinbarkeit

61 Prozent der Ratsmitglieder sehen ein Nachwuchsproblem auf ihre Kommune zukommen. Positiv ist, dass die Mehrheit der Befragten mit den Rahmenbedingungen ihres Ehrenamts grundsätzlich zufrieden ist (68 Prozent) und ihr Amt gut mit Privatleben und Beruf vereinbaren kann (71 Prozent). Um das Ehrenamt attraktiver zu gestalten, fordern sie mehr Wertschätzung (51 Prozent), eine bessere finanzielle Kompensation (49 Prozent) und größere Gestaltungsspielräume (48 Prozent).

Ostermarsch fordert „Diplomatie statt Konfrontation durch Aufrüstung!“

Bis zu 300 Menschen marschieren durch Münster*

Während in Gronau ein breites Bündnis aus Friedensgruppen und Antiatom-Initiativen zum Ostermarsch am Karfreitag (16. April 2025) zusammen kam, waren es einen Tag später in Münster nur sieben Organisationen, die zum Marsch vom Servatiiplatz über Ludgeriplatz und Aegidiiplatz zum Prinzipalmarkt aufriefen. So konnten sich die Organisator:innen an der niederländischen Grenze über 200 bis 250 Teilnehmer:innen freuen, die vom Bahnhof Gronau zur Urananreicherungsanlage marschierten. Die Münsteraner:innen, bei denen viele bekannte Friedenskämpfer der Veranstaltung fern geblieben waren, mussten bei der Auftaktkundgebung mit 120 bis 150 Marschier:innen zufrieden sein. Trotzdem zeigte sich Organisator Ansgar Schmidt von der Friedenskooperative Münster am Abend nach dem Marsch zufrieden: „Der Ostermarsch Münster 2025 repräsentierte eine Teilnehmerschaft von jung bis alt, wir positionierten uns gemeinsam gegen „Kriegstüchtigkeit“ und Kriegslogik . . . Kriegsbesoffenheit!“

Ansgar Schmidt organisierte den Ostermarsch 2025 in Münster.

„Abrüstung statt Sozialabbau“

Um 12 Uhr versammelten sich am Samstag (19. April 2025) die Friedensfreund:innen am Servatiiplatz in Münster. Ansgar Schmidt von der Friedenskooperative Münster begrüßte die Teilnehmer:innen. Zunächst sprach Rosemarie Bromnach von der Friedenskooperative Münster, die unter anderem „Abrüstung statt Sozialabbau“ forderte. Anschließend betonte Timo König von der Revolutionären Linken: „Nur die hier versammelte Friedensbewegung hat die Zeichen der Zeit verstanden.“ Auch der SDAJ kam zum Auftakt noch zu Wort. Die beiden Musiker Vovo und James sorgten mit „tollen Musikbeiträgen“, so Ansgar Schmidt, für gute Stimmung trotz eines sehr ernsten Hintergrundes.

„Besser gemeinsam statt getrennt“

Vor dem Redebeitrag der Vertreter:innen von Palestina antikolonial am Servatiiplatz erklärte Schmidt einführend: „Es wurde heftig diskutiert, ob ihr als gleichberechtigte Partner am Ostermarsch teilnehmen dürft. Ich finde es gut, das ihr dabei seid. Besser gemeinsam statt getrennt.“ Allerdings ging er nicht darauf ein, warum fast nur noch halb so viele Gruppierungen wie im Vergleich zum Ostermarsch 2023 offiziell zur Teilnahme aufriefen.

Beim Zwischenstopp am LWL-Museum am Aegidiiplatz sprachen unter anderem Sevim Ates von ODAK und Organisator Ansgar Schmidt für die DKP sowie zwei junge Gewerkschaftler. Vorbei am Wochenmarkt auf dem Domplatz zogen die Ostermarschierer:innen anschließend zum Prinzipalmarkt. Dort sprachen zum Abschluss ein Student von Solid sowie Maria Buchwitz von Pax Christi.

Der Ostermarsch Münster 2025 war ein Erfolg!

Wir haben heute mit sehr vielen Menschen für Frieden und Abrüstung, für Diplomatie statt Konfrontation durch Aufrüstung!, erklärte Ansgar Schmidt, der zufrieden war, auch weil „die zentralen Forderungen der Ostermärsche, gegen die Kriegstüchtigkeit sowie die gegen die Stationierung der Mittelstrecken- und Hyperschallraketen aktiv zu werden, durch ein breites Bündnis in die Innenstadt von Münster getragen“ worden sei. Als Vertreter der Friedenkooperative Münster habe Schmidt schon Ende letzten Jahres die Organisation des Ostermarsches Münster 2025 angemeldet. Sein Fazit: „Der Ostermarsch Münster 2025 war ein Erfolg!“

Karfreitag: Ostermarsch zur UAA Gronau

Der NRW-Auftakt zu den bundesweiten Ostermärschen der Friedensbewegung fand auch in diesem Jahr wieder in Gronau statt. Am Karfreitag (18. April 2025) zogen 200 bis 250 Menschen vom Bahnhof Gronau protestierend zur Urananreicherungsanlage. Seit den 80er Jahren wird in Gronau der Ostermarsch auch für den Kampf gegen die Urananreicherungsanlage (UAA) genutzt. 2025 lautete das Motto: „Frieden und Energiewende statt atomares Wettrüsten und Atommüll“.

Frieden und Energiewende statt Wettrüsten und Atommüll

Die Teilnehmer:innen des Ostermarsch an der niederländischen Grenze prangerten an, dass die Zentrifugentechnik, die auch in der UAA in Gronau zum Einsatz kommt, sich auch zum Bau von Atomwaffen nutzen lässt.

Redner:innen kritisierte am Gronauer Bahnhof und vor der Urananreicherungsanlage, dass die militärische Sicherheitslogik auf Konfrontation statt auf Dialog setze. Dies sei die Grundlage für ein globales, auch wieder atomares, Wettrüsten und die zunehmenden internationalen Spannungen. Das Risiko eines Atomkrieges wäre noch nie so hoch wie heute gewesen. Der Ruf nach weiteren Atomwaffen, auch in der Bundesrepublik, würde immer lauter. Die Urananreicherung in Gronau wäre dabei noch immer der leichteste Weg zur Atombombe.

Das globale Wettrüsten wurde vom Ostermarsch konsequent abgelehnt, wehalb gefordert wurde, dass die Bundesrepublik ein Zeichen setze und dem Beispiel vieler Staaten folge und dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag beitreten solle. Zudem forderten die Teilnehmer:innen das Aus für die Uranverarbeitung in Gronau, Lingen und in Almelo. Auch wandte sich der Ostermarsch gegen den drohenden Einstieg des russischen Atomkonzerns Rosatom bei der Brennelementeproduktion in Lingen.

* Änderungshinweis: Der Organisator des Ostermarsches 2025, Ansgar Schmidt, teilte mit, das bei einer eigenen Teilnehmer*innenzählung „kurz vor der erste Zwischenkundgebung […] 300 TeilnehmerInnen […] im Bereich des Rosenplatzes“ mitmarschiert wären. Hinweis von Birgit Schmiedeshoff, Friedenskooperative Münster: Die Zählung fand am Ludgeriplart statt.

Lieder zum 1. Mai: „Brot und Rosen“

Arbeiterlieder für eine bessere Welt

Schon zum vierten Mal findet am Vorabend des „Tages der Arbeit“, also am 30. April 2025, in Münster das Konzert „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“. Gemeinsam veranstaltet vom KulturVerein Frauenstraße 24 und dem DGB Münster gestalten das Duo Contraviento, Cuppatea, Nedim Şahin und der Autor und Lokalhistoriker Friedhelm Redlich den Abend. Die Veranstaltung im Bennohaus in Klein-Muffi beginnt am Mittwochabend um 19.30 Uhr.

Am 8. Mai 2022, wegen Corona mit zweijähriger Verspätung, stand „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“ auf dem Spielplan der Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Cuppatea, das Duo Sigrun Knoche und Joachim Hetscher aus Münster, waren ebenso dabei wie der Chor Chorrosion, die Grenzgänger, die Spätlese und das Duo Contraviento.

Kampfruf seit 1911

„Bread and Roses“ war die Forderung US-amerikanischer Arbeiterinnen während einer großen Streikaktion Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Die New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman forderte in ihrer Rede 1911: „The woman worker needs bread, but she needs roses too.“ 1912 wurde Brot und Rosen als Parole beim Streik von mehr als 20.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, Massachusetts bekannt. Seitdem gehört der Slogan zur Internationalen Gewerkschaftsbewegung und zur Frauenbewegung.

Vorabkonzert in Münster

Die beiden Duos Contraviento und Cuppatea nutzen die Gelgenheit um quasi vorab am 30. April 2022 in Münster vor damals nur 35 Gästen gemeinsam die lokale Version von „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“ ins Leben zu rufen. Erfolgreich, denn jedes Jahr wuchs die Zuhörer*innenschaft. Kamen im zweiten Jahr schon 80 Gäste wuchs 2024 die Zahl im ausverkauften Haus schon in den dreistelligen Bereich. 2025 gastieren sie nun im Bennohaus, wo beim rund dreistündigen Auftritt viele engagierte Liedern und Texte in zahlreichen Sprachen zu hören sein werden.

Erinnerung an den 8. Mai 1945

Im ersten Teil des Abendprogramms im Bennohaus werden die Künstler*innen den Schwerpunkt auf die Erinnerung an den 8. Mai 1945 setzen. Mit historischen und aktuellen antifaschistischen Liedern zeigen sie die Facetten und die Aktualität des Widerstands gegen den Faschismus auf – in deutscher, englischer, griechischer, spanischer und türkischer Sprache. Autor Friedhelm Redlich erzählt bislang unbekannte Geschichten aus dem Widerstand einfacher Menschen gegen den Nationalsozialismus in Münster.

Der Eintritt beträgt 15 Euro beziehungsweise ermäßigt 12 Euro. Karten gibt es im Vorverkauf per E-Mail.