Zuerst erschien dieser Artikel in den Westfälischen Nachrichten am Samstag, dem 21. April 2018 (online: 04:04 Uhr ).
Die Gegend zwischen Amsterdam, Utrecht und Den Haag hat sich landwirtschaftlich auf die Produktion von Käse spezialisiert. Weltweit bekannt ist die Käsehandelsstadt Gouda, nach der der vielleicht am weitesten verbreitete Käse benannt wurde.
Auch in Woerden wird natürlich klassischer Gouda produziert, aber nicht nur. Deshalb liegt im erst im vergangenen Mai neu eröffneten „Kaaspakhuis“, einem Käsemuseum mit Verkostungsmöglichkeit, zwar der Schwerpunkt auf der Gouda-Produktion, aber die heimische Spezialität Reypenaer findet besondere Berücksichtigung. Gruppen ab zehn Personen können eine Führung buchen, in der viel selbst gemacht werden kann: vom Melken bis zur Käseherstellung. Ein virtueller Rundgang durch eine industrielle Käseproduktion kann mithilfe einer Spezialbrille erlebt werden.
Höhepunkt des Besuchs ist aber die Verköstigung. Die ist nicht ungefährlich, wie Käsemeister Jan van Riet zu spüren bekommt, als er beim Käseschneiden abrutscht und sich in die Hand schneidet. Für die Besucher steht aber der Genuss verschiedener heimischer Käsesorten im Mittelpunkt.
Woerden ist seit dem 15. Jahrhundert einer der wichtigsten Milchmärkte der Region. Noch heute findet jeden Samstag von Mitte April bis Mitte August auf dem Kerkplein der „Boeren Kaasmarkt“ statt. Eine alte Glocke läutet den Markt ein, wenn unter ihr die aktuellen Käsepreise eingetragen sind.
Wie Käse noch heute von Hand produziert wird, zeigt die Familie de Graaf auf ihrem Hof de Buitenkerk in der Gemeinde Bodegraven-Reeuwijk nördlich von Gouda. Nur zwei Prozent des holländischen Käses, von denen allein im Cheese Valley 20 Millionen Kilo, 60 Prozent der Gesamtproduktion der Niederlande, hergestellt werden, sind tatsächlich von Hand und aus frischer Milch produziert. Ein kleiner Teil davon stammt von den 65 Kühen der Käsefarm de Graaf, deren Käse nahezu ausschließlich im eigenen Hofladen verkauft wird.
Bäuerin Irma de Graaf führt die interessierten Hofbesucher nach einer kurzen Einführung bei einer Tasse Tee oder Kaffee durch die angrenzenden Produktionsräume. Zunächst wird gezeigt, wie aus frischer Milch durch Zugabe von Enzymen und ständiges Rühren der Milch Flüssigkeit entzogen wird. Sobald die Konsistenz gut ist, wird der Käse in Form gebracht und erhitzt. Anschließend geht es zur Rindenbildung in ein Solebad. Abschließend beginnt die Reifezeit des Käses.
Hat Irma de Graaf dies alles den Besuchern erklärt, geht es hinaus in den Stall beziehungsweise im Sommer auf die Polder, wo die Kühe grasen. Bauer Gerrit de Graaf zeigt, wie die Kühe gemolken werden. Natürlich gibt es auch ein Modell, an dem jeder Gast selbst Hand ans Euter legen kann.
„Wir produzieren klassischen Goudse boerenkaas“, schließt Irma de Graaf die Führung im Hofladen ab, wo neben dem Gouda-Bauernkäse weitere Produkte des Hofes und aus der Region erworben werden können.
Etwas größer, aber durchaus noch in traditioneller Form produzierend, geht es auf dem Milch und Käsebauernhof Schep in Bergambacht zu. Mit über 500 Kühen produziert die Familie Schep bäuerlichen Käse aus Frischmilch. Auf dem Hof de Graaf gibt es auch die Chance, bei der Geburt eines Kalbes dabei zu sein. „Auf unseren Hofexkursionen kommt dies immer wieder vor. Aber natürlich bestimmen allein die Kühe, wann sie kalben“, erläutert Bauer Jaap Schep, der auch einen gut sortierten Hofladen führt.
Zum Abschluss einer Tour ins Cheese Valley muss Gouda besucht werden. Die Stadt gab dem Käse ihren Namen, obwohl niemals im Stadtgebiet Gouda produziert wurde. Es war der traditionelle Handelsplatz für den Käse aus der Umgebung. Noch heute – allerdings mehr aus touristischen Motiven – findet der Jahrhunderte alte Käsemarkt statt. Ein Besuch des Waaghauses mit der originalen Käsewaage und des Ladens ’t Kaaswinkeltje, wo knapp 50 Rohmilchkäsesorten angeboten werden, lässt sich gut mit einem Spaziergang durch die historische Altstadt verbinden.
Anreise: Das Cheese Valley ist mit der Bahn erreichbar. Zwischen den einzelnen Orten des Käsetals gibt es sehr guten öffentlichen Nahverkehr.
Unterkunft: Zahlreiche Unterkünfte in allen Preis- und Leistungskategorien sind vorhanden. Auf dem Land sind mitunter auch preisgünstige Gasthäuser zu finden. Campingfreunde können überall auf gute Infrastruktur bauen – ist schließlich Holland.
Kulinarisches: In unzähligen Gastronomiebetrieben wird heimische Küche, basierend auf Käseprodukten angeboten. Auch die Kombination heimischen Käses mit weltläufiger Küche ist überall zu finden.
Aktivitäten: Urlaubern bietet sich ein breites Programm. Die Küste und die niederländischen Großstädte sind nicht weit entfernt, so dass der Käse-Trip gut mit anderen Vorlieben kombiniert werden kann. Das bekannte sehr attraktive holländische Fietsverkehrsnetz lädt zum Radfahren förmlich ein.