• Di. Mrz 19th, 2024

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Infos über und von Werner Szybalski (Münster)

Zehn internationale Künstler*innen zeigen am Aasee Vulven

Die Nutzung des Wewerka-Pavillon am Aasee (Kardinal-von-Galen-Ring / Annette-Allee / Aasee-Uferweg) als Vulventempel sollte auch provozieren. Doch bis auf eine kleine Kokelei an der Aufhängung eines der zehn Vulvenbilder ist bislang nichts geschehen. „Wir hatten sogar mit Vandalismus gerechnet. Doch auch die schlimmsten Befürchtungen eines älteren Ehepaares, welches beim Aufbau die Bilder betrachtete, dass hier abends Männer vor unseren Werken mastrubieren, ist offensichtlich nicht eingetreten“, erzählte Annemarie Lange, eine der zehn Künsterler*innen, die gemeinsam den Wewerka-Pavillon in ein temporäres Heiligtum für die Gesamtheit der äußeren primären weiblichen Geschlechtsorgane verwandelt haben.

Am sonnigen Montagnachmittag spazieren viele Mütter mit ihren Kindern am Wewerka-Pavillon vorbei. Sie scheinen hier auch provokante Kunst zu erwarten, wie die Antwort einer Mutter zu beweisen scheint: „Wird doch Zeit, dass unsere Weiblichkeit auch in der Kunst öffentlich gezeigt wird. Mit Sex hat das für mich nur am Rande zu tun.“ Der 24-jährige Marvin, der gemeinsam mit Annemarie Lange den Nachmittag am Aasee verbringt, hat noch keine abschließende Meinung zum Projekt: „Es ist schwer in Worte zu fassen. Zudem überlege ich noch, welche politische Dimension der Vulventempel hat.“

Dazu kann selbst Annemarie Lange ihm keine kurze Antwort geben: „Wir wollen Sichtbarkeit erzeugen. Ob dies eine feministische Aktion ist, will ich gar nicht abschließend sagen, da das ich nicht für alle aus dem temporären Kollektiv sprechen möchte und kann. Ich selber halte es für dezidiert feministisch!“ Auch Nadja Rich, die gemeinsam mit Lisa Tschorn die Gruppenausstellung Vulventempel am Wewerka-Pavillon organisiert hat, versteht im Telefoninterview das Projekt explizit politisch: „Diese Arbeiten sind schon sehr feministisch.“

Bis zum 13. Juni ist der Wewerka-Pavillon ein Vulventempel.

Keine Beziehung zur Vulva? Geht das überhaupt?

Diese Frage, die von einer guten Freundin kam, stellen sich die Künstler*innen auf ihrer Webseite zum Projekt. Diese Beziehung der Personen mit Vulva zu ihrem primären Geschlechtsteil, das häufig schamvoll als Scham bezeichnet wird, möchten die Initiatoren des Vulventempels entproblematisieren. Deshalb ist das Heiligtum, der Innenraum des Wewerka-Pavillon auch leer. „Der sakrale Bezirk ist immer vom profanen Raum getrennt; der Tempel kann bestimmten Göttern vorbehalten oder in verschiedene Bereiche aufgeteilt sein“, steht in Wikipedia. Die Künstler*innen wollen offensichtlich am Aasee dies umkehren und lassen das Innerste leer und zeigen das Heiligtum draußen. So entsteht eine direkte Beziehung zwischen den Betrachter*innen und dem Werk, ohne dass die Hohepriester*innen eingreifen können oder müssen. Der profane und der heilige Raum vermischen sich und werden eins.

So verliert auch dieses intime Körperteil ihre Verletzlichkeit. „Diese Verletzlichkeit, wie sie Vulva tragende Menschen immer wieder erfahren, ist auch Teil unserer Ausstellung. Schließlich sind es alles Originale“, unterstreicht Lisa Tschon im Telefongespräch und Nadja Rich ergänzt: „Deshalb haben wir die Verletzung des Vulventempel auch einkalkuliert.“

Wir haben gern die Dreiecksform des Wewerka-Pavillions aufgenommen. Sie symbolisieren fast unser Thema. Zudem ist für Künstler*innen der Pavillion als Bauwerk für Kunst etwas Allerheiliges.

Nadja Rich

Für eine beteiligte Künstler*in ist die Bezeichnung Vulva auch die Aneignung des eigenen Körpers, wie sie auf Vulventempel.de im Blog unter „Selbst(be)-Zeichnung“ schreibt. „So sage ich gern zu meinem Geschlechtsorgan, das so mehr ist als Porno oder peinlich, unaussprechlich, niedlich oder ein Name für eine Katze. Für mich ist diese Ausstellung gleichzeitig radikal und auch ein Versuch die Vulva und ihren Anblick zu normalisieren. Jedes Kind erkennt einen auf den Schultisch hingekritzelten Penis aber eine Vulva?“

Kollektive Ausstellung

Die zehn Bilder können und sollen den einzelnen Künstler*innen nicht zugeordnet werden. „Die Gruppe und nicht die Künstler*innen stehen im Vordergrund. Wir wollen uns nicht verstecken, wie unsere Webseite demonstriert“, erklärten Lisa Tschorn und Nadja Rich gemeinsam: „Namen zu den Bildern würden den Fokus verändern!“

Kommende Termine:

Die Ausarbeitung der Ausstellung war den zehn Künstler*innen nur Dank der Unterstützung der Kunstakademie Münster sowie der Freund*innen der Kunstakademie Münster möglich. „Dafür sind wir sehr dankbar. Aber auch das Land Nordrhein-Westfalen hat mit den Coronahilfen für Künstler*innen das Projekt finanziell unterstützt“, erklärte Lisa Tschorn.

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