Vier Prozesse – vier Siege

Vor gut eineinhalb Jahren gründete Werner Szybalski die LEG-Mieter*innen-Initiative in Münster. Neben unzähligen nachbarschaftlichen Beratungen und vielen Informationsständen und -versammlungen in LEG-Wohnkomplexen standen Mitglieder der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster auch schon vier Mal vor Richtern des Amtsgerichts. Jedesmal hatte der Vermieter geklagt – jedesmal gingen die Mieter*innen als Gewinner*innen aus dem Amtsgerichtsverfahren.

„Es gab ein Urteil zugunsten eines Mieters, einen Vergleich, der praktisch alle Forderungen der Mieterin anerkannte und zwei Mal zog die LEG die Klage zurück. Vier Gerichtsverfahren – vier Erfolge. Mehr geht nicht“, zeigte sich Werner Szybalski am Freitag (24. Juli) bei einem Pressegespräch über den jünsten Erfolg von Ursula Schmidt aus der kleinen Bahnhofstraße in Münster sehr zufrieden.

Der 73-jährigen Münsteranerin, die seit 1972 in der Wohnung lebt, war direkt mit der Gründung der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster von der LEG fristlos die Wohnung gekündigt worden. Ursula Schmidt wurde Gründungsmitglied der LEG-Mieter*innen-Initiative und wehrte sich mit Unterstützung des neuen Vereins, der ihr den engagierten Rechtsanwalt Paul Demel besorgte.

Am Freitag lud Ursula Schmidt zum Pressegespräch und verkündete gegenüber den Westfälischen Nachrichten: „Ich hoffe, dass auch andere Mieter den Mut finden, sich zu wehren!“ Auch im Lokalradio Antenne Münster war sie zu hören.

Ursula Schmidt (2.v.r.) wehrte sich erfolgreich vor Gericht gegen die LEG. Sie wurde dabei von Susanne Grimme (Mieterbund Münsterland), Anwalt Paul Demel und Werner Szybalski (LEG-Mieter*innen-Initiative / r.), unterstützt. (Foto: Lothar Hill)

Im Gerichtsstreit zwischen Ursula Schmidt und der LEG kamen verschiedene Dinge zusammen: Neben der Wohnung der Mieterin war ein Haus abgerissen worden, weshalb Ursula Schmidt die Miete gemindert hatte, denn der Baustellenlärm raubte ihr und ihren Nachbarn die Nerven. Zudem gab es eine Mieterhöhung für eine Modernisierung, die nie abgeschlossen wurde, und auch die Nebenkostenabrechnungen stimmte nicht. Es wurden der Mieterin Kosten in Rechnung gestellt, die im Mietvertrag von 1972 nicht aufgeführt sind.

Anfang 2019 kündigte die LEG ihr die Wohnung fristlos, falls sie die gekürzte und erhöhte Miete nicht innerhalb einer Woche zahlen würde. Ursula Schmidt lieh sich Geld, überzog ihr Konto und beglich die Forderungen unter Vorbehalt.

Ursula Schmidt wendete sich auch an den Mieterbund und ihr Anwalt reichte eine Geegenklage beim Amtsgericht Münster ein. Nun der Vergleich, der laut Paul Demel „98 Prozent der Forderungen von Frau Schmidt erfüllt“. Die LEG zahlt ihrer Mieterin 4.148,13 Euro zurück. Die Dachrinnenreinigung muss Ursula Schmidt nicht zahlen und die Moderniesierungs-Mieterhöhung ist auch nicht fällig. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die LEG.

Bunte und Internationale wollen Münsters Rathaus erobern

„Münster Liste – bunt und international“ tritt bei der Kommunalwahl in Münster an

Die „Münster Liste – bunt und international“ hat sich breit aufgestellt. Am 13. September treten sie bei der Kommunalwahl in Münster an.

Bei der Kommunalwahl am 13. September tritt in Münster die „Münster Liste – bunt und international“ an. Trotz Corona-Krise hat die anti-autoritäre Wähler*innenvereinigung, die erst am 17. Februar gegründet wurde, 33 Ratskandidat*innen, Listen für fünf der sechs Bezirksvertretungen in der katholisch geprägten Universitätsstadt sowie für den Rat aufstellen können. Auch ein eigener Oberbürgermeisterkandidat tritt an.
„Ich bin der erste Oberbürgermeisterkandidat in Münster mit Migrationsvorgeschichte.“ Der Politikwissenschaftler und Soziologe Dr. Georgios Tsakalidis, ein Grieche, ist Gründer der „Internationalen Liste“ und schon seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik in Münster und dem Münsterland aktiv. Seine geplante Liste schloss sich mit der im Dezember 2019 von Werner Szybalski und verschiedenen Aktivist*innen aus Initiativen und Vereinigungen gegründeten Gruppe „Münster ist bunt!“ zu einer linken politischen Gruppierung zusammen.
Unter dem Motto „Zeit für NEUEs“ und der Zielvorgabe für eine nachhaltige, soziale, offene und basisdemokratische Kommunalpolitik in Münster zu kämpfen, wollen die mehrheitlich „wilden Sozialisten“ sich für eine örtliche Politik für und mit den Einwohner*innen der Domstadt einsetzen. Dabei stehen neben einer radikalen Klimapolitik (Stichwort: immissionsfreie Innenstadt“) und dem Einsatz für die sozial Ausgegrenzten und die Menschen mit Migrationsvorgeschichte im Zentrum des angestrebten Politikwechsels in der westfälischen Verwaltungsstadt.

„Von der Willkommenskultur zur Willkommensstruktur“ will OB-Kandidat Georgios Tsakalidis, der auch Spitzenkandidat der Ratsliste ist, Münster weiterentwickeln. Von den ersten zehn Listenplätzen belegen Kandidat*innen mit direkter Migrationsvorgeschichte sechs Plätze. Mit zwei Griechen, Mónika Hemesath, eine Ungarin, Pavel Volodarsky, ein in Odessa geborener Russe, Shouresh Shakibapour, die im Iran geboren wurde, und Luciano Januario de Sales, der gebürtige Brasilianer ist bislang im Integrationsrat der Stadt aktiv, unterstreicht die „Münster Liste – bunt und international“ auch durch ihre Kandidat*innen, dass ihr Anspruch auch für die eigene Liste gilt. Um an der Kommunalwahl teilnehmen zu können, mussten natürlich alle Nicht-EUangehörigen Kandidat*innen zuvor die deutsche Staatsangehörigkeit annehmen.

Trotz Corona-Beschränkungen konnte eine breite, bunte und internationale Liste aufgestellt werden.

Komplettiert wird die Liste durch Menschen aus der Bewegung. Werner Szybalski ist seit Jahrzehnten verkehrspolitisch aktiv, Sarah Geselbracht kämpft um den Erhalt der Mietshäuser im Nieberding e.V., Franz Schröer ist unter anderem mit dem „Kindertag in Münster“ für den Nachwuchs aktiv, Mats Reißberg kommt von der lokalen Seebrücke, Birgit Schmiedeshof aus dem Kreis der Konsumkritiker*innen, Sabine Buschmann von der LEG-Mieter*innen-Initiative und die „Bauernseele“ Wolfgang Bensberg ist auch für ökologisches Bauen und Wohn-Pflege-Gemeinschaften in Selbstverantwortung unter anderem im Bündnis „Münster gehört uns allen“ unterwegs.

Mit dem Konzept „Kommune selbst verwaltet“ möchte die Liste die Selbstermächtigung der Einwohner*innen in den Stadtteilen und Nachbarschaften ermöglichen und stärken und bislang von der Stadt verwaltete Aufgaben und Flächen in die Hände der Einwohner*innen zur Selbstverwaltung übergeben.
Die ersten Aktionen der Bunt-Internationalen, ein von Kundgebungen begleiteter GO24-Antrag zur Umbenennung der Danziger Freiheit in May-Ayim-Platz (die Afrodeutsche Lyrikerin und Vorkämpferin für die Anerkennung der Rechte Schwarzer in Deutschland ist in Münster aufgewachsen) sowie dem öffentlichen Protest („Pflege ist keine Ware!“) gegen die Privatisierung der großen kommunalen Pflegeeinrichtung Klarastift durch die Mehrheit des Stadtrates – übrigens in diesem Fall mit SPD, Grünen und den Rechten – kurz vor der Kommunalwahl, hat die „Münster Liste – bunt und international“ schon viel Zuspruch bekommen. Deshalb ziehen die derzeit rund 50 Aktivist*innen, die sich mit klar links-internationalistischem Ansatz grundsätzlich am „Munizipalistische Manifest“ orientieren, zuversichtlich in den Corona-Kommunalwahlkampf in Münster.

Weitere Infos unter www.bunt-und-international.de.