CDU-Politiker aus Münster soll ZVM bei der vom NWL übernommenen Regionalbahn vertreten
Wenn es einen Politiker in Münster gibt, der als graue Eminenz des Öffentlichen Verkehrs gelten kann, dann ist dies spätestens seit vergangenem Montag der CDU-Kommunalpolitiker Walter von Göwels. Er erhielt ein weiteres Amt: Am 24. März 2025 tagte am Aasee in Münster die Verbandsversammlung des Zweckverband Mobilität Münsterland (ZVM). Unter anderem stand die Besetzung des Aufsichtsrates der kürzlich vom Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) erworbenen Regionalbahn „Eurobahn KG“ auf der Tagesordnung. Der Haupt- und Finanzausschusses der ZVM-Versammlung hatte den Münsteraner Walter von Göwels nominiert. Die Versammlung schickt den Vorgeschlagenen einstimmig als Vertreter des ZVM in den Aufsichtsrat der „Eurobahn KG“.

Der Münstersche CDU-Kommunalpolitiker Walter von Göwels gehört nicht nur dem Rat der Stadt Münster an, sondern ist für diesen auch in den Ausschüssen für Stadtplanung und Stadtentwicklung sowie für Verkehr und Mobilität, deren 2. Stellvertrender Vorsitzender er ist, sowie im Aufsichtsrat der Stadtwerke Münster GmbH, dessen Vorsitzender er ist, tätig. Zudem gehört er für den Rat der Stadt Münster den Verbandsversammlungen des Zweckverbandes Mobilität Münsterland (ZVM), dem Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und der Westfälische Landeseisenbahn GmbH (WLE) an. Bei seiner Wahl zum Vorsitzenden der ZVM-Versammlung im Dezember 2020 erklärte Walter von Göwels laut Webseite der CDU Münster: „Die kommunale Zusammenarbeit im Münsterland muss angesichts des demografischen Wandels und des Klimaschutzes den öffentlichen Verkehr auf der Schiene und der Straße als gemeinsames System umfassen.“
Eurobahn-Premiere in der Pfalz
1998 wurde die Eurobahn Verkehrsgesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in Wachenheim an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) gegründet. Die Gesellschafter waren zunächst Via Générale de Transport et d’Industrie, ab 1999 ein Tochterunternehmen der staatlichen französischen SNCF, mit 60 Prozent und Rhenus mit Sitz in Holzwickede, die zum Rethmann-Konzern gehört, mit 40 Prozent.
Ab Ende Mai 1999 fuhr die Eurobahn auf der reaktivierten Donnersbergbahn, die in Rheinland-Pfalz von Alzey nach Kirchheimbolanden führt. Ein Jahr später trat die Eurobahn in Nordrhein-Westfalen auf den Fahrplan. Die Ravensberger Bahn und der Lipperländer von Bielefeld nach Rahden beziehungsweise nach Lemgo wurden fortan mit Zügen der Eurobahn bedient. Im selben Jahr wurde mit einem Tochterunternehmen in Sachsen Schienenpersonennahverkehr auf der Bahnstrecke von Freiberg nach Holzhau angeboten.
Nach nur drei Jahren wurde im September 2001 die Eurobahn Verkehrsgesellschaft zur Rhenus Keolis mit Sitz in Mainz. Dabei übernahmen die Südmünsterländer Rethmann-Tochter Rhenus aus Selm mit 51 Prozent die Mehrheit. Die französische Keolis erhielt 49 Prozent. Die Eisenbahnbetriebe Alzey, Bielefeld und Freiberg sowie Busbetriebe in Bad Kreuznach und Zweibrücken gehörten damals zu Rhenus Keolis mit rund 180 Mitarbeiter*innen.
Anfang Dezember 2007 wurde das Unternehmen in Keolis Deutschland GmbH & Co. KG, die fortan unter dem Namen „eurobahn“ den Betrieb in Bielefeld organisierte, und Rhenus Veniro für den Rest geteilt. Keolis Deutschland übernahm bis 2017 weitere Bahnnetze in Nordrhein-Westfalen und angrenzenden Gebieten.

Vier Jahre später wurde die Eurobahn Opfer ihrer Tiefpreispolitik. Sie hatte in ihren Bewerbungen um Schienenstrecken auf Masse statt auf Preis gesetzt, so dass 2021 anhaltende Betriebsverluste zum Rückzug des Keolis-Mutterkonzern führten. Fortan hieß das Unternehmen „eurobahn GmbH & Co. KG“. Der NWL und andere öffentliche Aufgabenträger gaben dem „neuen“ Unternehmen verbesserte Verträge, so dass der Eisenbahnbetrieb möglichst verlustfrei weitergeführt werden könne. Zum Abschied stattete der französische Staatsbetrieb die Eurobahn mit zusätzlichem Kapital aus und übergab das Unternehmen an die Anwaltskanzlei Noerr, eine Wirtschaftskanzlei mit über 580 Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern an zehn Standorten in Deutschland. Deren Tochtergesellschaft „Team Treuhand“ übernahm die Gesellschafterstellung und suchte fortan einen neuen Eigentümer.
Krisen über Krisen schütteln die Eurobahn
Eurobahn wurde in den vergangenen Jahren für Fahrgäste nahezu zum Synonym für Fahrtausfälle. Schon 2016, also ein Jahr vor der größten Netzausdehnung des Unternehmens, wurde – begründet mit der personellen Situation – der Fahrbetrieb auf sechs seiner zehn SPNV-Linien eingeschränkt. Auch nach der Übernahme des Teutoburger-Wald-Netzes im Dezember 2017 gab es Probleme. So startete der grenzüberschreitende Betrieb zwischen dem niederländischen Hengelo und dem niedersächsischen Bad Bentheim erst zwei Monate später. Der NWL mahnte die Eurobahn deshalb im Februar 2018 wegen zu starken Einschränkungen mit Zugausfällen, zu geringerer Kapazität und zu schlechter Fahrgastinformation ab. Ende des Jahres kam schon die zweite Abmahnung, die sogar alle vier Eurobahn-Netze betraf.

Am 26. Juli 2024 gab der NWL bekannt, dass auf der bisherigen Eurobahn-Linie RE 82 (Bielefeld nach Horn-Bad Meinberg beziehungsweise weiter bis Altenbeken) ab dem August bis zum Fahrplanwechsel im Dezember übergangsweise DB Regio Leistungen erbringen wird. Zunächst soll dies bis Dezember 2025 gelten. Ab September 2024 übernahm auch die Centralbahn AG erneut Zugleistungen der Eurobahn. So kamen beim Porta-Express bis Januar diesen Jahres alte, angemietet Triebzüge der Baureihe 425 aus dem Bestand der Deutschen Bahn (DB-Gebrauchtzug) für die Centralbahn zum Einsatz. Seit Februar 2025 und geplant bis Ende des Jahres nimmt im Auftrag der Eurobahn TRI Train Rental die Verkehrs auf der Linie RE 3.

900 Mitarbeiter*innen aus 26 Nationen
Die Eurobahn, mit Sitz in Hamm und Düsseldorf, beschäftigt rund 900 Mitarbeiter*innen aus 26 Nationen. Als einer der ersten privaten Anbieter der Branche bedient die Eurobahn 15 Linien in vier Netzen in Nordrhein-Westfalen bis nach Niedersachsen und in die Niederlande: Maas-Rhein-Lippe, Ostwestfalen-Lippe, Hellweg und Teutoburger Wald, die jährlich ein Gesamtstreckennetz von 16,7 Mio. Zugkilometern umfassen. Darüber hinaus übernehmen seit 2016 die Triebfahrzeugführer*innen der Eurobahn das Steuer des Eurostar auf dem deutschen Streckenabschnitt von Dortmund nach Aachen mit jährlich 650.000 Zugkilometern. Der Bahnbetrieb der Eurobahn wurde von der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) im Juni 2024 mit der Sicherheitsbescheinigung für weitere fünf Jahre zertifiziert. (Selbstbeschreibung auf www.eurobahn.de)
Eurobahn muss aufgepäppelt werden
Ende Januar diesen Jahres beschloss der NWL die Eurobahn zu übernehmen. Sie muss nun aufgepäppelt werden, was insbesondere durch die Gewinnung von zusätzlichem (Fahr-)Personal erfolgen muss. Der Autor dieses Artikels kommentierte am Tag des Beschlusses im Namen von Pro Bahn Münsterland die Übernahme der Eurobahn in die Öffentliche Hand in der WDR Lokalzeit positiv. „Mit einer zeitlich begrenzten Übernahme der Eurobahn durch den NWL können wir unseren Fahrgästen weiterhin verlässliche Verkehrsleistungen anbieten und geben gleichzeitig den Mitarbeitenden eine langfristige, sichere Perspektive“, verdeutliche am Jahresende 2024 der Geschäftsführer des NWL, warum der Ankauf durch den NWL notwendig sei. Festgelegt wurde das ein Aufsichtsrat bei der Eurobahn eingerichtet wird, der sich aus bis zu sieben Mitgliedern zusammensetzen soll. Der NWL darf bis zu zwei Mitglieder entsenden und die Mitgliedszweckverbände jeweils ein Mitglied. Der ZVM entschied sich für Walter von Göwels.
Werner Szybalski
