Wohnen ist ein Menschenrecht

Für das Bündnis Wohnen Münster durfte ich zum Abschluss der DGB-Kundgebung zum 1. Mai 2022 einen kurzen Redebeitrag leisten. Die Rede im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

ich darf hier heute – nicht als Mitglied des Bezirksvorstandes der Deutschen Journalisten-Union Münsterland sondern – als Vertreter des Bündnisses Wohnen Münster zu Euch sprechen. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss von DGB, AStA, Mieter/innen-Schutzverein, Platanen-Power, Münster gehört uns allen, Kulturverein Frauenstraße 24 und LEG-Mieter*innen-Initiative. Unser gemeinsames Ziel ist das DESASTER WOHNEN in Münster zu beseitigen.

Wohnen und Arbeit – gerade am heutigen 1. Mai müssen wir zeigen, dass seit dem Beginn der Arbeiter*innen-Bewegung beide Lebensbereiche eng verwoben sind und maßgeblich das Leben der nicht privilegierten Menschen – auch in Münster und dem Münsterland – bestimmen. Dies wird auch heute noch daran deutlich, dass Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten auch Wohnraum zur Verfügung stellten. Die großen Werkssiedlungen sind zwar nahezu verschwunden, aber zum Beispiel im Gesundheitsbereich gibt es noch immer Wohnungsangebote der Arbeitgeber*innen.

Sollte Karl Marx in der Schrift „Zur Kritik der Politischen Ökonomie.“ mit der Aussage „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“ recht haben, dann bin ich mit meinem Beitrag, der das Menschenrecht auf angemessenen, was das Attribut „bezahlbaren“ Wohnraum einschließt, heute hier genau richtig.

Das Bewusstsein der Arbeiter*innen in Münster und dem Münsterland war immer eingeengt vom herrschenden Katholizismus. Noch heute sind die Privilegierten im Münsterland stark daran interessiert, den Glauben und damit die Unterordnung der Menschen unter die autoritäre Führung aufrecht zu erhalten. Diese Verbindung – Katholizismus und Neoliberalismus – ist im Münsterland maßgeblich für das DESASTER WOHNEN verantwortlich. Stillhalten war die Forderung der Obrigkeit und viele Menschen im Münsterland beugten sich und zahlten brav, was die Eigentümer*innen für Wohnraum und Grundstücke verlangten.

Was können wir tun?

In zwei Wochen wird in NRW ein neuer Landtag und damit auch eine neue Landesregierung gewählt. Spätestens 2008, als die CDU/FDP-Regierung die landeseigene Landesentwicklungsgesellschaft, die LEG, zu der auch viele ehemalige Werkswohnungen zum Beispiel für Eisenbahner*innen, Postler*innen oder Mitarbeiter*innen aus dem Gesundheitswesen gehörten, privatisierte, verabschiedete sich das Land Nordrhein-Westfalen aus der aktiven Wohnungspolitik. Nicht zuletzt deshalb ist das DESASTER WOHNEN ein Problem, dass fast alle Menschen zwischen Aachen und Minden, Rheine und Eifel belastet.

Wohnen ist ein Menschenrecht!

Ernährung, Mobilität, Arbeit und Wohnen sind kein individuelles Problem der Menschen, sondern müssen gemeinsam von der Gesellschaft gelöst werden. Die LEG hat inzwischen die Mieter*innenräte aufgelöst und dafür einen konzernweiten Kund*innenbeirat eingerichtet. Diese Maßnahme allein macht schon durch die Namensgebung die Vorstellungen der Kapitaleigner*innen im Wohnungssektor zweifelsfrei deutlich – ein elementares Bedürfnis, mit das Privateste, was wird haben, wird auf den Markt gebracht und ausschließlich den Kapitalinteressen unterworfen.

Wenn Wohnen ein Menschenrecht ist – dann muss Wohnen aus dem Zugriff des Geldes befreit werden.

Wohnen ist Daseinsvorsorge und damit eine Verpflichtung für die Gemeinschaft – in Stadt und Land.

Beide gemeinsam müssen dafür sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Grund und Boden darf nicht mehr privatisiert werden. Dieses nicht vermehrbare Gut gehört allen Menschen – allen, die darauf leben.

Auch die Bestandsmieten müssen unter Kontrolle der Gemeinschaft gebracht werden. Wir verlangen deshalb – auch in NRW – einen Mietendeckel, der seinem Namen Ehre macht. Dazu muss auch die sogenannte zweite Miete in den Blick genommen werden, denn die Mietnebenkosten sind nicht erst seit dem verbrecherischen Überfall des Putin-Regimes auf die Ukraine ein gewaltiges Problem für alle Mieterinnen und Mieter.

Was für Arbeitnehmer*innen gilt, gilt erst recht für Menschen in der Ausbildung. Die Schaffung von Wohnraum für Studierende und Auszubildende ist eine Verpflichtung, die die Gemeinschaft in Stadt und Land mit den Regierenden umzusetzen hat. Die nur noch wenigen Wohnungsgesellschaften in öffentlicher Hand müssen – wie es einige der Wohnungsgenossenschaften und viele selbstbestimmte Gruppen, die gemeinschaftliches Wohnen vorantreiben, schon praktizieren – aus dem Wohnungsmarkt mit seiner Profitgier und damit ständig steigenden Mieten aussteigen. Auch die Wohn- und Stadtbau in Münster darf die Mieten nicht mehr ständig dem Mietspiegel anpassen und das Wohnen in Münster verteuern. Zudem sind den kapitalistischen Wohnungsunternehmen Fesseln anzulegen. Die Berliner*innen haben deutlich gemacht, dass schon allein die Größe der Wohnungsunternehmen wie Deutsche Wohnen – heute Vonovia aus Bochum – ein massives Problem für Mieter*innen darstellt. Sie fordern die Begrenzung auf den Besitz von maximal 3000 Wohnungen pro Unternehmen. Allein die LEG besitzt in Münster schon mehr als doppelt so viele. Da muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Wir alle sind in den existenziellen Lebensbereichen Ernährung und Mobilität schon längst fremdbestimmt. Wir sind nur souverän in unserer Kaufentscheidung. Dies oder das erwerben? – wir sind nicht mehr als nur Kund*innen! Diese Entwicklung, befeuert durch die Marktgläubigkeit und dem Akkumulationsinteresse des Kapitals, droht – nein, sie ist schon voll im Gange – auch im Sektor Wohnen. Das DESASTER WOHNEN lässt uns täglich darunter leiden.

Das Arbeiten ist schon seit Beginn der Industrialisierung und dem Vormarsch des Kapitalismus fremdbestimmt. Auch hier wird versucht, die Beschäftigten zu Kund*innen des Kapitals zu machen. Die Zunahme von Soloselbständigen und das Wachstum von prekären Arbeitsverhältnissen verdeutlicht dies. Auch damit muss Schluss sein, wenn wir für uns und unsere Freund*innen und Nachbar*innen ein gutes Leben haben wollen.

„Buen Vivir“ ist nur im Einklang mit der Natur und gemeinschaftlicher Selbstbestimmung in den Lebensbereichen Ernährung, Mobilität, Arbeit und Wohnen möglich.

Dafür lasst uns gemeinsam kämpfen! Für die Menschen – gegen den Kapitalismus!

Protest gegen die Geschäftspolitik der LEG

272,5 Millionen Euro für Aktionär*innen ausgeschüttet

Am Donnerstag (27. Mai) fand die diesjährige Hauptversammlung der LEG Immobilien SE digital statt. Mit rund 6400 Wohnungen ist die LEG der größte Vermieter in Münster. Die Eigentümer des ehemaligen öffentlichen Wohnungsunternehmens gönnten sich ein gewaltiges Stück des Überschusses aus dem vergangenen Geschäftsjahr. 43,4 Prozent der Mieteinnahmen aus 2020 schüttet die LEG an ihre Aktionäre als Dividende aus. Die 3,78 Euro pro Aktie sind eine Steigerung der Dividende um fünf Prozent im Vergleich zu 2019. Insgesamt 272,5 Millionen Euro werden ausgezahlt. Dies sind 1885 Euro pro vermieteter LEG-Wohnung.

„Bis zum 6. Juni diesen Jahres zahlen wir LEG-Mieter*innen, dies hat der Deutsche Mieterbund NRW berechnet, unsere Miete ausschließlich in die Taschen der LEG-Aktionär*innen“, erklärte Mats Reißberg, Initiator einer Protestdemonstration von LEG-Mieter*innen am Tag der Hauptversammlung in Geist und vor der LEG-Niederlassung an der Hammer Straße. Jeden Monat flossen im vergangenen Jahr 157 Euro aus jeder Wohnungsmiete der LEG in die Taschen der Eigentümer. Laut Geschäftsbericht des Unternehmens, dessen Durchschnittsmiete in Quadratmeter von 2013 bis 2020 um satte 17 Prozent stieg, gab die LEG in 2020 aber nur 24,8 Prozent für Bewirtschaftung iher Immobilien aus. Nur 19 Prozent des Überschusses wurden reinvestiert, obwohl Wohnraum nicht nur in Münster, sondern überall im Land fehlt.

Mats Reißberg, Sprecher der LEG-Mieter*innen-Initiative Geist und Organisator der Demonstration gegen die LEG Immobilien SE, erlebt gerade zu Hause an der Kolmarstraße persönlich, was die Modernisierungen für Auswirkungen auf die LEG-Mieter*innen haben. (Fotos: Werner Szybalski)

Forderung nach bezahlbaren Mieten

Die Demonstrant*innen fordern eine Neuausrichtung der Geschäftspolitik ihres Vermieters in Richtung sozialer und nachhaltiger Wohnungswirtschaft mit bezahlbaren Mieten. „Die Mieten, nicht nur in Münster, sind einfach zu hoch und steigen zu schnell“, betonte Mats Reißberg, der von der LEG erwarte, dass auch in Münster wieder gebaut würde: „Aber natürlich auch Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen und endlich wieder öffentlich geförderten Wohnungsbau.“

Pavel Volodarsky, LEG-Mieter aus Kinderhaus, berichtete von den negativen Veränderungen im Mietverhältnis, nachdem das Land Nordrhein-Westfalen die kommunalen und landeseigenen Unternehmen der LEG privatisiert hatte.

Neben der Senkung der Dividenden fordern die demonstrierenden Mieter*innen bessere und schnellere Serviceleistungen bei Schäden, weniger Mietkosten hoch treibende Modernisierungen dafür bessere Instandhaltung der Wohnungen, der Häuser und des Umfeldes sowie eine ordentliche, überprüfbare Nebenkostenabrechnung.

Pavel Volodarsky, LEG-Mieter in Kinderhaus, erklärte: „Die Betreuung der Mieter*innen ist immer schlechter geworden. Ich habe früher schon bei der heutigen LEG-Tochter WGM gewohnt. Damals fühlten Mieter*innen sich aufgehoben und als Vertragspartner*innen akzeptiert. Davon sind wir heute weit entfernt.“

Mieter*innen gehen wieder auf die Straße

Demonstration für mehr Rechte und geringere Mieten

Am Donnerstag (27. Mai) gehen die LEG-Mieter*innen in Münster wieder auf die Straße. Anlass ist die an diesem Tag stattfindende Hauptversammlung des Vermieters LEG Immobilien SE, der eine gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent höhere Dividendenausschüttung an die Aktionäre beschließen will. Die LEG-Mieter*innen-Initiative Münster wird um 17 Uhr an der Kolmarstraße in Geist, wo die LEG derzeit Modernisierungen durchführen lässt, mit einer Kundgebung starten. Dann zieht ein Demonstrationszug hinüber zur LEG-Niederlassung Münster an der Hammer Straße 226. Auch dort sollen Redner*innen das Wort ergreifen.

Ist das noch LEGal?

Am Vorabend (Mittwoch, 26. Mai, um 18.15 Uhr) findet online unter dem Motto „Ist das noch LEGal?“ eine landesweite öffentliche Kritische Vorabendkonferenz zur LEG Aktionärsversammlung statt. Auch aus Münster werden Teilnehmer*innen dabei sein.

Demo LEG – es reicht! am Freitag, 14. Mai, in Berg Fidel. (Fotos: Werner Szybalski)

Wohnraum zu angemessenen und bezahlbaren Mieten

Im Aufruf betonen die Organisatoren, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Die Situation vieler Mieter*innen – auch in Münster – ist inzwischen aber so schlecht, dass prekäre Verhältnisse drohen. Alle Menschen sind auf eine Wohnung angewiesen. Zigtausende in unserer Stadt wollen oder können sich keine Wohnung im Eigenbesitz leisten. Die Klimakrise kann zudem nur bewältigt werden, wenn die Menschen zusammenrücken und gemeinsam in möglichst wenig Fläche versiegelden Häusern und Wohnanlagen leben.

Die Corona-Pandemie hat die Situation verschärft und zudem deutlich gemacht, warum die Menschen eine Wohnung benötigen, in der das Leben auch lebenswert ist. Dazu bedarf es genügend Wohnraum für alle Münsteraner*innen – dies zu angemessenen und bezahlbaren Mieten.

Die größte Vermieterin in Münster ist die LEG Immobilien SE mit Sitz in Düsseldorf. Der heutige LEG-Aktienkonzern entstand durch Privatisierung ehemaliger öffentlicher, teilweise kommunaler, regionaler und gemeinnütziger Wohnungsunternehmen. In Münster gehörten unter anderem die Wohnungsgesellschaften WGM (Wohnungsgesellschaft Münsterland) und GWN (Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft Nordwestdeutschland) dazu. Aber auch viele ehemalige Wohnungen für Postler*innen, Bahner*innen oder Ärzt*innen sowie medizinisches Personal werden heute in Münster von der LEG vermietet.

Mieter*innen zahlen die Zeche

Der Aktienmarkt setzt seine dort notierten Immobilienkonzerne erheblich unter Druck. Die Dividenden der und damit auch die Mieten bei den börsennotierten Wohnungsunternehmen gehen durch die Decke. Der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia mit Sitz in Bochum, auch Wohnungsbesitzer in Münster, hob im Coronajahr 2020 die Mieten um 3,1 Prozent auf 6,95 Euro pro Quadratmeter an. Die Dividendenausschüttung an die Aktionäre fiel in diesem Jahr um 7,6 Prozent höher ist als im vergangenen Jahr. Auch die LEG, die am 27 Mai ihre Hauptversammlung abhält, will die Dividende gegenüber dem Vorcoronajahr um fünf Prozent steigern. Dies alles aus den Taschen der Mieter*innen und der Kommunen, die für viele Mieter*innen die Zeche zahlen.

Diese Entwicklung muss gestoppt werden, denn die Wohnungskonzerne müssen für diese hohen Dividenden alle – leider teilweise auch rechtlich fragliche – Mittel nutzen, um ihre Kapitaleigner zufriedenzustellen. Wer darunter leidet ist klar – alles geht zu Lasten der Wohnqualität und der Portemonnaies der Mieter*innen. Deshalb fordern wir die Mieten zu senken statt Dividenden zu erhöhen, die Häuser und Wohnungen auf Kosten der Unternehmen zu sanieren und nur im Einvernehmen mit den Mieter*innen zu modernisieren und die Rechte der Mieter*innen umfassend zu stärken.

Am Tag der Aktionärsversammlung der LEG Immobilien SE, Donnerstag, dem 27. Mai 2021, demonstrieren LEG-Mieter*innen zunächst um 17 Uhr an der Kolmarstraße und später (ab 18 uhr) vor der LEG-Niederlassung Münster an der Hammer Straße 226.

LEG-Mieter*innen demonstrieren

Bei Problemen müssen Betroffene viel Zeit und noch mehr Geduld haben

Viele Mieter*innen leben aus unterschiedlichen Gründen sehr gern in ihrer Wohnung – auch wenn die Vermieterin der „eigenen vier Wände“ die LEG Immobilien SE mit Sitz in Düsseldorf ist. Die Mieten sind – selbst in Münster – häufig noch bezahlbar. Bei Problemen in oder rund um ihre LEG-Wohnung stecken viele Mieter*innen – häufig auch wegen der völlig unbegründeten Angst, die Wohnung von der LEG gekündigt zu bekommen – aber lieber zurück. Sie verzichten auf ihre Rechte und zahlen, was das börsennotierte Unternehmen von ihnen verlangt. Aber immer mehr LEG-Mieter*innen sind total genervt, dass die durchdigitalisierte LEG zwar erreichbar ist, aber die Schäden nur zögerlich oder auch gar nicht behoben werden.

Zum Auftakt versammelten sich die demonstrierenden LEG-Mieter*innen am Berg Fidel. (Foto: Werner Szybalski)

Einige Mieter*innen haben inzwischen beschlossen, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen und jegliche Forderung der LEG unhinterfragt zu bezahlen. In verschiedenen Stadtteilen Münster schlossen sich LEG-Mieter*innen zusammen, um gemeinsam ihre Rechte gegen den Wohnungskonzern durchzusetzen. Da gibt es in Münster die Nachbarschaftsgruppen der LEG-Mieter*innen-Initiative, aber auch zum Beispiel die kommunalistische Gruppe „Berg Fidel solidarisch“, die sich auf Wunsch der LEG-Mieter*innen in ihrem Wohngebiet hinter dem Preußen-Stadion auch sehr intensiv für die Belange dieser Gruppe einsetzt. Der LEG gehören rund 700 Wohnungen im gerade 50 Jahre alt gewordenen Stadtteil Berg Fidel.

Mieter*innen: LEG – es reicht!

Am Freitag (14. Mai) lud Berg Fidel solidarisch LEG-Mieter*innen ein, laut und gemeinsam ihre Vorstellungen von einem zufriedenstellendem Mietverhältnis öffentlich kund zu tun – zunächst in Berg Fidel und nach dem kleinen Demonstrationszug in Richtung Innenstadt noch mal vor der Münsteraner Niederlassung der LEG Immobilien SE.

Dort nutzten Mieter*innen das Mikro nicht nur, um die Verhältnisse zu beklagen, sondern auch, um Wege aufzuzeigen, wie Mieter*innen sich wehren können. So erklärte zum Beispiel Georg Fedelinski, das Mitglied der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster wohnt in der Hogenbergstraße in Berg Fidel, dass er sich seit Jahren erfolgreich gegen die unkorrekten Nebenkostenabrechnungen wehrt. Mats Reißberg berichtete, dass die Modernisierung rund um die Kolmarstraße nach dem von der LEG Mieter*innen-Initiative Geist zusammengeführten Widerstand der Nachbarschaft die Modernisierungen der LEG deutlich moderater und vermutlich auch weniger teuer ausfallen werden.

Probleme auch in anderen Orten

Nach der Aktion erreichte die LEG-Mieter-Initiative ein Schreiben eines LEG-Mieters aus Neubeckum, der an der Demonstration teilgenommen hatte: „Ich war dabei und fand es so weitgehend ganz gut, dass Mieter sich zusammentun und ihren Unmut Preis tun. Ich komme aus Neubeckum im Kreis Warendorf. Bei uns liegen die Ursachen auch nicht anders. Kein Hausmeister da, überhöhte Nebenkosten oder unübersichtlich für unser eins. Manche von uns mussten über 700 Euro nachzahlen. Wieso fragte ich? Von meiner Nachbarschaft bekam ich nur zuhören: Da kann man doch nichts machen. Das wird schon stimmen. Diese Meinung kann ich nicht teilen, deshalb finde ich es gut, dass es Menschen wie Euch gibt, die ihren Unmut Preis geben.
Ein kurzes Beispiel: Wir bekamen vor längerem neue Kellertüren. Schön, aber Schlüssel gibt es nicht. Man muss immer ums Haus laufen, um die Tür zu öffnen. Toll oder?
Der Grünabfall der Gärtner liegt seit Monaten hinterm Haus – es wurde wohl vergessen, ihn mit zunehmen.
Ich bin gespannt, ob die Demo etwas wach gerüttelt hat. Wäre beim nächsten Mal gerne wieder dabei. LEG – es reicht uns!“

LEG: Probleme ohne Ende

Protestunterschriften zeigen nur geringe Wirkung

Vor rund einem Jahr hatten die LEG-Mieter*innen in Berg Fidel ihrer Vermieterin hunderte von Protestunterschriften zukommen lassen. Initiiert von der kommunalistschen Gruppe „Berg Fidel solidarisch“ forderten sie unter anderem eine bessere Betreuung der knapp 700 LEG-Wohnungen im Stadtteil. Auch die Benennung einer/s direkten Ansprechpartners/in und der Zugang zum von allen Mieter*innen bezahlten Hauswart verlangten die Berg Fideler*innen. Immerhin wurden vom Vermieter wieder zwei wöchentliche Mieter*innen-Sprechstunden eingeführt.

„Doch das reicht den LEG-Mieterinnen nicht. Sie fordern weiterhin einen Hausmeister und transparente und niedrige Nebenkosten“, heißt es in der Ausgabe 9 der Stadtteilzeitung von Berg Fidel solidarisch. Anfang Mai berichteten auch die Westfälischen Nachrichten im kostenpflichtigen Onlineauftritt („LEG-Mieter warten vergeblich auf Reparaturen“) wieder über Probleme in den Häusern an der Hogenbergstraße.

Aufzüge stehen, Hähne tropfen und Heizung bleibt kalt

Unter anderem war der Aufzug über Wochen ausgefallen, wovon auch LEG-Mieter*innen im Moorhook in Kinderhaus leidvoll berichten können. Zudem gibt es Ärger mit dem Wasserdruck. Aus den Hähnen würde es nur tröpfeln, berichtete ein Bewohner, dass auch das Warmwasser nicht hinreichend heiß würde. Auch fiel im Frühjahr die Heizung aus. Ein Problem welches ebenfalls in verschiedenen Stadtteilen Münsters existiert.
Insbesondere bei älteren Häusern, deren Heizungsanlage schon in die Jahre gekommen ist, reichen manchmal kleine Reparaturen, um die Wohnung wieder mit der gewünschten Raumtemperatur zu heizen.

Wohnung im renovierungsbedürftigem Zustand übergeben

Einer jungen Mieterin, die im Oktober vergangenen Jahres eine LEG-Wohnung in der Nähe der Mondstraße bezog, verging ziemlich schnell die Freude an den neuen vier Wänden. Neben dem renovierungsbedürftigem Treppenhaus, der Holzboden war (und ist) an einer Stelle eingebrochen und Risse befinden sich in den Wänden, musste sich die Neumieterin mit gleich vier Problemen rumschlagen: die Wohnungstür schloss nicht richtig; in der Küche lief die Heizung permanent auf höchster Stufe und dafür in einem Zimmer überhaupt nicht; ein Fenster ließ sich, nachdem es geöffnet worden war, nicht mehr korrekt schließen und der Wasserdruck zur Wohnung in der ersten Etage war so gering, dass weder die Spülmaschine noch die Waschmaschine ihren Dienst taten. Auch der Wasserdruck im Spülbecken lässt zu Wünschen übrig.

Der Wasserdruck ist viel zu schwach. Vermutlich ist die Zuleitung verkalkt. (Foto: Werner Szybalski)

Unterstützung durch LEG-Mieter*innen-Initiative

„Ich habe mich nach vielen erfolglosen Versuchen bei der LEG schließlich in der Mieter*innenberatung in der Alten Apotheke an der Wolbecker Straße gemeldet. Wir haben gemeinsam ein Schreiben an die LEG formuliert“, berichtet die Mieterin, dass sie nach der schriftlichen Ankündigung schließlich die Mietzahlung gekürzt hatte. Dann kam Bewegung in die Sache – allerdings zunächst anders als erhofft.

Nicht zum Spülen sondern als Schrank nutzt die Mieter*in ihre Maschine. (Foto: Werner Szybalski)

Zunächst kam nämlich ein Mahnschreiben, mit dem sie aufgefordert wurde, die Mietrückstände unverzüglich zu begleichen. Was sie nicht gemacht hat. Nach weiteren telefonischen, brieflichen und digitalen Kontakten mit der Hausverwaltung passierte im Frühjahr doch etwas. Nach und nach wurden Wohnungstür, Heizungkörper und das Fenster repariert. Natürlich nicht bei einem Termin, sondern bei mehreren und von verschiedenen Handwerkern. Schließlich blieb „nur“ noch der Wasserdruck.

„Ich benutze meinen Geschirrspüler inzwischen als Schrank. Die Wäsche kann ich gegen Bezahlung zum Glück bei der Arbeit waschen“, ärgert sich die Mieterin, dass sechs Monate nach ihrem Einzug die Mietsache noch immer nicht vertragsgerecht zur Verfügung steht. Sie vermutet: „Die Handwerker haben mir gesagt, die Wasserrohre müssten gereinigt werden. Dann wäre der Druck ausreichend. Das aber ist der LEG wohl zu teuer.“

Realität in Münster: Risse in den Wänden und Löcher im Boden (kleines Bild) – „Gewohnt gut“, LEG? (Fotos: Werner Szybalski)

KOMMENTAR

LEG kommunalisieren

Einigen LEG-Mieter*innen sind die Probleme egal. Sehr viele wohnen gern in ihrer Wohnung und wollen dort auch wohnen bleiben. Aber die Anzahl der unzufriedenen LEG-Mieter*innen steigt und steigt. Dafür ist allein der Aktienkonzern und dessen auf möglichst hohe Rendite ausgerichtete Geschäftsstrategie verantwortlich. Die Mieten und Nebenkosten steigen, der Service wird immer schlechter. Wirklich helfen würde den Mieter*innen nur der Notausstieg – die Kommunalisierung des LEG-Wohnungsbestandes in Münster.

Werner Szybalski

Vier Prozesse – vier Siege

Vor gut eineinhalb Jahren gründete Werner Szybalski die LEG-Mieter*innen-Initiative in Münster. Neben unzähligen nachbarschaftlichen Beratungen und vielen Informationsständen und -versammlungen in LEG-Wohnkomplexen standen Mitglieder der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster auch schon vier Mal vor Richtern des Amtsgerichts. Jedesmal hatte der Vermieter geklagt – jedesmal gingen die Mieter*innen als Gewinner*innen aus dem Amtsgerichtsverfahren.

„Es gab ein Urteil zugunsten eines Mieters, einen Vergleich, der praktisch alle Forderungen der Mieterin anerkannte und zwei Mal zog die LEG die Klage zurück. Vier Gerichtsverfahren – vier Erfolge. Mehr geht nicht“, zeigte sich Werner Szybalski am Freitag (24. Juli) bei einem Pressegespräch über den jünsten Erfolg von Ursula Schmidt aus der kleinen Bahnhofstraße in Münster sehr zufrieden.

Der 73-jährigen Münsteranerin, die seit 1972 in der Wohnung lebt, war direkt mit der Gründung der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster von der LEG fristlos die Wohnung gekündigt worden. Ursula Schmidt wurde Gründungsmitglied der LEG-Mieter*innen-Initiative und wehrte sich mit Unterstützung des neuen Vereins, der ihr den engagierten Rechtsanwalt Paul Demel besorgte.

Am Freitag lud Ursula Schmidt zum Pressegespräch und verkündete gegenüber den Westfälischen Nachrichten: „Ich hoffe, dass auch andere Mieter den Mut finden, sich zu wehren!“ Auch im Lokalradio Antenne Münster war sie zu hören.

Ursula Schmidt (2.v.r.) wehrte sich erfolgreich vor Gericht gegen die LEG. Sie wurde dabei von Susanne Grimme (Mieterbund Münsterland), Anwalt Paul Demel und Werner Szybalski (LEG-Mieter*innen-Initiative / r.), unterstützt. (Foto: Lothar Hill)

Im Gerichtsstreit zwischen Ursula Schmidt und der LEG kamen verschiedene Dinge zusammen: Neben der Wohnung der Mieterin war ein Haus abgerissen worden, weshalb Ursula Schmidt die Miete gemindert hatte, denn der Baustellenlärm raubte ihr und ihren Nachbarn die Nerven. Zudem gab es eine Mieterhöhung für eine Modernisierung, die nie abgeschlossen wurde, und auch die Nebenkostenabrechnungen stimmte nicht. Es wurden der Mieterin Kosten in Rechnung gestellt, die im Mietvertrag von 1972 nicht aufgeführt sind.

Anfang 2019 kündigte die LEG ihr die Wohnung fristlos, falls sie die gekürzte und erhöhte Miete nicht innerhalb einer Woche zahlen würde. Ursula Schmidt lieh sich Geld, überzog ihr Konto und beglich die Forderungen unter Vorbehalt.

Ursula Schmidt wendete sich auch an den Mieterbund und ihr Anwalt reichte eine Geegenklage beim Amtsgericht Münster ein. Nun der Vergleich, der laut Paul Demel „98 Prozent der Forderungen von Frau Schmidt erfüllt“. Die LEG zahlt ihrer Mieterin 4.148,13 Euro zurück. Die Dachrinnenreinigung muss Ursula Schmidt nicht zahlen und die Moderniesierungs-Mieterhöhung ist auch nicht fällig. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die LEG.

Vorstand einstimmig bestätigt

Die erste offizielle Mitgliederversammlung der im Februar 2019 gegründeten LEG-Mieter*innen-Initiative Münster trat am Dienstagabend (8. Oktober 2019) in der Zukunftswerkstatt zusammen. Neben dem Bericht des Lenkungsausschusses (Vereinsvorstand) und die Aussprache über aktuelle beim Amtsgericht Münster anstehende Verhandlungen wurden auch eine Satzung des nicht eingetragenen Vereins verabschiedet und der Vorstand (Lenkungsausschuss) neu gewählt.

Werner Szybalski berichtete vom Gespräch des Lenkungsausschusses mit dem Vorsitzendem der LEG Immobilien AG Lars von Lackum, bei dem sich auch die neuen Leitenden Mitarbeiterinnen des Bezirksstelle Münster, Niederlassungsleiterin Stefanie Droste und Tina Holste, Leiterin der LEG-Kundenbetreuung in der Niederlassung Münster, vorgestellt hatten. Mats Reißberg trat mehrfach als Redner für die Initiative auf Veranstaltungen auf. Er erinnerte in der Mitgliederversammlung an die Teilnahme der LEG-Mieter*innen-Initiative unter anderem am Parking Day auf dem Hansaring, an dem Filmprojekt „Klappe auf für Menschenrechte“ von Vamos im Cinema, bei dem der Film „Push – für das Grundrecht auf Wohnen“ gezeigt wurde, an die Demonstration im Anschluss an die Besetzung der Zentrale im ehemaligen Güterbahnhof sowie die Infostände der Initiative beim Flohmarkt in der autofreien LEG-Siedlung Weißenburg, beim Viertelfest in Erpho, bei der DGB-Demonstration am 1. Mai, bei den Straßenfesten am Breul / Tibus sowie an der Nieberdingstraße und beim Nachbarschaftsfest von Platanenpower auf dem Hansaplatz.

Zudem unterstützt die LEG-Mieter*innen-Initiative aktiv die Europäische Bürgerinitiative „Housing for all“, deren Sprecherin und Gründerin, die Wienerin Karin Zauner-Lohmeyer, im September bei der LEG-Mieter*innen-Initiative zu Gast war. Unter anderem berichtete Karin Zauner-Lohmeyer in der Zukunftswerkstatt bei einer Veranstaltung der Initiative gemeinsam mit dem Bündnis „Münster gehört uns allen“ (MSGUA) von der besonderen Situation für Mieter*innen in der österreichischen Hauptstadt, die für eine halbe Million Menschen kommunale Wohnungen vorhält.

Sabine Buschmann, berichtete tagesaktuell von einem erneuten Rückzieher der LEG vor dem Amtsgericht Münster. Die LEG hatte einen Mieter von der Korte Ossenbeck auf Duldung der Modernisierung verklagt. Um ein negatives Urteil für den Kläger LEG zu verhindern, zog der Vermieter kurzfristig die Klage zurück. Der Beklagte will sich damit allerdings nicht zufrieden geben. Gemeinsam wurden weitere aktuelle Fälle, wobei die Nebenkostenabrechnungen und die Modernisierungen im Mittelpunkt standen, von der Versammlung erörtert.

Dr. Brigitte Hornstein, eine der Ansprechpartnerinnen der LEG-Mieter*innen-Initiative in Mauritz, dankte den Aktiven für das große Engagement in den Gründungsmonaten, was den Lenkungsausschuss dazu ermutigte, die Mitglieder zu noch mehr Engagement für die rund 9000 LEG-Mieter*innen in Münster zu zeigen.

Einstimmig wurde die Satzung der Initiative verabschiedet. Der Änderungsantrag von Paul Demel, der sich auf die Einberufung von außerordentlichen Mitgliederversammlungen durch die Mitglieder bezog, wurde übernommen. Anschließend wählten die Mitglieder der Initiative Werner Szybalski (Uppenberg), Sabine Buschmann (Aasee) und Mats Reißberg (Geist) einstimmig in den Lenkungsausschuss. Sie sind nun auch allein vertretungsberechtigte Vorstände des nicht eingetragenen Vereins LEG-Mieter*innen-Initiative Münster.

Mietspiegel – Fluch oder Segen?

In Münster werden gerade flächendeckend die Mieten erhöht. Grund dafür ist die Fortschreibung des Mietspiegels im Frühjahr diesen Jahres. Die LEG Immobilien AG will zum 1. September die Mieten mit der Begründung neuer Mietspiegel „anpassen“. Auch wenn die Erhöhungen vielfach als moderat empfunden werden, wehren sich viele Mieter*innen gegen die Verteuerung ihres Wohnens. Bis zum Ende diesen Monats können Mieter*innen, deren Miete ab September steigen soll, noch schriftlich zum Beispiel bei der LEG widersprechen.

„Mietspiegel – Fluch oder Segen?“ weiterlesen