Deutschlandtarif wäre besser

Deutschlandticket ist gesichert, wird aber teurer

Inzwischen ist trotz des früheren Widerstandes in der zukünftigen Kanzlerpartei CDU klar, dass das Deutschlandticket bleibt. Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz taxierte am Sonntagabend (13. April 2025) in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ die „Vollkosten“ jedes einzelnen des Tickets auf „ungefähr 90 Euro“. Dieser hohe Subventionsbedarf, so Merz, für das bundesweit gültige und zur Zeit monatlich 58 Euro teurere Nah- und Regionalverkehrsticket „müsse auch bezahlt werden und deswegen steht es auf dem Prüfstand.“

Diese Problematik sieht grundsätzlich auch Klaus-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Im Gespräch mit unserer Redaktion fordert er: „Das Deutschlandticket muss erhalten bleiben! Es muss aber weiter entwickelt werden – und zwar in Richtung Deutschlandtarif. Heute sind Einzeltickets, Gruppentickets, Erste-Klasse-Regeln und regionale Pauschal- / Zeitkarten genauso kompliziert wie eh und je. Es gibt zwar an einigen Stellen (VRR, HVV) regionale Vereinfachungen, diese sind aber wieder unterschiedlich.“ Damit blieben die tariflichen Einstiegshürden für die Fahrgäste hoch. Naumann: „Hier muss als erstes angesetzt werden. Pro Bahn hat mit dem Einfach-Tarif ein Modell vorgestellt, wie man die Tarife unterhalb des D-Tickets gestalten kann.“

Klaus-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, schlägt die Weiterentwicklung des Deutschlandtickets hin zu einem Deutschlandtarif vor. (Foto: Pro Bahn)

Finanzierung durch weitere Quellen sichern

Eine weitere Frage, die KP Naumann beschäftigt, ist, wie das Ticket langfristig finanziert wird. „Die von Friedrich Merz ins Gespräch gebrachten 90 Euro sind sicherlich zu teuer. Ich denke, die Erhöhung wird auf 70 Euro, maximal 80 Euro steigen. Mehr wird von den Fahrgästen auch nicht akzeptiert werden. Viel besser wäre natürlich ein einheitlicher Deutschlandtarif mit vier – überall gleichen – Preisstufen.“

Nahverkehr müsse mit staatlichen Milliarden bundesweit subventioniert werden. Dazu müssten weitere Quellen geschaffen werden, fordert Naumann und verweist auf folgendes Beispiel: „In Frankreich gibt es Nahverkehrsabgaben für Unternehmen, wie zum Beispiel Einkaufszentren, die heute »nur« zum Parkplatzbau verpflichtet sind.“

Der dritte Bereich, der dem Pro Bahner Probleme bereitet, sei der Nutzen des D-Tickets in der Fläche: „Es nützt häufig nichts, weil das Angebot zu gering ist oder die letzte Meile fehlt. Das führt zu einer Ungerechtigkeit zwischen Stadt und Land. Modelle wie Smile 24 in Schleswig-Holsten zeigen, wie es gehen könnte. Aber auch diese Modelle benötigen Zuschüsse.“

Schnell sei man wieder bei der Finanzierung. Dabei wäre abzusehen, dass der Preis steigen wird. Es ist dann wichtig, dass es zukünftig bundeseinheitliche Angebote für diejenigen gäbe, die den Öffentliche Verkehr nur vor Ort nutzen würden, unterstrich Klaus-Peter Naumann: „Unser Vorschlag des Deutschlandtarifs erfüllt auch diese Forderung.“

Der Vorschlag des Fahrgastverbandes Pro bahn ist ein Deutschlandtarif.

Bundeszuschüsse für den Nahverkehr
Derzeit schießen Bund und Länder zum Deutschlandticket je 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen. Denn die meisten üblichen Pendler-Abos waren zuvor deutlich teurer. Die Bundesmittel sind aber bisher nur noch für dieses Jahr gesetzlich festgeschrieben.

Münster glänzt grundlos

Greenpeace-Studie sieht Öffentlichen Verkehr in der Domstadt deutschlandweit auf Rang vier

Der aktuelle Greenpeace-Städtevergleich „Verspätete Abfahrt“, der Anfang März veröffentlicht wurde, zeigt, dass in den beiden vergangenen Jahren das ÖPNV-Angebot in den deutschen Städten sich allerdings in nur lediglich zehn der 30 größten Kommunen unwesentlich verbessert hat. Teilweise wurde das Angebot mit Bus & Bahn sogar bis zu sieben Prozent gekürzt. Wie Greenpeace schreibt, müsse, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, das ÖPNV-Angebot pro Jahr um mindestens 4,5 Prozent wachsen. Diesen Wert erreichte im Untersuchungszeitraum nur die sächsische Metropole Leipzig . Die laut Greenpeace von Bund und Ländern angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 erfordere sogar ein jährliches Wachstum von acht Prozent, was von keiner der untersuchten Städte erreicht wurde.

„Eine Großstadt ohne gutes Bus- und Bahnangebot ist keine. Der ÖPNV ist das Rückgrat eines sauberen, klimaschonenden Verkehrs, doch in den meisten Städten steht der Ausbau auf der Kriechspur. Viele streichen sogar Verbindungen und zwingen Menschen so zurück ins Auto. Lebenswerte Städte brauchen attraktiven, klimafreundlichen Nahverkehr.

Lena Donat, Greenpeace-Verkehrsexpertin

In Münster sei das ÖPNV-Angebot zwischen 2023 und 2025 um knapp vier Prozent gewachsen, stellt die Studie fest. Damit liegt die westfälische Domstadt im Vergleich mit den 30 anderen untersuchten Städten zwar auf dem vierten Platz, doch Greenpeace merkt kritisch an: „Historisch betrachtet wurde das Angebot jedoch nicht ausgeweitet, die Stadt hat lediglich versucht, auf das Angebotsniveau von 2019 zurückzukehren. Seit der Corona-Pandemie haben die Stadtwerke mit Personalproblemen zu kämpfen und mussten den 20-Minuten-Takt auf einen 30-Minuten-Takt reduzieren und ganze Buslinien streichen. Seit 2023 wird das Angebot schrittweise wieder hochgefahren, ohne das 2019er Niveau bislang zu erreichen.“

Greenpeace will mehr und besseren ÖPNV

Bleibt also nicht allein, aber auch in Münster, deren Anteil des ÖPNV am Modal Split, der Fahrtenverteilung in der Stadt, zudem deutlich unter einem Anteil von zehn Prozent der Wege liegt, sehr viel zu tun, wenn der Öffentliche Verkehr die Verkehrswende miteinläuten soll. „Der öffentliche Nahverkehr ermöglicht soziale Teilhabe, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima“, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima, betont Greenpeace und stellt begleitend zur Studie Forderungen auf:

  • Der Bund soll gemeinsam mit den Ländern einen mit Maßnahmen, Zwischenzielen und Finanzierungszusagen hinterlegten Fahrplan zur Fahrgastverdoppelung bis 2030 erarbeiten und die Finanzierung des ÖPNV massiv aufstocken. Mehr Mittel sind nötig, um den Betrieb zu sichern, den Ausbau voranzutreiben und genügend Fachkräfte mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu gewinnen.
  • Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land erfordern einen attraktiven, barrierefreien ÖPNV als echte Alternative zum Auto. Der Bund sollte in Absprache mit Ländern, Kommunen und der Öffentlichkeit einen bundesweiten Mindeststandard festlegen. Wir brauchen verlässliche Verbindungen mindestens alle zehn Minuten in der Stadt, alle 30 Minuten auf dem Land. Von früh bis spät, auch an Wochenenden.
  • Das Deutschlandticket bringt Rückenwind für den Nahverkehr. Es muss langfristig gesichert werden und für alle bezahlbar sein: Mit kostenlosen Tickets für Kinder und Jugendliche werden Familien entlastet. Ein bundesweites Sozialticket für maximal 19 Euro erlaubt allen Menschen Teilhabe und Mobilität. Um die Verkehrswende voranzubringen, sollte der reguläre Preis für das Deutschlandticket 29 Euro betragen.
Demonstration für einen effektiven ÖPNV im Dezember 2024 in Berlin. (Foto: © greenpeace.de)

VCD Münsterland will schnellere Busse

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat schon vor einiger Zeit deutlich gemacht, was in Münster passieren muss, da die zu langsamen Busse, sie erreichen statt der in Großstädten grundsätzlich angestrebten Reisegeschwindigkeit von 25 km/h in der Domstadt lediglich Geschwindigkeit von durchschnittlich 15 bis 17 Stundenkilometer. „Leider ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der Busse in Münster in den letzten Jahren immer geringer geworden“, erklärte Anfang Februar Thomas Lins, Vorsitzender des VCD im Münsterland, „denn der überbordende KFZ-Verkehr bremst auch den Bus aus.“ Da haben die unter anderem vom VCD erkämpften Busspuren, die in den vergangenen Jahren in der Innenstadt errichtet wurden, zwar für Verbesserungen gesorgt, aber mitnichten Abhilfe bei dem Grundproblem geschaffen.

Thomas Lins forderte konkret: „Das bedeutet Busspuren, wo es möglich ist; Ampelschaltungen, die dem Bus freie Vorfahrt gewähren; dort, wo kein Platz für Busspuren ist, möglicherweise Einbahnstraßenregelungen für den motorisierten Individualverkehr; Buchten für den Lieferverkehr, damit Paketdienste und Lieferwagen den Bus nicht ausbremsen.“

Alternative zu Bus und Auto ist der SPNV

Die erfolgreiche, kommunale Eisenbahn im Kreis Bentheim könnte einen Weg für den Stadt-Land-Pendelverkehr rund um Münster aufzeigen. (Foto: Werner Szybalski)

Die Alternative zu Bus und PKW könnte der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Münsterland sein. Eine Arbeitsgruppe des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland sitzt aktuell an einem Forderungskatalog für eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Straßenbahn in Münster. Die Wiederbelebung der Straßenbahn würde zwar einige Jahre dauern, so ein Vertreter von Pro Bahn, aber wäre „vermutlich leichter und schneller umzusetzen, als die von der Kommunalpolitik des Münsterlandes erhoffte, beziehungsweise besser erträumte, Verwirklichung der S-Bahn Münsterland.“

Von der auch in der Greenpeace-Studie die Rede. Sie würde zügig auf vorhandenen Schienen an allen Staus vorbeifahren. Doch der Pro-Bahner meint: „Wir sehen an der verschleppten Reaktivierung der WLE oder verzögerten Sicherung der Bahntrasse zwischen Münster und Warendorf das mit der DB im Nahverkehr nicht wirklich zu rechnen ist. Deshalb muss intensiv über Straßenbahnen in Münster, Stadtbahnen in die Fläche und eine eigene kommunale oder stadtregionsweite Regionalbahn in Eigenregie nachgedacht werden. Strecken dafür, zum Beispiel nach Coesfeld, Gronau oder Warendorf gibt es genügend, um einen effektiven, kostengünstigen SPNV anzubieten.“

LOOPmünster startet in neue Projektphase

Viele Änderungen im Pilotprojekt

Mit LOOPmünster probieren die Stadtwerke seit 2020 aus, wie sich On-Demand-Mobilität in das Nahverkehrssystem in Münster Süden einfügt und welche Fortschritte bei der Mobilitätswende sich damit erzielen lassen. Die Kleinbusse fahren ohne feste Fahrpläne und Linienwege, gebucht werden sie ganz einfach per App. Bei den Fahrgästen erfreut sich LOOPmünster großer Beliebtheit: Insgesamt fast 450.000 Fahrgäste haben das System bereits genutzt, aktuell fahren 500 Fahrgäste am Tag mit. „Für die Mobilitätswende brauchen wir mehr als nur große Busse und Züge. Dazu gehören auch Carsharing, E-Scooter oder eben flexible Kleinbusse. LOOPmünster startet nun in eine neue Projektphase, in der wir ausprobieren, wie sich geänderte Rahmenbedingungen auswirken“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Frank Gäfgen, dessen Vertrag der Rat der Stadt Münster am vergangenen Mittwoch bis 2029 verlängert hat.

Neue App muss installiert werden

Durch die nächste Projektphase ändert sich auch für die Fahrgäste etwas. Ab Dienstag, 28. März, können sie LOOPmünster nur noch über eine neue App buchen. Diese heißt LOOPmünster und ist kostenlos in den Appstores zu finden, auch in der alten App sowie unter www.loop-muenster.de finden sich die Links dorthin. Die bisherige App funktioniert ab dem 28. März nicht mehr. Grund dafür ist ein Anbieterwechsel beim Hintergrundsystem, das Buchungen verwaltet, optimale Fahrwege errechnet und vieles mehr. Der bisherige Anbieter hat den Betrieb eingestellt, daher waren die Stadtwerke gezwungen, auf ein neues System umzustellen.

LOOP-Fahrten kosten bald 1 € extra

Diese Änderung nutzen die Stadtwerke auch, eine bereits länger geplante Änderung umzusetzen: Ab dem 28. März fällt für die Fahrt mit LOOPmünster ein Aufpreis von einem Euro pro Fahrgast an. Davon ausgenommen sind schwerbehinderte Menschen mit Ausweis und Wertmarke sowie Kinder unter sechs Jahren. Ein gültiges Ticket oder Abo ist darüber hinaus weiterhin erforderlich. „Unser Auftrag ist es, mit LOOPmünster auszuprobieren, wie wir ein solches System in Münster langfristig etablieren können. Wir möchten zum Beispiel herausfinden, ob der höhere Komfort gegenüber einer Busfahrt – der auch mit höheren Betriebskosten einhergeht – den Fahrgästen einen Aufpreis wert ist und wie sich dieser auf die Nutzung und Verfügbarkeit der Kleinbusse auswirken. Auch andere Städte experimentieren bereits mit einem solchen Aufpreis“, erklärt Projektleiter Phil Rose. Die nur sehr selten genutzte Telefonbuchung wird ab dem 28. März eingestellt, die Kleinbusse können dann nur noch über die App bestellt werden. Die Stadtwerke bieten in diesem Zuge Schulungen zur App an, nähere Informationen dazu finden sich auf www.loop-muenster.de. Beide Änderungen sind bereits im letzten Jahr vom Rat der Stadt Münster beschlossen worden.

LOOPmünster geht ins vierte Jahr

Ursprünglich war geplant, LOOPmünster drei Jahre lang zu testen. Dafür erhalten die Stadtwerke Fördergelder in Höhe von fünf Millionen Euro vom Land NRW und drei Millionen Euro von der Stadt Münster. Da die Stadtwerke unter anderem während der Coronazeit, als weniger Fahrgäste unterwegs waren, die damit verbundenen Einsparpotenziale konsequent genutzt haben, kommen sie mit diesen Mitteln ein Jahr länger aus – und haben sich vom Land die Freigabe für ein viertes Jahr geben lassen. „Das bedeutet, dass LOOPmünster bis Herbst 2024 gesichert ist – ohne zusätzliche Kosten für Stadt und Land. Diese Zeit werden wir nutzen, um gemeinsam mit der Stadt eine Nachfolgelösung zu suchen. Sie muss praktikabel und finanzierbar sein, der Vorteil für die Mobilitätswende erkennbar“, sagt Frank Gäfgen.

Räumliche Beschränkung bleibt bestehen

Unverändert bleibt das Bediengebiet von LOOPmünster, das Hiltrup, Amelsbüren mit weiten Teilen der Davert, Berg Fidel, die Gewerbegebiete am und Loddenheide sowie die östlichen Teile von Mecklenbeck umfasst. Auch die Fahrerinnen und Fahrer bleiben den Kleinbussen erhalten. Für die wissenschaftliche Begleitforschung ist die FH Münster verantwortlich.