Münster glänzt grundlos

Greenpeace-Studie sieht Öffentlichen Verkehr in der Domstadt deutschlandweit auf Rang vier

Der aktuelle Greenpeace-Städtevergleich „Verspätete Abfahrt“, der Anfang März veröffentlicht wurde, zeigt, dass in den beiden vergangenen Jahren das ÖPNV-Angebot in den deutschen Städten sich allerdings in nur lediglich zehn der 30 größten Kommunen unwesentlich verbessert hat. Teilweise wurde das Angebot mit Bus & Bahn sogar bis zu sieben Prozent gekürzt. Wie Greenpeace schreibt, müsse, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, das ÖPNV-Angebot pro Jahr um mindestens 4,5 Prozent wachsen. Diesen Wert erreichte im Untersuchungszeitraum nur die sächsische Metropole Leipzig . Die laut Greenpeace von Bund und Ländern angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 erfordere sogar ein jährliches Wachstum von acht Prozent, was von keiner der untersuchten Städte erreicht wurde.

„Eine Großstadt ohne gutes Bus- und Bahnangebot ist keine. Der ÖPNV ist das Rückgrat eines sauberen, klimaschonenden Verkehrs, doch in den meisten Städten steht der Ausbau auf der Kriechspur. Viele streichen sogar Verbindungen und zwingen Menschen so zurück ins Auto. Lebenswerte Städte brauchen attraktiven, klimafreundlichen Nahverkehr.

Lena Donat, Greenpeace-Verkehrsexpertin

In Münster sei das ÖPNV-Angebot zwischen 2023 und 2025 um knapp vier Prozent gewachsen, stellt die Studie fest. Damit liegt die westfälische Domstadt im Vergleich mit den 30 anderen untersuchten Städten zwar auf dem vierten Platz, doch Greenpeace merkt kritisch an: „Historisch betrachtet wurde das Angebot jedoch nicht ausgeweitet, die Stadt hat lediglich versucht, auf das Angebotsniveau von 2019 zurückzukehren. Seit der Corona-Pandemie haben die Stadtwerke mit Personalproblemen zu kämpfen und mussten den 20-Minuten-Takt auf einen 30-Minuten-Takt reduzieren und ganze Buslinien streichen. Seit 2023 wird das Angebot schrittweise wieder hochgefahren, ohne das 2019er Niveau bislang zu erreichen.“

Greenpeace will mehr und besseren ÖPNV

Bleibt also nicht allein, aber auch in Münster, deren Anteil des ÖPNV am Modal Split, der Fahrtenverteilung in der Stadt, zudem deutlich unter einem Anteil von zehn Prozent der Wege liegt, sehr viel zu tun, wenn der Öffentliche Verkehr die Verkehrswende miteinläuten soll. „Der öffentliche Nahverkehr ermöglicht soziale Teilhabe, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima“, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima, betont Greenpeace und stellt begleitend zur Studie Forderungen auf:

  • Der Bund soll gemeinsam mit den Ländern einen mit Maßnahmen, Zwischenzielen und Finanzierungszusagen hinterlegten Fahrplan zur Fahrgastverdoppelung bis 2030 erarbeiten und die Finanzierung des ÖPNV massiv aufstocken. Mehr Mittel sind nötig, um den Betrieb zu sichern, den Ausbau voranzutreiben und genügend Fachkräfte mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu gewinnen.
  • Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land erfordern einen attraktiven, barrierefreien ÖPNV als echte Alternative zum Auto. Der Bund sollte in Absprache mit Ländern, Kommunen und der Öffentlichkeit einen bundesweiten Mindeststandard festlegen. Wir brauchen verlässliche Verbindungen mindestens alle zehn Minuten in der Stadt, alle 30 Minuten auf dem Land. Von früh bis spät, auch an Wochenenden.
  • Das Deutschlandticket bringt Rückenwind für den Nahverkehr. Es muss langfristig gesichert werden und für alle bezahlbar sein: Mit kostenlosen Tickets für Kinder und Jugendliche werden Familien entlastet. Ein bundesweites Sozialticket für maximal 19 Euro erlaubt allen Menschen Teilhabe und Mobilität. Um die Verkehrswende voranzubringen, sollte der reguläre Preis für das Deutschlandticket 29 Euro betragen.
Demonstration für einen effektiven ÖPNV im Dezember 2024 in Berlin. (Foto: © greenpeace.de)

VCD Münsterland will schnellere Busse

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat schon vor einiger Zeit deutlich gemacht, was in Münster passieren muss, da die zu langsamen Busse, sie erreichen statt der in Großstädten grundsätzlich angestrebten Reisegeschwindigkeit von 25 km/h in der Domstadt lediglich Geschwindigkeit von durchschnittlich 15 bis 17 Stundenkilometer. „Leider ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der Busse in Münster in den letzten Jahren immer geringer geworden“, erklärte Anfang Februar Thomas Lins, Vorsitzender des VCD im Münsterland, „denn der überbordende KFZ-Verkehr bremst auch den Bus aus.“ Da haben die unter anderem vom VCD erkämpften Busspuren, die in den vergangenen Jahren in der Innenstadt errichtet wurden, zwar für Verbesserungen gesorgt, aber mitnichten Abhilfe bei dem Grundproblem geschaffen.

Thomas Lins forderte konkret: „Das bedeutet Busspuren, wo es möglich ist; Ampelschaltungen, die dem Bus freie Vorfahrt gewähren; dort, wo kein Platz für Busspuren ist, möglicherweise Einbahnstraßenregelungen für den motorisierten Individualverkehr; Buchten für den Lieferverkehr, damit Paketdienste und Lieferwagen den Bus nicht ausbremsen.“

Alternative zu Bus und Auto ist der SPNV

Die erfolgreiche, kommunale Eisenbahn im Kreis Bentheim könnte einen Weg für den Stadt-Land-Pendelverkehr rund um Münster aufzeigen. (Foto: Werner Szybalski)

Die Alternative zu Bus und PKW könnte der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Münsterland sein. Eine Arbeitsgruppe des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland sitzt aktuell an einem Forderungskatalog für eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Straßenbahn in Münster. Die Wiederbelebung der Straßenbahn würde zwar einige Jahre dauern, so ein Vertreter von Pro Bahn, aber wäre „vermutlich leichter und schneller umzusetzen, als die von der Kommunalpolitik des Münsterlandes erhoffte, beziehungsweise besser erträumte, Verwirklichung der S-Bahn Münsterland.“

Von der auch in der Greenpeace-Studie die Rede. Sie würde zügig auf vorhandenen Schienen an allen Staus vorbeifahren. Doch der Pro-Bahner meint: „Wir sehen an der verschleppten Reaktivierung der WLE oder verzögerten Sicherung der Bahntrasse zwischen Münster und Warendorf das mit der DB im Nahverkehr nicht wirklich zu rechnen ist. Deshalb muss intensiv über Straßenbahnen in Münster, Stadtbahnen in die Fläche und eine eigene kommunale oder stadtregionsweite Regionalbahn in Eigenregie nachgedacht werden. Strecken dafür, zum Beispiel nach Coesfeld, Gronau oder Warendorf gibt es genügend, um einen effektiven, kostengünstigen SPNV anzubieten.“

Straßenbauwahnsinn in Handorf

Protestversammlung am ehemaligen Bahnhof

Die Bürgerinitiative B 51 Handorf-Mauritz hat sich viel Arbeit gemacht. Am vergangenen Sonntag (19. Juni 2022) demonstrierte die BI mit Flatterbändern und aufsteigenden Luftballons, welche unglaublichen Ausmaße der Ausbau der Bundesstraße von Münster nach Telgte am Handorfer Bahnhof einnehmen soll. Die Aktion fand vernetzt im Rahmen der bundesweiten dezentralen Aktionstage des Bündnisses Verkehrsinitiativen mit dem Thema „Mobilitätswende jetzt!“ statt.

Die großen roten Luftballons zeigen die zukünftige Höhe der Verbindung von Handorf zum möglicherweise später reaktivierten DB-Haltepunkt an der B 51 an. (Fotos: Werner Szybalski)

„Der Ausbau hier im Handorfer Gebiet ist noch nicht planfestgestellt“, erklärte Achim Specht, Sprecher der BI, gleich zu Beginn der Kundgebung am ehemaligen Handorfer Bahnhof: „Also können wir noch etwas tun!“ Die Chance den Ausbau der B 51 noch zu stoppen, hält Specht für nicht unwahrscheinlich. Einerseits hätten die Gemeinderäte in Münster, Telgte, Ostbevern, Warendorf und Beelen sich gegen den Ausbau ausgesprochen und andererseits ging dem Bund das Geld für die im milliardenschweren Bundesverkehrswegplan veranschlagten Projekte aus. Seine Hoffnung sei, dass der Widerstand an der B 51 Wirkung zeige, so dass die Bundesregierung und das Verkehrsministerium das Projekt nach hinten schieben. Möglichst bis es aus dem Verkehrswegeplan rausfällt.

Straßen NRW legt Vorentwurf vor

Für den ersten Bauabschnitt zwischen Münster und Handorf gibt es bereits von Straßen NRW, die im Auftrag des Bundes planen, einen Vorentwurf. Dieser läge für die Strecke auf dem Stadtgebiet Münster derzeit zur technischen Überprüfung bei den Fachministerien vom Bund und Land. In diesem Entwurf seien neben den technischen Details der Straßenplanungen auch die wichtigen Untersuchungen zum Lärmschutz, der Wassertechnik und der Auswirkungen auf die Ökologie enthalten, heißt es auf der Webseite von Straßen NRW. Gleichzeitig liefen die Vorarbeiten für den nächsten Schritt, das Planfeststellungsverfahren, welches eine wichtige Etappe zur Baugenehmigung oder auch Verhinderung des Vorhabens darstellt.

Zur Vorbereitung dieses nächsten Verfahrensschrittes, so Starßen NRW, werden seit Anfang 2022 die faunistischen Kartierungen aktualisiert. Biologen schauten sich über das gesamte Jahr den Untersuchungsraum an. Ebenfalls in diesem Jahr ist die Baugrunduntersuchung geplant. Für den zweiten Abschnitt ab Handorf in Richtung Telgte würden derzeit keine Planungsaktivitäten erfolgten, so die Straßenplaner im Netz.

Die Bürgerinitiative B 51 Handorf-Mauritz wehrt sich gegen den autobahnähnlichen Ausbau der Straßenverbindung zwischen Münster und Telgte.

Landwirt Jörg Schulze Buschhoff, er besitzt die Flächen an der Kreuzung in Handorf, die dem Straßenausbau weichen sollen, rechnet damit, dass der Bund seine Agrarflächen sogar enteignen würde. Seine Frau Victoria Schulze Buschoff erklärte am Sonntag gegenüber den Westfälischen Nachrichten: „Es ist ein Projekt, dass sich an veralteten Verkehrszahlen orientiert und so nicht mit der geplanten Mobilitätswende vereinbar ist“, sagt Schulze Buschoff. „Und natürlich ist es auch ein Wirtschaftsprojekt, was sich an den politischen Treibern dahinter erkennen lässt.“

„Wer will den überhaupt den Ausbau?“, fragte eine Teilnehmerin der Protestkundgebung. Diese Antwort fiel den Aktivist*innen vor Ort nicht einfach zu beantworten: „Das Projekt wird nur selten begrüßt. Wenn dann von Nutzern der Straße wie Logistikunternehmen oder Firmen, die viel auf der Straße transportieren.“

Steile Rampe bremst Radfahrer*innen mit Handicap

Das farblich Gekennzeichnete wird nach Fertigstellung der Überführung der B 51 in Handorf vom Bahnhof aus nicht mehr zu sehen sein.

Sigrid van Dornick vom Vorstand der BI verdeutlichte die gewaltigen Ausmaße der geplanten Maßnahme in Handorf. So würde der Straßenraum um 21 Meter in der Breite zunehmen. Der Damm für die Überführung der B 51 beginne schon 110 Meter vor der Bundesstraße. Zudem werde am Ortsausgang von Handorf ein Kreisverkehr geplant, der weitere Flächen fressen würde. „Die Überführung muss sechs Meter hoch sein, damit die Bahntrasse, falls sie später im Rahmen des S-Bahn-Konzeptes für das Münsterland einmal elektrifiziert werden sollte, genügend Freiraum nach oben hat. Dadurch ergibt sich, dass die Rampe eine Steigung von sechs Prozent haben wird“, so Sigrid van Dornick. „Die neue Brücke hat die gleiche Steigung wie die an der zukünftigen B 481. Viele Radfahrer*innen schaffen ohne technische Unterstützung diese Steigung nicht“, so Achim Specht.

Der kommissarische BI-Vorsitzende Achim Specht, Ratsherr der Grünen in Münster, erläuterte vor den ausgehängten Bildern immer und immer wieder die gewaltigen Ausmaße des von straßen.nrw geplanten Straßenbauprojekts.

Die Bürgerinitiative hofft auf breite Unterstützung und viele Anregungen mit dem Ziel der Verhinderung des Baus, wenn die Pläne öffentlich ausgelegt werden. Vom VCD Münsterland wird diese kommen, wie deren Vorsitzender Thomas Lins aus Warendorf bei der Protestkundgebung erklärte.