Schon wieder ein Verkehrsversuch

Warendorfer Straße bekommt gemeinsame Bus- und Radspur auf der Fahrbahn

Vor dem Garbo kommt es immer wieder zu kritischen Situationen. Der Gehweg ist bei Außenbestuhlung vor der nicht nur im Erphoviertel beliebten gastronomischen Einrichtung des Programmkinos Cinema in Münster immer sehr eng. Meistens geht es gut, aber staut es sich einmal vor dem Kinoeingang, sind schnell auch die Radfahrer*innen in Richtung Freiherr-vom-Stein-Platz unzufrieden, da sie gestoppt werden. Nun soll ab Ende April ein Verkehrsversuch den stark frequentierten Abschnitt der Warendorfer Straße zwischen Dodostraße und Gereonstraße sicherer und übersichtlicher machen. Die Stadt Münster plant stadteinwärts eine 3,5 Meter breite und rot markierte Umweltspur auf der Fahrbahn.

Durch die von der Stadt Umweltspur genannte Maßnahme sollen die Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr an dieser Engstelle entschärft werden. Zudem entstehe mehr Platz für die dort ansässige Außengastronomie und Gäste des Kinos, verdeutlicht die Stadt. Die Spur soll auch für Linienbusse freigegeben werden, die so auf dem Weg in die Innenstadt am Autostau vorbeifahren können.

Verkehrsanteile im Abschnitt der Warendorfer Straße, die einseitig eine Umweltspur für Rad- und Busverkehr bekommen soll. (Grafik: Werner Szybalski)

Auf dem etwa 200 Meter langen Abschnitt der Warendorfer Straße seien, so die Stadt Münster, täglich etwa 9.000 Radfahrerinnen und Radfahrer und ungefähr ebenso viele Menschen in Autos unterwegs, erklärte die Stadt Münster in der Pressemitteilung. Außerdem führen dort über 4.000 Fahrgäste pro Tag mit den Stadt- und Regionalbussen. Dazu kämmen zahlreiche Fußgängerinnen und Fußgänger.

Warendorfer Straße: In stadteinwärtiger Fahrtrichtung werden Radfahrerinnen und Radfahrer im Zuge des Verkehrsversuchs auf die neue Umweltspur geleitet. (Grafik: Stadt Münster)

Sicherer und komfortabler?

„Die geplante Umweltspur soll die Durchfahrt für den Radverkehr sicherer und komfortabler machen, Linienbusse sollen pünktlicher werden. Außerdem will die Stadt Lieferbereiche einrichten“, schreibt die Stadt. Doch kann dies wirklich funktionieren?

Die Länge und Anzahl der Busspuren in Münster nimmt – aus Sicht der Öffi-Nutzer*innen erfreulicherweise – immer mehr zu. Allerdings werden auch immer mehr Busspuren als Umweltspuren für den Radverkehr freigegeben. Da nicht alle Menschen schnell Rad fahren, ärgern sich immer mehr Fahrgäste, dass ihr Bus nun statt von Autos auch noch von langsamen Zweirädern gebremst wird.

Eigener Radweg mit baulicher Abgrenzung zum ÖPNV und Autoverkehr in London.

Zudem sehnen sich zunehmend Radfahrende nach sicheren eigenen Spuren in ausreichender Breite, um mit dem Lastenfahrrad auch mal das Fahrrad mit den Kindern im Anhänger überholen zu können. Aber auch eilige Pedaleur*innen schätzen breite, eigene Spuren für den Fahrradverkehr.

Dies geht natürlich nur bei einer Neuverteilung der Verkehrsfläche. Bislang wird auch in Münster dem Autoverkehr grundsätzlich der meiste Platz gewährt. Es ist eher die Ausnahme, dass wie bei diesem Verkehrsversuch, der bis zum Frühjahr 2026 laufen soll, auch stehende Autos mal Platz machen müssen. Denn die Stadt teilte mit: Die „aktuell noch geduldete Möglichkeit, auf beiden Straßenseiten am Fahrbahnrand zu parken,“ entfällt.

Wird die Umweltspur akzeptiert?

Der Verkehrsversuch läuft demnächst erst einmal. Das Amt für Mobilität und Tiefbau will dabei auch Erkenntnisse gewinnen, ob sich die gemeinsame Nutzung der Umweltspur von Rad- und Linienbusverkehr verträgt. Seine Erwartungen hat das Amt schon auf einer extra eingerichteten Webseite verdeutlicht. Die Hoffnung der städtischen Verkehrsplaner*innen: „Klar ist: Bewährt sich der Versuch, gewinnen alle.“

Auch, wie die neu eingerichteten Lieferbereiche akzeptiert werden, will die Stadt erforschen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen dann die Grundlage für die endgültige Gestaltung liefern.

KOMMENTAR
Einzelne Spuren für alle?
Die Öffi-Nutzer*innen wollen sie, die Radfahrenden vielfach auch, die Autofahrenden haben sie – allerdings meistens nur außerhalb der Innenstädte und auf wenigen innerstädtischen Rennstrecken wie dem Ring zwischen Warendorfer Straße und Torminbrücke oder Ausfallstraßen wie Weseler, Steinfurter, Grevener oder – jenseits des Kanals – Warendorfer Straße: eigene Spuren für jeden Verkehrsträger. Dieses Ziel, zugegeben weniger von Autonutzer*innen als von mobilen Menschen im Umweltverbund gewünscht, strebt der städtische Versuch an der Warendorfer Straße nicht an. Dabei fühlen sich viele Zweiradfahrer*innen auf einer Fahrbahn mit motorisiertem Öffentlichem Verkehr und / oder MiV nicht wirklich wohl.
Es wird Zeit, dass Münster seinem noch immer vorhandenen Ruf als Fahrradstadt endlich mit Einrichtung von eigenen, baulich weitgehend vom anderen Verkehr getrennten Radwegen erneuert. Nicht unbedingt als Verkehrsversuch, sondern als echte Maßnahme. Werner Szybalski

„I feel good“ – Verkehr in Münster

Verkehrspolitik in Münster: Nach Jahrzehnten wird in Kürze die Umgehungsstraße, fast eine Stadtautobahn, vom Anschluss an die A 43 an der Weseler Straße fertig, denn der Anschluss an den Schifffahrter Damm wird bald fertig.

Klimagespräch mit Industrie, Wissenschaft und Umweltverband

Andrea Blome, hauptberufliche Moderatorin, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Kommunalwahl am 14. September diesen Jahres in Münster und aktuell Vorsitzende des Ratsausschusses für Verkehr und Mobilität in der Domstadt, moderierte am Donnerstagabend (27. März 2025) in den Räumen der Volkshochschule Münster am Aegidiimarkt das jüngste Klimagespräch in der Stadt.

Im Mittelpunkt der mit rund 50 Zuhörer*innen gut besuchten Veranstaltung stand die „ schwierige Beziehungskiste“ Verkehr und Klima. Die Chancen einer klimaschonenden Mobilität im Münsterland sollten die Podiumsgäste Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Regionalverbandes Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) beurteilen.

Moderatorin Andrea Blome (l.) hatte Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) – Regionalverband Münsterland zu Gast. (Fotos: Werner Szybalski)

Nach der Begrüßung durch Volker Rotthauwe vom Trägerkreis der Münsteraner Klimagespräche führte sein Kollege Michael Tillmann mit einem Kurzreferat ins Thema ein. Dabei ging er besonders auf die Problematik ein, dass die Bundesrepublik 2024 zwar ihr Klimaziel erreicht habe, aber der Sektor Verkehr bis 2030 insgesamt 180 Millionen Tonnen CO²-Emissionen zu viel produzieren werde. Damit verfehlt die Politik ihr selbst gesteckte Ziel deutlich. 71,7 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße erzeugt europaweit der Straßenverkehr, 14 Prozent die Schifffahrt, 13,4 Prozent die Zivilluftfahrt und 0,4 Prozent die Eisenbahn. Auch in Münster gehört der Verkehrssektor zu den größten Klimakillern, da er weiterhin konstant hohe Emissionen erzeug

Gute Stimmung, da das Klima ausgeblendet wurde

In seiner Einführung präsentierte Rums-Kolumnist Michael Tillmann, Initiator der „Münsteraner Klimagespräche“ erschreckend hohe klimaschädliche Ausstöße des Verkehrssektors – auch in Münster.

Andrea Blome ließ zunächst das Publikum zu einem Wort kommen. Jede und jeder im VHS-Saal durfte ein Schlaglicht auf die Verkehrssituation in Münster werfen, ehe die lokale grüne Spitzenpolitikerin von den drei Podiumsgästen hören wolle, was unter der von Blomes Partei geführten Ratsmehrheit in Münster im Verkehrssektor alles schon gut laufen würde. Mit dieser vorgegebenen „I feel good“-Stimmung war fortan von der von Tillmann kurz zuvor noch beschworenen „schwierigen Beziehungskiste Verkehr und Klima“ nichts mehr zu spüren. Vielen Teilnehmer*innen fiel es vermutlich erst auf, als gegen Ende der Veranstaltung Michel Wildt anmahnte, dass das Klima in der Diskussion viel zu kurz komme.

Burchard Sieht viel Positives*

Dr. Jana Burchard plädierte für Erreichbarkeit – insbesondere der Arbeitsstätten in Münster.

Tatsächlich konnte IHK-Vertreterin Dr. Jana Burchard gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion eine ganze Palette von positiven Verbesserungen in Münsters Verkehrssektor aufzählen: „Es gibt viele Konzepte in der Stadt, die Verbesserungen für einzelne Verkehrsarten, also zum Beispiel Fahrrad, Busverkehr, S-Bahn oder E-Ladesäulen, bringen oder bringen werden. Ich finde das gut.“

Allerdings führte Dr. Jana Burchard auch die hohe Quote der E-Mobilität bei den Stadtwerken Münster ins Feld. Tatsächlich gelingt dem städtischen Unternehmen in der eignen Busflotte die Antriebswende sehr gut. Im Fahrbetrieb in der Domstadt aber verkehren für die Stadtwerke nur weniger als 50 Prozent eigene Busse – die Mehrheit ist im Auftrag und klimaschädlich mit Verbrennermotoren unterwegs. Gleiches gilt übrigens zur Zeit auch für den Regionalbusverkehr in der Domstadt.

„Die Konzepte sind da“, betonte Jana Burchard, der besonders wichtig war, dass auch für die Menschen aus den Außenbereichen der Stadt und dem Umland die Erreichbarkeit in Münster gewährleistet wird. Dies gelte insbesondere für die Arbeitsstätten. Die Fahrten dorthin würden, so Burchard, aktuell zu 70 Prozent mit dem PKW erfolgen.

Das Münsteraner Klimagespräch zum Thema Verkehrswende war mit rund 50 Zuhörer*innen recht gut besucht.

Städte sollen zusammenarbeiten

Die Politik- und Umweltwissenschaftlerin Professorin Dr. Antonia Graf sah viele positive Ansätze bei der Europäischen Union, dem Städtetag und auch im jüngst beschlossenen Infrastrukturfond der Bundesregierung. „Die Möglichkeiten wurden erweitert“, forderte die Mitarbeiterin der Universität Münster, dass die Städte in Deutschland zusammenarbeiten sollten, um zum Beispiel eigene Parkraumkonzepte oder mehr Tempo-30-Zonen in den Städten durchsetzen zu können. Die Kommunen seine dabei, so die Einschätzung der Professorin, auf sich selbst gestellt, da „vom Bund wenige Beiträge zur Verkehrswende zu erwarten seien.“

Insgesamt forderte Graf mehr Bürger*innenbeteiligung in der Verkehrspolitik und erhofft eine inklusive und auch gendergerechte Organisation der Mobilität. Da war sie mit Thomas Lins vom VCD auf einer Linie. Wobei der VCDler forderte, dass komplexe Handlungen erfolgen müssten: „Nur Förderung nützt allein nichts.“ Um zu einer Verkehrswende zu kommen, müsse es nicht eine Antriebswende erfolgen, sondern der MIV (motorisierte Individualverkehr) tatsächlich verteuert und auch eingeschränkt werden. „Auf die höheren Benzinpreise in einigen Jahren wegen der CO²-Abgabe zu hoffen, reicht definitiv nicht!“

Unstimmigkeit fast lediglich bei der Auto-Politik

Dem widersprach Dr. Jana Burchard, die befürchtete, dass Münster als einkaufs- und Touristikstadt leiden würde, wenn der Autoverkehr erschwert würde. Dies würde sich auch wirtschaftlich widerspiegeln. Der Arzt, der Anwalt und die Arbeit müsse auch mit dem Auto erreichbar bleiben, erklärte Jana Burchard. Kontrovers wurde die Diskussion zum Komplex „Verkehre vermeiden“ und individuelle Möglichkeiten zur Umsetzung der Verkehrswende.

Straßenbauwahnsinn in Handorf

Protestversammlung am ehemaligen Bahnhof

Die Bürgerinitiative B 51 Handorf-Mauritz hat sich viel Arbeit gemacht. Am vergangenen Sonntag (19. Juni 2022) demonstrierte die BI mit Flatterbändern und aufsteigenden Luftballons, welche unglaublichen Ausmaße der Ausbau der Bundesstraße von Münster nach Telgte am Handorfer Bahnhof einnehmen soll. Die Aktion fand vernetzt im Rahmen der bundesweiten dezentralen Aktionstage des Bündnisses Verkehrsinitiativen mit dem Thema „Mobilitätswende jetzt!“ statt.

Die großen roten Luftballons zeigen die zukünftige Höhe der Verbindung von Handorf zum möglicherweise später reaktivierten DB-Haltepunkt an der B 51 an. (Fotos: Werner Szybalski)

„Der Ausbau hier im Handorfer Gebiet ist noch nicht planfestgestellt“, erklärte Achim Specht, Sprecher der BI, gleich zu Beginn der Kundgebung am ehemaligen Handorfer Bahnhof: „Also können wir noch etwas tun!“ Die Chance den Ausbau der B 51 noch zu stoppen, hält Specht für nicht unwahrscheinlich. Einerseits hätten die Gemeinderäte in Münster, Telgte, Ostbevern, Warendorf und Beelen sich gegen den Ausbau ausgesprochen und andererseits ging dem Bund das Geld für die im milliardenschweren Bundesverkehrswegplan veranschlagten Projekte aus. Seine Hoffnung sei, dass der Widerstand an der B 51 Wirkung zeige, so dass die Bundesregierung und das Verkehrsministerium das Projekt nach hinten schieben. Möglichst bis es aus dem Verkehrswegeplan rausfällt.

Straßen NRW legt Vorentwurf vor

Für den ersten Bauabschnitt zwischen Münster und Handorf gibt es bereits von Straßen NRW, die im Auftrag des Bundes planen, einen Vorentwurf. Dieser läge für die Strecke auf dem Stadtgebiet Münster derzeit zur technischen Überprüfung bei den Fachministerien vom Bund und Land. In diesem Entwurf seien neben den technischen Details der Straßenplanungen auch die wichtigen Untersuchungen zum Lärmschutz, der Wassertechnik und der Auswirkungen auf die Ökologie enthalten, heißt es auf der Webseite von Straßen NRW. Gleichzeitig liefen die Vorarbeiten für den nächsten Schritt, das Planfeststellungsverfahren, welches eine wichtige Etappe zur Baugenehmigung oder auch Verhinderung des Vorhabens darstellt.

Zur Vorbereitung dieses nächsten Verfahrensschrittes, so Starßen NRW, werden seit Anfang 2022 die faunistischen Kartierungen aktualisiert. Biologen schauten sich über das gesamte Jahr den Untersuchungsraum an. Ebenfalls in diesem Jahr ist die Baugrunduntersuchung geplant. Für den zweiten Abschnitt ab Handorf in Richtung Telgte würden derzeit keine Planungsaktivitäten erfolgten, so die Straßenplaner im Netz.

Die Bürgerinitiative B 51 Handorf-Mauritz wehrt sich gegen den autobahnähnlichen Ausbau der Straßenverbindung zwischen Münster und Telgte.

Landwirt Jörg Schulze Buschhoff, er besitzt die Flächen an der Kreuzung in Handorf, die dem Straßenausbau weichen sollen, rechnet damit, dass der Bund seine Agrarflächen sogar enteignen würde. Seine Frau Victoria Schulze Buschoff erklärte am Sonntag gegenüber den Westfälischen Nachrichten: „Es ist ein Projekt, dass sich an veralteten Verkehrszahlen orientiert und so nicht mit der geplanten Mobilitätswende vereinbar ist“, sagt Schulze Buschoff. „Und natürlich ist es auch ein Wirtschaftsprojekt, was sich an den politischen Treibern dahinter erkennen lässt.“

„Wer will den überhaupt den Ausbau?“, fragte eine Teilnehmerin der Protestkundgebung. Diese Antwort fiel den Aktivist*innen vor Ort nicht einfach zu beantworten: „Das Projekt wird nur selten begrüßt. Wenn dann von Nutzern der Straße wie Logistikunternehmen oder Firmen, die viel auf der Straße transportieren.“

Steile Rampe bremst Radfahrer*innen mit Handicap

Das farblich Gekennzeichnete wird nach Fertigstellung der Überführung der B 51 in Handorf vom Bahnhof aus nicht mehr zu sehen sein.

Sigrid van Dornick vom Vorstand der BI verdeutlichte die gewaltigen Ausmaße der geplanten Maßnahme in Handorf. So würde der Straßenraum um 21 Meter in der Breite zunehmen. Der Damm für die Überführung der B 51 beginne schon 110 Meter vor der Bundesstraße. Zudem werde am Ortsausgang von Handorf ein Kreisverkehr geplant, der weitere Flächen fressen würde. „Die Überführung muss sechs Meter hoch sein, damit die Bahntrasse, falls sie später im Rahmen des S-Bahn-Konzeptes für das Münsterland einmal elektrifiziert werden sollte, genügend Freiraum nach oben hat. Dadurch ergibt sich, dass die Rampe eine Steigung von sechs Prozent haben wird“, so Sigrid van Dornick. „Die neue Brücke hat die gleiche Steigung wie die an der zukünftigen B 481. Viele Radfahrer*innen schaffen ohne technische Unterstützung diese Steigung nicht“, so Achim Specht.

Der kommissarische BI-Vorsitzende Achim Specht, Ratsherr der Grünen in Münster, erläuterte vor den ausgehängten Bildern immer und immer wieder die gewaltigen Ausmaße des von straßen.nrw geplanten Straßenbauprojekts.

Die Bürgerinitiative hofft auf breite Unterstützung und viele Anregungen mit dem Ziel der Verhinderung des Baus, wenn die Pläne öffentlich ausgelegt werden. Vom VCD Münsterland wird diese kommen, wie deren Vorsitzender Thomas Lins aus Warendorf bei der Protestkundgebung erklärte.

Kidical Mass rollt wieder

Familienradtour demonstriert für bessere Radinfrastruktur – besonders für Kinder

Mit über Hundert Leezen war am Sonntagnachmittag (20. Juni) der erste Kidical Mass nach den Pandemiewellen überraschend gut besucht. Mitorganisator Stefan Blume war deshalb sehr zufrieden: „Schön, dass wir wieder radeln können. Ich freue mich, dass auch heute so viele mit ihren Kindern gekommen sind.“ Die rund neun Kilometer-Tour führte vom Startort Stubengasse, über den Ludgeriplatz, am Hauptbahnhof vorbei, die Wolbecker Straße hinaus, am Franziskus-Hospital vorbei, die Warendorfer Straße runter bis zum Zwischenstopp am Stadttheater. Von dort ging es durch das Martiniviertel ins Kreuzviertel und über die Grevener und Steinfurter Straße zum Neutor. Am Kalkmarkt vorbei radelten die Teilnahmer*innen über die Münzstraße und Schlaunstraße zum Zielpunkt Überwasserkirche.

Mehr Sicherheit für Kinder auf Fahrrädern

Ziel des Kidical Mass, eine Aktionsform für die 2008 im amerikanischen Oregon ins Leben gerufen wurde, sind kindersichere Radwege. Die ersten deutschen Kidical Mass-Demos organisierten Familien 2017 und 2018 in Berlin, Darmstadt, Stuttgart und Köln. 2019 gab es bereits 30 Kidical Mass-Veranstaltungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit bis zu 1100 Teilnehmenden. Seit Juni 2019 – initiiert von Stefan Blume und Daniel Hügel findet – findet auch in Münster die Kidical Mass statt. Der Begriff „Kidical Mass“ lehnt sich an die ebenfalls aus den USA stammende Aktionsform „Critical Mass“ an – im Unterschied zu ihr sind die Kidical Mass-Demos aber angemeldete Veranstaltungen mit politischen Forderungen.

Tempo 30 innerorts, die Beendigung des illegalen Gehwegparkens und die konsequente Ausrichtung hin zu einer umweltbewussten Fahrradstadt, das sind die zentralen Anliegen der Kidical Mass Münster.

Daniel Hügel
Beim Zwischenstopp vor dem Stadttheater interviewte Stefan Blume, Mitgorganisator der Kidical Mass in Münster, den Jugendlichen Jannis zu den aktuelle Bedingungen des Fahrradverkehrs in der Stadt. (Fotos: Werneer Szybalski)

„Viele Autos parken auf Rad- und Fußgängerwegen. Das muss sich ändern“, wünscht sich die zwölfjährige Kirsi, im Gespräch mit dem Reporter der Münsterschen Zeitung. Diese und vergleichbare Forderungen stellten Jugendliche und Kinder auch beim Zwischenstopp auf der Vossgasse auf, als Stefan Blume jungen Menschen aufforderte ihre Forderungen an die Münsteraner Politik und Verwaltung zu formulieren. Er selbst unterstrich, dass die Kidical Mass dazu diene, „die Stadt durch unsere Kinder und uns zurückzuerobern.“

„Leuchttürme gehören an die Küste“ (aktualisiert)

IG Fahrradstadt demonstriert mit rund 150 Menschen gegen Flyover

Am Mittwoch (19. Mai) berät der Hauptausschuss für den Rat der Stadt Münster über die Vorlage V/0156/2020 (Flyover Aegidiitor: Radverkehrsbrücke zwischen Promenade und Bismarckallee – Förderantragsverfahren für das Programm „Förderung innovativer Projekte zur Verbesserung des Radverkehrs in Deutschland“). Heute (18. Mai) um 17 Uhr zeigten rund 100 Demonstrant*innen auf der Kreuzung Weseler Straße / Aegidiistraße / Adenauerallee wie lebenswert Münsters Innenstadt wäre, wenn es keinen Autoverkehr gäbe. Für 32 Minuten blockierten die Demonstrant*innen die Kreuzung. Sie positionierten sich damit gegen die Verwirklichung der Fahrradbrücke zwischen Promenade und Bismarckallee.

Der angedachte Flyover zwischen Promenade und Bismarckallee soll rund zehn Millionen Euro kosten. (Foto: Stadt Münster)

Stadt ist mit 600.000 Euro dabei

Das Projekt mit den enormen Fördermitteln vom Bund (acht Millionen) und Land NRW (1,4 Millionen) müsste mit 600.000 Euro von der Stadt Münster mitfinanziert werden. Dieses Geld könnte auch für andere freiwillige Aufgaben der Stadt ausgegeben werden, wenn der Hauptausschuss sich morgen gegen die vom Stadtbaurat Robin Denstorff eingebrachte Vorlage ausspricht.

Auf der Kundgebung sprachen sich die Redner aber nicht nur wegen der hohen Finanzausgaben gegen das geplante Bauprojekt aus. Steffen Lambrecht von Fridays for Future Münster: „Münsters Verwaltungsspitze verfolgt das Ziel, Platz auf den Fahrbahnen für Einpendler*innen mit dem Auto zu machen.“ Er forderte, dass in Münster Rad- und Fußverkehr auch und gerade dann zu fördern sei, wenn dabei der Autoverkehr zurückgedrängt wird. Die Verkehrsemissionen in der Stadt würden auf hohem Niveau stagnieren: „Autoanzahl pro Kopf und gefahrene Auto-Kilometer in der regionalen Betrachtung steigen. Wir sind leider noch immer eine Autostadt!“

Auch Anwohner*innen sind gegen den Flyover. (Foto: Werner Szybalski)

Klimagerechtigkeit und eine ökologische Verkehrswende

Lambrecht erklärte für Fridays for Future Münster: „Nein zum Flyover, nein zu Leuchturmprojekten, nein zu einer autogerechten Radverkehrsförderung. Wir fordern Klimagerechtigkeit und eine ökologische Verkehrswende!“

Rüdiger Sagel

Auch der ehemalige Ratsherr Rüdiger Sagel sprach sich klar gegen die Brücke aus: „Dieses Prestigeprojekt Flyover ist kontraproduktiv. Der vierspurige Autoverkehr durch Münsters Innenstadt wird sogar beschleunigt! Es nutzt nur dem Autoverkehr. Damit Autos hier mit oftmals sogar mehr als 50 km/h am Aasee entlang düsen können.“ Er verwies auf die Berichterstattung in den Westfälischen Nachrichten (€) und erklärte: „Man geht sogar soweit, durch Verfälschung des ursprünglichen Gutachtens ins Gegenteil, den gesamten Stadtrat täuschen zu wollen. Dieses Projekt ist verkehrstechnisch unbegründet und daher unsinnig. Ökologisch ist es sowieso nicht, denn Bäume in der unter Denkmalschutz stehenden Promenade sollen abgeholzt werden.“

Er forderte Grüne und SPD auf, morgen die Vorlage im Hauptausschuss abzulehnen und schlug vor: „Beschließt eine grüne, ökologische Verbindung zwischen Altstadt, Promenade und Aasee. Schafft eine Stadt, die für Menschen und nicht für Autos gemacht ist.“

Auf dem Boden bleiben

Konstantin Kubina, von den Kundgebungsorganisatoren IG Fahrradstadt Münster, erklärte: „Durch die Brücke wird die Bevorrechtigung des Kfz.-Verkehrs manifestiert.“ Er verdeutliche, dass die Sperraktion 32 Minuten dauere, weil die Fahrradpendler an dieser Kreuzung monatlich genau so lange auf grünes Licht warten müssten. Der Overfly würde nur von rund 2600 Radfahrer*innen genutzt werden, was weniger als zehn Prozent der Fahrradverkehrs in diesem Bereich ausmachen würde.

Konstantin Kubina von der IG Fahrradstadt Münster bezeichnete den Overfly als überteuertes Leuchtturmprojekt. (Foto: Werner Szybalski)

Die IG Fahrradstadt Münster forderte:

  • Der gesamte Abschnitt ab der Scharnhorststraße bis hin zur Promenaden-Querung muss für den MIV (motorisierter Individualverkehr) gesperrt werden. Die Durchfahrt für Busse muss ermöglicht werden und die Ampeln sollen entfernt werden.
  • Die Aegidiistraße, die Straße Am Kanonengraben und die Adenauerallee sowie dieses Teilstück der Weseler Straße soll als Fahrradstraße deklariert werden. Damit entsteht mit den bestehenden Fahrradstraßen Annette-Allee und Bismarckallee ein komfortables Netz von Fahrradstraßen im Herzen der Stadt.
  • Der Durchgangsverkehr in Pluggendorf kann mit intelligenten Einbahnstraßenlösungen rausgehalten werden.

„Leuchttürme gehören an die Küste. Für eine Stadt, die sich dreht, müssen sich alle trauen, dem Kfz.-Raum wegzunehmen – und ansonsten auf dem Boden bleiben“, so Konstantin Kubina, der betonte: „Das Problem ist nicht, dass die Stadt die Situation für ein paar tausend Radfahrende mit fragwürdigen Mitteln verbessern will. Das Problem ist, dass sie nichts gegen die alltägliche Blechlawine tut.“

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Nachtrag vom 19. Mai (21:57 Uhr)

In einer Pressemitteilung der Stadt Münster wird kund getan, dass die Entscheidung über den „Flyover“ verschoben wurde, Die Mitteilung im Wortlaut:

Politik verschiebt „Flyover“-Entscheidung

Münster (SMS). In Vertretung für den Rat der Stadt Münster hat der Hauptausschuss heute (Mittwoch, 19. mai 2021) Beschlüsse zum Fahrradbrücken-Projekt „Flyover“ getroffen. Der Flyover soll nach früheren Vorschlägen der Verwaltung die Verbindung Promenade – Bismarckallee mit einer Fahrradbrücke über die Weseler Straße stärken.

Im Frühjahr 2020 hatte der Haupt- und Finanzausschuss das Projekt bereits grundsätzlich begrüßt und die Verwaltung beauftragt, auch alternative Linienführungen zu prüfen. Die entsprechend parallel geprüfte Y-Variante mit einer Verzweigung auf der Brücke in Richtung Adenauerallee / Promenade soll, so der aktuelle politische Beschluss, nicht weiter verfolgt werden.

Der Rat folgte einem Antrag der Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD, Volt und der FDP und beschloss, dass zunächst ein Gesamtkonzept für den Knotenpunkt Aegidiitor erarbeitet werden soll, welches eine wesentliche Verbessserung aller Wegebeziehungen der ebenerdigen Rad-, Fuß- und ÖPNv-Verkehrsführung vorsieht. Zudem soll dieses Gesamtkonzept auch den motorisierten Individualverkehr berücksichtigen und Varianten sowohl mit wie auch ohne Flyover ausloten. Planungen, die den Flyover isoliert betrachten, sollen bis dahin pausieren. Ergänzend setzten Bündnis90/Die Grünen, SPD, Volt, Die Linke und Die Partei/ÖDP sich mit einem Änderungsantrag durch, der die Umwandlung der Aegidiistraße zu einer Fahrradstraße mit hoher Fußverkehrsqualität in das Plankonzept integriert wissen will.

Aufgrund der vom Landtag festgestellten Pandemielage ersetzte die Hauptausschussitzung am Mittwoch die Sitzung des Rates. Dieses Vorgehen fand die gesetzlich vorgesehene Zustimmung von mehr als zwei Dritteln der Ratsmitglieder und folgte einer entsprechenden Empfehlung des Ältestenrates. Die Sitzung fand im Congress-Saal der Halle Münsterland statt.

Busse werden ausgesperrt

Busnutzer*innen haben bei der innerstädtischen Mobilität in Münster die geringste Wahlmöglichkeit. Manchmal erweckt das ÖPNV-Angebot in Münster den Eindruck, es sei für die Nutzer*innen nach dem Motto „friss oder stirb“ gebastelt.

Jüngstes Beispiel für die Nachrangigkeit des Busangebots in Münster sind die Planungen der Verwaltung im Martiniviertel (Verkehrsversuch Hörsterstraße – Bült / Ratsvorlage V/0247/2021). Für zwei Monate soll rund um die Hörsterstraße ein Verweilviertel mit geringem motorisierten Durchgangsverkehr entstehen: „Grundlegendes Ziel des Verkehrsversuches Hörsterstraße – Bült ist es, die räumliche Dominanz des motorisierten Verkehrs in der engen Altstadtstraße und auf dem Platz am Bült abzuschwächen und die Verkehrsbelastung durch versuchsweise Unterbindung von Durchgangs- und Parksuchverkehren mittels einer Durchfahrtsperre wirksam zu verringern.“

Busnutzer*innen werden hart getroffen

Der Radverkehr wird – anders als die Busse – natürlich nicht ausgesperrt, sondern erhält sogar ein erweitertes Nutzungsangebot: Die Hörsterstraße soll dann auch ab Bült / Voßstraße erlaubt beradelt werden. Die Autofahrer*innen müssen sich einschränken, denn auch sie können einen Teil der Hörsterstraße nicht mehr befahren und beparken. Wirklich hart getroffen werden nur die Busnutzer*innen.

Die städtischen Linien 6 und 8 sollen weder die Kanalstraße noch das Martiniviertel mit der Haltestelle Altstadt / Bült befahren. Den ÖPNV-Nutzer*innen aus Coerde und Kinderhaus wird zugemutet, ab der Haltestelle Bohlweg die 330 Meter zum Bült (und dann weiter in die Innenstadt) zu Fuß zu bewältigen. Zudem wird das grundlegende ÖPNV-Konzept Münsters, dass bis auf die Ringlinen (33 und 34) alle Busse die Innenstadt und den Hauptbahnhof anfahren, für zumindest zwei Sommermonate aufgegeben.

Geringe Umleitung würde Ziel auch erreichen

Dabei wäre es möglich, die Ziele des Vorschlages auch ohne gravierende Nachteile für Busnutzer*innen zu erreichen. Die Linien 6 und 8 könnten aus Wolbeck und Angelmodde weiterhin die heutige Linie nach Norden fahren. Es tangiert den Verwaltungsvorschlag überhaupt nicht. Aus Richtung Kanalstraße könnten die beiden Buslinien die Stiftsherrenstraße statt der Lotharinger Straße und Hörster Straße befahren. Nur auf 86,56 Meter in der Nähe des Bült wäre das Verkehrsversuchsgebiet tangiert. Mit einem zusätzlichen Halt in der Stiftsherrenstraße gäbe es sogar nahezu null Einschänkungen für Busnutzer*innen.

VIELFALT! Das bunte Münster

Themen der aktuellen Ausgabe: Rumpelstübchen, E-Center, May Ayim, Schweinemastbetrieb, Paul Wulf

Das Blättchen für öffentliche Angelegenheiten „VIELFALT! Das bunte Münster“ 1 / 2021 ist erschienen. „Bleibt das Rumpelstübchen?“ wird auf Seite eins gefragt. Hintergrund ist ein Konflikt zwischen den im Verein „Rumphorst-Viertel i.Gr.“ und dem von der Diakonie getragenen und von der Stadt Münster finanzierten Quartiersmanagement in Rumphorst.

Prakash Chandra Lohani ist Mitglied in der AfD und im September 2020 zum zweiten Mal in den Intergrationsrat der Stadt Münster gewählt worden. Passt das zusammen?

Die Münsteraner Firma Stroetmann will am Hansaring ein 3000 m² großes Einkaufszentrum errichten. Viele Menschen im Viertel möchten dies nicht. Der Rat der Stadt Münster hat nun mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP einen zweiten Versuch gestartet, einen rechtsgültigen Bebauungsplan aufzustellen. Drei Vereine aus dem Hafen-Hansa-Quartier rufen aktuell auf, Einspruch gegen den Weiterbau der aktuellen Ruine auf dem ehemaligen Postgelände einzureichen. Sarah Geselbracht von der Münsterliste schlägt vor, die im Einzugbereich des Projektes wohneneden Menschen über die Zukunft der Baumaßnahme abstimmen zu lassen.

Der Antifaschist Paul Wulf, Opfer der Nazis, wäre am 2. Mai 100 Jahre alt geworden. Der Freundeskreis hat ein Buch zu diesem Ereignis ein umfangreiches, dokumentarisches Buch veröffentlicht. „Ich lehre euch Gedächtnis“ sollte gekauft und gelesen werden.

Der letzte deutsche Kaiser war nicht nur Antisemit sondern auch militaristisch, nationalistisch und antislawisch eingestellt. Zudem stand er an der Spitze der Kolonialmacht Deutschland, die besonders in Afrika unterdrückte und auch massenhaft tötete. Der Genozid an den Herero und Nama ist ein weithin unaufgearbeitetes Kapital deutscher Gewaltherrschaft. Die Lyrikerin und politische Vorkämpferin für Afro-Deutsche und Schwarze in Deutschland, May Ayim, wuchs in Münster auf. Verschiedene Gruppen aus Münster möchten den Kaiser-Wilhelm-Ring als Zeichen gegen Kolonialismus und Rassismus in May-Ayim-Ring umbenennen. Dies als Anerkennung der schriftstellerischen und politischen Arbeit vom May Ayim, die für ein gleichberechtigtes Leben aller Menschen – egal welcher Hautfarbe – eintrat.

Die aktuelle Ausgabe als pdf.