„I feel good“ – Verkehr in Münster

Verkehrspolitik in Münster: Nach Jahrzehnten wird in Kürze die Umgehungsstraße, fast eine Stadtautobahn, vom Anschluss an die A 43 an der Weseler Straße fertig, denn der Anschluss an den Schifffahrter Damm wird bald fertig.

Klimagespräch mit Industrie, Wissenschaft und Umweltverband

Andrea Blome, hauptberufliche Moderatorin, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Kommunalwahl am 14. September diesen Jahres in Münster und aktuell Vorsitzende des Ratsausschusses für Verkehr und Mobilität in der Domstadt, moderierte am Donnerstagabend (27. März 2025) in den Räumen der Volkshochschule Münster am Aegidiimarkt das jüngste Klimagespräch in der Stadt.

Im Mittelpunkt der mit rund 50 Zuhörer*innen gut besuchten Veranstaltung stand die „ schwierige Beziehungskiste“ Verkehr und Klima. Die Chancen einer klimaschonenden Mobilität im Münsterland sollten die Podiumsgäste Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Regionalverbandes Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) beurteilen.

Moderatorin Andrea Blome (l.) hatte Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) – Regionalverband Münsterland zu Gast. (Fotos: Werner Szybalski)

Nach der Begrüßung durch Volker Rotthauwe vom Trägerkreis der Münsteraner Klimagespräche führte sein Kollege Michael Tillmann mit einem Kurzreferat ins Thema ein. Dabei ging er besonders auf die Problematik ein, dass die Bundesrepublik 2024 zwar ihr Klimaziel erreicht habe, aber der Sektor Verkehr bis 2030 insgesamt 180 Millionen Tonnen CO²-Emissionen zu viel produzieren werde. Damit verfehlt die Politik ihr selbst gesteckte Ziel deutlich. 71,7 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße erzeugt europaweit der Straßenverkehr, 14 Prozent die Schifffahrt, 13,4 Prozent die Zivilluftfahrt und 0,4 Prozent die Eisenbahn. Auch in Münster gehört der Verkehrssektor zu den größten Klimakillern, da er weiterhin konstant hohe Emissionen erzeug

Gute Stimmung, da das Klima ausgeblendet wurde

In seiner Einführung präsentierte Rums-Kolumnist Michael Tillmann, Initiator der „Münsteraner Klimagespräche“ erschreckend hohe klimaschädliche Ausstöße des Verkehrssektors – auch in Münster.

Andrea Blome ließ zunächst das Publikum zu einem Wort kommen. Jede und jeder im VHS-Saal durfte ein Schlaglicht auf die Verkehrssituation in Münster werfen, ehe die lokale grüne Spitzenpolitikerin von den drei Podiumsgästen hören wolle, was unter der von Blomes Partei geführten Ratsmehrheit in Münster im Verkehrssektor alles schon gut laufen würde. Mit dieser vorgegebenen „I feel good“-Stimmung war fortan von der von Tillmann kurz zuvor noch beschworenen „schwierigen Beziehungskiste Verkehr und Klima“ nichts mehr zu spüren. Vielen Teilnehmer*innen fiel es vermutlich erst auf, als gegen Ende der Veranstaltung Michel Wildt anmahnte, dass das Klima in der Diskussion viel zu kurz komme.

Burchard Sieht viel Positives*

Dr. Jana Burchard plädierte für Erreichbarkeit – insbesondere der Arbeitsstätten in Münster.

Tatsächlich konnte IHK-Vertreterin Dr. Jana Burchard gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion eine ganze Palette von positiven Verbesserungen in Münsters Verkehrssektor aufzählen: „Es gibt viele Konzepte in der Stadt, die Verbesserungen für einzelne Verkehrsarten, also zum Beispiel Fahrrad, Busverkehr, S-Bahn oder E-Ladesäulen, bringen oder bringen werden. Ich finde das gut.“

Allerdings führte Dr. Jana Burchard auch die hohe Quote der E-Mobilität bei den Stadtwerken Münster ins Feld. Tatsächlich gelingt dem städtischen Unternehmen in der eignen Busflotte die Antriebswende sehr gut. Im Fahrbetrieb in der Domstadt aber verkehren für die Stadtwerke nur weniger als 50 Prozent eigene Busse – die Mehrheit ist im Auftrag und klimaschädlich mit Verbrennermotoren unterwegs. Gleiches gilt übrigens zur Zeit auch für den Regionalbusverkehr in der Domstadt.

„Die Konzepte sind da“, betonte Jana Burchard, der besonders wichtig war, dass auch für die Menschen aus den Außenbereichen der Stadt und dem Umland die Erreichbarkeit in Münster gewährleistet wird. Dies gelte insbesondere für die Arbeitsstätten. Die Fahrten dorthin würden, so Burchard, aktuell zu 70 Prozent mit dem PKW erfolgen.

Das Münsteraner Klimagespräch zum Thema Verkehrswende war mit rund 50 Zuhörer*innen recht gut besucht.

Städte sollen zusammenarbeiten

Die Politik- und Umweltwissenschaftlerin Professorin Dr. Antonia Graf sah viele positive Ansätze bei der Europäischen Union, dem Städtetag und auch im jüngst beschlossenen Infrastrukturfond der Bundesregierung. „Die Möglichkeiten wurden erweitert“, forderte die Mitarbeiterin der Universität Münster, dass die Städte in Deutschland zusammenarbeiten sollten, um zum Beispiel eigene Parkraumkonzepte oder mehr Tempo-30-Zonen in den Städten durchsetzen zu können. Die Kommunen seine dabei, so die Einschätzung der Professorin, auf sich selbst gestellt, da „vom Bund wenige Beiträge zur Verkehrswende zu erwarten seien.“

Insgesamt forderte Graf mehr Bürger*innenbeteiligung in der Verkehrspolitik und erhofft eine inklusive und auch gendergerechte Organisation der Mobilität. Da war sie mit Thomas Lins vom VCD auf einer Linie. Wobei der VCDler forderte, dass komplexe Handlungen erfolgen müssten: „Nur Förderung nützt allein nichts.“ Um zu einer Verkehrswende zu kommen, müsse es nicht eine Antriebswende erfolgen, sondern der MIV (motorisierte Individualverkehr) tatsächlich verteuert und auch eingeschränkt werden. „Auf die höheren Benzinpreise in einigen Jahren wegen der CO²-Abgabe zu hoffen, reicht definitiv nicht!“

Unstimmigkeit fast lediglich bei der Auto-Politik

Dem widersprach Dr. Jana Burchard, die befürchtete, dass Münster als einkaufs- und Touristikstadt leiden würde, wenn der Autoverkehr erschwert würde. Dies würde sich auch wirtschaftlich widerspiegeln. Der Arzt, der Anwalt und die Arbeit müsse auch mit dem Auto erreichbar bleiben, erklärte Jana Burchard. Kontrovers wurde die Diskussion zum Komplex „Verkehre vermeiden“ und individuelle Möglichkeiten zur Umsetzung der Verkehrswende.

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