Bürgerbusse kommen gut an

Über 50.000 Nutzer:innen jährlich in den Kreisen Steinfurt und Warendorf

Am 3. März 1985 wurde im Münsterland der erste Bürgerbusverein Deutschlands gegründet. In den folgenden vierzig Jahren hat sich die Idee des Bürgerbusses zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt, die im Münsterland weite Anwendung gefunden hat – und gerade hier im ländlichen Raum von großer Bedeutung ist. Nicht deutlich genug ist das ehrenamtliche Engagement der Fahrerinnen und Fahrer hervorzuheben. Im vergangenen Jahr haben mehr als eine Viertel Million Fahrgäste den Bürgerbus genutzt. Im März 2025 wurde das 40-jährige Jubiläum in Legden gefeiert. Selbst NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer gratulierte und betonte die Bedeutung der Bürgerbusse als unverzichtbare Säule des Verkehrsangebotes im Kreis Borken und im Münsterland. Dies tat der RVM in einer Pressemitteilung kund.

Münsterland ist Vorreiter seit 1985

Der erste Bürgerbusvereine wurden am 2. März 1985 in den Gemeinden Heek und Legden im Westmünsterland gegründet. Vorbild waren die seit 1977 in den Niederlanden verkehrenden „Buurtbuse“. Betreut wurde der erste Bürgerbusverein schon vor 40 Jahren von der Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM). Heute betreut der RVM 25 der über 30 Vereine im Münsterland. In Nordrhein-Westfalen existieren aktuell fast 120 Bürgerbusvereine. NRW ist damit Vorreiter in Sachen Bürgerbus.

Inzwischen ist in vielen ländlichen Kommunen des Münsterlandes der Bürgerbus aus dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht mehr wegzudenken. Die Kleinbusse mit Platz für acht Fahrgäste werden von ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern gesteuert und verkehren dort, wo sich der Einsatz eines Öffentlichen Busses nicht lohnt.

Die ersten Bürgerbusse in Deutschland fuhren Mitte der 80er Jahre im westlichen Münsterland. (Foto: Werner Szybalski)

Kreis Steinfurt: 51.000 Fahrgäste 2024 im Bürgerbus

Die fünf Bürgerbusvereine im Kreis Steinfurt beförderten in Emsdetten, in Lienen-Glandorf, in Mettingen, in Steinfurt und in Westerkappeln im Vorjahr zusammen über 51.000 Fahrgäste. Das war ein Rekord. Es entspreche, so die RVM in der Pressemitteilung, einer Steigerung von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als im Kreis Steinfurt exakt 43.567 Fahrgäste gezählt worden waren. Damit seinen auch die Fahrgastzahlen der Vor-Corona-Zeit, damals fuhren rund 34.000 Menschen im Bürgerbus deutlich übertroffen worden.

Der Bürgerbus Emsdetten mit seinen zwei Fahrzeugen ist mit 18.895 (2023 = 16.312) Fahrgästen der beliebteste im Kreis. Gefolgt wird er vom Steinfurter Verein mit 14.357 (2023 = 11.700) Fahrgästen. Beim Bürgerbusverein Lienen-Glandorf wurden 9.320 (2023 = 7.208) Mitfahrer gezählt. Der Verein aus Mettingen verzeichnete 5.909 (2023 = 5.560) Fahrgäste und das Angebot in Westerkappeln haben 2.787 (2023 = 2.762) Menschen genutzt.

Fahrgastzahlen auch im Kreis Warendorf auf Rekordniveau

Auch im Kreis Warendorf existieren fünf Bürgerbusvereine. Sie verkehren in Beelen, Hoetmar, Wadersloh und Warendorf, wobei es in der Kreisstadt gleich zwei Vereine gibt. Im Kreis Warendorf beförderten diese fünf Vereine im vergangenen Jahr insgesamt 56.228 Fahrgäste. Auch das ist ein Rekord und entspricht ebenfalls einer Steigerung von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 46.270 Fahrgästen.

Der Bürgerbus Warendorf-Nord ist mit 18.340 (2023 = 14.533) Fahrgästen der beliebteste im Kreis. Gefolgt wird er vom Wadersloher Verein mit 15.693 (2023 = 12.902) Fahrgästen. Beim Bürgerbus-Verein Warendorf-Süd wurden 11.791 (2023 = 8.658) Mitfahrer gezählt. Der Verein aus Hoetmar verzeichnete 8.076 (2023 = 8.062) Fahrgäste und das Angebot in Beelen haben 2.328 (2023 = 2.115) Menschen genutzt.

Um 17 Prozent stiegen die Bürgerbus-Fahrgastzahlen 2024 in Steinfurt und Warendorf gegenüber dem Vorjahr. (Foto: Werner Szybalski)

Im ganzen Münsterland beliebt

Auch in den anderen Landkreisen im Münsterland wurden in 2024 mehr Fahrgäste als 2023 befördert. Im Kreis Borken waren es 50.958 (2023 = 45.639) im Kreis Warendorf 56.228 (2023 = 46.270) und im Kreis Coesfeld 122.107 (2023 = 98.731). Insgesamt wurden 280.000 Personen mit den Bürgerbussen befördert. Das sind 80.000 Personen und 40 Prozent mehr als 2019 und 20 Prozent mehr als im Jahr 2023 davor.

„Die steigenden Fahrgastzahlen freuen uns und unterstreichen, dass die Zusammenarbeit zwischen uns als kommunalen Verkehrsunternehmen und Betriebsführer mit den Ehrenamtlern funktioniert ”, so Michael Klüppels, Leiter Verkehrsmanagement der RVM, der die Arbeit der örtlichen Vereine mit planerischem Know-how unterstützt und auch Verwaltungsaufgaben übernimmt.

Mobilitätspreis für Verein in Lüdinghausen

Neben Fahrgastzuwächsen freute sich im Dezember die Bürgerbus-Gemeinschaft des Münsterlandes auch über den NRW-Mobilitätspreis 2024. Der Bürgerbusverein Lüdinghausen wurde damit für seine Umsetzung des Konzepts „Bürgerbus On Demand“ ausgezeichnet. Dort gibt es keine Linienfahrten mehr, sondern die Fahrten werden nur nach Bedarf und Anforderung durchgeführt. Fahrgäste können sich den Bürgerbus zu einer gewünschten Zeit bestellen, um von einer Haltestelle zu einer anderen gefahren zu werden. In Olfen und Billerbeck fahren die Bürgerbusse schon länger On Demand. „In den beiden Kommunen werden sogar Fahrten zwischen Haustür und Haltestelle angeboten”, erklärte Michael Klüppels, der verkünden konnte: „In unsere große Bürgerbus-Familie der RVM wurde Anfang März der Bürgerbus Havixbeck aufgenommen.“ Gefahren wird auch am Nordostrand der Baumberge nicht nach Fahrplan sondern nach dem On-Demand-Konzept.

Deutschlandtarif wäre besser

Deutschlandticket ist gesichert, wird aber teurer

Inzwischen ist trotz des früheren Widerstandes in der zukünftigen Kanzlerpartei CDU klar, dass das Deutschlandticket bleibt. Der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz taxierte am Sonntagabend (13. April 2025) in der ARD-Sendung „Caren Miosga“ die „Vollkosten“ jedes einzelnen des Tickets auf „ungefähr 90 Euro“. Dieser hohe Subventionsbedarf, so Merz, für das bundesweit gültige und zur Zeit monatlich 58 Euro teurere Nah- und Regionalverkehrsticket „müsse auch bezahlt werden und deswegen steht es auf dem Prüfstand.“

Diese Problematik sieht grundsätzlich auch Klaus-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Im Gespräch mit unserer Redaktion fordert er: „Das Deutschlandticket muss erhalten bleiben! Es muss aber weiter entwickelt werden – und zwar in Richtung Deutschlandtarif. Heute sind Einzeltickets, Gruppentickets, Erste-Klasse-Regeln und regionale Pauschal- / Zeitkarten genauso kompliziert wie eh und je. Es gibt zwar an einigen Stellen (VRR, HVV) regionale Vereinfachungen, diese sind aber wieder unterschiedlich.“ Damit blieben die tariflichen Einstiegshürden für die Fahrgäste hoch. Naumann: „Hier muss als erstes angesetzt werden. Pro Bahn hat mit dem Einfach-Tarif ein Modell vorgestellt, wie man die Tarife unterhalb des D-Tickets gestalten kann.“

Klaus-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, schlägt die Weiterentwicklung des Deutschlandtickets hin zu einem Deutschlandtarif vor. (Foto: Pro Bahn)

Finanzierung durch weitere Quellen sichern

Eine weitere Frage, die KP Naumann beschäftigt, ist, wie das Ticket langfristig finanziert wird. „Die von Friedrich Merz ins Gespräch gebrachten 90 Euro sind sicherlich zu teuer. Ich denke, die Erhöhung wird auf 70 Euro, maximal 80 Euro steigen. Mehr wird von den Fahrgästen auch nicht akzeptiert werden. Viel besser wäre natürlich ein einheitlicher Deutschlandtarif mit vier – überall gleichen – Preisstufen.“

Nahverkehr müsse mit staatlichen Milliarden bundesweit subventioniert werden. Dazu müssten weitere Quellen geschaffen werden, fordert Naumann und verweist auf folgendes Beispiel: „In Frankreich gibt es Nahverkehrsabgaben für Unternehmen, wie zum Beispiel Einkaufszentren, die heute »nur« zum Parkplatzbau verpflichtet sind.“

Der dritte Bereich, der dem Pro Bahner Probleme bereitet, sei der Nutzen des D-Tickets in der Fläche: „Es nützt häufig nichts, weil das Angebot zu gering ist oder die letzte Meile fehlt. Das führt zu einer Ungerechtigkeit zwischen Stadt und Land. Modelle wie Smile 24 in Schleswig-Holsten zeigen, wie es gehen könnte. Aber auch diese Modelle benötigen Zuschüsse.“

Schnell sei man wieder bei der Finanzierung. Dabei wäre abzusehen, dass der Preis steigen wird. Es ist dann wichtig, dass es zukünftig bundeseinheitliche Angebote für diejenigen gäbe, die den Öffentliche Verkehr nur vor Ort nutzen würden, unterstrich Klaus-Peter Naumann: „Unser Vorschlag des Deutschlandtarifs erfüllt auch diese Forderung.“

Der Vorschlag des Fahrgastverbandes Pro bahn ist ein Deutschlandtarif.

Bundeszuschüsse für den Nahverkehr
Derzeit schießen Bund und Länder zum Deutschlandticket je 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zu, um Einnahmeausfälle bei Verkehrsbetrieben auszugleichen. Denn die meisten üblichen Pendler-Abos waren zuvor deutlich teurer. Die Bundesmittel sind aber bisher nur noch für dieses Jahr gesetzlich festgeschrieben.

Schon wieder ein Verkehrsversuch

Warendorfer Straße bekommt gemeinsame Bus- und Radspur auf der Fahrbahn

Vor dem Garbo kommt es immer wieder zu kritischen Situationen. Der Gehweg ist bei Außenbestuhlung vor der nicht nur im Erphoviertel beliebten gastronomischen Einrichtung des Programmkinos Cinema in Münster immer sehr eng. Meistens geht es gut, aber staut es sich einmal vor dem Kinoeingang, sind schnell auch die Radfahrer*innen in Richtung Freiherr-vom-Stein-Platz unzufrieden, da sie gestoppt werden. Nun soll ab Ende April ein Verkehrsversuch den stark frequentierten Abschnitt der Warendorfer Straße zwischen Dodostraße und Gereonstraße sicherer und übersichtlicher machen. Die Stadt Münster plant stadteinwärts eine 3,5 Meter breite und rot markierte Umweltspur auf der Fahrbahn.

Durch die von der Stadt Umweltspur genannte Maßnahme sollen die Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr an dieser Engstelle entschärft werden. Zudem entstehe mehr Platz für die dort ansässige Außengastronomie und Gäste des Kinos, verdeutlicht die Stadt. Die Spur soll auch für Linienbusse freigegeben werden, die so auf dem Weg in die Innenstadt am Autostau vorbeifahren können.

Verkehrsanteile im Abschnitt der Warendorfer Straße, die einseitig eine Umweltspur für Rad- und Busverkehr bekommen soll. (Grafik: Werner Szybalski)

Auf dem etwa 200 Meter langen Abschnitt der Warendorfer Straße seien, so die Stadt Münster, täglich etwa 9.000 Radfahrerinnen und Radfahrer und ungefähr ebenso viele Menschen in Autos unterwegs, erklärte die Stadt Münster in der Pressemitteilung. Außerdem führen dort über 4.000 Fahrgäste pro Tag mit den Stadt- und Regionalbussen. Dazu kämmen zahlreiche Fußgängerinnen und Fußgänger.

Warendorfer Straße: In stadteinwärtiger Fahrtrichtung werden Radfahrerinnen und Radfahrer im Zuge des Verkehrsversuchs auf die neue Umweltspur geleitet. (Grafik: Stadt Münster)

Sicherer und komfortabler?

„Die geplante Umweltspur soll die Durchfahrt für den Radverkehr sicherer und komfortabler machen, Linienbusse sollen pünktlicher werden. Außerdem will die Stadt Lieferbereiche einrichten“, schreibt die Stadt. Doch kann dies wirklich funktionieren?

Die Länge und Anzahl der Busspuren in Münster nimmt – aus Sicht der Öffi-Nutzer*innen erfreulicherweise – immer mehr zu. Allerdings werden auch immer mehr Busspuren als Umweltspuren für den Radverkehr freigegeben. Da nicht alle Menschen schnell Rad fahren, ärgern sich immer mehr Fahrgäste, dass ihr Bus nun statt von Autos auch noch von langsamen Zweirädern gebremst wird.

Eigener Radweg mit baulicher Abgrenzung zum ÖPNV und Autoverkehr in London.

Zudem sehnen sich zunehmend Radfahrende nach sicheren eigenen Spuren in ausreichender Breite, um mit dem Lastenfahrrad auch mal das Fahrrad mit den Kindern im Anhänger überholen zu können. Aber auch eilige Pedaleur*innen schätzen breite, eigene Spuren für den Fahrradverkehr.

Dies geht natürlich nur bei einer Neuverteilung der Verkehrsfläche. Bislang wird auch in Münster dem Autoverkehr grundsätzlich der meiste Platz gewährt. Es ist eher die Ausnahme, dass wie bei diesem Verkehrsversuch, der bis zum Frühjahr 2026 laufen soll, auch stehende Autos mal Platz machen müssen. Denn die Stadt teilte mit: Die „aktuell noch geduldete Möglichkeit, auf beiden Straßenseiten am Fahrbahnrand zu parken,“ entfällt.

Wird die Umweltspur akzeptiert?

Der Verkehrsversuch läuft demnächst erst einmal. Das Amt für Mobilität und Tiefbau will dabei auch Erkenntnisse gewinnen, ob sich die gemeinsame Nutzung der Umweltspur von Rad- und Linienbusverkehr verträgt. Seine Erwartungen hat das Amt schon auf einer extra eingerichteten Webseite verdeutlicht. Die Hoffnung der städtischen Verkehrsplaner*innen: „Klar ist: Bewährt sich der Versuch, gewinnen alle.“

Auch, wie die neu eingerichteten Lieferbereiche akzeptiert werden, will die Stadt erforschen. Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen dann die Grundlage für die endgültige Gestaltung liefern.

KOMMENTAR
Einzelne Spuren für alle?
Die Öffi-Nutzer*innen wollen sie, die Radfahrenden vielfach auch, die Autofahrenden haben sie – allerdings meistens nur außerhalb der Innenstädte und auf wenigen innerstädtischen Rennstrecken wie dem Ring zwischen Warendorfer Straße und Torminbrücke oder Ausfallstraßen wie Weseler, Steinfurter, Grevener oder – jenseits des Kanals – Warendorfer Straße: eigene Spuren für jeden Verkehrsträger. Dieses Ziel, zugegeben weniger von Autonutzer*innen als von mobilen Menschen im Umweltverbund gewünscht, strebt der städtische Versuch an der Warendorfer Straße nicht an. Dabei fühlen sich viele Zweiradfahrer*innen auf einer Fahrbahn mit motorisiertem Öffentlichem Verkehr und / oder MiV nicht wirklich wohl.
Es wird Zeit, dass Münster seinem noch immer vorhandenen Ruf als Fahrradstadt endlich mit Einrichtung von eigenen, baulich weitgehend vom anderen Verkehr getrennten Radwegen erneuert. Nicht unbedingt als Verkehrsversuch, sondern als echte Maßnahme. Werner Szybalski

Zehn Millionen Zuschuss für Elektrobusse in Westfalen

NWL schließt Förderlücke für 2025

Die Ampelregierung hatte im Sommer vergangenen Jahres die Förderung für Elektrobusse ausgesetzt. So entstand bei vielen Verkehrsunternehmen, insofern sie anders als die Stadtwerke Münster, noch keinen Förderungsantrag für 2025 gestellt hatten, ein finanzielles Problem, denn der Bund hatte je Bus die Elektrifizierung mit 300.000 Euro gefördert. Nun sprang der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) ein und unterstützt 2025 mit einem eigenen Förderprogramm Investitionen von Verkehrsunternehmen in Elektrobusse. Damit, so der NWL in einer Pressemitteilung, könne die Finanzierungslücke bei den Anbietern des Öffentlichen Verkehrs in Westfalen zumindest teilweise geschlossen werden.

Sicherung der Initiativen zur Mobilitätswende

Bisher wurden neue, klimafreundliche Busse zweigeteilt gefördert. Zum einen gab es die Förderung einer Grundausstattung über die ÖPNV-Aufgabenträger, zum anderen wurden die Mehrkosten für den Wasserstoff- oder Elektroantrieb durch den Bund oder das Land übernommen. Seit Ende 2024 ist diese zweite Fördermöglichkeit nicht mehr vorhanden. Eine Neuregelung ist erst ab 2026 vorgesehen. Viele Verkehrsunternehmen stünden daher, so der NWL, vor finanziellen Herausforderungen, wenn sie weiterhin auf lokal emissionsfreie Busse setzen möchten.

Ökologische Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs im Sinne der Mobilitätswende

„Wir wollen den Verkehrsunternehmen in Westfalen-Lippe Planungssicherheit geben und die Umstellung auf klimafreundliche Antriebe nicht ausbremsen. Mit unserer Initiative setzt sich der NWL auch 2025 gezielt für den Einsatz neuer Wasserstoff- und Elektrobusse ein und  stärkt damit die ökologische Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs im Sinne der Mobilitätswende“, so Christiane Auffermann, Stellvertretende Geschäftsführerin des NWL und designierte hauptamtliche Verbandsvorsteherin.

Deutschland hat in Sachen Elektro-Busse in Europa noch ordentlich Aufholbedarf. Besonders bei den Privatunternehmen dominieren noch immer die Verbrenner.

Fördermittel für bis zu 75 neue Elektrobusse

Der NWL stellt insgesamt zehn Millionen Euro bereit, um die Mehrkosten für Wasserstoff- und Elektrobusse mit bis zu 60 Prozent zu fördern. Damit können voraussichtlich rund 75 neue emissionsfreie Busse finanziert werden. Mit diesem Schritt unterstreiche der NWL, laut eigener Pressemitteilung, sein Engagement für nachhaltige Mobilität und den eigenen Anspruch, die Mobilitätswende aktiv und nachhaltig mitzugestalten.

Stadtwerke Münster benötigen 2025 keine Hilfe

Die Stadtwerke Münster schreiben erst für 2026 den Ankauf neuer Elekrtobusse aus. (Foto: Stadtwerke Münster)

Die Stadtwerke Münster fielen in diesem Jahr in keine Förderungslücke, da sie vorausschauend schon frühzeitig neue Busse für 2025 ausgeschrieben und dafür auch die Förderung beantragt hatten. Diese war genehmigt worden, so dass auf Anfrage der Redaktion der Stadtwerke-Pressesprecher Florian Adler antworten konnte: „Wir haben uns für 2025 bereits eine Bundesförderung für zwölf Gelenkbusse gesichert. Für 2026 haben wir noch keine Ausschreibung veröffentlicht. Sofern die Förderung also nur für 2025 gilt – so lese ich die Vorlage – werden wir sie aller Voraussicht nach nicht nutzen.“ Für das kommende Jahr kann es natürlich anders aussehen, so dass zukünftig auch die Stadtwerke Münster ihre Antriebswende über die Infrastrukturförderung gemäß §11 ÖPNVG NRW fördern lässt.

Dies alles ist derzeit noch in der Schwebe. Verhandlungen des oder der zukünftigen Verkehrsminister*in mit den Kolleg*innen aus den Bundesländern müssen dafür erst gesetzliche Grundlagen schaffen. Geschieht dies trotz riesiger zusätzlicher Investionsmittel des Bundes nicht, dann ist das Land NRW mit seinem Aufgabenträgern wie dem NWL erneut gefordert.

Steinfurt bietet NRW-weit das günstigste Sozialticket

Der Paritätische fordert bundesweites „Deutschlandticket sozial“ für 25 Euro im Monat

Die Diskussion um die Fahrpreise im Öffentlichen Nahverkehr hören seit dem 9-Euro-Ticket nicht mehr auf. Insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen spielt ein günstiges Ticket eine große Rolle. Sie gewinnen an Mobilität und damit Teilhabemöglichkeit, wenn der Preis für ein Öffi-Ticket noch Spielraum für andere Verkehrsteilnahmen wie zum Beispiel das Fahrrad lässt. Aktuell erhalten Bürgergeldempfänger*innen 50,50 Euro monatlich für ihren Verkehrsbedarf.

Das Land Nordrhein-Westfalen bietet deshalb grundsätzlich über die Städte und Kreise sowie die kommunalen Verkehrsunternehmen ein „Deutschland-Ticket sozial“ an. In den Städten und Kreisen in NRW, die es ihren finanziell nicht privilegierten Einwohner*innen anbieten – Münster gehört übrigens nicht dazu – kostet das D-Ticket sozial grundsätzlich 48 Euro im Monat. Nur im Kreis Steinfurt ist Dank eines gemeinsamen Antrages von Grünen, SPD und Linke günstiger zu haben. Sie hatten 2023 im Kreistag in Steinfurt durchgesetzt, dass das Deutschlandticket sozial, so der damalige Antrag, für „25 € Eigenanteil pro Monat an alle anderen Bezugsberechtigten ausgegeben“ wird. Da das Deutschlandticket inzwischen 58 Euro monatlich kostet, ist auch in Steinfurt der Eigenanteil gestiegen. Trotzdem ist es das kostengünstigste D-Ticket sozail im Land.

Anzahl der MobiTickets im Kreis Steinfurt. (Grafik: Kreis Steinfurt)
Ticketverteilung im Kreis Steinfurt vor Einführung des „Deutschlandticket Sozial“. (Grafik: Kreis Steinfurt)

„Deutschlandticket sozial“ gilt im Nahverkehr in ganz Deutschland

Das für die Münsterlandkreise zuständige kommunale Verkehrsunternehmen „Regionalverkehr Münsterland“ (RVM) teilt auf seiner Webseite mit: „Der Kreis Steinfurt hat entschieden das Deutschlandticket sozial günstiger als das Deutschlandticket anzubieten. Ab dem 1. Januar 2025 kostet es 34 Euro pro Monat für Personen über 21 Jahre und für Personen unter 21 Jahren 18 Euro pro Monat. Es gilt in allen Bussen, Straßenbahnen und Zügen des Nahverkehrs in ganz Deutschland.“

In der Erläuterungen heißt es, dass Bezieher*innen von Leistungen nach Sozialgesetzbuch II, nach Sozialgesetzbuch XII, nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Hilfen nach dem Bundesversorgungsgesetz oder Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz ein vergünstigtes Ticket im Kreis Steinfurt erwerben können.

Protest vor der Ratssitzung im Dezember 2024 am Stadtweinhaus. Münster bietet kein bundesweit gültiges vergünstiges Öffi-Ticket an.

Münster will „Münster-Abo“ verkaufen

In der Stadt Münster gibt es ebenfalls subventionierte Monatstickets für den oben genannten Personenkreis. Allerdings können Münsteraner*innen nur im Stadtgebiet damit die Öffis nutzen, was (siehe oben) auch schon zu Protesten geführt hat. Hintergrund ist das Wahlversprechen der SPD aus dem Jahr 2020. Sie wollten ein Monatticket für einen Euro pro Tag. Als dieses shcließlich vom Rat der Stadt beschlossen worden war und von den Stadtwerken als „Münster-Abo“ umgesetzt wurde, war aus Sicht der etablierten Lokalpolitik in der Domstadt kein Geld für das D-Ticket sozial mehr vorhanden. Da die vier Münsterlandkreise eine Beteiligung am „Münster-Abo“ ablehnten, sind die Inhaber*innen auf die Öffis im Stadtgebiet eingeschränkt.

Mobilität für Menschen mit geringem Einkommen

Für den Paritätischen Gesamtverband ist Mobilität für Menschen mit geringem Einkommen eine „Wohnort-Lotterie“. So überschreibt der Wohlfahrtsverband zumindest den diesen Donnerstag auf seiner Internetseite veröffentlichten „Sozialticket-Atlas“. Den Angaben zufolge handelt es sich um die erste bundesweite Analyse zur Verfügbarkeit sozial vergünstigter Nahverkehrstickets.

„I feel good“ – Verkehr in Münster

Verkehrspolitik in Münster: Nach Jahrzehnten wird in Kürze die Umgehungsstraße, fast eine Stadtautobahn, vom Anschluss an die A 43 an der Weseler Straße fertig, denn der Anschluss an den Schifffahrter Damm wird bald fertig.

Klimagespräch mit Industrie, Wissenschaft und Umweltverband

Andrea Blome, hauptberufliche Moderatorin, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Kommunalwahl am 14. September diesen Jahres in Münster und aktuell Vorsitzende des Ratsausschusses für Verkehr und Mobilität in der Domstadt, moderierte am Donnerstagabend (27. März 2025) in den Räumen der Volkshochschule Münster am Aegidiimarkt das jüngste Klimagespräch in der Stadt.

Im Mittelpunkt der mit rund 50 Zuhörer*innen gut besuchten Veranstaltung stand die „ schwierige Beziehungskiste“ Verkehr und Klima. Die Chancen einer klimaschonenden Mobilität im Münsterland sollten die Podiumsgäste Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Regionalverbandes Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) beurteilen.

Moderatorin Andrea Blome (l.) hatte Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) – Regionalverband Münsterland zu Gast. (Fotos: Werner Szybalski)

Nach der Begrüßung durch Volker Rotthauwe vom Trägerkreis der Münsteraner Klimagespräche führte sein Kollege Michael Tillmann mit einem Kurzreferat ins Thema ein. Dabei ging er besonders auf die Problematik ein, dass die Bundesrepublik 2024 zwar ihr Klimaziel erreicht habe, aber der Sektor Verkehr bis 2030 insgesamt 180 Millionen Tonnen CO²-Emissionen zu viel produzieren werde. Damit verfehlt die Politik ihr selbst gesteckte Ziel deutlich. 71,7 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße erzeugt europaweit der Straßenverkehr, 14 Prozent die Schifffahrt, 13,4 Prozent die Zivilluftfahrt und 0,4 Prozent die Eisenbahn. Auch in Münster gehört der Verkehrssektor zu den größten Klimakillern, da er weiterhin konstant hohe Emissionen erzeug

Gute Stimmung, da das Klima ausgeblendet wurde

In seiner Einführung präsentierte Rums-Kolumnist Michael Tillmann, Initiator der „Münsteraner Klimagespräche“ erschreckend hohe klimaschädliche Ausstöße des Verkehrssektors – auch in Münster.

Andrea Blome ließ zunächst das Publikum zu einem Wort kommen. Jede und jeder im VHS-Saal durfte ein Schlaglicht auf die Verkehrssituation in Münster werfen, ehe die lokale grüne Spitzenpolitikerin von den drei Podiumsgästen hören wolle, was unter der von Blomes Partei geführten Ratsmehrheit in Münster im Verkehrssektor alles schon gut laufen würde. Mit dieser vorgegebenen „I feel good“-Stimmung war fortan von der von Tillmann kurz zuvor noch beschworenen „schwierigen Beziehungskiste Verkehr und Klima“ nichts mehr zu spüren. Vielen Teilnehmer*innen fiel es vermutlich erst auf, als gegen Ende der Veranstaltung Michel Wildt anmahnte, dass das Klima in der Diskussion viel zu kurz komme.

Burchard Sieht viel Positives*

Dr. Jana Burchard plädierte für Erreichbarkeit – insbesondere der Arbeitsstätten in Münster.

Tatsächlich konnte IHK-Vertreterin Dr. Jana Burchard gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion eine ganze Palette von positiven Verbesserungen in Münsters Verkehrssektor aufzählen: „Es gibt viele Konzepte in der Stadt, die Verbesserungen für einzelne Verkehrsarten, also zum Beispiel Fahrrad, Busverkehr, S-Bahn oder E-Ladesäulen, bringen oder bringen werden. Ich finde das gut.“

Allerdings führte Dr. Jana Burchard auch die hohe Quote der E-Mobilität bei den Stadtwerken Münster ins Feld. Tatsächlich gelingt dem städtischen Unternehmen in der eignen Busflotte die Antriebswende sehr gut. Im Fahrbetrieb in der Domstadt aber verkehren für die Stadtwerke nur weniger als 50 Prozent eigene Busse – die Mehrheit ist im Auftrag und klimaschädlich mit Verbrennermotoren unterwegs. Gleiches gilt übrigens zur Zeit auch für den Regionalbusverkehr in der Domstadt.

„Die Konzepte sind da“, betonte Jana Burchard, der besonders wichtig war, dass auch für die Menschen aus den Außenbereichen der Stadt und dem Umland die Erreichbarkeit in Münster gewährleistet wird. Dies gelte insbesondere für die Arbeitsstätten. Die Fahrten dorthin würden, so Burchard, aktuell zu 70 Prozent mit dem PKW erfolgen.

Das Münsteraner Klimagespräch zum Thema Verkehrswende war mit rund 50 Zuhörer*innen recht gut besucht.

Städte sollen zusammenarbeiten

Die Politik- und Umweltwissenschaftlerin Professorin Dr. Antonia Graf sah viele positive Ansätze bei der Europäischen Union, dem Städtetag und auch im jüngst beschlossenen Infrastrukturfond der Bundesregierung. „Die Möglichkeiten wurden erweitert“, forderte die Mitarbeiterin der Universität Münster, dass die Städte in Deutschland zusammenarbeiten sollten, um zum Beispiel eigene Parkraumkonzepte oder mehr Tempo-30-Zonen in den Städten durchsetzen zu können. Die Kommunen seine dabei, so die Einschätzung der Professorin, auf sich selbst gestellt, da „vom Bund wenige Beiträge zur Verkehrswende zu erwarten seien.“

Insgesamt forderte Graf mehr Bürger*innenbeteiligung in der Verkehrspolitik und erhofft eine inklusive und auch gendergerechte Organisation der Mobilität. Da war sie mit Thomas Lins vom VCD auf einer Linie. Wobei der VCDler forderte, dass komplexe Handlungen erfolgen müssten: „Nur Förderung nützt allein nichts.“ Um zu einer Verkehrswende zu kommen, müsse es nicht eine Antriebswende erfolgen, sondern der MIV (motorisierte Individualverkehr) tatsächlich verteuert und auch eingeschränkt werden. „Auf die höheren Benzinpreise in einigen Jahren wegen der CO²-Abgabe zu hoffen, reicht definitiv nicht!“

Unstimmigkeit fast lediglich bei der Auto-Politik

Dem widersprach Dr. Jana Burchard, die befürchtete, dass Münster als einkaufs- und Touristikstadt leiden würde, wenn der Autoverkehr erschwert würde. Dies würde sich auch wirtschaftlich widerspiegeln. Der Arzt, der Anwalt und die Arbeit müsse auch mit dem Auto erreichbar bleiben, erklärte Jana Burchard. Kontrovers wurde die Diskussion zum Komplex „Verkehre vermeiden“ und individuelle Möglichkeiten zur Umsetzung der Verkehrswende.

Münster glänzt grundlos

Greenpeace-Studie sieht Öffentlichen Verkehr in der Domstadt deutschlandweit auf Rang vier

Der aktuelle Greenpeace-Städtevergleich „Verspätete Abfahrt“, der Anfang März veröffentlicht wurde, zeigt, dass in den beiden vergangenen Jahren das ÖPNV-Angebot in den deutschen Städten sich allerdings in nur lediglich zehn der 30 größten Kommunen unwesentlich verbessert hat. Teilweise wurde das Angebot mit Bus & Bahn sogar bis zu sieben Prozent gekürzt. Wie Greenpeace schreibt, müsse, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, das ÖPNV-Angebot pro Jahr um mindestens 4,5 Prozent wachsen. Diesen Wert erreichte im Untersuchungszeitraum nur die sächsische Metropole Leipzig . Die laut Greenpeace von Bund und Ländern angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 erfordere sogar ein jährliches Wachstum von acht Prozent, was von keiner der untersuchten Städte erreicht wurde.

„Eine Großstadt ohne gutes Bus- und Bahnangebot ist keine. Der ÖPNV ist das Rückgrat eines sauberen, klimaschonenden Verkehrs, doch in den meisten Städten steht der Ausbau auf der Kriechspur. Viele streichen sogar Verbindungen und zwingen Menschen so zurück ins Auto. Lebenswerte Städte brauchen attraktiven, klimafreundlichen Nahverkehr.

Lena Donat, Greenpeace-Verkehrsexpertin

In Münster sei das ÖPNV-Angebot zwischen 2023 und 2025 um knapp vier Prozent gewachsen, stellt die Studie fest. Damit liegt die westfälische Domstadt im Vergleich mit den 30 anderen untersuchten Städten zwar auf dem vierten Platz, doch Greenpeace merkt kritisch an: „Historisch betrachtet wurde das Angebot jedoch nicht ausgeweitet, die Stadt hat lediglich versucht, auf das Angebotsniveau von 2019 zurückzukehren. Seit der Corona-Pandemie haben die Stadtwerke mit Personalproblemen zu kämpfen und mussten den 20-Minuten-Takt auf einen 30-Minuten-Takt reduzieren und ganze Buslinien streichen. Seit 2023 wird das Angebot schrittweise wieder hochgefahren, ohne das 2019er Niveau bislang zu erreichen.“

Greenpeace will mehr und besseren ÖPNV

Bleibt also nicht allein, aber auch in Münster, deren Anteil des ÖPNV am Modal Split, der Fahrtenverteilung in der Stadt, zudem deutlich unter einem Anteil von zehn Prozent der Wege liegt, sehr viel zu tun, wenn der Öffentliche Verkehr die Verkehrswende miteinläuten soll. „Der öffentliche Nahverkehr ermöglicht soziale Teilhabe, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima“, steigert die Lebensqualität und schützt das Klima, betont Greenpeace und stellt begleitend zur Studie Forderungen auf:

  • Der Bund soll gemeinsam mit den Ländern einen mit Maßnahmen, Zwischenzielen und Finanzierungszusagen hinterlegten Fahrplan zur Fahrgastverdoppelung bis 2030 erarbeiten und die Finanzierung des ÖPNV massiv aufstocken. Mehr Mittel sind nötig, um den Betrieb zu sichern, den Ausbau voranzutreiben und genügend Fachkräfte mit attraktiven Arbeitsbedingungen zu gewinnen.
  • Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land erfordern einen attraktiven, barrierefreien ÖPNV als echte Alternative zum Auto. Der Bund sollte in Absprache mit Ländern, Kommunen und der Öffentlichkeit einen bundesweiten Mindeststandard festlegen. Wir brauchen verlässliche Verbindungen mindestens alle zehn Minuten in der Stadt, alle 30 Minuten auf dem Land. Von früh bis spät, auch an Wochenenden.
  • Das Deutschlandticket bringt Rückenwind für den Nahverkehr. Es muss langfristig gesichert werden und für alle bezahlbar sein: Mit kostenlosen Tickets für Kinder und Jugendliche werden Familien entlastet. Ein bundesweites Sozialticket für maximal 19 Euro erlaubt allen Menschen Teilhabe und Mobilität. Um die Verkehrswende voranzubringen, sollte der reguläre Preis für das Deutschlandticket 29 Euro betragen.
Demonstration für einen effektiven ÖPNV im Dezember 2024 in Berlin. (Foto: © greenpeace.de)

VCD Münsterland will schnellere Busse

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat schon vor einiger Zeit deutlich gemacht, was in Münster passieren muss, da die zu langsamen Busse, sie erreichen statt der in Großstädten grundsätzlich angestrebten Reisegeschwindigkeit von 25 km/h in der Domstadt lediglich Geschwindigkeit von durchschnittlich 15 bis 17 Stundenkilometer. „Leider ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der Busse in Münster in den letzten Jahren immer geringer geworden“, erklärte Anfang Februar Thomas Lins, Vorsitzender des VCD im Münsterland, „denn der überbordende KFZ-Verkehr bremst auch den Bus aus.“ Da haben die unter anderem vom VCD erkämpften Busspuren, die in den vergangenen Jahren in der Innenstadt errichtet wurden, zwar für Verbesserungen gesorgt, aber mitnichten Abhilfe bei dem Grundproblem geschaffen.

Thomas Lins forderte konkret: „Das bedeutet Busspuren, wo es möglich ist; Ampelschaltungen, die dem Bus freie Vorfahrt gewähren; dort, wo kein Platz für Busspuren ist, möglicherweise Einbahnstraßenregelungen für den motorisierten Individualverkehr; Buchten für den Lieferverkehr, damit Paketdienste und Lieferwagen den Bus nicht ausbremsen.“

Alternative zu Bus und Auto ist der SPNV

Die erfolgreiche, kommunale Eisenbahn im Kreis Bentheim könnte einen Weg für den Stadt-Land-Pendelverkehr rund um Münster aufzeigen. (Foto: Werner Szybalski)

Die Alternative zu Bus und PKW könnte der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) im Münsterland sein. Eine Arbeitsgruppe des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland sitzt aktuell an einem Forderungskatalog für eine Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Straßenbahn in Münster. Die Wiederbelebung der Straßenbahn würde zwar einige Jahre dauern, so ein Vertreter von Pro Bahn, aber wäre „vermutlich leichter und schneller umzusetzen, als die von der Kommunalpolitik des Münsterlandes erhoffte, beziehungsweise besser erträumte, Verwirklichung der S-Bahn Münsterland.“

Von der auch in der Greenpeace-Studie die Rede. Sie würde zügig auf vorhandenen Schienen an allen Staus vorbeifahren. Doch der Pro-Bahner meint: „Wir sehen an der verschleppten Reaktivierung der WLE oder verzögerten Sicherung der Bahntrasse zwischen Münster und Warendorf das mit der DB im Nahverkehr nicht wirklich zu rechnen ist. Deshalb muss intensiv über Straßenbahnen in Münster, Stadtbahnen in die Fläche und eine eigene kommunale oder stadtregionsweite Regionalbahn in Eigenregie nachgedacht werden. Strecken dafür, zum Beispiel nach Coesfeld, Gronau oder Warendorf gibt es genügend, um einen effektiven, kostengünstigen SPNV anzubieten.“

„Nette Geste“ an Heiligabend

Verkehrsverbände sagen Dankeschön

Am Nachmittag des Heiligen Abends überraschten am und im Hauptbahnhof Thomas Lins vom VCD und Szybalski von Pro Bahn Münsterland die Beschäftigten des Öffentlichen Verkehrs mit kleinen Schokonikoläusen und einer Weihnachts- und Dankeschönkarte der beiden lokalen Fahrgastverbände. „Wir möchten den Busfahrer*innen und Zugführer*innen, den Mitarbeiter-*innen in den Bereichen Technik und Sicherheit des Öffentlichen Verkehrs im Münsterland einfach Mal Danke sagen. Nicht nur tagsüber an Werktagen, sondern auch nachts sowie an den Wochenenden und auch den Feiertagen wie Weihnachten sind sie wie selbstverständlich für uns Fahrgäste da und sorgen dafür, dass wir sicher, schnell und ökologisch verträglich unsere Ziele erreichen“, erklärte Werner Szybalski, Stellvertretender Vorsitzender von Pro Bahn Münsterland.

Unzählige Mitarbeiter*innen bei den Stadtwerken Münster, deren Auftragnehmer, dem RVM, der DB und den privaten Bahngesellschaften sowie der Bahnpolizei sorgen dafür, dass, wenn die meisten Menschen frei haben, diese dort ankommen, wo sie hin möchten. Die beschenkten Busfahrer waren nicht nur überrascht, sondern auch sehr erfreut: „Das ist aber mal eine nette Geste!“ oder „Herzlichen Dank! Das freut mich sehr.“ Das kleine Präsent sieht Thomas Lins, der auch Beisitzer bei Pro Bahn ist, als wichtiges Zeichen des Dankes gegenüber den Menschen, „die den ÖPNV am Laufen halten, gerade an diesem Tag, an dem viele lieber bei ihren Familien wären.“

Danke sagten sie auch den Stadtwerken Münster für die Beibehaltung der Plastikkarte für das Deutschlandticket, die unter anderem im „Servicepunkt Mobilität“ der Stadtwerke am Bahnhofsplatz in Münster erworben werden kann. Dies ist in anderen Tarifgebieten des Münsterlandes nicht mehr üblich, verdeutlichte Margarete Jungkamp von Pro Bahn Münsterland in Gronau.

Straßenbahn für Münster

Ende Oktober lud Pro Bahn Münsterland zur Auftaktveranstaltung zur Wiedereinführung der Straßenbahn in Münster. Mit rund 40 interessierten Schienenfreund*innen diskutierte Wolfgang Seyfert von der Straßenbahninitiative Osnabrück in der B-Side am Stadthafen in Münster die Perspektiven für den schienengebunden Nahverkehr in Städten und speziell in Osnabrück und Münster.

Zuvor hatte im Stadthaus 3 am Albersloher Weg Werner Szybalski vom Pro-Bahn-Vorstand im Münsterland vor dem Hintergrund der restaurierten „Elektrischen“, wie die Straßenbahn von den Münsteraner*innen genannt worden war, über die gut 50-jährige Geschichte der Tram in der Domstadt informiert. Vor genau 70 Jahren (siehe unten) endete die Geschichte der Tram in Münster – allerdings nur vorläufig, wenn auf die Meinung der Teilnehmer*innen der Pro-Bahn-Veranstaltung gehört wird.

In Osnabrück wäre die Wiederbelebung der Tram machbar

Der Rat der Stadt Osnabrück hatte eine Machbarkeitsstudie für die Reaktivierung der Tram in Auftrag gegeben. Dies allerdings nur, weil die Straßenbahn-Initiative Osnabrück (SBI) zuvor rund 5000 Unterstützer*innenunterschriften für die Wiedereinführung der Tram in Osnabrück gesammelt hatte. Das 80.000 Euro teure Gutachten des Dresdener Planungsbüros VKT stellte die SBI-Mitglieder zufrieden, denn es bescheinigte ihnen, dass es durchaus realistische Perspektiven für die Renaissance des Schienenverkehrs in Osnabrück gibt.

„Die Straßenbahn allein ist nicht die Lösung, aber sie ist die Königin der Mobilität“, unterstrich der emeritierte Professor Wolfgang Seyfert aus Osnabrück gleich zu Beginn seines Vortrages. Zunächst verglich er die verkehrliche Situation zwischen Münster und Osnabrück, die überraschend viele Parallelen ausweise. So sind im Vergleich mit gleichgroßen deutschen Städte Münster und Osnabrück bei der Verkehrswegenutzung (Modalsplit) beide Schlusslicht in den Bereichen Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) und Fußverkehr.

Wolfgang Seyfert von der Stadtbahn-Initiative Osnabrück warb bei Pro Bahn Münsterland für ein Revival der Straßenbahn in Münster. Foto: Wolfgang Bensberg

Seyfert hielt fest, dass es Münster ganz gut gelingt, den motorisierten Individualverkehr (Autos) einzuschränken, um aber kritisch erklärend für die genannten Schlusslichtpositionen der benachbarten Orte anzumerken: „Bei Städten der Größe von Münster und Osnabrück brauchen Fußgänger*in einen gut funktionierenden ÖPNV. Die Städte mit hohem ÖPNV-Anteil haben eine Tram.“

Renaissance der Straßenbahn in Frankreich

In französischsprachigen Städten erlebt die Tram ab den 80er Jahren des vergangenen Jahrhundert eine Renaissance. Seyfert: „1971 waren in Frankreich nur noch drei kleine Tramsysteme übrig: in Saint-Étienne, drei Kilometer Strecke in Marseille und in Lille.“ 1975 erfolgte die Cavaillé-Initiative. Marcel Cavaillé, Staatssekretärs im Verkehrsministerium in Paris, forderte in einem Brief die Stadtverwaltungen von Bordeaux, Grenoble, Nancy, Nice, Rouen, Strasbourg, Toulon and Toulouse auf, Konzepte für ihren Stadtverkehr zu entwickeln. „Alle Cavaillé-Städte – bis auf Toulon – haben heute eine Tram. Toulouse baut gerade. Viele andere, auch die ganz großen wie Paris, Marseille und Lyon setzen inzwischen auf die Tram. Spät, aber umfassenden kam der Umschwung in Bordeaux. Die Stadt wurde vom Nachzügler zum Vorreiter in Sachen Straßenbahn und Stadtentwicklung. So gelang der Wandel von einer etwas heruntergekommenen Hafenstadt zum Weltkulturerbe in 2007“, erläuterte Seyfert, der anschließend ein Beispiel aus seiner Geburtsheimat vortrug.

Optimaler Planungsprozess in Calgary

In Ulm sollte die letzte 5,5 Kilometer lange Straßenbahnstrecke 1975 still gelegt werden. Dies wurde durch Proteste der Bürger*innen verhindert. Später konnte diese Tramlinie verlängert werden und zwischen 2025 und 2018 wurde eine zweite Linie gebaut. „Heute sorgen rund 50 Prozent aller Fahrgäste auf den nur zwei Straßenbahnlinien dafür, dass in Ulm die Tram das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs bildet“, berichtete der Osnabrücker.

Calgary im südlichen Kanada, das Zentrum der kanadischen Öl- und Gasindustrie mit über 1,6 Millionen Einwohner*innen. „Das 2005 gestartete Projekt Imagine Calgary, war eine umfassende kommunale Visions- und strategische Planungsinitiative, die die langfristige Entwicklung von Calgary beeinflussen sollte“, verdeutlichte Seyfert, dass dieser Planungsprozess aus seiner Sicht optimal verlaufen sei: „Das vermutlich breiteste Beteiligungsverfahren weltweit. In 18 Monaten, von 2005 bis 2007, waren 18.000 Bürger*innen am Verfahren beteiligt.“ Mit einem Planungshorizont von 50 bis 100 Jahren wurde die gesamte Stadtentwicklung entlang von festgelegten Verkehrskorridoren, die schon ab Baubeginn mit öffentlichen Verkehr bedient wurden, geplant. „Dabei ist die Tram das Rückgrat und die letzte Stufe der Verkehrsplanung. Weil so jede neue Bahn sofort ziemlich voll war, blieben die Betriebskosten der Tram pro Passagier von Beginn an niedrig bei einem Sechstel der Betriebskosten eines Busses.

Zürich kämpft für Tram und Fahrrad

Die Züricher*innen lieben ihre Straßenbahn, berichtete Wolfgang Seyfert. Drei Mal (1960 mit 70 Prozent, 1962 mit 63 Prozent und 1973 mit 71 Prozent) lehnten sie in Volksabstimmungen die Verlegung der Tram in den Untergrund ab und 2020 stimmten sie für ein 130 Kilometer langes Velovorzugsroutennetz in der Stadt. „Viel mehr geht nicht“, so Seyfert.

Letzte Fahrt vor 70 Jahren

Genau vor 70 Jahren, am Donnerstag, dem 25. November 1954, fuhr die Straßenbahn letztmalig durch Münster. Das Ende nach nur 53 Jahren kam nicht überraschend. Schon gut ein Jahr zuvor musste im Oktober die Linie 2 auf der Warendorfer Straße aufgegeben werden. Die Gleise waren, vermutlich wegen eines nicht ausreichend gefüllten Bombenkraters unter der Straße, abgesackt, so dass die Tram nicht mehr fahren konnte. Schon direkt nach dem Krieg hatte ein externer Gutachter empfohlen, zukünftig auf die vom Volksmund „Elektrische“ oder „Strom“ genannte Straßenbahn zu verzichten. Als im Herbst die Sperrung einer der Hauptlinien hinzukam, schlug die Stimmung langsam um in Richtung „modernen Bus- beziehungsweise O-Busbetrieb in Münster.

Die letzte Fahrt des Wagen 60 der Elektrischen in Münster: Im Hintergrund ist die abgerissene Kiesekamps Mühle am Albersloher Weg erkennbar. Heute steht dort das Cineplex. Foto: Universität Münster

Das Aus für die Elektrische in der Domstadt – zurückblickend sicherlich als politische Fehlentscheidung einzustufen – nahmen viele Münsteraner*innen zum Anlass, sich mit einer letzten Fahrt von der Straßenbahn zu verabschieden. Die Westfälischen Nachrichten (WN) schrieben damals, dass tagsüber die „Straßenbahnwagen auffallend starken Verkehr gehabt. Die konservativen Münsteraner, die sich nur schweren Herzens von liebgewordenen Einrichtungen trennen können, nahmen Gelegenheit zu Abschiedsfahrten.“

Auf der tatsächlich letzten Fahrt der Elektrischen wurden unter anderem die Mitglieder des Rates der Stadt mit den Straßenbahnwagen 57, 60 und 62 – außen verziert mit der Aufschrift „Letzte Fahrt“ – von der Lambertikirche durch die Stadt ins Straßenbahndepot am Albersloher Weg gefahren. Eine große Menschenmenge begleitete diese Fahrt. Am Schaltbrett des letzten der drei Wagen stand Oberfahrer Eduard Jenschenfelde, der schon seit drei Jahrzehnten die Elektrische durch Münster bugsierte. Die Menschen winkten, als sich der in den WN „Trauerzug“ genannte Tross in Bewegung setzte. Es wurde extra langsam gefahren, um den Zuschauer*innen am Schienenstrang und in den Fenstern Gelegenheit zum Abschied zu geben. Mit dem „Straßenbahn-Abschiedsschmaus“ an der Haltestelle Stadtwerke, laut WN-Bericht im Regen, endete diese Ära in Münster. Zurück in die Stadt ging es anschließend per Autobus.

Pro Bahn Münsterland fordert Machbarkeitsstudie

Pro Bahn Münsterland möchte in einem Folgetreffen zum oben beschrieben Auftakt mit Seyfert besprechen, wie die Forderung „Reaktivierung der Straßenbahn in Münster“ weiter umgegangen werden soll. Es soll mit möglichst vielen interessierten Menschen am Freitag, dem 6. Dezember 2024, von 17 Uhr bis 19 Uhr im Umwelthaus (nicht barrierefrei) in der Zumsandestraße 15 stattfinden.

„Beim Treffen wird der Pro-Bahn-Nikolaus zunächst die bisherigen Vorschläge und Ideen zur Reaktivierung der Straßenbahn in Münster aus dem Sack lassen“, heißt es in der öffentlichen Einladung von Pro Bahn an alle interessierten Straßenbahnfreund*innen. So werden die abgelehnten Vorschläge aus dem Rat der Stadt Münster vorgestellt. Unter anderem dabei sind die Ratsanträge der CDU Münster („Von der Regionalbahn zur Stadtbahn“) aus dem Jahr 2016 und der SPD Münster („Eine Stadtbahn für unsere Stadt“) aus dem Jahr 2017. Verschiedene Vorschläge aus dem Internet runden den ersten Teil der Versammlung ab.

Anschließend soll gemeinsam besprochen werden, wie die Straßenbahn-Zukunft in Münster in die Spur oder besser „auf die Schiene“ gebracht werden könne. Bedeutsam dabei könnte, wie in Osnabrück erfolgreich durchgeführt, eine Machbarkeitsstudie zur Straßenbahn in Münster sein. Ob dies ein erster sinnvoller Schritt ist und was gemeinsam getan werden kann, um ihn zu gehen, soll Hauptdiskussionspunkt im Umwelthaus werden.

Verkehrspolitik in Münster: Kniefall vor dem Auto

WLE-Reaktivierungsdesaster, Busausfälle wegen katastrophaler Personalplanung, immer mehr Details zur S-Bahn-Lüge werden öffentlich, Fahrtkürzungen beim Mobilitätspreisträger 2023, der Buslinie X90/S90, Einstellung des LOOP-Betriebs, zunehmende Privatisierung des Busverkehrs in Münster und nun die Aufgabe des Metrobus-Konzeptes – die aktuelle Liste des Scheitern im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Münster und dem Münsterland ist erschreckend lang. Sie kommt allerdings wenig überraschend. Die Verkehrswende ist mit roter Farbe auf Pseudoradstraßen mit PKW-Verkehr und durch die Einführung von Elektrobussen ausschließlich bei den Fahrzeugen der Stadtwerke Münster und angeblichen Zeitgewinnen durch Fahrstreckenveränderungen und kurzen Busspuren natürlich nicht zu erreichen.

Politikwende ist erforderlich

Spätestens nach dem entlarvenden WN-Interview von Frank Gäfgen, ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke Münster, am 20. Juli zieht Werner Szybalski, Sprecher der Münsterliste, ein für das Klima katastrophales Fazit der örtlichen Verkehrspolitik: „Die dringend notwendige Verkehrswende in Münster und dem Münsterland ist krachend gescheitert. Es ist Zeit für die Politikwende!“

Mehr Nebelkerzen als Pyrotechnik im Preußenstadion

Frank Gäfgen, ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke Münster. (Foto: Werner Szybalski)

Die kommunale Wähler*innen-Vereinigung Münsterliste – bunt und international e.V. beklagt seit Jahren, dass von Politik und Verwaltung in der Verkehrspolitik mehr Nebelkerzen gezündet werden, als die Preußenfans Pyrotechnik im Stadion abbrennen können. „Die Menschen im Münsterland werden andauernd durch tolle Versprechen geblendet. Die klassischen ÖPNV-Nutzer*innen, die vier „A“s, wie abgehängt, Arme, Alte, Auszubildende und Ausländer, sind die Leidtragenden der fortgesetzten lokalen und insbesondere regionalen Privatisierungs- und Automobilpolitik“, erklärt Werner Szybalski: „Die Zeche für neoliberale Politik zahlen die jungen und die zukünftigen Generationen. Noch können wir etwas korrigieren und die Belastung senken. Dazu ist aber ein konsequente nachhaltige und ressourcenschonende Verkehrs- und Infrastrukturpolitik notwendig.“

Klein-Klein statt Nachhaltigkeit

Gäfgen beklagt im Interview, dass er „eingestehen [muss], dass wir den erforderlichen Raum [für Metrobusse] nicht auftreiben können.“ Ein Kniefall vor dem Auto. Ganz im Sinne seiner neoliberalen Vorstellungen orientiert sich der ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke auch nicht an den Bedürfnissen und Interessen seiner Fahrgäste („dann ist es hinnehmbar, dass die verbleibenden keinen Vorteil haben.“), sondern an der marktwirtschaftlichen Optimierung seines Unternehmens. Dabei wird natürlich ein grünes Mäntelchen umgehängt. Die Stadtwerke streben zukünftig den emissionsfreien Busbetrieb an – allerdings nicht in der Stadt sondern lediglich bei den eigenen Fahrzeugen. Dies ist ein großes Problem und schon wieder eine Nebelkerze, denn die von Gäfgen beauftragten privaten Busunternehmen, die seit ein paar Monaten und mit weiter wachsender Tendenz (Ringlinien) schon mehr als die Hälfte der Busfahrten in Münster durchführen, haben, so die Stadtwerke-Antwort auf Nachfrage, keinen einzigen emissionsfreien Bus im Fahrbetrieb. Ohne Politikwende bleibt es in der Verkehrspolitik beim Klein-Klein ohne ausreichende Nachhaltigkeit.

Alle mit Verbrenner-Antrieb!

Blicke nach Oberhausen, Utrecht, Essen und Freiburg lohnen

„Wir setzen auf viele kleine Lösungen“, verdeutlicht Frank Gäfgen im Interview, dass es lediglich mit Tröpfchen statt fließend Wasser weitergeht. Wo aber liegt der Hase im Pfeffer, wo ist der Hund begraben oder was ist der springende Punkt? Ziemlich einfach, denn Münster (und die Landes- und Bundesebene) betreiben weiterhin eine Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, die das Auto ins Zentrum rückt. Während Utrecht eine Fahrradstadt ist, wird in Münster nur viel Rad gefahren. Während in Essen nach dem „Bürgerbegehren RadEntscheid“ ein Konzept verfolgt wird, dass das Auto aus der Stadt verdrängen soll, schließt Münster gerade einmal ein paar Parkplätze auf dem Domplatz. Während Oberhausen die Straßenbahn schon Ende des Jahrtausends reaktivierte, wartet die Wiederinbetriebnahme des Personenverkehrs auf der WLE-Strecke schon seit rund 40 Jahren. Während Freiburg im Breisgau die Stadt der kurzen Wege realisiert und Stadtteile schafft, in denen die neuen Bewohner*innen weitgehend auf Autos verzichten können, wird in Münster eine Autobahn zum Vorort Handorf gebaut.

Mönster-Tram und Mönsterlänner fehlen

Historische Straßenbahn im Regelbetrieb in Mailand. Links hinter dem sitzenden Fahrgast die digitale Selbstbedienungskasse für Fahrschein-, EC- und Kreditkarten. (Fotos: Werner Szybalski)

Die Priorisierung des Autos muss zu Ende gehen. Insbesondere der ÖPNV und der Fußverkehr ist hingegen massiv durch Angebotserweiterung und Infrastrukturausbau zu fördern. Nimmt man die Verkehrs- und Energiewende ernst, muss auch in Münster die Schiene eine Renaissance erleben. „Die Münsterliste fordert seit Jahren eine Stadtbahn. Die Mönster-Tram ist zwar eine großes und teures Projekt, wird aber alle bei der Inbetriebnahme lebenden Münsteraner*innen überleben. Kürzlich fuhr ich in Mailand mit einer 98 Jahre alten Straßenbahn, in der ich elektronisch – durch Vorhalten meiner EC-Karte – die nur 2,20 Euro für die Einzelfahrt zahlen konnte. Viel nachhaltiger und moderner geht es kaum“, so Werner Szybalski.

Die Münsterliste wünscht sich für das Münsterland einen Nahverkehr auf Schiene und Straße aus einem Guß und natürlich ausschließlich in Öffentlicher Hand. (Foto: Werner Szybalski)

Die Münsterliste möchte zudem den Mönsterlänner einführen. Ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen mit möglichst viel Schiene und emissionsfreien Bussen, dass zwischen Münster, Osnabrück und Enschede den Nahverkehr plant und betreibt. Leider sind bislang die Politiker*innen in den Gemeinde- und Stadträten sowie den Kreistagen und der Bus- und Bahn-Zwecksverbandsversammlung (ZVM) des Münsterlandes selten einmütig für den Nahverkehr im Münsterland. Zuletzt zeigten dies die Entscheidungen zur Einschränkungen bei der Buslinie X90/S90 oder auch der nur stadtinternen Einführung des 29-€-Tickets in Münster.

Fahrgastbeirat würde helfen

100.000 Euro liegen seit vergangenen Jahr im Haushalt der Stadt Münster brach, mit dem Wege zur Beteiligung der Einwohner*innen an der Politik durch Bürger*innenräte gesucht werden sollen. Die Einführung von einem Fahrgastbeirat bei den Stadtwerken könnte ohne einen Cent auszugeben durch Beschluss des Unternehmens und der Aufsichtsgremien erfolgen. Aber damit ist bei einem auf Betriebsoptimierung statt auf Fahrgastinteressen gerichteten Blick des ÖPNV-Geschäftsführers nicht zu rechnen. „Dabei wäre es so sinnvoll, wenn auch in Münster, wie schon in zahlreichen Verkehrsunternehmen und -verbünden in Deutschland, die Nutzer*innen des Öffentlichen Nahverkehr dauerhaft und mitentscheidend in die Organisation und Planung einbezogen würden“, unterstreicht Werner Szybalski für die Münsterliste.