Rechtsstreit um Führungsposten beim Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL)

Spitzenpersonal des SPNV-Aufgabenträgers trifft sich vor Gericht Verbandsvorsteher einstimmig Misstrauen ausgesprochen

Der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) steckt mitten in den Vorbereitungen zum Fusionsprozess der drei SPNV-Aufgabenträger in Nordrhein-Westfalen. Nun kommt eine gewaltige Führungskrise samt Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hinzu. Aus bislang unbekannten Gründen trat der Geschäftsführer des NWL, Joachim Künzel, Ende März diesen Jahres von seinem Führungsjob zurück. Nach öffentlicher Ausschreibung der Stelle und internem Auswahlverfahren sollte seine bisherige Stellvertreterin Christiane Auffermann die Nachfolge antreten. Allerdings als hauptamtliche Verbandsvorsteherin. Dies gefiel dem bisherigen ehrenamtlichen Verbandsvorsteher Dr. Klaus Drathen, seit dem Januar 2012 Kreisdirektor des Hochsauerlandkreises, nicht. Er klagt gegen die Einstellung von Christiane Auffermann, die er für nicht geeignet hält. Auch hatte Drathen (oben im Titelbild zu sehen) sich selbst auf neu geschaffene Spitzenposition beim NWL beworben, kam aber für die Auswahlgremien des Verbandes nicht in Frage. Nach der Klage, die derzeit für Stillstand in dieser Sache sorgt, hat die NWL-Verbandsversammlung ihrem Verbandsvorsteher Dr. Klaus Drathen per einstimmigen Beschluss das Misstrauen ausgesprochen.

Gemäß Koalitionsvertrag (wir berichteten) sollen die drei SPNV-Aufgabenträger NWL, VRR und go.rheinland fusionieren, um so unter anderem die Vergaben im Schienenpersonennahverkehr in NRW zu zentralisieren. Dieses Ziel hatten die Koalitionspartner CDU und Bündnis 90 / Die Grünen schon vor der Wahl des Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) schriftlich festgelegt.

NWL ist hauptamtlich führungslos

Christiane Auffermann. (Foto: NWL)

Der NWL ist an der Spitze im Moment führungslos. Die designierte Nachfolgerin, die aktuelle Stellvertretende Geschäftsführerin Christiane Auffermann, konnte Ende März von der Verbandsversammlung wegen der anhängigen Konkurrentenklage Drathens nicht gewählt werden. Als zuständige Geschäftsführerin berichtete laut Beschlussprotokoll der Sitzung vom 31. März Christine Auffermann, „dass der NWL vom Verwaltungsgericht Gelsenkirchen aufgefordert worden sei, solange keine Entscheidung über die Stellenbesetzung zu treffen, bis über die beamtenrechtliche Konkurrenten-Schutzklage entschieden worden sei.“

Auffermann ist alleinige NWL-Ansprechpartnerin für das Verkehrsministerium

Beim NWL ergibt sich derzeit eine komplizierte Situation: Der unterlegene Drathen ist nach wie vor Vorgesetzter der siegreichen Auffermann. Zumindest blieb der Kläger der Versammlung fern, wie das Protokoll ausweist. Christine Auffermann führte laut Protokoll aus: „Sie bedauere es sehr, dass sich mit dem laufenden Streitverfahren erneut eine für den NWL nachteilige Wendung und Verzögerung eingestellt habe.
Der NWL und sie selbst stehe nun in der unangenehmen Situation, dass der amtierende nebenamtliche Verbandsvorsteher Klage eingereicht habe. Dies bringe auch sie selbst als Person in eine sehr schwierige Situation, da vom Kläger offenbar ihre Qualifikation für das Amt angezweifelt werde. Dies sei besonders deshalb verwunderlich, weil der amtierende Verbandsvorsteher sie immer wieder anweise, in höchstem Maße vertrauensvolle Aufgaben für den NWL zu übernehmen: Bisher sei sie alleinige Ansprechpartnerin im Verkehrsministerium für den NRW-Strukturprozess. Der Verbandsvorsteher habe bislang noch keinen einzigen dieser Termine wahrgenommen und diese Aufgabe immer an sie delegiert. Sie führe alle Gespräche allein, beziehungsweise mit ihren Kollegen. Angesichts der Delegation solch einer Verantwortung, stelle sie sich die Frage, aus welchen Gründen der amtierende Verbandsvorsteher ihr die Eignung für das Amt des hauptamtlichen Verbandsvorstehers abspreche. Dies sei für sie ein massiver Widerspruch.“

Sondersitzung im Mai

Die NWL-Verbandsversammlung fasste folgenden Beschluss: „Die Verbandsversammlung spricht dem Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe, Herrn Dr. Klaus Drathen, ihr Misstrauen aus. Der Verbandsvorsteher des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe, Herr Dr. Klaus Drathen wird abberufen. Die Abberufung ist sofort vollziehbar. Die Rechtswirkungen der Abberufung treten mit Ablauf des (offenes Datum) ein.“

Für den 20. Mai diesen Jahres wurde inzwischen die NWL-Verbandsversammlung zu einer Sondersitzung ( 16 Uhr in der Stadthalle Unna, Großer Saal, Parkstraße 44 in 59425 Unna) einberufen. Bei diesem Termin dürfte angesichts der Einstimmigkeit bei der vergangenen Versammlung mit Sicherheit die Abberufung des bisherigen Verbandsvorstehers Dr. Klaus Drathen erfolgen. Die Termine des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen in dieser Causa sind noch nicht bekannt.

Stefan Weber blickt zuversichtlich auf die Zukunft des NWL

Stefan Weber, Mitglied in den Verbandsversammlungen von ZVM und NWL sowie Fraktionsvorsitzender der CDU im Rat der Stadt Münster. (Bild: CDU Münster)

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat der Stadt Münster, Stefan Weber, ist Mitglied in den Verbandsversammlungen des Zweckverbandes Mobilität Münsterland (ZVM) und dem Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). Er sieht – auf Nachfrage unserer Redaktion – trotz der aktuellen Führungskrise den NWL gut für die Zukunft gerüstet. Besonders dankte er dem am 31. März diesen Jahres ausgeschiedenen Geschäftsführer Joachim Künzel, der inzwischen eine neue berufliche Aufgabe übernommen habe: „Joachim Künzel hat die Entwicklung des NWL maßgeblich geprägt. Besonders hervorzuheben ist sein Einsatz bei der Interimsübernahme der Eurobahn zur Stabilisierung des SPNV in der Region sowie seine Unterstützung des Projekts »Münsterland S-Bahn«. Für sein Engagement spreche ich ihm persönlich großen Dank aus.“

Die Zusammenlegung ist aus Sicht der CDU-Fraktion ein sachlich gebotener und zeitgemäßer Schritt.

Stefan Weber und seine Parteikollegen begrüßen die anstehenden Änderungen beim NWL: „Im Rahmen der strukturellen Weiterentwicklung des NWL wurde die bisherige Trennung von Geschäftsführung und Verbandsvorstand aufgehoben. Diese Zusammenlegung ist aus Sicht der CDU-Fraktion ein sachlich gebotener und zeitgemäßer Schritt: Sie schafft eine einheitliche Leitung, strafft Entscheidungswege und erhöht die Effizienz der Organisation. Der NWL wird dadurch beweglicher und besser in der Lage sein, auf operative Herausforderungen zu reagieren.“

Keine Machtkonzentration, sondern Straffung der Struktur

Auch die demokratische Kontrolle des Verbandes sei weiterhin gesichert, so Stefan Weber. Die Verbandsversammlung – besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern der kommunalen Mitgliedszweckverbände – behält ihre Entscheidungsbefugnisse und Aufsichtsfunktion. Die Zusammenlegung der Ämter bedeutet keine Machtkonzentration, sondern eine Straffung der Struktur im Sinne effizienter Aufgabenerfüllung.

Münsters CDU-Fraktionsvorsitzende Stefan Weber ist überzeugt, der NWL ist auch in Sachen Eurobahn voll handlungsfähig. (Foto: Werner Szybalski)

Ungeachtet der derzeitigen Diskussionen sei der NWL voll handlungsfähig. Davon ist Stefan Weber überzeugt: „Laufende Projekte – insbesondere im Zusammenhang mit der Eurobahn – werden planmäßig umgesetzt. Die Arbeit für einen starken und zuverlässigen SPNV in Westfalen-Lippe geht nahtlos weiter.“

Nahverkehr, der bürgernah, wirtschaftlich und zukunftsfest organisiert ist

Abschließend erklärte Stefan Weber: „Wir befürworten als CDU-Fraktion im NWL eine Strukturreform, die Synergien nutzt und Effizienzgewinne schafft – jedoch ohne die bewährten regionalen Strukturen und kommunalen Kompetenzen zu schwächen. Unser Ziel bleibt ein Nahverkehr, der bürgernah, wirtschaftlich und zukunftsfest organisiert ist. Dabei stehen für uns die Interessen der Fahrgäste ebenso im Fokus wie die der kommunalen Träger.“

„Zu Personalentscheidungen, laufenden Verfahren oder dem Verhalten einzelner Amtsinhaber äußere ich mich nicht. Ich setze auf transparente und rechtsstaatliche Verfahren und vertraue auf die Entscheidungen der zuständigen Gremien und der unabhängigen Justiz“, verdeutlichte Weber, der dankenswerterweise als Einziger der ZVM-Mitglieder in der NWL-Versammlung zu den Fragen unser Redaktion Stellung bezog.

Die Grünen wollen mehr Artenschutz

Lokalpartei verteilt wieder kostenlos Wildpflanzensaatgut

Auch in diesem Frühjahr engagieren sich die Grünen in Münster wieder aktiv für den Schutz der biologischen Vielfalt, wie sie heute morgen in einer Pressemitteilung erklärten: „Ab sofort verteilen wir wieder kostenlos Saatgut heimischer Wildpflanzen an interessierte Bürger*innen. Ziel der Aktion ist es, mehr blühende Lebensräume für Insekten, Vögel und Kleintiere zu schaffen – sei es im Garten, auf dem Balkon oder auch auf der Fensterbank.“

Zehn Gramm Saatgutmischung sind dabei für einen Quadratmeter Blühfläche ausreichend. Interessierte können ihren Bedarf unkompliziert per E-Mail anfordern, so dass die Übergabe koordiniert werden kann. Bitte dabei einen Kontakt, so wie die gewünschte Menge und den Verwendungszweck angeben.

So machen wir unsere Stadt bunter und schöner

„Wir wünschen uns, dass überall in Münster kleine Blühflächen entstehen, die wichtige Rückzugsorte und Nahrungsquellen für Bienen, Schmetterlinge und viele andere Insektenarten bieten“, erklärt Jörg Rostek, Co-Sprecher des Grünen Kreisverbands Münster. „So machen wir unsere Stadt nicht nur bunter und schöner, sondern leisten auch einen konkreten Beitrag zum Schutz bedrohter Arten.“

Saatgutmischung vom Typ Feldrain und Saum

Die Saatgutmischung vom Typ Feldrain und Saum besteht ausschließlich aus zertifiziertem, regional angepasstem Saatgut, das speziell auf die Bedingungen im Westdeutschen Tiefland und dem Unteren Weserbergland abgestimmt ist. Enthalten sind ausschließlich heimische Wildpflanzen – keine Zierpflanzen oder exotische Arten. Damit wird sichergestellt, dass die Pflanzen nicht nur gut gedeihen, sondern auch von heimischen Insekten optimal genutzt werden können.

Die Verteilung erfolgt so lange der Vorrat reicht. Mit der Aktion knüpfen die Grünen an die erfolgreichen Saatgutkampagnen der vergangenen Jahre an, bei denen bereits mehrere Kilogramm Wildpflanzensamen in die Gärten und auf die Balkone Münsters gebracht wurden.

Artenschutzkonferenz im Mai in Hiltrup

Mit der Aktion weisen die Grünen auch auf die Artenschutzkonferenz am 17. Mai in der Stadthalle Hiltrup hin, die diesmal unter dem Motto „Letzte Chance für die Artenvielfalt? Umweltbildung und wissenschaftliche Kommunikation als ein Schlüssel zum Erfolg!“ stehen wird.

Öffentliche Stadt- und Stadt-Umland-Verkehre fahren nebeneinander her

Begegnung in der Lotharinger Straße, die es ab Mai dort nicht mehr gibt. Wartender Umlandbus und Stadtbus nebeneinander.

Sondersitzung des Mobilitätsausschusses abgesagt

Ab Mai diesen Jahres werden die Regionalbusse S 60, S 90 und X 90 nicht mehr bis zur Haltestelle Altstadt / Bült fahren, sondern am Hauptbahnhof die Fahrt von Nottuln, Lüdinghausen oder Senden nach Münster beenden. Diese Verschlechterung des Angebots wird unter anderem vom Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland beklagt. Größer war aber in der politischen Klasse in Münster die Aufregung darüber, dass diese aus der Zeitung von der Verkürzung des Angebots erfuhren, obwohl die Verwaltung der Stadt Münster dem Begehren des Regionalverkehrs Münsterland zur Angebotskürzung schon zugestimmt hatte.

Die Stadtnetze Münster führen ab Mai in der Lotharinger Straße Kanalbauarbeiten durch. Deshalb fällt die dortige Betriebshaltestelle für Busse weg, die insbesondere von den Regiobussen aus Nottuln sowie Lüdinghausen und Senden genutzt wurden. An dieser Haltestelle können im April die Busfahrer*innen noch ihre Pausen machen und zudem wird so der Fahrplan der im Auftrag des RVM verkehrenden Busse eingehalten. Sie können am Bült pünktlich ihre Fahrt in den Kreis Coesfeld beginnen. „Ab Mai ist die Betriebshaltestelle nicht mehr anfahrbar beziehungsweise verfügbar“, teilte das Amt für Kommunikation der Stadt Münster auf Nachfrage mit. „Ein alternativer Standort für diese Betriebshaltestelle im Umfeld des Bült konnte trotz eingehender Prüfung nicht gefunden werden.“

Lokale Politik blieb uninformiert

Ab Mai steht wegen einer Baustelle die Betriebshaltestelle an der Lotharinger Straße den Regionalbussen nicht mehr zur Verfügung. Die Linie 8 (Bild oben) wird weiterhin dort fahren können. (Fotos: Werner Szybalski)

Offensichtlich nutzten die Regionalbusverantwortlichen, von der Stadt Münster über den Wegfall der Haltestelle informiert, dies um ihre Planungen zu ändern und die Schnellbuslinien um zwei Haltestellen in Münster zu verkürzen. Dies offensichtlich ohne die lokale Politik – weder im Kreis Coesfeld noch in der Stadt Münster – zu informieren oder gar in die Entscheidung einzubeziehen. In einer Pressemitteilung des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland wurde daran erinnert, dass Busfahrer*innen, Unternehmen und Fahrgäste sich im vergangenen Jahr über durch das hohe Verkehrsaufkommen und die vielen Staus und roten Ampeln auf der Weseler Straße in Münster und dadurch verpasste Anschlussbusse am Busbahnhof in Lüdinghausen geärgert hätten. Vielleicht soll sich auch dieses Problem mit den Fahrzeitkorrekturen beziehungsweise Linienverkürzungen in Luft auflösen. Eine diesbezügliche Antwort des Regionalverkehrs Münsterland (RVM) auf die Anfrage der Redaktion steht noch aus.

Aufregung bei Grünen und Violetten

Bereits im vergangenen Jahr war im Coesfelder Kreistag beschlossen und von der Stadt und Politik in Münster hingenommen worden, das das Busangebot auf den Linien S 60 zwischen Nottuln und Münster sowie S 90 / X 90 zwischen Olfen, Lüdinghausen, Senden und Münster aus Kostengründen gekürzt wird. Nun die Kappung im Zielort, die laut Andrea Blome, grüne Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Mobilität des Rates der Stadt Münster, mehrere hundert Fahrgäste täglich für die Restfahrt in die Innenstadt zum Umstieg in die Stadtbusse zwinge: „Wir sind von dieser Nachricht überrascht, weder im Verkehrsausschuss noch in persönlichen Gesprächen wurden wir über diese Planung informiert. Dies ist angesichts der Bedeutung dieser Grundsatzentscheidung nicht akzeptabel. Die Kürzung der Linien X 90, S 90 und S 60 halten wir für einen Fehler. Sie macht die wichtigen Busverbindungen aus dem Umland unattraktiver, entwertet die zentrale Altstadthaltestelle Bült und widerspricht unseren verkehrspolitischen Zielen. Zwar entscheidet der RVM selbst über seinen Betrieb, die Stadt Münster ist aber in der Pflicht, dafür im Straßenraum die entsprechenden Bedingungen zu schaffen. Bis zur Befassung des Verkehrsausschusses, den ich in dieser Sache zu einer Sondersitzung einberufen werde, haben wir die Verwaltung gebeten, die Planungen zur Umsetzung der Maßnahme auszusetzen.“

Unmut bei Volt

Auch bei der Ratspartei Volt sorgte die angekündigte Kürzung der Schnellbuslinien S 60, S 90 und X 90 für Unmut. Grund dafür sei aber nicht die Maßnahme selbst, sondern die mangelhafte Kommunikation darüber heißt es in einer Pressemitteilung. „Über eine solch grundlegende Entscheidung möchten wir nicht aus der Zeitung erfahren. Es wäre dringend geboten, den Ausschuss für Verkehr und Mobilität (AVM) frühzeitig und transparent einzubeziehen“, kritisiert Marcus Wilhelm, der für Volt im Verkehrsausschuss sitzt. „Dass weder der Ausschussvorsitz noch die Mitglieder im Vorfeld informiert wurden, zeigt einen deutlichen Nachholbedarf in Sachen Transparenz und Beteiligung seitens der Verwaltung und der RVM.“

Sondersitzung des Verkehrsausschusses entfällt

Andrea Blome, Vorsitzende des Verkehrsausschusses der Stadt Münster.

Nach Gesprächen mit der Stadtverwaltung, wie der Redaktion ein grundsätzlich gut informierter Sachkundiger berichtete, sei die Sondersitzung des Verkehrsausschusses vom Tisch. Tatsächlich erklörte die Vorsitzende Andrea Blome: „Wir haben seit der Ankündigung der fahrgastunfreundlichen Linienverkürzung zahlreiche intensive Gespräche geführt. All unsere Bemühungen hatten das Ziel, Alternativen auszuloten, um die direkte Erreichbarkeit des Bült für die hochfrequentierten Busse aus dem Kreis Coesfeld zu sichern. Leider vermisse ich im Ergebnis sowohl bei den RVM wie auch bei der Stadtverwaltung die Bereitschaft, zu einer Lösung im Sinne der Fahrgäste zu kommen. Da wir daran kurzfristig mit einer Sondersitzung nichts werden ändern können, hat unsere Fraktion ihren Antrag zurückgezogen. Gleichwohl erwarten wir von Verwaltung und RVM Erklärungen und alternative Lösungsvorschläge.“

Öffentlicher Regionalverkehr soll attraktiver werden

Die Grünen in Münster verdeutlichten grundsätzlich: „In Sachen Bus- und Bahnverkehr ins Umland gilt: Wir müssen diese Alternative stärken und nicht schwächen. Wenn 80 Prozent der Einpendelnden mit dem Auto nach Münster kommen, ist es unsere Aufgabe, den Regionalverkehr und damit den Umstieg auf den Bus für sie attraktiver zu machen. Es ist nicht akzeptabel, dass sich Verwaltung und Verkehrsbetrieb damit abfinden, dass die Vorzeigelinien des Münsterlandes quasi nebenbei wegen betrieblicher Schwierigkeiten gekürzt werden. Die Attraktivität unserer Altstadt steigt nicht allein dadurch, dass sie schön gestaltet wird, sondern dass sie mit Alternativen zum Auto gut erreichbar ist.“

Pro Bahn: Öffentlicher Verkehr muss zukünftig besser organisiert werden

Der Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland, bei dem der Autor in verantwortlicher Position tätig ist, nahm die Diskussion zum Anlass, um sich grundsätzlich zu äußern: „Die Verkehrssituation in Münster ist geprägt vom Umlandverkehr – sowohl aus den 1975 eingemeindeten Dörfern und besonders aus dem Münsterland. Rund 115.000 Menschen pendeln nach Münster ein. Diese verkehrliche Herausforderung kann natürlich nicht mit dem Individualverkehr gelöst werden. Doch der Öffentliche Verkehr im Münsterland ist tatsächlich zu schwach, um die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen und zugleich die Domstadt vor den Blechlawinen aus dem Umland zu schützen. Ein wichtiger Schritt wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen den Nah- und Regionalverkehrsversorgern – sowohl auf organisatorischer, betrieblicher und partizipativer Ebene.“

Werner Szybalski, Autor dieses Textes, ist Stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland.

Zur Zeit seien die Kommunalpolitiker*innen in Münster und natürlich auch in den umliegenden Kreisen in der gleichen machtlosen Position wie die Fahrgäste – sie haben kaum oder keinen Einfluss auf die Öffentlichen Regionalverkehre, betonte Pro Bahn. Wie im Schienenpersonennahverkehr, der aktuell vor einer Strukturreform steht, verlangt Pro Bahn eine stärkere und gemeinsame Position der Städte, Kreise und Gemeinden des Münsterlandes gegenüber ihren von RVM und Stadtwerken organisierten Busverkehre im Münsterland. Zudem müssen die Fahrgäste zumindest durch einen Beirat an der Planung und Kontrolle beteiligt werden.

Pro Bahn fordert mehr überkreisliche Zusammenarbeit

Wie notwendig dies ist, unterstreicht nicht nur die Kappung der Innenstadtverbindung der Schnellbuslinien, sondern auch schon deren Taktausdünnung im vergangenen Jahr. Dabei wollte sich die Stadt Münster nicht an den Kosten des Kreises Coesfeld beteiligen, um den sehr guten Takt auf der Linie zu halten. Andersrum ließen die Umlandkreise Münster bei Einführung des Ein-Euro-Tarifs bei Monatskarten allein. Werner Szybalski: „Überkreisliche Zusammenarbeit wird im Münsterland immer wieder beschworen. Schön wäre es, wenn sie häufiger zum Nutzen der Menschen auch verwirklicht würde.“

„I feel good“ – Verkehr in Münster

Verkehrspolitik in Münster: Nach Jahrzehnten wird in Kürze die Umgehungsstraße, fast eine Stadtautobahn, vom Anschluss an die A 43 an der Weseler Straße fertig, denn der Anschluss an den Schifffahrter Damm wird bald fertig.

Klimagespräch mit Industrie, Wissenschaft und Umweltverband

Andrea Blome, hauptberufliche Moderatorin, Spitzenkandidatin der Grünen bei der Kommunalwahl am 14. September diesen Jahres in Münster und aktuell Vorsitzende des Ratsausschusses für Verkehr und Mobilität in der Domstadt, moderierte am Donnerstagabend (27. März 2025) in den Räumen der Volkshochschule Münster am Aegidiimarkt das jüngste Klimagespräch in der Stadt.

Im Mittelpunkt der mit rund 50 Zuhörer*innen gut besuchten Veranstaltung stand die „ schwierige Beziehungskiste“ Verkehr und Klima. Die Chancen einer klimaschonenden Mobilität im Münsterland sollten die Podiumsgäste Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Regionalverbandes Münsterland des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) beurteilen.

Moderatorin Andrea Blome (l.) hatte Dr. Jana Burchard, Geschäftsbereichsleiterin Branchen & Infrastruktur bei der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen, Professorin Dr. Antonia Graf, Politik- und Umweltwissenschaftlerin an der Universität Münster, und Thomas Lins, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) – Regionalverband Münsterland zu Gast. (Fotos: Werner Szybalski)

Nach der Begrüßung durch Volker Rotthauwe vom Trägerkreis der Münsteraner Klimagespräche führte sein Kollege Michael Tillmann mit einem Kurzreferat ins Thema ein. Dabei ging er besonders auf die Problematik ein, dass die Bundesrepublik 2024 zwar ihr Klimaziel erreicht habe, aber der Sektor Verkehr bis 2030 insgesamt 180 Millionen Tonnen CO²-Emissionen zu viel produzieren werde. Damit verfehlt die Politik ihr selbst gesteckte Ziel deutlich. 71,7 Prozent der klimaschädlichen Ausstöße erzeugt europaweit der Straßenverkehr, 14 Prozent die Schifffahrt, 13,4 Prozent die Zivilluftfahrt und 0,4 Prozent die Eisenbahn. Auch in Münster gehört der Verkehrssektor zu den größten Klimakillern, da er weiterhin konstant hohe Emissionen erzeug

Gute Stimmung, da das Klima ausgeblendet wurde

In seiner Einführung präsentierte Rums-Kolumnist Michael Tillmann, Initiator der „Münsteraner Klimagespräche“ erschreckend hohe klimaschädliche Ausstöße des Verkehrssektors – auch in Münster.

Andrea Blome ließ zunächst das Publikum zu einem Wort kommen. Jede und jeder im VHS-Saal durfte ein Schlaglicht auf die Verkehrssituation in Münster werfen, ehe die lokale grüne Spitzenpolitikerin von den drei Podiumsgästen hören wolle, was unter der von Blomes Partei geführten Ratsmehrheit in Münster im Verkehrssektor alles schon gut laufen würde. Mit dieser vorgegebenen „I feel good“-Stimmung war fortan von der von Tillmann kurz zuvor noch beschworenen „schwierigen Beziehungskiste Verkehr und Klima“ nichts mehr zu spüren. Vielen Teilnehmer*innen fiel es vermutlich erst auf, als gegen Ende der Veranstaltung Michel Wildt anmahnte, dass das Klima in der Diskussion viel zu kurz komme.

Burchard Sieht viel Positives*

Dr. Jana Burchard plädierte für Erreichbarkeit – insbesondere der Arbeitsstätten in Münster.

Tatsächlich konnte IHK-Vertreterin Dr. Jana Burchard gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion eine ganze Palette von positiven Verbesserungen in Münsters Verkehrssektor aufzählen: „Es gibt viele Konzepte in der Stadt, die Verbesserungen für einzelne Verkehrsarten, also zum Beispiel Fahrrad, Busverkehr, S-Bahn oder E-Ladesäulen, bringen oder bringen werden. Ich finde das gut.“

Allerdings führte Dr. Jana Burchard auch die hohe Quote der E-Mobilität bei den Stadtwerken Münster ins Feld. Tatsächlich gelingt dem städtischen Unternehmen in der eignen Busflotte die Antriebswende sehr gut. Im Fahrbetrieb in der Domstadt aber verkehren für die Stadtwerke nur weniger als 50 Prozent eigene Busse – die Mehrheit ist im Auftrag und klimaschädlich mit Verbrennermotoren unterwegs. Gleiches gilt übrigens zur Zeit auch für den Regionalbusverkehr in der Domstadt.

„Die Konzepte sind da“, betonte Jana Burchard, der besonders wichtig war, dass auch für die Menschen aus den Außenbereichen der Stadt und dem Umland die Erreichbarkeit in Münster gewährleistet wird. Dies gelte insbesondere für die Arbeitsstätten. Die Fahrten dorthin würden, so Burchard, aktuell zu 70 Prozent mit dem PKW erfolgen.

Das Münsteraner Klimagespräch zum Thema Verkehrswende war mit rund 50 Zuhörer*innen recht gut besucht.

Städte sollen zusammenarbeiten

Die Politik- und Umweltwissenschaftlerin Professorin Dr. Antonia Graf sah viele positive Ansätze bei der Europäischen Union, dem Städtetag und auch im jüngst beschlossenen Infrastrukturfond der Bundesregierung. „Die Möglichkeiten wurden erweitert“, forderte die Mitarbeiterin der Universität Münster, dass die Städte in Deutschland zusammenarbeiten sollten, um zum Beispiel eigene Parkraumkonzepte oder mehr Tempo-30-Zonen in den Städten durchsetzen zu können. Die Kommunen seine dabei, so die Einschätzung der Professorin, auf sich selbst gestellt, da „vom Bund wenige Beiträge zur Verkehrswende zu erwarten seien.“

Insgesamt forderte Graf mehr Bürger*innenbeteiligung in der Verkehrspolitik und erhofft eine inklusive und auch gendergerechte Organisation der Mobilität. Da war sie mit Thomas Lins vom VCD auf einer Linie. Wobei der VCDler forderte, dass komplexe Handlungen erfolgen müssten: „Nur Förderung nützt allein nichts.“ Um zu einer Verkehrswende zu kommen, müsse es nicht eine Antriebswende erfolgen, sondern der MIV (motorisierte Individualverkehr) tatsächlich verteuert und auch eingeschränkt werden. „Auf die höheren Benzinpreise in einigen Jahren wegen der CO²-Abgabe zu hoffen, reicht definitiv nicht!“

Unstimmigkeit fast lediglich bei der Auto-Politik

Dem widersprach Dr. Jana Burchard, die befürchtete, dass Münster als einkaufs- und Touristikstadt leiden würde, wenn der Autoverkehr erschwert würde. Dies würde sich auch wirtschaftlich widerspiegeln. Der Arzt, der Anwalt und die Arbeit müsse auch mit dem Auto erreichbar bleiben, erklärte Jana Burchard. Kontrovers wurde die Diskussion zum Komplex „Verkehre vermeiden“ und individuelle Möglichkeiten zur Umsetzung der Verkehrswende.

Zentralisierung im Nahverkehr auf der Schiene soll kommen

Landesregierung will Strukturreform im SPNV in diesem Jahr umsetzen

„Wir streben gemeinsam mit den Verkehrsverbünden und den Kommunen eine effizientere und einheitlichere Organisation des SPNV an“, heißt es im Zukunftsvertrag zwischen CDU und Bündnis 90/Die Grünen, der Grundlage für die aktuelle NRW-Landesregierung. Im September vergangenen Jahres veröffentlichte das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen ein Gutachten (Eckpunktepapier) mit Vorschlägen zur Reform der Organisation im Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Planung, Organisation und Ausgestaltung des kommunalen Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) soll laut Pressemitteilung des Verkehrsministeriums „eine Aufgabe der Kreise und kreisfreien Städte beziehungsweise der mittleren und großen kreisangehörigen Städte mit eigenem Verkehrsunternehmen“ bleiben.

Die drei Aufgabenträger go.rheinland, NWL und VRR sollen zu einem einzigen Aufgabenträger für den SPNV zusammengeführt werden. Entsprechende Pläne wurden Anfang Februar 2025 von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) vorgestellt. Dadurch, so Oliver Krischer, könnten zukünftig die Leistungen für den regionalen Schienenverkehr von einer zentralen Stelle ausgeschrieben und vergeben werden. Dies soll auch die Verhandlungsposition des Landes gegenüber den großen Verkehrsunternehmen stärken.

Pro Bahn NRW sieht Reform positiv

Der Fahrgastverband Pro Bahn in NRW sieht diese Plänen grundsätzlich positiv, wie es in einem noch nicht veröffentlichtem Positionspapier heißt: „Die Verschmelzung ermöglicht gleichzeitig eine Überarbeitung der Strukturen, Mitspracherechte, Aufgaben und Kompetenzen, um den ÖPNV zukünftig zeitgemäßer und höherwertiger gestalten zu können.“ Es könne ein ganz großer Wurf werden, so Pro Bahn, wenn nicht nur die landesweite Vergabe von SPNV-Verträgen betrachtet, sondern gleichzeitig auch das ÖPNV-Gesetz insgesamt nutzer- und fahrgastorientiert würde.

Pro Bahn NRW, im Bild die Vorständler Axel Sindram (v.l.n.r.), Detlef Neuß (zugleich Bundesvorsitzender), Rainer Engel und Andreas Schröder (Vorsitzender), setzt große Erwartungen in die SPNV-Strukturreform des Landes. (Foto: Werner Szybalski)

Was soll verändert werden?

Durch die drei Verbünde gäbe es derzeit „Ineffizienzen“: „S-Bahn-Takte sind nicht aufeinander abgestimmt. Es gibt viele Gremien und lange Entscheidungswege, die oft wichtige Entscheidungen unnötig verzögern“, kritisierte Anfang Februar diesen Jahres der NRW-Verkehrsminister im Interview mit WDR5. Deshalb wolle das Ministerium gemeinsam mit den drei Aufgabenträgern deren Zusammenlegung erarbeiten. NWL (Gebiet: Westfalen-Lippe ohne Ruhrgebiet), go.rheinland (Raum Köln, Bonn und Aachen) und VRR (Niederrhein und Ruhrgebiet) sind in NRW die entscheidenden Stellen für Planung und Organisation des Regionalen SPNV. Sie legen unter anderem fest, wo wann wie viele Züge fahren sollen. Nach der Planung werden die Bahnverbindungen ausgeschrieben. Verkehrsunternehmen bewerben sich um den Zuschlag zum Betrieb.

Aufgabenträger seien durch Dreiteilung in schwacher Position

Der britische National Express bedient zur Zeit die RE7 von Rheine über Münster, Hamm, Hagen, Soligen, Köln, Neuss nach Krefeld. (Foto: Werner Szybalski)

Oliver Krischer sieht die drei Aufgabenträger in einer schwachen Position gegenüber den Auftragnehmern. Zu ihnen gehören zum Beispiel die DB Regio NRW oder das britische Unternehmen National Express. Warum der Minister dieser Auffassung ist, wird nicht wirklich deutlich, auch wenn es natürlich erhebliche Abstimmungsprobleme zwischen den drei Aufgabenträgern in NRW gibt. Trotzdem stehen diese Drei ihrem drohenden Aufgabenverlust oder gar der ihrer Existenz nicht grundsätzlich negativ gegenüber. Der WDR berichtete, dass zum Beispiel der ehemalige NRW-Verkehrsminister und heutige VRR-Vorstandssprecher Oliver Wittke (CDU) glaube, dass es „der richtige Weg“ zu mehr Effizienz „im Sinne der Kunden“ und besserer Verhandlungsposition gegenüber den Regionalbahnunternehmen führe. Go.Rheinland teilte dem WDR mit, dass eine Neuverteilung der Aufgaben zwar auch Gefahren beinhalte, jedoch die Pläne des Ministeriums nachvollziehbar seien.

NWL fordert Beibehaltung von bewährten Strukturen und regionalen Kompetenzen

Laut Pressemitteilung vom 11. Februar diesen Jahres begrüßt auch der NWL „eine Vereinheitlichung wesentlicher Aufgaben des SPNV grundsätzlich“, wolle sich aber konstruktiv in den Umsetzungsprozess einbringen. Dabei sei den Mitgliedern des NWL (19 kommunale Gebietskörperschaften) wichtig, dass die kommunale Ebene weiterhin auch im SPNV ausreichende Berücksichtigung findet: „Wir sind offen für eine SPNV-Reform, die Synergien nutzt, ohne dabei bewährte Strukturen und regionale Kompetenzen zu schwächen.“

Gebiet des Aufgabenträgers Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL). (Grafik: nwl-info.de)

Die Fusion der drei bestehenden SPNV-Aufgabenträger in kommunaler Trägerschaft, wobei die Verantwortung weiterhin bei den Kommunen liegen solle, und gleichzeitig eine effizientere Steuerung möglich wäre, sieht der NWL kritisch: „Der politische Diskurs in Westfalen-Lippe ist in diesem Punkt bereits offen und transparent geführt worden. Viele Stimmen haben sich gegen eine kommunale Trägerschaft ausgesprochen – mit dem Hauptargument, dass sich ein kommunaler Träger auf langfristige Entscheidungen zur Planung, Ausgestaltung und Organisation des SPNV einlassen und Verantwortung für Verträge mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren übernehmen muss. Eine dazu erforderliche Finanzierungszusage von Bund und Ländern ist aber nicht ansatzweise in dieser Laufzeit gegeben. Das Umlagerisiko für eine Kommune ist damit hoch, Finanzierungsspielräume sind angesichts schwieriger Haushaltslagen nicht gegeben. Gerade hier muss im politischen Diskurs ein zielführendes Angebot gemacht werden, die Erfüllung dieser Anforderung ist aus Sicht der NWL-Politik ein erfolgskritischer Faktor im Reformprozess.“

Bietet Chancen und birgt Herausforderungen

Eine Reform des SPNV bietet Chancen und birgt Herausforderungen, die aus Sicht des NWL die folgenden Aspekte zwingend berücksichtigen sollte:

  • Chance zur Effizienzsteigerung nutzen: Die Reduktion von Doppelstrukturen und eine bessere Koordinierung könnten Prozesse optimieren.
  • Herausforderung Regionale Spezifika berücksichtigen: Eine zentralisierte Struktur darf nicht dazu führen, dass regionale Bedarfe und Besonderheiten in den Hintergrund treten.
  • Chance zur Fahrgastorientierung: Eine Reform darf nicht auf eine reine Verwaltungsstrukturreform hinauslaufen, sondern muss sich an einer spürbaren Verbesserung für die Fahrgäste orientieren.
  • Herausforderung bei Unsicherheit in der Mitarbeiterschaft: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bestehenden Organisationen müssen Klarheit über ihre berufliche Zukunft erhalten, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Der NWL wird sich in den Entwicklungsprozess des Ministeriums konstruktiv und sachlich einbringen, um idealerweise im Zuge der Novellierung des ÖPNV-Gesetzes auch Lösungen für die Herausforderungen entwickelt und die Chancen bestmöglich realisiert werden. 

Fahrgastverband stellt Forderungen

Die DB Regio NRW ist ein großer Akteur im SPNV in Nordrhein-Westfalen. Im Bild die RB64 von Enschede nach Münster beim Stop in Gronau. (Foto: Werner Szybalski)

Für Pro Bahn NRW wird die Zusammenlegung der Aufgabenträger für diese zu mehr Marktmacht und damit mehr Durchschlagskraft bei allen Aspekten der Infrastruktur und Qualität führen. Um den ganz großen Wurf zu schaffen, fordert der Fahrgastverband:

  • Der neue Aufgabenträger sollte den öffentlichen Verkehr als wichtigen Faktor der der Landes- und Strukturentwicklung aktiv gestalten können. Weiterhin muss der neue Aufgabenträger seine Fahrgastfreundlichkeit in vielen Bereichen steigern.
  • Lösungsorientiertere Zusammenarbeit des neuen Aufgabenträgers mit Kommunen und Einführung einer Ebene regional verorteter, beratender Gremien.
  • Überwindung des Spannungsfeldes zwischen zentraler Entscheidung und lokaler Mitwirkung durch geeignete regionale schlanke Strukturen, die von unten nach oben Einfluss nehmen, aber nicht blockieren können.
  • Zusammenlegung der SPNV-Aufgabenträger mit landesweit harmonisierter Struktur und Tarifen.
  • Mitwirkung der Fahrgastverbände und anderer Nutzerinteressen in allen Gremien.
  • Transparenz durch Öffentlichkeit aller Sitzungen, Vorlagen und Dokumente (ausgenommen Wettbewerb und Personelles).

Damit geht der Fahrgastverband mit seinen Vorstellungen offensichtlich weit über die ursprünglichen Ideen der Landesregierung hinaus. Es wird sicherlich noch sehr interessant, was Verkehrsministerium und die Landespolitik bis zur Verabschiedung der Strukturreform für den SPNV in Nordrhein-Westfalen diskutieren wollen. Nur die Aufgabenträger zusammenzulegen, um eine bessere Verhandlungsposition bei Vergaben zu erhalten, ist vermutlich nicht den Aufwand wert, der bislang schon betrieben wurde.

KOMMENTAR

Nahverkehr auf der Schiene muss nicht profitieren

Die geplante Strukturreform wird sicherlich die Position des einen Aufgabenträgers gegenüber den SPNV anbietenden Unternehmen verbessern. Ob zugleich auch Verbesserungen für die Nutzer*innen sowie für die kommunalen Gebietskörperschaften, die ins finanzielle Risiko eingebettet werden könnten, entstehen, darf zur Zeit kritisch hinterfragt werden. Dies hat der NWL mit seinen Verbandsvertreter*innen zweifelsfrei deutlich gemacht. Natürlich wäre es sehr wünschenswert, wenn der Fahrgastverband Pro Bahn von Landesverwaltung, dem oder den Aufgabenträgern und den Landespolitiker*innen nicht nur gehört würde, sondern mit seinen Vorschlägen im neuen Gesetz Beachtung fände. Anderenfalls ist keineswegs gewährleistet, dass der Schienenpersonennahverkehr in NRW von der Strukturreform – auch für die Nutzer*innen – profitiert. Werner Szybalski