Bürgerbusse kommen gut an

Über 50.000 Nutzer:innen jährlich in den Kreisen Steinfurt und Warendorf

Am 3. März 1985 wurde im Münsterland der erste Bürgerbusverein Deutschlands gegründet. In den folgenden vierzig Jahren hat sich die Idee des Bürgerbusses zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt, die im Münsterland weite Anwendung gefunden hat – und gerade hier im ländlichen Raum von großer Bedeutung ist. Nicht deutlich genug ist das ehrenamtliche Engagement der Fahrerinnen und Fahrer hervorzuheben. Im vergangenen Jahr haben mehr als eine Viertel Million Fahrgäste den Bürgerbus genutzt. Im März 2025 wurde das 40-jährige Jubiläum in Legden gefeiert. Selbst NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer gratulierte und betonte die Bedeutung der Bürgerbusse als unverzichtbare Säule des Verkehrsangebotes im Kreis Borken und im Münsterland. Dies tat der RVM in einer Pressemitteilung kund.

Münsterland ist Vorreiter seit 1985

Der erste Bürgerbusvereine wurden am 2. März 1985 in den Gemeinden Heek und Legden im Westmünsterland gegründet. Vorbild waren die seit 1977 in den Niederlanden verkehrenden „Buurtbuse“. Betreut wurde der erste Bürgerbusverein schon vor 40 Jahren von der Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM). Heute betreut der RVM 25 der über 30 Vereine im Münsterland. In Nordrhein-Westfalen existieren aktuell fast 120 Bürgerbusvereine. NRW ist damit Vorreiter in Sachen Bürgerbus.

Inzwischen ist in vielen ländlichen Kommunen des Münsterlandes der Bürgerbus aus dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht mehr wegzudenken. Die Kleinbusse mit Platz für acht Fahrgäste werden von ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrern gesteuert und verkehren dort, wo sich der Einsatz eines Öffentlichen Busses nicht lohnt.

Die ersten Bürgerbusse in Deutschland fuhren Mitte der 80er Jahre im westlichen Münsterland. (Foto: Werner Szybalski)

Kreis Steinfurt: 51.000 Fahrgäste 2024 im Bürgerbus

Die fünf Bürgerbusvereine im Kreis Steinfurt beförderten in Emsdetten, in Lienen-Glandorf, in Mettingen, in Steinfurt und in Westerkappeln im Vorjahr zusammen über 51.000 Fahrgäste. Das war ein Rekord. Es entspreche, so die RVM in der Pressemitteilung, einer Steigerung von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als im Kreis Steinfurt exakt 43.567 Fahrgäste gezählt worden waren. Damit seinen auch die Fahrgastzahlen der Vor-Corona-Zeit, damals fuhren rund 34.000 Menschen im Bürgerbus deutlich übertroffen worden.

Der Bürgerbus Emsdetten mit seinen zwei Fahrzeugen ist mit 18.895 (2023 = 16.312) Fahrgästen der beliebteste im Kreis. Gefolgt wird er vom Steinfurter Verein mit 14.357 (2023 = 11.700) Fahrgästen. Beim Bürgerbusverein Lienen-Glandorf wurden 9.320 (2023 = 7.208) Mitfahrer gezählt. Der Verein aus Mettingen verzeichnete 5.909 (2023 = 5.560) Fahrgäste und das Angebot in Westerkappeln haben 2.787 (2023 = 2.762) Menschen genutzt.

Fahrgastzahlen auch im Kreis Warendorf auf Rekordniveau

Auch im Kreis Warendorf existieren fünf Bürgerbusvereine. Sie verkehren in Beelen, Hoetmar, Wadersloh und Warendorf, wobei es in der Kreisstadt gleich zwei Vereine gibt. Im Kreis Warendorf beförderten diese fünf Vereine im vergangenen Jahr insgesamt 56.228 Fahrgäste. Auch das ist ein Rekord und entspricht ebenfalls einer Steigerung von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 46.270 Fahrgästen.

Der Bürgerbus Warendorf-Nord ist mit 18.340 (2023 = 14.533) Fahrgästen der beliebteste im Kreis. Gefolgt wird er vom Wadersloher Verein mit 15.693 (2023 = 12.902) Fahrgästen. Beim Bürgerbus-Verein Warendorf-Süd wurden 11.791 (2023 = 8.658) Mitfahrer gezählt. Der Verein aus Hoetmar verzeichnete 8.076 (2023 = 8.062) Fahrgäste und das Angebot in Beelen haben 2.328 (2023 = 2.115) Menschen genutzt.

Um 17 Prozent stiegen die Bürgerbus-Fahrgastzahlen 2024 in Steinfurt und Warendorf gegenüber dem Vorjahr. (Foto: Werner Szybalski)

Im ganzen Münsterland beliebt

Auch in den anderen Landkreisen im Münsterland wurden in 2024 mehr Fahrgäste als 2023 befördert. Im Kreis Borken waren es 50.958 (2023 = 45.639) im Kreis Warendorf 56.228 (2023 = 46.270) und im Kreis Coesfeld 122.107 (2023 = 98.731). Insgesamt wurden 280.000 Personen mit den Bürgerbussen befördert. Das sind 80.000 Personen und 40 Prozent mehr als 2019 und 20 Prozent mehr als im Jahr 2023 davor.

„Die steigenden Fahrgastzahlen freuen uns und unterstreichen, dass die Zusammenarbeit zwischen uns als kommunalen Verkehrsunternehmen und Betriebsführer mit den Ehrenamtlern funktioniert ”, so Michael Klüppels, Leiter Verkehrsmanagement der RVM, der die Arbeit der örtlichen Vereine mit planerischem Know-how unterstützt und auch Verwaltungsaufgaben übernimmt.

Mobilitätspreis für Verein in Lüdinghausen

Neben Fahrgastzuwächsen freute sich im Dezember die Bürgerbus-Gemeinschaft des Münsterlandes auch über den NRW-Mobilitätspreis 2024. Der Bürgerbusverein Lüdinghausen wurde damit für seine Umsetzung des Konzepts „Bürgerbus On Demand“ ausgezeichnet. Dort gibt es keine Linienfahrten mehr, sondern die Fahrten werden nur nach Bedarf und Anforderung durchgeführt. Fahrgäste können sich den Bürgerbus zu einer gewünschten Zeit bestellen, um von einer Haltestelle zu einer anderen gefahren zu werden. In Olfen und Billerbeck fahren die Bürgerbusse schon länger On Demand. „In den beiden Kommunen werden sogar Fahrten zwischen Haustür und Haltestelle angeboten”, erklärte Michael Klüppels, der verkünden konnte: „In unsere große Bürgerbus-Familie der RVM wurde Anfang März der Bürgerbus Havixbeck aufgenommen.“ Gefahren wird auch am Nordostrand der Baumberge nicht nach Fahrplan sondern nach dem On-Demand-Konzept.

Wohlfühlen im Martiniviertel

So sehen die Planer*innen die Hörsterstraße nach Abschluss der Umgestaltung. (Visualisierung: SAL Landschaftsarchitektur)

Stadtnahes Quartier wird ab Mai umgestaltet

„Mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität, mehr Klimaschutz und mehr Raum für alle, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind“, verspricht die Stadt Münster in einer Presseerklärung zur Zukunft des innerstädtischen Martiniviertels. Diese Ziele sollen durch die Umgestaltung der Hörsterstraße, der Martinistraße und der Stiftsherrenstraße sowie des kleinen Platzes am Bült realisiert werden. Das zu Grunde liegende Konzept entspricht dem Siegerentwurf des NRW-Fördermittelwettbewerb „ZukunftStadtRaum“ aus dem Jahr 2022. Vor den Umbauten will ab Mai die städtische Tochter „Stadtnetze Münster“ im Quartier die Versorgungsinfrastruktur modernisieren. Die Öffi-Nutzer*innen aus Coerde werden überwiegend nicht profitieren.

Die geplanten drei Bauphasen im Martiniviertel, die fünf Bauabschnitte beinhalten. Nach Erneuerung der Versorgungsinfrastruktur erfolgt die bauliche Umgestaltung zwischen Promenade und Bült. Los gehen soll es im Mai 2025. (Grafik: © Stadt Münster)

Stadt setzt auf Fernwärme statt auf Wärmepumpen

Zunächst wird das Fernwärmenetz aus den 1980er-Jahren im Viertel erneuert. Die Hörsterstraße wird komplett neu angeschlossen. Die Stadt sieht die in Blockheizkraftwerken und dem Kraftwerk am Hafen mit Gas erzeugte Fernwärme gegenüber den zweifelsfrei mit höherem Wirkungsgrad Energie erzeugenden Wärmepumpe im Vorteil. In der Pressemitteilung heißt es: „Der Ausbau der Fernwärme als klimagerechte Alternative zur Wärmepumpe [steht] im Fokus.“ Zudem sollen für mehr Kapazitäten im Stromnetz sowie sichere Internetversorgung neue Kabel verlegt werden. Teilweise würden auch die Trinkwasserleitungen erneuert.

Arbeiten erfolgen in fünf Bauabschnitten

Im Bereich Lotharingerstraße / Hörstertor / Promenade sowie in der Hörsterstraße zwischen Gartenstraße und Lotharingerstraße werden zunächst die Wärmeleitungen erneuert. Darauf folgen die Leitungsarbeiten in weiteren Abschnitten der Hörsterstraße, der Stiftsherrenstraße sowie der Martinistraße. Jeder der fünf Bauabschnitte soll rund sechs Monate dauern. Dabei können die Arbeiten, die auch im Bereich der alten Stadtmauer Münsters erfolgen, durchaus verzögert werden. Dann nämlich, wenn die Archäolog*innen auf bedeutende Funde stoßen.

Die Regionalbusse S 60, S 90 und X 90 verlieren ihre Betriebshaltestelle in der Lotharingerstraße und werden somit dauerhaft aus dem Martiniviertel vertrieben. (Foto: Werner Szybalski)

Wegen der engen Straßen im Quartier erfordern die Bauarbeiten besondere Maßnahmen. So wird zunächst die Lotharingerstraße für die Durchfahrt gesperrt – Pkws, Fahrradfahrer*innen und natürlich auch die Busse aus Coerde können die Umleitung durch die Stiftsherrenstraße nutzen. Trotzdem bleiben das Standesamt mitsamt – für Münster eigentlich wenig überraschend – der zugehörenden Parkplätze und auch das türkische Konsulat, die Sporthalle und Geschäftsstelle der TG Münster sowie andere Ziele (automobil?) erreichbar.

Über vier Millionen Euro vom Land NRW

Parallel zur Sanierung der Versorgungsinfrastruktur finalisiert Münsters Stadtverwaltung die Planungen für die Neugestaltung des Martiniviertels. Neue Bodenbeläge aus Natursteinpflaster, Wasserelemente, Grünflächen mit Bäumen und Pflanztrögen, kleine Bereiche für Außengastronomie und weitere Sitzmöglichkeiten sieht das Konzept vor. Ende 2028 soll alles fertig sein.

Die Wohlfühlmaßnahmen für die Bewohner*innen und Besucher*innen des Martiniviertels wurden im Oktober 2022 im Rat der Stadt beschlossen. Gut zehn Monate später bewilligte für die Planungen und den Umbau das Land NRW Fördermittel in Höhe von rund 4,1 Millionen Euro.

Öffi-Nutzer*innen profitieren nicht

Nicht so erfreut über das unmittelbar an das Stadtzentrum angrenzende zukünftige Wohlfühl-Quartier sind die Nutzer*innen des Öffentlichen Verkehrs. Die Hälfte des innerstädtischen Busangebots wurde im Quartier schon gestrichen – die Linie 6 fährt nun von Coerde kommend schon nicht mehr durch das Martiniviertel (und Kreuzviertel), um die Fahrgäste direkt in die Innenstadt zu bringen, sondern über die Gartenstraße daran vorbei in Richtung Hauptbahnhof. Noch härter trifft es die Öffi-Nutzer*innen aus dem Kreis Coesfeld, denn ab Mai enden die Regionalbusse aus Nottuln (S 60), Senden (S 90) und Lüdinghausen (X 90) am Hauptbahnhof statt am zukünftig noch einladender gestalteten Bült. Natürlich müssen die Fahrgäste aus dem Kreis Coesfeld dann auch zur Abfahrt ihres Busses zum Hauptbahnhof.

Fahrtziel der Linie 8 wird geändert – Fahrtzeit zum Bült verlängert

Inzwischen bedient nur noch die Linie 8 von Coerde kommend das Kreuz- und das Martiniviertel. Die Linie 6 fährt direkt vom Pumpenhaus zur Eisenbahnstraße. (Foto: Werner Szybalski)

Die im Titelbild gezeigte erneuerte Hörsterstraße wird, wie die Stadtwerke Münster auf Nachfrage mitteilten, nach dem Umbau auch nicht mehr von der Linie 8 genutzt werden dürfen. Gemäß Ratsbeschluss vom 21. Februar 2024 soll die Linie 8 spätestens nach Abschluss der Umbaumaßnahme in der Hörsterstraße von der Lotharinger Straße am Standesamt links in Richtung Bohlweg abbiegen. An der Kreuzung hinter der Promenade geht es über die Fürstenbergstraße dann rechts ab zum Bült.

Vier statt einer Ampel auf der kurzen Strecke

Somit müssen möglicherweise vier zusätzliche Stopps an Ampeln eingeplant werden. Bislang muss der Bus, wie im Bild oben, nur am Bült auf Grün warten. Die Fahrtzeit beträgt laut Stadtwerke derzeit zwischen den Haltestellen Standesamt und Altstadt / Bült drei Minuten. Das wird auf dem sicherlich mehr als dreimal so langen zuküftigen Fahrweg nicht annähernd erreichbar sein.

Zudem ändert sich natürlich auch das Fahrtziel der Linie 8, die dann aus der Gegenrichtung die Altstadt erreicht. Wolbeck dürfte nach der Fahrt am Schlossplatz vorbei und über den Stadtgraben sicherlich nicht angesteuert werden. So müssen wohl auch die Fahrgäste der Linien 15 und 16 aus Richtung Kinderhaus sich auf eine geänderte Linienführung zumindest eines der Busse einstellen.

Weitere Verschlechterungen für Öffi-Nutzer*innen aus Coerde

Eine weitere Verschlechterungen insbesondere für die Öffi-Nutzer*innen aus Coerde. Sie müssen für ein Wohlfühlviertel im Innenstadtbereich sich zukünftig entscheiden, ob sie den Hauptbahnhof (und die Eisenbahnstraße) oder den Bült erreichen wollen. Dabei wird die Fahrzeit zur Haltestelle Altstadt / Bült mit der zukünftigen Linienführung länger dauern. Profitieren dürften neben den Anwohner*innen der Hörsterstraße die paar Coerder Busnutzer*innen, die in Richtung Amtsgericht, Aasee oder Pluggendorf wollen – sie bekommen eine Direktverbindung.

Öffentliche Stadt- und Stadt-Umland-Verkehre fahren nebeneinander her

Begegnung in der Lotharinger Straße, die es ab Mai dort nicht mehr gibt. Wartender Umlandbus und Stadtbus nebeneinander.

Sondersitzung des Mobilitätsausschusses abgesagt

Ab Mai diesen Jahres werden die Regionalbusse S 60, S 90 und X 90 nicht mehr bis zur Haltestelle Altstadt / Bült fahren, sondern am Hauptbahnhof die Fahrt von Nottuln, Lüdinghausen oder Senden nach Münster beenden. Diese Verschlechterung des Angebots wird unter anderem vom Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland beklagt. Größer war aber in der politischen Klasse in Münster die Aufregung darüber, dass diese aus der Zeitung von der Verkürzung des Angebots erfuhren, obwohl die Verwaltung der Stadt Münster dem Begehren des Regionalverkehrs Münsterland zur Angebotskürzung schon zugestimmt hatte.

Die Stadtnetze Münster führen ab Mai in der Lotharinger Straße Kanalbauarbeiten durch. Deshalb fällt die dortige Betriebshaltestelle für Busse weg, die insbesondere von den Regiobussen aus Nottuln sowie Lüdinghausen und Senden genutzt wurden. An dieser Haltestelle können im April die Busfahrer*innen noch ihre Pausen machen und zudem wird so der Fahrplan der im Auftrag des RVM verkehrenden Busse eingehalten. Sie können am Bült pünktlich ihre Fahrt in den Kreis Coesfeld beginnen. „Ab Mai ist die Betriebshaltestelle nicht mehr anfahrbar beziehungsweise verfügbar“, teilte das Amt für Kommunikation der Stadt Münster auf Nachfrage mit. „Ein alternativer Standort für diese Betriebshaltestelle im Umfeld des Bült konnte trotz eingehender Prüfung nicht gefunden werden.“

Lokale Politik blieb uninformiert

Ab Mai steht wegen einer Baustelle die Betriebshaltestelle an der Lotharinger Straße den Regionalbussen nicht mehr zur Verfügung. Die Linie 8 (Bild oben) wird weiterhin dort fahren können. (Fotos: Werner Szybalski)

Offensichtlich nutzten die Regionalbusverantwortlichen, von der Stadt Münster über den Wegfall der Haltestelle informiert, dies um ihre Planungen zu ändern und die Schnellbuslinien um zwei Haltestellen in Münster zu verkürzen. Dies offensichtlich ohne die lokale Politik – weder im Kreis Coesfeld noch in der Stadt Münster – zu informieren oder gar in die Entscheidung einzubeziehen. In einer Pressemitteilung des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland wurde daran erinnert, dass Busfahrer*innen, Unternehmen und Fahrgäste sich im vergangenen Jahr über durch das hohe Verkehrsaufkommen und die vielen Staus und roten Ampeln auf der Weseler Straße in Münster und dadurch verpasste Anschlussbusse am Busbahnhof in Lüdinghausen geärgert hätten. Vielleicht soll sich auch dieses Problem mit den Fahrzeitkorrekturen beziehungsweise Linienverkürzungen in Luft auflösen. Eine diesbezügliche Antwort des Regionalverkehrs Münsterland (RVM) auf die Anfrage der Redaktion steht noch aus.

Aufregung bei Grünen und Violetten

Bereits im vergangenen Jahr war im Coesfelder Kreistag beschlossen und von der Stadt und Politik in Münster hingenommen worden, das das Busangebot auf den Linien S 60 zwischen Nottuln und Münster sowie S 90 / X 90 zwischen Olfen, Lüdinghausen, Senden und Münster aus Kostengründen gekürzt wird. Nun die Kappung im Zielort, die laut Andrea Blome, grüne Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Mobilität des Rates der Stadt Münster, mehrere hundert Fahrgäste täglich für die Restfahrt in die Innenstadt zum Umstieg in die Stadtbusse zwinge: „Wir sind von dieser Nachricht überrascht, weder im Verkehrsausschuss noch in persönlichen Gesprächen wurden wir über diese Planung informiert. Dies ist angesichts der Bedeutung dieser Grundsatzentscheidung nicht akzeptabel. Die Kürzung der Linien X 90, S 90 und S 60 halten wir für einen Fehler. Sie macht die wichtigen Busverbindungen aus dem Umland unattraktiver, entwertet die zentrale Altstadthaltestelle Bült und widerspricht unseren verkehrspolitischen Zielen. Zwar entscheidet der RVM selbst über seinen Betrieb, die Stadt Münster ist aber in der Pflicht, dafür im Straßenraum die entsprechenden Bedingungen zu schaffen. Bis zur Befassung des Verkehrsausschusses, den ich in dieser Sache zu einer Sondersitzung einberufen werde, haben wir die Verwaltung gebeten, die Planungen zur Umsetzung der Maßnahme auszusetzen.“

Unmut bei Volt

Auch bei der Ratspartei Volt sorgte die angekündigte Kürzung der Schnellbuslinien S 60, S 90 und X 90 für Unmut. Grund dafür sei aber nicht die Maßnahme selbst, sondern die mangelhafte Kommunikation darüber heißt es in einer Pressemitteilung. „Über eine solch grundlegende Entscheidung möchten wir nicht aus der Zeitung erfahren. Es wäre dringend geboten, den Ausschuss für Verkehr und Mobilität (AVM) frühzeitig und transparent einzubeziehen“, kritisiert Marcus Wilhelm, der für Volt im Verkehrsausschuss sitzt. „Dass weder der Ausschussvorsitz noch die Mitglieder im Vorfeld informiert wurden, zeigt einen deutlichen Nachholbedarf in Sachen Transparenz und Beteiligung seitens der Verwaltung und der RVM.“

Sondersitzung des Verkehrsausschusses entfällt

Andrea Blome, Vorsitzende des Verkehrsausschusses der Stadt Münster.

Nach Gesprächen mit der Stadtverwaltung, wie der Redaktion ein grundsätzlich gut informierter Sachkundiger berichtete, sei die Sondersitzung des Verkehrsausschusses vom Tisch. Tatsächlich erklörte die Vorsitzende Andrea Blome: „Wir haben seit der Ankündigung der fahrgastunfreundlichen Linienverkürzung zahlreiche intensive Gespräche geführt. All unsere Bemühungen hatten das Ziel, Alternativen auszuloten, um die direkte Erreichbarkeit des Bült für die hochfrequentierten Busse aus dem Kreis Coesfeld zu sichern. Leider vermisse ich im Ergebnis sowohl bei den RVM wie auch bei der Stadtverwaltung die Bereitschaft, zu einer Lösung im Sinne der Fahrgäste zu kommen. Da wir daran kurzfristig mit einer Sondersitzung nichts werden ändern können, hat unsere Fraktion ihren Antrag zurückgezogen. Gleichwohl erwarten wir von Verwaltung und RVM Erklärungen und alternative Lösungsvorschläge.“

Öffentlicher Regionalverkehr soll attraktiver werden

Die Grünen in Münster verdeutlichten grundsätzlich: „In Sachen Bus- und Bahnverkehr ins Umland gilt: Wir müssen diese Alternative stärken und nicht schwächen. Wenn 80 Prozent der Einpendelnden mit dem Auto nach Münster kommen, ist es unsere Aufgabe, den Regionalverkehr und damit den Umstieg auf den Bus für sie attraktiver zu machen. Es ist nicht akzeptabel, dass sich Verwaltung und Verkehrsbetrieb damit abfinden, dass die Vorzeigelinien des Münsterlandes quasi nebenbei wegen betrieblicher Schwierigkeiten gekürzt werden. Die Attraktivität unserer Altstadt steigt nicht allein dadurch, dass sie schön gestaltet wird, sondern dass sie mit Alternativen zum Auto gut erreichbar ist.“

Pro Bahn: Öffentlicher Verkehr muss zukünftig besser organisiert werden

Der Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland, bei dem der Autor in verantwortlicher Position tätig ist, nahm die Diskussion zum Anlass, um sich grundsätzlich zu äußern: „Die Verkehrssituation in Münster ist geprägt vom Umlandverkehr – sowohl aus den 1975 eingemeindeten Dörfern und besonders aus dem Münsterland. Rund 115.000 Menschen pendeln nach Münster ein. Diese verkehrliche Herausforderung kann natürlich nicht mit dem Individualverkehr gelöst werden. Doch der Öffentliche Verkehr im Münsterland ist tatsächlich zu schwach, um die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen und zugleich die Domstadt vor den Blechlawinen aus dem Umland zu schützen. Ein wichtiger Schritt wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen den Nah- und Regionalverkehrsversorgern – sowohl auf organisatorischer, betrieblicher und partizipativer Ebene.“

Werner Szybalski, Autor dieses Textes, ist Stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland.

Zur Zeit seien die Kommunalpolitiker*innen in Münster und natürlich auch in den umliegenden Kreisen in der gleichen machtlosen Position wie die Fahrgäste – sie haben kaum oder keinen Einfluss auf die Öffentlichen Regionalverkehre, betonte Pro Bahn. Wie im Schienenpersonennahverkehr, der aktuell vor einer Strukturreform steht, verlangt Pro Bahn eine stärkere und gemeinsame Position der Städte, Kreise und Gemeinden des Münsterlandes gegenüber ihren von RVM und Stadtwerken organisierten Busverkehre im Münsterland. Zudem müssen die Fahrgäste zumindest durch einen Beirat an der Planung und Kontrolle beteiligt werden.

Pro Bahn fordert mehr überkreisliche Zusammenarbeit

Wie notwendig dies ist, unterstreicht nicht nur die Kappung der Innenstadtverbindung der Schnellbuslinien, sondern auch schon deren Taktausdünnung im vergangenen Jahr. Dabei wollte sich die Stadt Münster nicht an den Kosten des Kreises Coesfeld beteiligen, um den sehr guten Takt auf der Linie zu halten. Andersrum ließen die Umlandkreise Münster bei Einführung des Ein-Euro-Tarifs bei Monatskarten allein. Werner Szybalski: „Überkreisliche Zusammenarbeit wird im Münsterland immer wieder beschworen. Schön wäre es, wenn sie häufiger zum Nutzen der Menschen auch verwirklicht würde.“