Erste Bahnsteiggespräche am 17. Juni

Münsterland-Tour des neuen Pro Bahn MSL-Vorsitzenden

Der regionalen Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland hat einen neuen Vorsitzenden. Der fast 64-jährige Münsteraner Werner Szybalski, Politikwissenschaftler (M.A.), Journalist und langjähriger Aktivist unter anderem im Bereich Verkehrswende, geht am Dienstag, dem 17. Juni 2025, auf Schienentour durchs Münsterland. Dabei möchte er die neue Struktur von Pro Bahn im Münsterland und die teilweise Jahrzehnte alten noch immer unerfüllten, aber auch neue, teilweise revolutionäre Verbesserungen gegenüber Medien und zufälligen Bahnsteiggästen kund tun.

Karte mit dem Streckenverlauf den der neue Pro Bahn-Vorsitzende im Münsterland, Werner Szybalski, am kommenden Dienstag nehmen wird. (Grafik: openstreetmap.org, Bearbeitung: Pro Bahn Münsterland)

Ein Tag im Zug und auf dem Bahnsteig

Los geht es um 9 Uhr in Coesfeld, von wo es über Münster nach Burgsteinfurt (Ankunft: 10.41 Uhr) geht, wo der Pro Bahn-Vorsitzende im Münsterland in den Bus (Schienenersatzverkehr bis Gronau) einsteigen muss. Auf Gleis 1 wird Werner Szybalski gegen zwanzig vor zwölf eintreffen. Nach dem Mittag (12.22 Uhr) reist er mit dem RB 51 nach Lünen und von dort wieder zurück nach Münster. Dort steht er von halb vier an auf Gleis 17 fast eine Stunde bereit, Anregungen zum Schienenpersonennahverkehr (SPNV) anzunehmen, Fragen von interessierten Bahnnutzer:innen und natürlich der Presse zu beantworten. Vielleicht ist zeitlich auch ein kurzes Gespräch mit der so wichtigen Bahnhofsmission möglich.

Über Warendorf (Bahnsteiggespräche auf Gleis 1 zwischen 16.50 Uhr und 17.53 Uhr), Rheda und Hamm geht es zurück nach Münster, wo Werner Szybalski ab 19:48 Uhr für eine Dreiviertelstunde auf Gleis 12 für Gespräche bereit steht. Über Osnabrück, erstmals an diesem Tage fährt er nicht mit einer Regionalbahn sondern mit dem Regionalexpress 2, mit 40-minutigem Aufenthalt ab 21:10 Uhr fährt er mit dem RE 62 zum Abschluss der Bahnsteiggespräche nach Rheine, wo er von 22.18 Uhr bis 22:53 auf Gleis 3 sein wird.

15 Stunden Bahnsteig-Speeddating und entspannte Gespräche im Zug

Zurück in Münster hat der Vorsitzende für die Befahrung dieser Strecke – es fehlen ihm nach rund 15 Stunden in Zügen und auf Bahnsteigen nur die Verbindungen von Haltern über Dülmen nach Münster sowie die drei Stichbahnen nach Coesfeld, Borken und Bocholt und aus dem VRR-Gebiet. Dabei wird Werner Szybalski nur mit Bahnen im öffentlichen Besitz (DB Regio AG NRW und Niedersachsen sowie Eurobahn) unterwegs sein.

Der Fahrplan ist ambitioniert, denn trotz guter Vorbereitung müssen die Nahverkehrszüge auch tatsächlich relativ pünktlich verkehren, damit die Bahnsteiggespräche auch funktionieren können.

Der Öffentlichen Verkehr auf der Schiene muss ab morgen die Zukunft gehören

In einer Zeit in der täglich beim Wetter der Einfluss des Klimawandels zu spüren ist, muss ohne wenn und aber die erste Priorität beim Nachhaltigsten aller Verkehrsträger, dem elektrischen Schienenverkehr, liegen. „Die Diskussionen über Technikoffenheit sind schön, sicherlich auch vielfach profitabel umzusetzen, aber für den Schutz unserer natürlichen Umwelt und damit des gesamten Planeten eine Katastrophe. Niemand, zumindest bei Pro Bahn ist das so, will zurück in die vorindustrielle Zeit, aber für etwas Zeitgewinn und höhere Mobilität unsere Lebensgrundlagen gefährden, ist sicherlich der falsche Weg“, begründet Werner Szybalski sein Engagement für den schienengebundenen Verkehr als uneingeschränkter und mit allen Privilegien auszustattenden Verkehrsträger Nummer eins.

Dabei ist ihm die Fahrgastperspektive die wichtigste aller Blickwinkel auf Planung und Betrieb des Öffentlichen Verkehrs, der zudem von den Menschen vor Ort direkt kontrolliert und deren Entscheidungen in Fahrgastforen und in Fahrgastbeiräten mitgeprägt werden müssen. Der Fernverkehr kann aus der Ferne gemanagt werden, „der Nahverkehr müsse aus der Nähe geplant, unterhalten und betrieben werden“, betonte der Pro Bahner.

Vorbild für Werner Szybalski: Die kommunale Bentheimer Eisenbahn AG mit eigenen Fahrzeugen, eigener Strecke und eigenem Bahnhöfen – hier im Bild der Bahnhof Nordhorn, 2023 von der Allianz pro Schiene als „Bahnhof des Jahres“ ausgezeichnet.. (Fotos: Werner Szybalski)

Übernahme von Nebenstrecken durch Land oder Kommunen

Dabei ist Pro Bahn – auch bundesweit – ganz wichtig, dass die häufig, wie zum Beispiel die Strecke von Münster über Warendorf – in Landes-, Stadtregions- oder kommunaler Hand kommt. Idealerweise fahren dann dort die Züge im zeitlich überschaubaren Nahverkehrsumlauf, um wieder so pünktlich wie früher sprichwörtlich die Bahn war oder heute noch in der Schweiz ist. „Die Bentheimer Eisenbahn AG, ein Unternehmen im Kreisbesitz, ist das große Vorbild in der erweiterten Region. Sie haben ihre Strecke modernisiert, bundesweit geehrte Bahnhöfe errichtet und den Zugverkehr von Bad Bentheim zukünftig sogar bis nach den Niederlanden durch die Grafschaft höchst erfolgreich reaktiviert. Da kann sich ganz Westfalen etwas abschauen und vielfach sogar einfach nachmachen“, erklärte Szybalski, der Projekte in allen Kreisen und in Münster vorantreiben will. Dazu gründet Pro Bahn Münsterland die Arbeitsgruppe „RB Münsterland“, die alle Projekte bewerben will und Öffentlichkeit für nachhaltigen SPNV im Münsterland schaffen will. Sie ist offen für alle interessierten Menschen und tritt erstmals an Fronleichnam (Donnerstag, 19. Juni 2025) von 17 Uhr bis 19 Uhr im Umwelthaus (Zumsandestraße 15 in 48145 Münster) zusammen.

Unterstützung und Begleitung

Werner Szybalski wird in verschiedenen Orten von Pro Bahn- Mitgliedern aus seinem eigen Verband, zum Beispiel Margarete Jungkamp in Gronau oder durch seinen Vorgänger Franz Maxwill in Warendorf, unterstützt. Auch Menschen aus den angrenzenden Pro Bahn-Regionen, Südwestniedersachsen, Ruhr und Ostwestfalen sowie von der Straßenbahninitiative Osnabrück Auch Fabian Wittke, Stellvertretender Vorsitzender des mit Pro Bahn im Münsterland verbundenen Verkehrsclub Deutschland, wird Szybalski auf einem längeren Teil seines Weges begleiten.

Führungswechsel beim Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland: Nachfolger Werner Szybalski (r.) aus Münster bedankte sich bei Franz Maxwill aus Everswinkel der mehrere Dekaden den Regionalverband leitete.

Anregungen und Themen für die Bahnsteiggespräche und als Arbeitsaufträge für die Arbeitsgruppe „RB Münsterland“ von Pro Bahn Münsterland können an sofort als Mail geschickt werden.

Transparenzhinweis: Der Vorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland, Werner Szybalski, ist Betreiber dieser Webseite und Herausgeber des Selfprint-Lokalmagazins VIELFALT! Das bunte Münster sowie der Stadtbahn, die regionale Zeitschrift für den öffentlichen Verkehr.

Öffentliche Stadt- und Stadt-Umland-Verkehre fahren nebeneinander her

Begegnung in der Lotharinger Straße, die es ab Mai dort nicht mehr gibt. Wartender Umlandbus und Stadtbus nebeneinander.

Sondersitzung des Mobilitätsausschusses abgesagt

Ab Mai diesen Jahres werden die Regionalbusse S 60, S 90 und X 90 nicht mehr bis zur Haltestelle Altstadt / Bült fahren, sondern am Hauptbahnhof die Fahrt von Nottuln, Lüdinghausen oder Senden nach Münster beenden. Diese Verschlechterung des Angebots wird unter anderem vom Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland beklagt. Größer war aber in der politischen Klasse in Münster die Aufregung darüber, dass diese aus der Zeitung von der Verkürzung des Angebots erfuhren, obwohl die Verwaltung der Stadt Münster dem Begehren des Regionalverkehrs Münsterland zur Angebotskürzung schon zugestimmt hatte.

Die Stadtnetze Münster führen ab Mai in der Lotharinger Straße Kanalbauarbeiten durch. Deshalb fällt die dortige Betriebshaltestelle für Busse weg, die insbesondere von den Regiobussen aus Nottuln sowie Lüdinghausen und Senden genutzt wurden. An dieser Haltestelle können im April die Busfahrer*innen noch ihre Pausen machen und zudem wird so der Fahrplan der im Auftrag des RVM verkehrenden Busse eingehalten. Sie können am Bült pünktlich ihre Fahrt in den Kreis Coesfeld beginnen. „Ab Mai ist die Betriebshaltestelle nicht mehr anfahrbar beziehungsweise verfügbar“, teilte das Amt für Kommunikation der Stadt Münster auf Nachfrage mit. „Ein alternativer Standort für diese Betriebshaltestelle im Umfeld des Bült konnte trotz eingehender Prüfung nicht gefunden werden.“

Lokale Politik blieb uninformiert

Ab Mai steht wegen einer Baustelle die Betriebshaltestelle an der Lotharinger Straße den Regionalbussen nicht mehr zur Verfügung. Die Linie 8 (Bild oben) wird weiterhin dort fahren können. (Fotos: Werner Szybalski)

Offensichtlich nutzten die Regionalbusverantwortlichen, von der Stadt Münster über den Wegfall der Haltestelle informiert, dies um ihre Planungen zu ändern und die Schnellbuslinien um zwei Haltestellen in Münster zu verkürzen. Dies offensichtlich ohne die lokale Politik – weder im Kreis Coesfeld noch in der Stadt Münster – zu informieren oder gar in die Entscheidung einzubeziehen. In einer Pressemitteilung des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland wurde daran erinnert, dass Busfahrer*innen, Unternehmen und Fahrgäste sich im vergangenen Jahr über durch das hohe Verkehrsaufkommen und die vielen Staus und roten Ampeln auf der Weseler Straße in Münster und dadurch verpasste Anschlussbusse am Busbahnhof in Lüdinghausen geärgert hätten. Vielleicht soll sich auch dieses Problem mit den Fahrzeitkorrekturen beziehungsweise Linienverkürzungen in Luft auflösen. Eine diesbezügliche Antwort des Regionalverkehrs Münsterland (RVM) auf die Anfrage der Redaktion steht noch aus.

Aufregung bei Grünen und Violetten

Bereits im vergangenen Jahr war im Coesfelder Kreistag beschlossen und von der Stadt und Politik in Münster hingenommen worden, das das Busangebot auf den Linien S 60 zwischen Nottuln und Münster sowie S 90 / X 90 zwischen Olfen, Lüdinghausen, Senden und Münster aus Kostengründen gekürzt wird. Nun die Kappung im Zielort, die laut Andrea Blome, grüne Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Mobilität des Rates der Stadt Münster, mehrere hundert Fahrgäste täglich für die Restfahrt in die Innenstadt zum Umstieg in die Stadtbusse zwinge: „Wir sind von dieser Nachricht überrascht, weder im Verkehrsausschuss noch in persönlichen Gesprächen wurden wir über diese Planung informiert. Dies ist angesichts der Bedeutung dieser Grundsatzentscheidung nicht akzeptabel. Die Kürzung der Linien X 90, S 90 und S 60 halten wir für einen Fehler. Sie macht die wichtigen Busverbindungen aus dem Umland unattraktiver, entwertet die zentrale Altstadthaltestelle Bült und widerspricht unseren verkehrspolitischen Zielen. Zwar entscheidet der RVM selbst über seinen Betrieb, die Stadt Münster ist aber in der Pflicht, dafür im Straßenraum die entsprechenden Bedingungen zu schaffen. Bis zur Befassung des Verkehrsausschusses, den ich in dieser Sache zu einer Sondersitzung einberufen werde, haben wir die Verwaltung gebeten, die Planungen zur Umsetzung der Maßnahme auszusetzen.“

Unmut bei Volt

Auch bei der Ratspartei Volt sorgte die angekündigte Kürzung der Schnellbuslinien S 60, S 90 und X 90 für Unmut. Grund dafür sei aber nicht die Maßnahme selbst, sondern die mangelhafte Kommunikation darüber heißt es in einer Pressemitteilung. „Über eine solch grundlegende Entscheidung möchten wir nicht aus der Zeitung erfahren. Es wäre dringend geboten, den Ausschuss für Verkehr und Mobilität (AVM) frühzeitig und transparent einzubeziehen“, kritisiert Marcus Wilhelm, der für Volt im Verkehrsausschuss sitzt. „Dass weder der Ausschussvorsitz noch die Mitglieder im Vorfeld informiert wurden, zeigt einen deutlichen Nachholbedarf in Sachen Transparenz und Beteiligung seitens der Verwaltung und der RVM.“

Sondersitzung des Verkehrsausschusses entfällt

Andrea Blome, Vorsitzende des Verkehrsausschusses der Stadt Münster.

Nach Gesprächen mit der Stadtverwaltung, wie der Redaktion ein grundsätzlich gut informierter Sachkundiger berichtete, sei die Sondersitzung des Verkehrsausschusses vom Tisch. Tatsächlich erklörte die Vorsitzende Andrea Blome: „Wir haben seit der Ankündigung der fahrgastunfreundlichen Linienverkürzung zahlreiche intensive Gespräche geführt. All unsere Bemühungen hatten das Ziel, Alternativen auszuloten, um die direkte Erreichbarkeit des Bült für die hochfrequentierten Busse aus dem Kreis Coesfeld zu sichern. Leider vermisse ich im Ergebnis sowohl bei den RVM wie auch bei der Stadtverwaltung die Bereitschaft, zu einer Lösung im Sinne der Fahrgäste zu kommen. Da wir daran kurzfristig mit einer Sondersitzung nichts werden ändern können, hat unsere Fraktion ihren Antrag zurückgezogen. Gleichwohl erwarten wir von Verwaltung und RVM Erklärungen und alternative Lösungsvorschläge.“

Öffentlicher Regionalverkehr soll attraktiver werden

Die Grünen in Münster verdeutlichten grundsätzlich: „In Sachen Bus- und Bahnverkehr ins Umland gilt: Wir müssen diese Alternative stärken und nicht schwächen. Wenn 80 Prozent der Einpendelnden mit dem Auto nach Münster kommen, ist es unsere Aufgabe, den Regionalverkehr und damit den Umstieg auf den Bus für sie attraktiver zu machen. Es ist nicht akzeptabel, dass sich Verwaltung und Verkehrsbetrieb damit abfinden, dass die Vorzeigelinien des Münsterlandes quasi nebenbei wegen betrieblicher Schwierigkeiten gekürzt werden. Die Attraktivität unserer Altstadt steigt nicht allein dadurch, dass sie schön gestaltet wird, sondern dass sie mit Alternativen zum Auto gut erreichbar ist.“

Pro Bahn: Öffentlicher Verkehr muss zukünftig besser organisiert werden

Der Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland, bei dem der Autor in verantwortlicher Position tätig ist, nahm die Diskussion zum Anlass, um sich grundsätzlich zu äußern: „Die Verkehrssituation in Münster ist geprägt vom Umlandverkehr – sowohl aus den 1975 eingemeindeten Dörfern und besonders aus dem Münsterland. Rund 115.000 Menschen pendeln nach Münster ein. Diese verkehrliche Herausforderung kann natürlich nicht mit dem Individualverkehr gelöst werden. Doch der Öffentliche Verkehr im Münsterland ist tatsächlich zu schwach, um die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen und zugleich die Domstadt vor den Blechlawinen aus dem Umland zu schützen. Ein wichtiger Schritt wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen den Nah- und Regionalverkehrsversorgern – sowohl auf organisatorischer, betrieblicher und partizipativer Ebene.“

Werner Szybalski, Autor dieses Textes, ist Stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland.

Zur Zeit seien die Kommunalpolitiker*innen in Münster und natürlich auch in den umliegenden Kreisen in der gleichen machtlosen Position wie die Fahrgäste – sie haben kaum oder keinen Einfluss auf die Öffentlichen Regionalverkehre, betonte Pro Bahn. Wie im Schienenpersonennahverkehr, der aktuell vor einer Strukturreform steht, verlangt Pro Bahn eine stärkere und gemeinsame Position der Städte, Kreise und Gemeinden des Münsterlandes gegenüber ihren von RVM und Stadtwerken organisierten Busverkehre im Münsterland. Zudem müssen die Fahrgäste zumindest durch einen Beirat an der Planung und Kontrolle beteiligt werden.

Pro Bahn fordert mehr überkreisliche Zusammenarbeit

Wie notwendig dies ist, unterstreicht nicht nur die Kappung der Innenstadtverbindung der Schnellbuslinien, sondern auch schon deren Taktausdünnung im vergangenen Jahr. Dabei wollte sich die Stadt Münster nicht an den Kosten des Kreises Coesfeld beteiligen, um den sehr guten Takt auf der Linie zu halten. Andersrum ließen die Umlandkreise Münster bei Einführung des Ein-Euro-Tarifs bei Monatskarten allein. Werner Szybalski: „Überkreisliche Zusammenarbeit wird im Münsterland immer wieder beschworen. Schön wäre es, wenn sie häufiger zum Nutzen der Menschen auch verwirklicht würde.“

Verkehrspolitik in Münster: Kniefall vor dem Auto

WLE-Reaktivierungsdesaster, Busausfälle wegen katastrophaler Personalplanung, immer mehr Details zur S-Bahn-Lüge werden öffentlich, Fahrtkürzungen beim Mobilitätspreisträger 2023, der Buslinie X90/S90, Einstellung des LOOP-Betriebs, zunehmende Privatisierung des Busverkehrs in Münster und nun die Aufgabe des Metrobus-Konzeptes – die aktuelle Liste des Scheitern im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Münster und dem Münsterland ist erschreckend lang. Sie kommt allerdings wenig überraschend. Die Verkehrswende ist mit roter Farbe auf Pseudoradstraßen mit PKW-Verkehr und durch die Einführung von Elektrobussen ausschließlich bei den Fahrzeugen der Stadtwerke Münster und angeblichen Zeitgewinnen durch Fahrstreckenveränderungen und kurzen Busspuren natürlich nicht zu erreichen.

Politikwende ist erforderlich

Spätestens nach dem entlarvenden WN-Interview von Frank Gäfgen, ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke Münster, am 20. Juli zieht Werner Szybalski, Sprecher der Münsterliste, ein für das Klima katastrophales Fazit der örtlichen Verkehrspolitik: „Die dringend notwendige Verkehrswende in Münster und dem Münsterland ist krachend gescheitert. Es ist Zeit für die Politikwende!“

Mehr Nebelkerzen als Pyrotechnik im Preußenstadion

Frank Gäfgen, ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke Münster. (Foto: Werner Szybalski)

Die kommunale Wähler*innen-Vereinigung Münsterliste – bunt und international e.V. beklagt seit Jahren, dass von Politik und Verwaltung in der Verkehrspolitik mehr Nebelkerzen gezündet werden, als die Preußenfans Pyrotechnik im Stadion abbrennen können. „Die Menschen im Münsterland werden andauernd durch tolle Versprechen geblendet. Die klassischen ÖPNV-Nutzer*innen, die vier „A“s, wie abgehängt, Arme, Alte, Auszubildende und Ausländer, sind die Leidtragenden der fortgesetzten lokalen und insbesondere regionalen Privatisierungs- und Automobilpolitik“, erklärt Werner Szybalski: „Die Zeche für neoliberale Politik zahlen die jungen und die zukünftigen Generationen. Noch können wir etwas korrigieren und die Belastung senken. Dazu ist aber ein konsequente nachhaltige und ressourcenschonende Verkehrs- und Infrastrukturpolitik notwendig.“

Klein-Klein statt Nachhaltigkeit

Gäfgen beklagt im Interview, dass er „eingestehen [muss], dass wir den erforderlichen Raum [für Metrobusse] nicht auftreiben können.“ Ein Kniefall vor dem Auto. Ganz im Sinne seiner neoliberalen Vorstellungen orientiert sich der ÖPNV-Geschäftsführers der Stadtwerke auch nicht an den Bedürfnissen und Interessen seiner Fahrgäste („dann ist es hinnehmbar, dass die verbleibenden keinen Vorteil haben.“), sondern an der marktwirtschaftlichen Optimierung seines Unternehmens. Dabei wird natürlich ein grünes Mäntelchen umgehängt. Die Stadtwerke streben zukünftig den emissionsfreien Busbetrieb an – allerdings nicht in der Stadt sondern lediglich bei den eigenen Fahrzeugen. Dies ist ein großes Problem und schon wieder eine Nebelkerze, denn die von Gäfgen beauftragten privaten Busunternehmen, die seit ein paar Monaten und mit weiter wachsender Tendenz (Ringlinien) schon mehr als die Hälfte der Busfahrten in Münster durchführen, haben, so die Stadtwerke-Antwort auf Nachfrage, keinen einzigen emissionsfreien Bus im Fahrbetrieb. Ohne Politikwende bleibt es in der Verkehrspolitik beim Klein-Klein ohne ausreichende Nachhaltigkeit.

Alle mit Verbrenner-Antrieb!

Blicke nach Oberhausen, Utrecht, Essen und Freiburg lohnen

„Wir setzen auf viele kleine Lösungen“, verdeutlicht Frank Gäfgen im Interview, dass es lediglich mit Tröpfchen statt fließend Wasser weitergeht. Wo aber liegt der Hase im Pfeffer, wo ist der Hund begraben oder was ist der springende Punkt? Ziemlich einfach, denn Münster (und die Landes- und Bundesebene) betreiben weiterhin eine Verkehrs- und Wirtschaftspolitik, die das Auto ins Zentrum rückt. Während Utrecht eine Fahrradstadt ist, wird in Münster nur viel Rad gefahren. Während in Essen nach dem „Bürgerbegehren RadEntscheid“ ein Konzept verfolgt wird, dass das Auto aus der Stadt verdrängen soll, schließt Münster gerade einmal ein paar Parkplätze auf dem Domplatz. Während Oberhausen die Straßenbahn schon Ende des Jahrtausends reaktivierte, wartet die Wiederinbetriebnahme des Personenverkehrs auf der WLE-Strecke schon seit rund 40 Jahren. Während Freiburg im Breisgau die Stadt der kurzen Wege realisiert und Stadtteile schafft, in denen die neuen Bewohner*innen weitgehend auf Autos verzichten können, wird in Münster eine Autobahn zum Vorort Handorf gebaut.

Mönster-Tram und Mönsterlänner fehlen

Historische Straßenbahn im Regelbetrieb in Mailand. Links hinter dem sitzenden Fahrgast die digitale Selbstbedienungskasse für Fahrschein-, EC- und Kreditkarten. (Fotos: Werner Szybalski)

Die Priorisierung des Autos muss zu Ende gehen. Insbesondere der ÖPNV und der Fußverkehr ist hingegen massiv durch Angebotserweiterung und Infrastrukturausbau zu fördern. Nimmt man die Verkehrs- und Energiewende ernst, muss auch in Münster die Schiene eine Renaissance erleben. „Die Münsterliste fordert seit Jahren eine Stadtbahn. Die Mönster-Tram ist zwar eine großes und teures Projekt, wird aber alle bei der Inbetriebnahme lebenden Münsteraner*innen überleben. Kürzlich fuhr ich in Mailand mit einer 98 Jahre alten Straßenbahn, in der ich elektronisch – durch Vorhalten meiner EC-Karte – die nur 2,20 Euro für die Einzelfahrt zahlen konnte. Viel nachhaltiger und moderner geht es kaum“, so Werner Szybalski.

Die Münsterliste wünscht sich für das Münsterland einen Nahverkehr auf Schiene und Straße aus einem Guß und natürlich ausschließlich in Öffentlicher Hand. (Foto: Werner Szybalski)

Die Münsterliste möchte zudem den Mönsterlänner einführen. Ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen mit möglichst viel Schiene und emissionsfreien Bussen, dass zwischen Münster, Osnabrück und Enschede den Nahverkehr plant und betreibt. Leider sind bislang die Politiker*innen in den Gemeinde- und Stadträten sowie den Kreistagen und der Bus- und Bahn-Zwecksverbandsversammlung (ZVM) des Münsterlandes selten einmütig für den Nahverkehr im Münsterland. Zuletzt zeigten dies die Entscheidungen zur Einschränkungen bei der Buslinie X90/S90 oder auch der nur stadtinternen Einführung des 29-€-Tickets in Münster.

Fahrgastbeirat würde helfen

100.000 Euro liegen seit vergangenen Jahr im Haushalt der Stadt Münster brach, mit dem Wege zur Beteiligung der Einwohner*innen an der Politik durch Bürger*innenräte gesucht werden sollen. Die Einführung von einem Fahrgastbeirat bei den Stadtwerken könnte ohne einen Cent auszugeben durch Beschluss des Unternehmens und der Aufsichtsgremien erfolgen. Aber damit ist bei einem auf Betriebsoptimierung statt auf Fahrgastinteressen gerichteten Blick des ÖPNV-Geschäftsführers nicht zu rechnen. „Dabei wäre es so sinnvoll, wenn auch in Münster, wie schon in zahlreichen Verkehrsunternehmen und -verbünden in Deutschland, die Nutzer*innen des Öffentlichen Nahverkehr dauerhaft und mitentscheidend in die Organisation und Planung einbezogen würden“, unterstreicht Werner Szybalski für die Münsterliste.