Öffentliche Stadt- und Stadt-Umland-Verkehre fahren nebeneinander her

Begegnung in der Lotharinger Straße, die es ab Mai dort nicht mehr gibt. Wartender Umlandbus und Stadtbus nebeneinander.

Sondersitzung des Mobilitätsausschusses abgesagt

Ab Mai diesen Jahres werden die Regionalbusse S 60, S 90 und X 90 nicht mehr bis zur Haltestelle Altstadt / Bült fahren, sondern am Hauptbahnhof die Fahrt von Nottuln, Lüdinghausen oder Senden nach Münster beenden. Diese Verschlechterung des Angebots wird unter anderem vom Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland beklagt. Größer war aber in der politischen Klasse in Münster die Aufregung darüber, dass diese aus der Zeitung von der Verkürzung des Angebots erfuhren, obwohl die Verwaltung der Stadt Münster dem Begehren des Regionalverkehrs Münsterland zur Angebotskürzung schon zugestimmt hatte.

Die Stadtnetze Münster führen ab Mai in der Lotharinger Straße Kanalbauarbeiten durch. Deshalb fällt die dortige Betriebshaltestelle für Busse weg, die insbesondere von den Regiobussen aus Nottuln sowie Lüdinghausen und Senden genutzt wurden. An dieser Haltestelle können im April die Busfahrer*innen noch ihre Pausen machen und zudem wird so der Fahrplan der im Auftrag des RVM verkehrenden Busse eingehalten. Sie können am Bült pünktlich ihre Fahrt in den Kreis Coesfeld beginnen. „Ab Mai ist die Betriebshaltestelle nicht mehr anfahrbar beziehungsweise verfügbar“, teilte das Amt für Kommunikation der Stadt Münster auf Nachfrage mit. „Ein alternativer Standort für diese Betriebshaltestelle im Umfeld des Bült konnte trotz eingehender Prüfung nicht gefunden werden.“

Lokale Politik blieb uninformiert

Ab Mai steht wegen einer Baustelle die Betriebshaltestelle an der Lotharinger Straße den Regionalbussen nicht mehr zur Verfügung. Die Linie 8 (Bild oben) wird weiterhin dort fahren können. (Fotos: Werner Szybalski)

Offensichtlich nutzten die Regionalbusverantwortlichen, von der Stadt Münster über den Wegfall der Haltestelle informiert, dies um ihre Planungen zu ändern und die Schnellbuslinien um zwei Haltestellen in Münster zu verkürzen. Dies offensichtlich ohne die lokale Politik – weder im Kreis Coesfeld noch in der Stadt Münster – zu informieren oder gar in die Entscheidung einzubeziehen. In einer Pressemitteilung des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland wurde daran erinnert, dass Busfahrer*innen, Unternehmen und Fahrgäste sich im vergangenen Jahr über durch das hohe Verkehrsaufkommen und die vielen Staus und roten Ampeln auf der Weseler Straße in Münster und dadurch verpasste Anschlussbusse am Busbahnhof in Lüdinghausen geärgert hätten. Vielleicht soll sich auch dieses Problem mit den Fahrzeitkorrekturen beziehungsweise Linienverkürzungen in Luft auflösen. Eine diesbezügliche Antwort des Regionalverkehrs Münsterland (RVM) auf die Anfrage der Redaktion steht noch aus.

Aufregung bei Grünen und Violetten

Bereits im vergangenen Jahr war im Coesfelder Kreistag beschlossen und von der Stadt und Politik in Münster hingenommen worden, das das Busangebot auf den Linien S 60 zwischen Nottuln und Münster sowie S 90 / X 90 zwischen Olfen, Lüdinghausen, Senden und Münster aus Kostengründen gekürzt wird. Nun die Kappung im Zielort, die laut Andrea Blome, grüne Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Mobilität des Rates der Stadt Münster, mehrere hundert Fahrgäste täglich für die Restfahrt in die Innenstadt zum Umstieg in die Stadtbusse zwinge: „Wir sind von dieser Nachricht überrascht, weder im Verkehrsausschuss noch in persönlichen Gesprächen wurden wir über diese Planung informiert. Dies ist angesichts der Bedeutung dieser Grundsatzentscheidung nicht akzeptabel. Die Kürzung der Linien X 90, S 90 und S 60 halten wir für einen Fehler. Sie macht die wichtigen Busverbindungen aus dem Umland unattraktiver, entwertet die zentrale Altstadthaltestelle Bült und widerspricht unseren verkehrspolitischen Zielen. Zwar entscheidet der RVM selbst über seinen Betrieb, die Stadt Münster ist aber in der Pflicht, dafür im Straßenraum die entsprechenden Bedingungen zu schaffen. Bis zur Befassung des Verkehrsausschusses, den ich in dieser Sache zu einer Sondersitzung einberufen werde, haben wir die Verwaltung gebeten, die Planungen zur Umsetzung der Maßnahme auszusetzen.“

Unmut bei Volt

Auch bei der Ratspartei Volt sorgte die angekündigte Kürzung der Schnellbuslinien S 60, S 90 und X 90 für Unmut. Grund dafür sei aber nicht die Maßnahme selbst, sondern die mangelhafte Kommunikation darüber heißt es in einer Pressemitteilung. „Über eine solch grundlegende Entscheidung möchten wir nicht aus der Zeitung erfahren. Es wäre dringend geboten, den Ausschuss für Verkehr und Mobilität (AVM) frühzeitig und transparent einzubeziehen“, kritisiert Marcus Wilhelm, der für Volt im Verkehrsausschuss sitzt. „Dass weder der Ausschussvorsitz noch die Mitglieder im Vorfeld informiert wurden, zeigt einen deutlichen Nachholbedarf in Sachen Transparenz und Beteiligung seitens der Verwaltung und der RVM.“

Sondersitzung des Verkehrsausschusses entfällt

Andrea Blome, Vorsitzende des Verkehrsausschusses der Stadt Münster.

Nach Gesprächen mit der Stadtverwaltung, wie der Redaktion ein grundsätzlich gut informierter Sachkundiger berichtete, sei die Sondersitzung des Verkehrsausschusses vom Tisch. Tatsächlich erklörte die Vorsitzende Andrea Blome: „Wir haben seit der Ankündigung der fahrgastunfreundlichen Linienverkürzung zahlreiche intensive Gespräche geführt. All unsere Bemühungen hatten das Ziel, Alternativen auszuloten, um die direkte Erreichbarkeit des Bült für die hochfrequentierten Busse aus dem Kreis Coesfeld zu sichern. Leider vermisse ich im Ergebnis sowohl bei den RVM wie auch bei der Stadtverwaltung die Bereitschaft, zu einer Lösung im Sinne der Fahrgäste zu kommen. Da wir daran kurzfristig mit einer Sondersitzung nichts werden ändern können, hat unsere Fraktion ihren Antrag zurückgezogen. Gleichwohl erwarten wir von Verwaltung und RVM Erklärungen und alternative Lösungsvorschläge.“

Öffentlicher Regionalverkehr soll attraktiver werden

Die Grünen in Münster verdeutlichten grundsätzlich: „In Sachen Bus- und Bahnverkehr ins Umland gilt: Wir müssen diese Alternative stärken und nicht schwächen. Wenn 80 Prozent der Einpendelnden mit dem Auto nach Münster kommen, ist es unsere Aufgabe, den Regionalverkehr und damit den Umstieg auf den Bus für sie attraktiver zu machen. Es ist nicht akzeptabel, dass sich Verwaltung und Verkehrsbetrieb damit abfinden, dass die Vorzeigelinien des Münsterlandes quasi nebenbei wegen betrieblicher Schwierigkeiten gekürzt werden. Die Attraktivität unserer Altstadt steigt nicht allein dadurch, dass sie schön gestaltet wird, sondern dass sie mit Alternativen zum Auto gut erreichbar ist.“

Pro Bahn: Öffentlicher Verkehr muss zukünftig besser organisiert werden

Der Fahrgastverband Pro Bahn Münsterland, bei dem der Autor in verantwortlicher Position tätig ist, nahm die Diskussion zum Anlass, um sich grundsätzlich zu äußern: „Die Verkehrssituation in Münster ist geprägt vom Umlandverkehr – sowohl aus den 1975 eingemeindeten Dörfern und besonders aus dem Münsterland. Rund 115.000 Menschen pendeln nach Münster ein. Diese verkehrliche Herausforderung kann natürlich nicht mit dem Individualverkehr gelöst werden. Doch der Öffentliche Verkehr im Münsterland ist tatsächlich zu schwach, um die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen zu erfüllen und zugleich die Domstadt vor den Blechlawinen aus dem Umland zu schützen. Ein wichtiger Schritt wäre eine engere Zusammenarbeit zwischen den Nah- und Regionalverkehrsversorgern – sowohl auf organisatorischer, betrieblicher und partizipativer Ebene.“

Werner Szybalski, Autor dieses Textes, ist Stellvertretender Vorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn Münsterland.

Zur Zeit seien die Kommunalpolitiker*innen in Münster und natürlich auch in den umliegenden Kreisen in der gleichen machtlosen Position wie die Fahrgäste – sie haben kaum oder keinen Einfluss auf die Öffentlichen Regionalverkehre, betonte Pro Bahn. Wie im Schienenpersonennahverkehr, der aktuell vor einer Strukturreform steht, verlangt Pro Bahn eine stärkere und gemeinsame Position der Städte, Kreise und Gemeinden des Münsterlandes gegenüber ihren von RVM und Stadtwerken organisierten Busverkehre im Münsterland. Zudem müssen die Fahrgäste zumindest durch einen Beirat an der Planung und Kontrolle beteiligt werden.

Pro Bahn fordert mehr überkreisliche Zusammenarbeit

Wie notwendig dies ist, unterstreicht nicht nur die Kappung der Innenstadtverbindung der Schnellbuslinien, sondern auch schon deren Taktausdünnung im vergangenen Jahr. Dabei wollte sich die Stadt Münster nicht an den Kosten des Kreises Coesfeld beteiligen, um den sehr guten Takt auf der Linie zu halten. Andersrum ließen die Umlandkreise Münster bei Einführung des Ein-Euro-Tarifs bei Monatskarten allein. Werner Szybalski: „Überkreisliche Zusammenarbeit wird im Münsterland immer wieder beschworen. Schön wäre es, wenn sie häufiger zum Nutzen der Menschen auch verwirklicht würde.“

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