SPD will eine sozial gerechte Stadt

Themenkonferenz „Soziale Stadt“ im Wuddi des Bürgerhauses Kinderhaus

Am kommenden Mittwoch, dem 30. April 2025, will die SPD Münster im Johanniter Gästehaus ihr Kommunalwahlprogramm verabschieden. Eine Woche zuvor hatte die Partei Genossinnen und Genossen und Vertreter:innen von sozialen Einrichtungen in Münster zur Themenkonferenz „Soziale Stadt“ nach Kinderhaus eingeladen. In den knapp zwei Stunden wurde im Wuddi viel diskutiert, um herauszubekommen, wie die SPD in den kommenden Jahren Münster zu einer „sozial gerechten Stadt“ machen kann. Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeisterkandidaten Stephan Brinktrine stellte dieser drei Expert:innen (Dr. Christina Rentzsch, Sozialdezernentin Braunschweig; Markus Wallmeier, AWO Münster; Liam Kajin Demmke, DGB Münster) einführende Fragen, ehe in zwei Workshops intensiv gearbeitet wurde.

Dr. Christina Rentzsch. (Fotos: Werner Szybalski)

„Die besten Ideen entstehen im Dialog“, unterstrich Stephan Brinktrine, der die knapp 40 Gäste bat, sich intensiv in die Diskussion einzubringen. Dr. Christina Rentzsch, seit 2023 Sozialdezernentin in Braunschweig und früher Vorsitzende der SPD Münster-Mitte, unterstrich in ihrem Eingangsstatement die Bedeutung der „sozialen Funktionen, die der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Stadt“ helfen würden. Markus Wallmeier betonte, dass es in der sozialen Arbeit „die Ansprache vor Ort“ extrem wichtig sei, und Liam Demmke erklärte, dass insbesondere bei jungen Menschen die „Demokratie und Mitbestimmung“ eine zentrale Rolle einnehme.

Die drei Grundprinzipien der SPD-Sozialpolitik

Die SPD-Sozialpolitik in Münster sei an drei Grundprinzipien orientiert:

  • Prävention von Benachteiligungen: „Wir wollen durch einen vorbeugenden Ansatz Benachteiligungen gar nicht erst entstehen lassen. Das umfasst unter anderem die Förderung von frühkindlicher Bildung und die Stärkung sozialer Netzwerke in den Stadtteilen.“
  • Gleichberechtigte Teilhabe: „Wir wollen allen Menschen in Münster eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Dabei setzen wir auf ein breites Spektrum an Teilhabeangeboten, von Bildung und Kultur über Mobilität bis hin zu Freizeitaktivitäten.“
  • Ausgleich von Benachteiligungen: „Wir wollen vorhandene Benachteiligungen ausgleichen und es so allen ermöglichen, individuelle Lebenschancen zu verwirklichen. Dazu gehören gezielte Förderprogramme für benachteiligte Gruppen sowie der Ausbau von Angeboten im Bereich Bildung und Arbeit.“

Münster – Stadt der „Studies und Alten“

Im Workshop „Soziales und Wohnen“ wurde unter anderem über die zukünftig bessere Nutzung des vorhanden Wohnraums diskutiert. Dabei spielte auch der teilweise schlechte Zustand der Wohnungen (Stichwort: marode Hochhäuser in Coerde) eine Rolle. Festgestellt wurde, das Münster eine inzwischen eine Stadt der „Studies und Alten“ sei, was die Situation der Auszubildenden und der Fachkräfte in den Mittelpunkt der Diskussion brachte. „Den Wohnraum in der Stadt zu vermehren, ist ein Schlüssel zur Lösung des Fachkräftemangels“, warf ein Teilnehmer ein.

Aber auch, so wurde bemängelt, fehle Wohnraum für die „arbeitende Mitte“. Dies zeuge, trotz SoBoMü und KonvOY, von erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Wohnraumpolitik in der Stadt. Als ein Lösungsvorschläge wurden die Wohnungsgenossenschaften, es gibt in Münster zwei, und auch genossenschaftliches Wohnen (Beispiel: Grüner Weiler in Gievenbeck) ins Gespräch gebracht.

Ein besonders Problem in der Stadt und insbesondere in einigen Quartieren Münsters sei die Pflegesituation. Auch diese sei durch die Wohnraumsituation erschwert. Neben Nachbarschaftshilfe könne auch die Sozialarbeit in den Stadtteilen da für Entlastung sorgen.

Liam Demmke vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Münster betonte die Wichtigkeit der gerechten Bezahlung im Berufsleben.

Mit der Wirtschaft im Dialog

Kleiner war die Gruppe, die sich im Workshop „Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“ austauschte. Stephan Brinktrine berichtete zum Einstieg: „Ich habe Gespräche mit der Wirtschaft geführt. Dabei konnte ich den Eindruck gewinnen, dass die es inzwischen bezüglich der Ausbildungssituation in Münster begriffen hat.“ SPD-Ratsherr Thomas Kollmann warf ein, dass die SPD auch „im Unterschied zu den Grünen“ klar bekenne: „Wir wollen weitere Wirtschaftsstandorte in der Stadt realisieren.“

Neben der Bedeutung des Sozialen Arbeitsmarktes – insbesondere in prekären Stadtvierteln – wurde länger über die Verkehrssituation gesprochen. dabei stand unter anderem die Verkehrssicherheit für Radfahrer:innen im Zentrum. Aber auch die Situation des Öffentlichen Verkehrs (unter anderem schlechte Verbindungen zwischen Außenstadtteilen wegen zentrumszentrierte Ausrichtung der Buslinien) wurde kritisch beleuchtet. Dies alles mache dem Arbeitsmarkt zu schaffen, wie der SPD-Unterbezirksvorsitzende Fabian Fuchs erklärte: „Fachkräfte können es sich nicht leisten in Münster zu wohnen.“

Chancengleichheit und soziale Teilhabe

Der SPD Münster, so ihre Selbstbeschreibung, setzt sich in Münster für den Erhalt und den Ausbau von Chancengleichheit und sozialer Teilhabe ein. Dabei ist der Partei der sozialer Zusammenhalt in den Nachbarschaften wichtig. Das Miteinander im Quartier möchte die SPD durch Quartierstreffpunkte, und zwar dort, wo die Menschen wohnen, fördern. So soll das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und der Vereinsamung vorgebeugt werden. Dazu muss es Teilhabemöglichkeiten im Quartier, also Essenstreffs, Beratung und Bildung, geben. So wollen die Sozialdemokraten auch der Vereinsamung und der Altersarmut entgegenwirken. Für sie gehören wohnortnahe Freizeitmöglichkeiten und Sportangebote zwingend dazu, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und zugleich natürlich auch Gesundheitsförderung zu fördern.

Benachteiligungen abbauen

Obdachlosen Menschen wollen die SPDler:innen ein menschenwürdiges Wohnen ermöglichen, auch wenn diese auf dem Wohnungsmarkt keine eigene Unterkunft finden können. „Hierbei setzen wir auch auf modulare Wohnformen und soziale Wohnprojekte, die schnell und unkompliziert Lösungen bieten“, verdeutlicht die SPD auf ihrer Webseite zur Veranstaltung.

Den Soziale Arbeitsmarkt in Münster, der benachteiligten Menschen über Arbeitsgelegenheit (AGH) und 16i-Maßnahmen gemäß Sozialgesetzbuch II den Weg zum ersten Arbeitsmarkt eröffnen soll, wollen die Sozialdemokraten ebenso wie Programme zur Weiterbildung und Qualifizierung, die speziell auf die Bedürfnisse der betroffenen Gruppen abgestimmt sein müssten, weiter fördern. Zudem sollen Pflege- und Gesundheitsberufe attraktiver gemacht werden. Auch müsse für diese Kräfte bezahlbarer Wohnraum in der Stadt vorgehalten werden.

Als Expert:innen zur Themenkonferenz „Soziale Stadt“ der SPD Münster waren Markus Wallmeier (l.) von der AWO Münster, Dr. Christina Rentzsch, die Sozialdezernentin der Stadt Braunschweig, und Liam Kajin Demmke (r.) vom DGB Münster geladen. Oberbürgermeisterkandidat Stephan Brinktrine stellte ihnen einleitende Fragen.

Stadt- und Mobilitätsplanung für alle

Bei der Stadtplanung ist es der SPD wichtig, dass alle Stadtteile gut erschlossen werden und auch barrierefrei sind: „Wir setzen uns für einen öffentlichen Nahverkehr ein, der alle Stadtteile miteinander verbindet und auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Da Mobilität ein wichtiger Aspekt der Teilhabe ist, haben wir das Münsterticket eingeführt. Mit diesem Ticket können alle Menschen in Münster für umgerechnet einen Euro am Tag im gesamten Stadtbereich Bus und Bahn unbegrenzt nutzen.“ Keine Erwähnung fand die Einschränkung bezüglich des Deutschlandtickets sozial in Münster, das wegen dem genannten Münsterticket in der Domstadt den grundsätzlich Antragsberechtigten nicht angeboten wird. Diese Öffi-Nutzer:innen können weder die Nachbarkreise noch den Rest des Bundesgebietes mit ihrem „Sozialticket“ im Nahverkehr mit Bus und Bahn bereisen.

(v.l.) Pia Dilling, Vorsitzende des DGB Münster und Ratskandidatin der SPD, SPD-Ratsherr Thomas Kollmann aus Kinderhaus, Münsters Bürgermeisterin Maria Winkel, Markus Wallmeier von der Arbeitswohlfahrt Münster, Braunschweigs Sozialdezernentin Dr. Christina Rentzsch, SPD-OB-Kandidat Stephan Brinktrine und DGBler Liam Demmke beim Abschlussbild der SPD-Themenkonferenz „Soziale Stadt“ im Wuddi des Bürgerhauses Kinderhaus.

Es gäbe auch in Münster viele Menschen, denen es nicht gut geht. Davon ist die SPD überzeugt, weshalb sie gerade auch für diese Menschen da sein wollen: „Gemeinsam können wir eine Stadt gestalten, die sozial gerecht, lebenswert und für alle zugänglich ist.“

LEG verkauft wieder Sozialwohnungen

Kemna Immobilien Gruppe aus Kamen erwirbt im Recklinghäuser Stadtteil König Ludwig 386 Wohnungen von der LEG

Die LEG Immobilien SE ist offensichtlich gut durch ihre Krise im Vorjahr gekommen, als keine Dividende an die Aktienbesitzer*innen ausgeschüttet werden konnte. Die im Januar 2024 fällig gewordene 500-Millionen-Euro-Anleihe sowie weitere Schulden konnten laut Pressemitteilung des zweitgrößten Wohnungsunternehmens aus NRW mit Sitz in Düsseldorf refinanziert worden. Bis Mitte 2025 müssten nun keine Schulden mehr bedient werden.

Zudem habe die LEG, die über 181 Millionen Euro auf der Hauptversammlung am 23. Mai 2024 an ihre Aktionäre*innen verteilen will, auch weiterhin ungeliebte Immobilien verkaufen können. „Trotz der Kaufzurückhaltung auf dem Markt für Wohnimmobilien“ sei es der LEG im Jahr 2023 gelungen, rund 2000 Wohnungen und mehrere gewerbliche Objekte für rund 155 Millionen Euro zu verkaufen. Davon 1316 Wohnungen für zusammen 80,3 Millionen Euro im Jahr 2023. Dabei, so die LEG, sei ein Liquiditätsüberschuss von 55,2 Millionen Euro erzielt worden. Insgesamt stünden 5000 Wohnungen zum Verkauf. Nicht bekannt gab das profitorientierte Unternehmen, welche Standorte konkret vom Verkauf betroffen sein könnten.

374 Sozialwohnungen in ehemaliger Bergbausiedlung verkauft

Jüngst verkaufte die LEG in Recklinghausen 386 Wohnungen mit einer Gesamtmietfläche von rund 26.080 m² an das Kamener Privatunternehmen Kemna Immobilien. 96,89 Prozent der Wohnungen (insgesamt 374) in der Siedlung „Kolonie König Ludwig“ sind öffentlich gefördert, also sogenannte „Sozialwohnungen“ für deren Anmietung ein Wohnberechtigungsschein erforderlich ist. Über den Verkaufspreis der fast 400 Wohnungen in der Emscherzone wurde öffentlich nichts bekannt. Offensichtlich besteht dort Renovierungsbedarf, denn der Käufer will „die Objekte langfristig entwickeln“. Dies könnte natürlich – schrecklich für die Mieter*innen – auch Modernisierung bedeuten, die von den Mieter*innen zu tragen ist, was in der Regel happige Mietsteigerungen beinhaltet.

Im Jahr 1886 begann mit zwei Schächten die Kohleförderung auf der Zeche / Gewerkschaft „König Ludwig“ in Recklinghausen. Zwischen 1900 und 1903 wurden weiterer Schächte abgeteuft. In den 1930er Jahren wurde ein Verbund mit Zeche Ewald geschaffen. Die Salzgitter AG legte zwischen 1963 und 1965 die Zeche König Ludwig still. Die Siedlung „Kolonie König Ludwig“ entstand in der ersten Dekade des vergangenen Jahrhunderts Die König-Ludwig-Siedlungen wurden südwestlich der Zeche in drei Bauphasen „auf der grünen Wiese“ errichtet. In den 1960er Jahre gingen die Wohnungen an Salzgitter Wohnungs-GmbH. Später erfolgte eine denkmalgerechte Sanierung sowie umfangreiche Wohnungsmodernisierung, bei nur „einfacher Gestaltung des Wohnumfeldes“. Im neuen Jahrtausend kaufte die heute zum Vonovia-Konzern gehörende Grainger two GmbH die Siedlung. 2016, also acht Jahre nach ihrer Privatisierung, übernahm die LEG Wohnen die Wohnungen. 2024 gingen 386 Wohneinheiten mit einer Gesamtmietfläche von rund 26.080 m² an die „Kemna Immobilien Unternehmensgruppe“ aus Kamen. 374 der 386 Wohneinheiten (96,89 %) sind öffentlich gefördert. (Quelle: Siedlungskultur in Quartieren des Ruhrgebietes)

Was geschieht am Berg Fidel und in Kinderhaus?

„Durch ein stabileres Zinsumfeld sieht die LEG eine allmähliche Wiederbelebung des Transaktionsmarktes und freut sich, dass das Portfolio in Recklinghausen in gute Hände abgegeben wurde“, wird Georg zu Ysenburg, Bereichsleiter Akquisitionen bei der LEG, in der Pressemitteilung vom 12. März 2024 zitiert.

Wie Mieter*innen aus Kinderhaus berichteten, wurden vom Vermieter jüngst Maßnahmen an ihren Häusern ohne Modernisierungsankündigung vorgenommen. Natürlich kam sofort der Verdacht auf, das die Wohnungen zu den 5000 von der LEG geplanten zu veräußernden Objekte gehören würden.

Gleiches droht den Bewohner*innen der rund 700 LEG-Wohnungen und den Pächter*innen der LEG-Gewerbeobjekte am Berg Fidel. Modernisierungsmaßnahmen waren schon angekündigt. Diese wurden dann aber im Vorjahr überraschend vom Unternehmen abgesagt, obwohl zweifelsfrei in den LEG-Wohnungen an der Hogenbergstraße, am Rincklakeweg, an der Von-Corvey-Straße und zwischen Trauttmansdorffstraße, Pictoriusstraße sowie Pamkokstraße dringender Renovierungsbedarf besteht, da die Häuser von der LEG seit Jahren vernachlässigt wurden.

LEG-Ziel in Münster sind 10 € Miete pro Quadratmeter

Da die LEG in Münster mittelfristig eine Kaltmiete von zehn Euro pro Quadratmeter anstrebt, was sie aktuell aber nur in wenigen Objekten, wie zum Beispiel dem dritten Bauabschnitt in der autoarmen Weißenburgsiedlung auf der Geist, schafft, ist mit dem Verkauf der günstigen Wohnungen in Hiltrup, Berg Fidel, Angelmodde oder Kinderhaus, wo es noch keine Modernisierungsmaßnahmen gab zu rechnen. Objekte wie zum Beispiel die LEG-Häuser in Uppenberg, wo durch die gesetzlich zulässigen Mieterhöhungen der Preis in den kommenden Jahren auf zehn Euro pro Quadratmeter hochgetrieben werden kann, dürften hingegen nicht zum Verkauf stehen. Für Investoren wie die Kamener Kemna Immobilien Gruppe dürfte Münster allerdings nah genug am „östlichen Ruhrgebiet“ liegen, zumal auch Gewerbeimmobilien im Angebot sein dürften.

Die Kemna Immobilien Gruppe ist ein inhabergeführtes Immobilieninvestmentunternehmen mit Sitz in Kamen. Kerngeschäft ist der Ankauf, die Bewirtschaftung und die Entwicklung von Bestandsimmobilien in Nordrhein-Westfalen, insbesondere der Region östliches Ruhrgebiet. In der Zukunft plant die Kemna Gruppe weitere Ankäufe von entwicklungsfähigen Wohnimmobilien ab ca. 100 Einheiten sowie Gewerbeimmobilien im Bereich Lager-/Produktion.

Die LEG SE mit acht Niederlassungen – darunter auch eine in Münster – ist mit rund 166.500 Mietwohnungen und rund 500.000 Bewohnern ein führendes börsennotiertes Wohnungsunternehmen in Deutschland.

Blutspur bis zum Train-Denkmal

Kinderhauser „Werkstatt Gruppe Politik“ legt „Liste der Toten“ öffentlich aus

Am Weltflüchtlingstag (Sonntag, 20. Juni) legte die Kinderhauser Gruppe „Werkstatt Gruppe Politik“ eine 40 Meter lange „Liste der Toten“ aus. „Wir möchten heute hier am Train-Denkmal – oder besser sagt man dazu Schandmal – den viel zu vielen Toten gedenken, die auf der Flucht gestorben sind“, erläuterte Katja Weber von der „Werkstatt Gruppe Politik“ den Passant*innen auf der Promenade den Hintergrund ihrer Mahnwache am „Tag des Flüchtlings“. Die Gruppe entnimmt der Webseite der Organisation „United against racism“ die Namen der Menschen, die auf der Flucht gestorben sind. „Leider ist das Erinnern häufig sehr schwer, denn viele der gestorbenen Geflüchteten können nicht identifiziert werden“, erklärte Katja Weber, warum so häufig „n.n.“ auf der Liste erscheint. Zu den unzähligen Verstorbenen, an die durch die Liste gedacht werden soll, kommen noch die Menschen, die nach ihrem Tod auf der Flucht niemals von Menschenrechtlern gefunden wurden.

In diesem Jahr legte die „Werkstatt Gruppe Politik“ die Liste der Toten am Train-Denkaml am Ludgeriplatz aus. (Fotos: Werner Szybalski)

Detaillierte Opferliste

Die Gruppe listet Todesdatum, Namen, Herkunftsland oder -gebiet, Todesursache und den Namen der Orgaisation, die die Daten der Verstorbenen erfasst hat, auf. Zwei Beispiele: 14/04/20; Teklay Kinfe (young man); Sub-Saharan Africa; died on a migrant boat when Malta an Italy failed to properly rescue, survivors pushed bach to Libya; AlarmPhone/ILM/SeaWatch/ oder 08/04/20; N.N. (boy, 16); Afganistan; died after being stabbed in a fight at overcrowded Moria refugee camp on Lesbos (Greece); InfoMigrants/Stonisi.

Durch mit roter Flüssigkeit gefüllte Gläsern wurde die Blutspur vom Train-Denkmal bis zur Liste der Toten gezogen.

In diesem Jahr hat sich die Gruppe das Train-Denkmal als Ort der Mahnwache ausgesucht. Dies, weil derzeit die Regierungen aus Deutschland und Namibia über eine Wiedergutmachung für den inzwischen von der Deutschen Regierung anerkannten Genozid an den Herero und Nama (siehe auch: AKAFRIK zum Abkommen mit Namibia) verhandeln. „Wir sehen eine Blutspur von den Taten der an dem Völkermord beteiligten Soldaten, an die mit dem Train-Denkmal erinnert werden soll, bis hin zu den heutigen Toten, die auf der Flucht starben“, erläuterte Bärbel Harrach. Die Gruppe zeigte schon mehrfach den Zusammenhang zwischen der aktuellen, europäischen Politik und der eigenen deutschen Geschichte auf.

Seit 2014 in Kinderhaus aktiv

Unter dem Projekttitel „Wir müssen reden“ entstand 2014 die Werkstatt Gruppe Politik. Dies, so die Selbstdarstellung der Gruppe, um dem Bedürfnis Ausdruck zu verleihen, die immense Flut an Nachrichten im Negativen wie im Positiven zu sortieren und einzuordnen: „Die gesammelten Informationen über den Schutz unserer Umwelt oder unserer Daten, über Konflikte und Krisen haben uns bewogen, zumindest in einem Bereich auch aktiv zu werden: Wir veranstalten regelmäßig Mahnwachen zum Massensterben vor den Toren Europas.“

Teresa Häuser hat dazu mehrere Infofilme für die Gruppe produziert, die sich mit den Themen „Kolonialismus, Migration und Fluchtgründen“, „Migranten willkommen!?“, „Verschleppung, Flucht und Vertreibung. Vergangenheit in Greven – Gegenwart in Europa“, „Fluchtgründe aus Afrika: Spuren des kolonialen Erbes in Münster“ und der „Mahnwache mit der Liste der auf der Flucht nach Europa verstorbenen Menschen“ aus dem Jahr 2017.

Die Gruppe ist offen für Menschen, die sie aktiv unterstützen wollen. Wer sich per Email anmeldet, wird zu eigenen Veranstaltungen der Gruppe und auch anderen Terminen eingeladen.


LEG-Mieter*innen demonstrieren

Bei Problemen müssen Betroffene viel Zeit und noch mehr Geduld haben

Viele Mieter*innen leben aus unterschiedlichen Gründen sehr gern in ihrer Wohnung – auch wenn die Vermieterin der „eigenen vier Wände“ die LEG Immobilien SE mit Sitz in Düsseldorf ist. Die Mieten sind – selbst in Münster – häufig noch bezahlbar. Bei Problemen in oder rund um ihre LEG-Wohnung stecken viele Mieter*innen – häufig auch wegen der völlig unbegründeten Angst, die Wohnung von der LEG gekündigt zu bekommen – aber lieber zurück. Sie verzichten auf ihre Rechte und zahlen, was das börsennotierte Unternehmen von ihnen verlangt. Aber immer mehr LEG-Mieter*innen sind total genervt, dass die durchdigitalisierte LEG zwar erreichbar ist, aber die Schäden nur zögerlich oder auch gar nicht behoben werden.

Zum Auftakt versammelten sich die demonstrierenden LEG-Mieter*innen am Berg Fidel. (Foto: Werner Szybalski)

Einige Mieter*innen haben inzwischen beschlossen, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen und jegliche Forderung der LEG unhinterfragt zu bezahlen. In verschiedenen Stadtteilen Münster schlossen sich LEG-Mieter*innen zusammen, um gemeinsam ihre Rechte gegen den Wohnungskonzern durchzusetzen. Da gibt es in Münster die Nachbarschaftsgruppen der LEG-Mieter*innen-Initiative, aber auch zum Beispiel die kommunalistische Gruppe „Berg Fidel solidarisch“, die sich auf Wunsch der LEG-Mieter*innen in ihrem Wohngebiet hinter dem Preußen-Stadion auch sehr intensiv für die Belange dieser Gruppe einsetzt. Der LEG gehören rund 700 Wohnungen im gerade 50 Jahre alt gewordenen Stadtteil Berg Fidel.

Mieter*innen: LEG – es reicht!

Am Freitag (14. Mai) lud Berg Fidel solidarisch LEG-Mieter*innen ein, laut und gemeinsam ihre Vorstellungen von einem zufriedenstellendem Mietverhältnis öffentlich kund zu tun – zunächst in Berg Fidel und nach dem kleinen Demonstrationszug in Richtung Innenstadt noch mal vor der Münsteraner Niederlassung der LEG Immobilien SE.

Dort nutzten Mieter*innen das Mikro nicht nur, um die Verhältnisse zu beklagen, sondern auch, um Wege aufzuzeigen, wie Mieter*innen sich wehren können. So erklärte zum Beispiel Georg Fedelinski, das Mitglied der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster wohnt in der Hogenbergstraße in Berg Fidel, dass er sich seit Jahren erfolgreich gegen die unkorrekten Nebenkostenabrechnungen wehrt. Mats Reißberg berichtete, dass die Modernisierung rund um die Kolmarstraße nach dem von der LEG Mieter*innen-Initiative Geist zusammengeführten Widerstand der Nachbarschaft die Modernisierungen der LEG deutlich moderater und vermutlich auch weniger teuer ausfallen werden.

Probleme auch in anderen Orten

Nach der Aktion erreichte die LEG-Mieter-Initiative ein Schreiben eines LEG-Mieters aus Neubeckum, der an der Demonstration teilgenommen hatte: „Ich war dabei und fand es so weitgehend ganz gut, dass Mieter sich zusammentun und ihren Unmut Preis tun. Ich komme aus Neubeckum im Kreis Warendorf. Bei uns liegen die Ursachen auch nicht anders. Kein Hausmeister da, überhöhte Nebenkosten oder unübersichtlich für unser eins. Manche von uns mussten über 700 Euro nachzahlen. Wieso fragte ich? Von meiner Nachbarschaft bekam ich nur zuhören: Da kann man doch nichts machen. Das wird schon stimmen. Diese Meinung kann ich nicht teilen, deshalb finde ich es gut, dass es Menschen wie Euch gibt, die ihren Unmut Preis geben.
Ein kurzes Beispiel: Wir bekamen vor längerem neue Kellertüren. Schön, aber Schlüssel gibt es nicht. Man muss immer ums Haus laufen, um die Tür zu öffnen. Toll oder?
Der Grünabfall der Gärtner liegt seit Monaten hinterm Haus – es wurde wohl vergessen, ihn mit zunehmen.
Ich bin gespannt, ob die Demo etwas wach gerüttelt hat. Wäre beim nächsten Mal gerne wieder dabei. LEG – es reicht uns!“

LEG: Probleme ohne Ende

Protestunterschriften zeigen nur geringe Wirkung

Vor rund einem Jahr hatten die LEG-Mieter*innen in Berg Fidel ihrer Vermieterin hunderte von Protestunterschriften zukommen lassen. Initiiert von der kommunalistschen Gruppe „Berg Fidel solidarisch“ forderten sie unter anderem eine bessere Betreuung der knapp 700 LEG-Wohnungen im Stadtteil. Auch die Benennung einer/s direkten Ansprechpartners/in und der Zugang zum von allen Mieter*innen bezahlten Hauswart verlangten die Berg Fideler*innen. Immerhin wurden vom Vermieter wieder zwei wöchentliche Mieter*innen-Sprechstunden eingeführt.

„Doch das reicht den LEG-Mieterinnen nicht. Sie fordern weiterhin einen Hausmeister und transparente und niedrige Nebenkosten“, heißt es in der Ausgabe 9 der Stadtteilzeitung von Berg Fidel solidarisch. Anfang Mai berichteten auch die Westfälischen Nachrichten im kostenpflichtigen Onlineauftritt („LEG-Mieter warten vergeblich auf Reparaturen“) wieder über Probleme in den Häusern an der Hogenbergstraße.

Aufzüge stehen, Hähne tropfen und Heizung bleibt kalt

Unter anderem war der Aufzug über Wochen ausgefallen, wovon auch LEG-Mieter*innen im Moorhook in Kinderhaus leidvoll berichten können. Zudem gibt es Ärger mit dem Wasserdruck. Aus den Hähnen würde es nur tröpfeln, berichtete ein Bewohner, dass auch das Warmwasser nicht hinreichend heiß würde. Auch fiel im Frühjahr die Heizung aus. Ein Problem welches ebenfalls in verschiedenen Stadtteilen Münsters existiert.
Insbesondere bei älteren Häusern, deren Heizungsanlage schon in die Jahre gekommen ist, reichen manchmal kleine Reparaturen, um die Wohnung wieder mit der gewünschten Raumtemperatur zu heizen.

Wohnung im renovierungsbedürftigem Zustand übergeben

Einer jungen Mieterin, die im Oktober vergangenen Jahres eine LEG-Wohnung in der Nähe der Mondstraße bezog, verging ziemlich schnell die Freude an den neuen vier Wänden. Neben dem renovierungsbedürftigem Treppenhaus, der Holzboden war (und ist) an einer Stelle eingebrochen und Risse befinden sich in den Wänden, musste sich die Neumieterin mit gleich vier Problemen rumschlagen: die Wohnungstür schloss nicht richtig; in der Küche lief die Heizung permanent auf höchster Stufe und dafür in einem Zimmer überhaupt nicht; ein Fenster ließ sich, nachdem es geöffnet worden war, nicht mehr korrekt schließen und der Wasserdruck zur Wohnung in der ersten Etage war so gering, dass weder die Spülmaschine noch die Waschmaschine ihren Dienst taten. Auch der Wasserdruck im Spülbecken lässt zu Wünschen übrig.

Der Wasserdruck ist viel zu schwach. Vermutlich ist die Zuleitung verkalkt. (Foto: Werner Szybalski)

Unterstützung durch LEG-Mieter*innen-Initiative

„Ich habe mich nach vielen erfolglosen Versuchen bei der LEG schließlich in der Mieter*innenberatung in der Alten Apotheke an der Wolbecker Straße gemeldet. Wir haben gemeinsam ein Schreiben an die LEG formuliert“, berichtet die Mieterin, dass sie nach der schriftlichen Ankündigung schließlich die Mietzahlung gekürzt hatte. Dann kam Bewegung in die Sache – allerdings zunächst anders als erhofft.

Nicht zum Spülen sondern als Schrank nutzt die Mieter*in ihre Maschine. (Foto: Werner Szybalski)

Zunächst kam nämlich ein Mahnschreiben, mit dem sie aufgefordert wurde, die Mietrückstände unverzüglich zu begleichen. Was sie nicht gemacht hat. Nach weiteren telefonischen, brieflichen und digitalen Kontakten mit der Hausverwaltung passierte im Frühjahr doch etwas. Nach und nach wurden Wohnungstür, Heizungkörper und das Fenster repariert. Natürlich nicht bei einem Termin, sondern bei mehreren und von verschiedenen Handwerkern. Schließlich blieb „nur“ noch der Wasserdruck.

„Ich benutze meinen Geschirrspüler inzwischen als Schrank. Die Wäsche kann ich gegen Bezahlung zum Glück bei der Arbeit waschen“, ärgert sich die Mieterin, dass sechs Monate nach ihrem Einzug die Mietsache noch immer nicht vertragsgerecht zur Verfügung steht. Sie vermutet: „Die Handwerker haben mir gesagt, die Wasserrohre müssten gereinigt werden. Dann wäre der Druck ausreichend. Das aber ist der LEG wohl zu teuer.“

Realität in Münster: Risse in den Wänden und Löcher im Boden (kleines Bild) – „Gewohnt gut“, LEG? (Fotos: Werner Szybalski)

KOMMENTAR

LEG kommunalisieren

Einigen LEG-Mieter*innen sind die Probleme egal. Sehr viele wohnen gern in ihrer Wohnung und wollen dort auch wohnen bleiben. Aber die Anzahl der unzufriedenen LEG-Mieter*innen steigt und steigt. Dafür ist allein der Aktienkonzern und dessen auf möglichst hohe Rendite ausgerichtete Geschäftsstrategie verantwortlich. Die Mieten und Nebenkosten steigen, der Service wird immer schlechter. Wirklich helfen würde den Mieter*innen nur der Notausstieg – die Kommunalisierung des LEG-Wohnungsbestandes in Münster.

Werner Szybalski

Busse werden ausgesperrt

Busnutzer*innen haben bei der innerstädtischen Mobilität in Münster die geringste Wahlmöglichkeit. Manchmal erweckt das ÖPNV-Angebot in Münster den Eindruck, es sei für die Nutzer*innen nach dem Motto „friss oder stirb“ gebastelt.

Jüngstes Beispiel für die Nachrangigkeit des Busangebots in Münster sind die Planungen der Verwaltung im Martiniviertel (Verkehrsversuch Hörsterstraße – Bült / Ratsvorlage V/0247/2021). Für zwei Monate soll rund um die Hörsterstraße ein Verweilviertel mit geringem motorisierten Durchgangsverkehr entstehen: „Grundlegendes Ziel des Verkehrsversuches Hörsterstraße – Bült ist es, die räumliche Dominanz des motorisierten Verkehrs in der engen Altstadtstraße und auf dem Platz am Bült abzuschwächen und die Verkehrsbelastung durch versuchsweise Unterbindung von Durchgangs- und Parksuchverkehren mittels einer Durchfahrtsperre wirksam zu verringern.“

Busnutzer*innen werden hart getroffen

Der Radverkehr wird – anders als die Busse – natürlich nicht ausgesperrt, sondern erhält sogar ein erweitertes Nutzungsangebot: Die Hörsterstraße soll dann auch ab Bült / Voßstraße erlaubt beradelt werden. Die Autofahrer*innen müssen sich einschränken, denn auch sie können einen Teil der Hörsterstraße nicht mehr befahren und beparken. Wirklich hart getroffen werden nur die Busnutzer*innen.

Die städtischen Linien 6 und 8 sollen weder die Kanalstraße noch das Martiniviertel mit der Haltestelle Altstadt / Bült befahren. Den ÖPNV-Nutzer*innen aus Coerde und Kinderhaus wird zugemutet, ab der Haltestelle Bohlweg die 330 Meter zum Bült (und dann weiter in die Innenstadt) zu Fuß zu bewältigen. Zudem wird das grundlegende ÖPNV-Konzept Münsters, dass bis auf die Ringlinen (33 und 34) alle Busse die Innenstadt und den Hauptbahnhof anfahren, für zumindest zwei Sommermonate aufgegeben.

Geringe Umleitung würde Ziel auch erreichen

Dabei wäre es möglich, die Ziele des Vorschlages auch ohne gravierende Nachteile für Busnutzer*innen zu erreichen. Die Linien 6 und 8 könnten aus Wolbeck und Angelmodde weiterhin die heutige Linie nach Norden fahren. Es tangiert den Verwaltungsvorschlag überhaupt nicht. Aus Richtung Kanalstraße könnten die beiden Buslinien die Stiftsherrenstraße statt der Lotharinger Straße und Hörster Straße befahren. Nur auf 86,56 Meter in der Nähe des Bült wäre das Verkehrsversuchsgebiet tangiert. Mit einem zusätzlichen Halt in der Stiftsherrenstraße gäbe es sogar nahezu null Einschänkungen für Busnutzer*innen.