Protest gegen die Geschäftspolitik der LEG

272,5 Millionen Euro für Aktionär*innen ausgeschüttet

Am Donnerstag (27. Mai) fand die diesjährige Hauptversammlung der LEG Immobilien SE digital statt. Mit rund 6400 Wohnungen ist die LEG der größte Vermieter in Münster. Die Eigentümer des ehemaligen öffentlichen Wohnungsunternehmens gönnten sich ein gewaltiges Stück des Überschusses aus dem vergangenen Geschäftsjahr. 43,4 Prozent der Mieteinnahmen aus 2020 schüttet die LEG an ihre Aktionäre als Dividende aus. Die 3,78 Euro pro Aktie sind eine Steigerung der Dividende um fünf Prozent im Vergleich zu 2019. Insgesamt 272,5 Millionen Euro werden ausgezahlt. Dies sind 1885 Euro pro vermieteter LEG-Wohnung.

„Bis zum 6. Juni diesen Jahres zahlen wir LEG-Mieter*innen, dies hat der Deutsche Mieterbund NRW berechnet, unsere Miete ausschließlich in die Taschen der LEG-Aktionär*innen“, erklärte Mats Reißberg, Initiator einer Protestdemonstration von LEG-Mieter*innen am Tag der Hauptversammlung in Geist und vor der LEG-Niederlassung an der Hammer Straße. Jeden Monat flossen im vergangenen Jahr 157 Euro aus jeder Wohnungsmiete der LEG in die Taschen der Eigentümer. Laut Geschäftsbericht des Unternehmens, dessen Durchschnittsmiete in Quadratmeter von 2013 bis 2020 um satte 17 Prozent stieg, gab die LEG in 2020 aber nur 24,8 Prozent für Bewirtschaftung iher Immobilien aus. Nur 19 Prozent des Überschusses wurden reinvestiert, obwohl Wohnraum nicht nur in Münster, sondern überall im Land fehlt.

Mats Reißberg, Sprecher der LEG-Mieter*innen-Initiative Geist und Organisator der Demonstration gegen die LEG Immobilien SE, erlebt gerade zu Hause an der Kolmarstraße persönlich, was die Modernisierungen für Auswirkungen auf die LEG-Mieter*innen haben. (Fotos: Werner Szybalski)

Forderung nach bezahlbaren Mieten

Die Demonstrant*innen fordern eine Neuausrichtung der Geschäftspolitik ihres Vermieters in Richtung sozialer und nachhaltiger Wohnungswirtschaft mit bezahlbaren Mieten. „Die Mieten, nicht nur in Münster, sind einfach zu hoch und steigen zu schnell“, betonte Mats Reißberg, der von der LEG erwarte, dass auch in Münster wieder gebaut würde: „Aber natürlich auch Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen und endlich wieder öffentlich geförderten Wohnungsbau.“

Pavel Volodarsky, LEG-Mieter aus Kinderhaus, berichtete von den negativen Veränderungen im Mietverhältnis, nachdem das Land Nordrhein-Westfalen die kommunalen und landeseigenen Unternehmen der LEG privatisiert hatte.

Neben der Senkung der Dividenden fordern die demonstrierenden Mieter*innen bessere und schnellere Serviceleistungen bei Schäden, weniger Mietkosten hoch treibende Modernisierungen dafür bessere Instandhaltung der Wohnungen, der Häuser und des Umfeldes sowie eine ordentliche, überprüfbare Nebenkostenabrechnung.

Pavel Volodarsky, LEG-Mieter in Kinderhaus, erklärte: „Die Betreuung der Mieter*innen ist immer schlechter geworden. Ich habe früher schon bei der heutigen LEG-Tochter WGM gewohnt. Damals fühlten Mieter*innen sich aufgehoben und als Vertragspartner*innen akzeptiert. Davon sind wir heute weit entfernt.“

Mieter*innen gehen wieder auf die Straße

Demonstration für mehr Rechte und geringere Mieten

Am Donnerstag (27. Mai) gehen die LEG-Mieter*innen in Münster wieder auf die Straße. Anlass ist die an diesem Tag stattfindende Hauptversammlung des Vermieters LEG Immobilien SE, der eine gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent höhere Dividendenausschüttung an die Aktionäre beschließen will. Die LEG-Mieter*innen-Initiative Münster wird um 17 Uhr an der Kolmarstraße in Geist, wo die LEG derzeit Modernisierungen durchführen lässt, mit einer Kundgebung starten. Dann zieht ein Demonstrationszug hinüber zur LEG-Niederlassung Münster an der Hammer Straße 226. Auch dort sollen Redner*innen das Wort ergreifen.

Ist das noch LEGal?

Am Vorabend (Mittwoch, 26. Mai, um 18.15 Uhr) findet online unter dem Motto „Ist das noch LEGal?“ eine landesweite öffentliche Kritische Vorabendkonferenz zur LEG Aktionärsversammlung statt. Auch aus Münster werden Teilnehmer*innen dabei sein.

Demo LEG – es reicht! am Freitag, 14. Mai, in Berg Fidel. (Fotos: Werner Szybalski)

Wohnraum zu angemessenen und bezahlbaren Mieten

Im Aufruf betonen die Organisatoren, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Die Situation vieler Mieter*innen – auch in Münster – ist inzwischen aber so schlecht, dass prekäre Verhältnisse drohen. Alle Menschen sind auf eine Wohnung angewiesen. Zigtausende in unserer Stadt wollen oder können sich keine Wohnung im Eigenbesitz leisten. Die Klimakrise kann zudem nur bewältigt werden, wenn die Menschen zusammenrücken und gemeinsam in möglichst wenig Fläche versiegelden Häusern und Wohnanlagen leben.

Die Corona-Pandemie hat die Situation verschärft und zudem deutlich gemacht, warum die Menschen eine Wohnung benötigen, in der das Leben auch lebenswert ist. Dazu bedarf es genügend Wohnraum für alle Münsteraner*innen – dies zu angemessenen und bezahlbaren Mieten.

Die größte Vermieterin in Münster ist die LEG Immobilien SE mit Sitz in Düsseldorf. Der heutige LEG-Aktienkonzern entstand durch Privatisierung ehemaliger öffentlicher, teilweise kommunaler, regionaler und gemeinnütziger Wohnungsunternehmen. In Münster gehörten unter anderem die Wohnungsgesellschaften WGM (Wohnungsgesellschaft Münsterland) und GWN (Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft Nordwestdeutschland) dazu. Aber auch viele ehemalige Wohnungen für Postler*innen, Bahner*innen oder Ärzt*innen sowie medizinisches Personal werden heute in Münster von der LEG vermietet.

Mieter*innen zahlen die Zeche

Der Aktienmarkt setzt seine dort notierten Immobilienkonzerne erheblich unter Druck. Die Dividenden der und damit auch die Mieten bei den börsennotierten Wohnungsunternehmen gehen durch die Decke. Der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia mit Sitz in Bochum, auch Wohnungsbesitzer in Münster, hob im Coronajahr 2020 die Mieten um 3,1 Prozent auf 6,95 Euro pro Quadratmeter an. Die Dividendenausschüttung an die Aktionäre fiel in diesem Jahr um 7,6 Prozent höher ist als im vergangenen Jahr. Auch die LEG, die am 27 Mai ihre Hauptversammlung abhält, will die Dividende gegenüber dem Vorcoronajahr um fünf Prozent steigern. Dies alles aus den Taschen der Mieter*innen und der Kommunen, die für viele Mieter*innen die Zeche zahlen.

Diese Entwicklung muss gestoppt werden, denn die Wohnungskonzerne müssen für diese hohen Dividenden alle – leider teilweise auch rechtlich fragliche – Mittel nutzen, um ihre Kapitaleigner zufriedenzustellen. Wer darunter leidet ist klar – alles geht zu Lasten der Wohnqualität und der Portemonnaies der Mieter*innen. Deshalb fordern wir die Mieten zu senken statt Dividenden zu erhöhen, die Häuser und Wohnungen auf Kosten der Unternehmen zu sanieren und nur im Einvernehmen mit den Mieter*innen zu modernisieren und die Rechte der Mieter*innen umfassend zu stärken.

Am Tag der Aktionärsversammlung der LEG Immobilien SE, Donnerstag, dem 27. Mai 2021, demonstrieren LEG-Mieter*innen zunächst um 17 Uhr an der Kolmarstraße und später (ab 18 uhr) vor der LEG-Niederlassung Münster an der Hammer Straße 226.

LEG-Mieter*innen demonstrieren

Bei Problemen müssen Betroffene viel Zeit und noch mehr Geduld haben

Viele Mieter*innen leben aus unterschiedlichen Gründen sehr gern in ihrer Wohnung – auch wenn die Vermieterin der „eigenen vier Wände“ die LEG Immobilien SE mit Sitz in Düsseldorf ist. Die Mieten sind – selbst in Münster – häufig noch bezahlbar. Bei Problemen in oder rund um ihre LEG-Wohnung stecken viele Mieter*innen – häufig auch wegen der völlig unbegründeten Angst, die Wohnung von der LEG gekündigt zu bekommen – aber lieber zurück. Sie verzichten auf ihre Rechte und zahlen, was das börsennotierte Unternehmen von ihnen verlangt. Aber immer mehr LEG-Mieter*innen sind total genervt, dass die durchdigitalisierte LEG zwar erreichbar ist, aber die Schäden nur zögerlich oder auch gar nicht behoben werden.

Zum Auftakt versammelten sich die demonstrierenden LEG-Mieter*innen am Berg Fidel. (Foto: Werner Szybalski)

Einige Mieter*innen haben inzwischen beschlossen, sich nicht mehr alles gefallen zu lassen und jegliche Forderung der LEG unhinterfragt zu bezahlen. In verschiedenen Stadtteilen Münster schlossen sich LEG-Mieter*innen zusammen, um gemeinsam ihre Rechte gegen den Wohnungskonzern durchzusetzen. Da gibt es in Münster die Nachbarschaftsgruppen der LEG-Mieter*innen-Initiative, aber auch zum Beispiel die kommunalistische Gruppe „Berg Fidel solidarisch“, die sich auf Wunsch der LEG-Mieter*innen in ihrem Wohngebiet hinter dem Preußen-Stadion auch sehr intensiv für die Belange dieser Gruppe einsetzt. Der LEG gehören rund 700 Wohnungen im gerade 50 Jahre alt gewordenen Stadtteil Berg Fidel.

Mieter*innen: LEG – es reicht!

Am Freitag (14. Mai) lud Berg Fidel solidarisch LEG-Mieter*innen ein, laut und gemeinsam ihre Vorstellungen von einem zufriedenstellendem Mietverhältnis öffentlich kund zu tun – zunächst in Berg Fidel und nach dem kleinen Demonstrationszug in Richtung Innenstadt noch mal vor der Münsteraner Niederlassung der LEG Immobilien SE.

Dort nutzten Mieter*innen das Mikro nicht nur, um die Verhältnisse zu beklagen, sondern auch, um Wege aufzuzeigen, wie Mieter*innen sich wehren können. So erklärte zum Beispiel Georg Fedelinski, das Mitglied der LEG-Mieter*innen-Initiative Münster wohnt in der Hogenbergstraße in Berg Fidel, dass er sich seit Jahren erfolgreich gegen die unkorrekten Nebenkostenabrechnungen wehrt. Mats Reißberg berichtete, dass die Modernisierung rund um die Kolmarstraße nach dem von der LEG Mieter*innen-Initiative Geist zusammengeführten Widerstand der Nachbarschaft die Modernisierungen der LEG deutlich moderater und vermutlich auch weniger teuer ausfallen werden.

Probleme auch in anderen Orten

Nach der Aktion erreichte die LEG-Mieter-Initiative ein Schreiben eines LEG-Mieters aus Neubeckum, der an der Demonstration teilgenommen hatte: „Ich war dabei und fand es so weitgehend ganz gut, dass Mieter sich zusammentun und ihren Unmut Preis tun. Ich komme aus Neubeckum im Kreis Warendorf. Bei uns liegen die Ursachen auch nicht anders. Kein Hausmeister da, überhöhte Nebenkosten oder unübersichtlich für unser eins. Manche von uns mussten über 700 Euro nachzahlen. Wieso fragte ich? Von meiner Nachbarschaft bekam ich nur zuhören: Da kann man doch nichts machen. Das wird schon stimmen. Diese Meinung kann ich nicht teilen, deshalb finde ich es gut, dass es Menschen wie Euch gibt, die ihren Unmut Preis geben.
Ein kurzes Beispiel: Wir bekamen vor längerem neue Kellertüren. Schön, aber Schlüssel gibt es nicht. Man muss immer ums Haus laufen, um die Tür zu öffnen. Toll oder?
Der Grünabfall der Gärtner liegt seit Monaten hinterm Haus – es wurde wohl vergessen, ihn mit zunehmen.
Ich bin gespannt, ob die Demo etwas wach gerüttelt hat. Wäre beim nächsten Mal gerne wieder dabei. LEG – es reicht uns!“