SPD will eine sozial gerechte Stadt

Themenkonferenz „Soziale Stadt“ im Wuddi des Bürgerhauses Kinderhaus

Am kommenden Mittwoch, dem 30. April 2025, will die SPD Münster im Johanniter Gästehaus ihr Kommunalwahlprogramm verabschieden. Eine Woche zuvor hatte die Partei Genossinnen und Genossen und Vertreter:innen von sozialen Einrichtungen in Münster zur Themenkonferenz „Soziale Stadt“ nach Kinderhaus eingeladen. In den knapp zwei Stunden wurde im Wuddi viel diskutiert, um herauszubekommen, wie die SPD in den kommenden Jahren Münster zu einer „sozial gerechten Stadt“ machen kann. Nach der Begrüßung durch den Oberbürgermeisterkandidaten Stephan Brinktrine stellte dieser drei Expert:innen (Dr. Christina Rentzsch, Sozialdezernentin Braunschweig; Markus Wallmeier, AWO Münster; Liam Kajin Demmke, DGB Münster) einführende Fragen, ehe in zwei Workshops intensiv gearbeitet wurde.

Dr. Christina Rentzsch. (Fotos: Werner Szybalski)

„Die besten Ideen entstehen im Dialog“, unterstrich Stephan Brinktrine, der die knapp 40 Gäste bat, sich intensiv in die Diskussion einzubringen. Dr. Christina Rentzsch, seit 2023 Sozialdezernentin in Braunschweig und früher Vorsitzende der SPD Münster-Mitte, unterstrich in ihrem Eingangsstatement die Bedeutung der „sozialen Funktionen, die der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Stadt“ helfen würden. Markus Wallmeier betonte, dass es in der sozialen Arbeit „die Ansprache vor Ort“ extrem wichtig sei, und Liam Demmke erklärte, dass insbesondere bei jungen Menschen die „Demokratie und Mitbestimmung“ eine zentrale Rolle einnehme.

Die drei Grundprinzipien der SPD-Sozialpolitik

Die SPD-Sozialpolitik in Münster sei an drei Grundprinzipien orientiert:

  • Prävention von Benachteiligungen: „Wir wollen durch einen vorbeugenden Ansatz Benachteiligungen gar nicht erst entstehen lassen. Das umfasst unter anderem die Förderung von frühkindlicher Bildung und die Stärkung sozialer Netzwerke in den Stadtteilen.“
  • Gleichberechtigte Teilhabe: „Wir wollen allen Menschen in Münster eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Dabei setzen wir auf ein breites Spektrum an Teilhabeangeboten, von Bildung und Kultur über Mobilität bis hin zu Freizeitaktivitäten.“
  • Ausgleich von Benachteiligungen: „Wir wollen vorhandene Benachteiligungen ausgleichen und es so allen ermöglichen, individuelle Lebenschancen zu verwirklichen. Dazu gehören gezielte Förderprogramme für benachteiligte Gruppen sowie der Ausbau von Angeboten im Bereich Bildung und Arbeit.“

Münster – Stadt der „Studies und Alten“

Im Workshop „Soziales und Wohnen“ wurde unter anderem über die zukünftig bessere Nutzung des vorhanden Wohnraums diskutiert. Dabei spielte auch der teilweise schlechte Zustand der Wohnungen (Stichwort: marode Hochhäuser in Coerde) eine Rolle. Festgestellt wurde, das Münster eine inzwischen eine Stadt der „Studies und Alten“ sei, was die Situation der Auszubildenden und der Fachkräfte in den Mittelpunkt der Diskussion brachte. „Den Wohnraum in der Stadt zu vermehren, ist ein Schlüssel zur Lösung des Fachkräftemangels“, warf ein Teilnehmer ein.

Aber auch, so wurde bemängelt, fehle Wohnraum für die „arbeitende Mitte“. Dies zeuge, trotz SoBoMü und KonvOY, von erheblichen Verbesserungsbedarf bei der Wohnraumpolitik in der Stadt. Als ein Lösungsvorschläge wurden die Wohnungsgenossenschaften, es gibt in Münster zwei, und auch genossenschaftliches Wohnen (Beispiel: Grüner Weiler in Gievenbeck) ins Gespräch gebracht.

Ein besonders Problem in der Stadt und insbesondere in einigen Quartieren Münsters sei die Pflegesituation. Auch diese sei durch die Wohnraumsituation erschwert. Neben Nachbarschaftshilfe könne auch die Sozialarbeit in den Stadtteilen da für Entlastung sorgen.

Liam Demmke vom Deutschen Gewerkschaftsbund in Münster betonte die Wichtigkeit der gerechten Bezahlung im Berufsleben.

Mit der Wirtschaft im Dialog

Kleiner war die Gruppe, die sich im Workshop „Wirtschaft, Arbeit und Verkehr“ austauschte. Stephan Brinktrine berichtete zum Einstieg: „Ich habe Gespräche mit der Wirtschaft geführt. Dabei konnte ich den Eindruck gewinnen, dass die es inzwischen bezüglich der Ausbildungssituation in Münster begriffen hat.“ SPD-Ratsherr Thomas Kollmann warf ein, dass die SPD auch „im Unterschied zu den Grünen“ klar bekenne: „Wir wollen weitere Wirtschaftsstandorte in der Stadt realisieren.“

Neben der Bedeutung des Sozialen Arbeitsmarktes – insbesondere in prekären Stadtvierteln – wurde länger über die Verkehrssituation gesprochen. dabei stand unter anderem die Verkehrssicherheit für Radfahrer:innen im Zentrum. Aber auch die Situation des Öffentlichen Verkehrs (unter anderem schlechte Verbindungen zwischen Außenstadtteilen wegen zentrumszentrierte Ausrichtung der Buslinien) wurde kritisch beleuchtet. Dies alles mache dem Arbeitsmarkt zu schaffen, wie der SPD-Unterbezirksvorsitzende Fabian Fuchs erklärte: „Fachkräfte können es sich nicht leisten in Münster zu wohnen.“

Chancengleichheit und soziale Teilhabe

Der SPD Münster, so ihre Selbstbeschreibung, setzt sich in Münster für den Erhalt und den Ausbau von Chancengleichheit und sozialer Teilhabe ein. Dabei ist der Partei der sozialer Zusammenhalt in den Nachbarschaften wichtig. Das Miteinander im Quartier möchte die SPD durch Quartierstreffpunkte, und zwar dort, wo die Menschen wohnen, fördern. So soll das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und der Vereinsamung vorgebeugt werden. Dazu muss es Teilhabemöglichkeiten im Quartier, also Essenstreffs, Beratung und Bildung, geben. So wollen die Sozialdemokraten auch der Vereinsamung und der Altersarmut entgegenwirken. Für sie gehören wohnortnahe Freizeitmöglichkeiten und Sportangebote zwingend dazu, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und zugleich natürlich auch Gesundheitsförderung zu fördern.

Benachteiligungen abbauen

Obdachlosen Menschen wollen die SPDler:innen ein menschenwürdiges Wohnen ermöglichen, auch wenn diese auf dem Wohnungsmarkt keine eigene Unterkunft finden können. „Hierbei setzen wir auch auf modulare Wohnformen und soziale Wohnprojekte, die schnell und unkompliziert Lösungen bieten“, verdeutlicht die SPD auf ihrer Webseite zur Veranstaltung.

Den Soziale Arbeitsmarkt in Münster, der benachteiligten Menschen über Arbeitsgelegenheit (AGH) und 16i-Maßnahmen gemäß Sozialgesetzbuch II den Weg zum ersten Arbeitsmarkt eröffnen soll, wollen die Sozialdemokraten ebenso wie Programme zur Weiterbildung und Qualifizierung, die speziell auf die Bedürfnisse der betroffenen Gruppen abgestimmt sein müssten, weiter fördern. Zudem sollen Pflege- und Gesundheitsberufe attraktiver gemacht werden. Auch müsse für diese Kräfte bezahlbarer Wohnraum in der Stadt vorgehalten werden.

Als Expert:innen zur Themenkonferenz „Soziale Stadt“ der SPD Münster waren Markus Wallmeier (l.) von der AWO Münster, Dr. Christina Rentzsch, die Sozialdezernentin der Stadt Braunschweig, und Liam Kajin Demmke (r.) vom DGB Münster geladen. Oberbürgermeisterkandidat Stephan Brinktrine stellte ihnen einleitende Fragen.

Stadt- und Mobilitätsplanung für alle

Bei der Stadtplanung ist es der SPD wichtig, dass alle Stadtteile gut erschlossen werden und auch barrierefrei sind: „Wir setzen uns für einen öffentlichen Nahverkehr ein, der alle Stadtteile miteinander verbindet und auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich ist. Da Mobilität ein wichtiger Aspekt der Teilhabe ist, haben wir das Münsterticket eingeführt. Mit diesem Ticket können alle Menschen in Münster für umgerechnet einen Euro am Tag im gesamten Stadtbereich Bus und Bahn unbegrenzt nutzen.“ Keine Erwähnung fand die Einschränkung bezüglich des Deutschlandtickets sozial in Münster, das wegen dem genannten Münsterticket in der Domstadt den grundsätzlich Antragsberechtigten nicht angeboten wird. Diese Öffi-Nutzer:innen können weder die Nachbarkreise noch den Rest des Bundesgebietes mit ihrem „Sozialticket“ im Nahverkehr mit Bus und Bahn bereisen.

(v.l.) Pia Dilling, Vorsitzende des DGB Münster und Ratskandidatin der SPD, SPD-Ratsherr Thomas Kollmann aus Kinderhaus, Münsters Bürgermeisterin Maria Winkel, Markus Wallmeier von der Arbeitswohlfahrt Münster, Braunschweigs Sozialdezernentin Dr. Christina Rentzsch, SPD-OB-Kandidat Stephan Brinktrine und DGBler Liam Demmke beim Abschlussbild der SPD-Themenkonferenz „Soziale Stadt“ im Wuddi des Bürgerhauses Kinderhaus.

Es gäbe auch in Münster viele Menschen, denen es nicht gut geht. Davon ist die SPD überzeugt, weshalb sie gerade auch für diese Menschen da sein wollen: „Gemeinsam können wir eine Stadt gestalten, die sozial gerecht, lebenswert und für alle zugänglich ist.“

Lieder zum 1. Mai: „Brot und Rosen“

Arbeiterlieder für eine bessere Welt

Schon zum vierten Mal findet am Vorabend des „Tages der Arbeit“, also am 30. April 2025, in Münster das Konzert „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“. Gemeinsam veranstaltet vom KulturVerein Frauenstraße 24 und dem DGB Münster gestalten das Duo Contraviento, Cuppatea, Nedim Şahin und der Autor und Lokalhistoriker Friedhelm Redlich den Abend. Die Veranstaltung im Bennohaus in Klein-Muffi beginnt am Mittwochabend um 19.30 Uhr.

Am 8. Mai 2022, wegen Corona mit zweijähriger Verspätung, stand „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“ auf dem Spielplan der Ruhrfestspiele in Recklinghausen. Cuppatea, das Duo Sigrun Knoche und Joachim Hetscher aus Münster, waren ebenso dabei wie der Chor Chorrosion, die Grenzgänger, die Spätlese und das Duo Contraviento.

Kampfruf seit 1911

„Bread and Roses“ war die Forderung US-amerikanischer Arbeiterinnen während einer großen Streikaktion Anfang des vergangenen Jahrhunderts. Die New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman forderte in ihrer Rede 1911: „The woman worker needs bread, but she needs roses too.“ 1912 wurde Brot und Rosen als Parole beim Streik von mehr als 20.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, Massachusetts bekannt. Seitdem gehört der Slogan zur Internationalen Gewerkschaftsbewegung und zur Frauenbewegung.

Vorabkonzert in Münster

Die beiden Duos Contraviento und Cuppatea nutzen die Gelgenheit um quasi vorab am 30. April 2022 in Münster vor damals nur 35 Gästen gemeinsam die lokale Version von „Brot und Rosen – Lieder für eine bessere Welt“ ins Leben zu rufen. Erfolgreich, denn jedes Jahr wuchs die Zuhörer*innenschaft. Kamen im zweiten Jahr schon 80 Gäste wuchs 2024 die Zahl im ausverkauften Haus schon in den dreistelligen Bereich. 2025 gastieren sie nun im Bennohaus, wo beim rund dreistündigen Auftritt viele engagierte Liedern und Texte in zahlreichen Sprachen zu hören sein werden.

Erinnerung an den 8. Mai 1945

Im ersten Teil des Abendprogramms im Bennohaus werden die Künstler*innen den Schwerpunkt auf die Erinnerung an den 8. Mai 1945 setzen. Mit historischen und aktuellen antifaschistischen Liedern zeigen sie die Facetten und die Aktualität des Widerstands gegen den Faschismus auf – in deutscher, englischer, griechischer, spanischer und türkischer Sprache. Autor Friedhelm Redlich erzählt bislang unbekannte Geschichten aus dem Widerstand einfacher Menschen gegen den Nationalsozialismus in Münster.

Der Eintritt beträgt 15 Euro beziehungsweise ermäßigt 12 Euro. Karten gibt es im Vorverkauf per E-Mail.

DGB Münster zum Weltflüchtlingstag

Asylrecht schützen! Skandalöse Unterbringung in der ZUE beenden!

Der DGB Münster veröffentlichte heute folgende Pressemitteilung, die ungeküzt dokumentiert wird: Während weltweit mittlerweile über 100 Millionen Menschen auf der Flucht vor Kriegen, Hunger, Armut und Klimakatastrophen sind, ist das Asylrecht in Europa in Gefahr. Verweigerte Seenotrettung, illegale Pushbacks in Griechenland, Misshandlungen an der kroatischen Grenze, Inhaftierung Asylsuchender in polnischen Lagern sind nur die Spitze des Eisbergs, anhand derer sich die tagtägliche Kette von Menschenrechtsverletzungen in Europa dokumentieren lassen. Mehr als hunderttausende Geflüchtete leben schon seit vielen Jahren in Deutschland und müssen trotzdem jeden Tag mit der Angst vor Abschiebung leben. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Flüchtlingsschutz lässt auf sich warten.

Es fehlt an Vielem

Auch in Münster werden die Augen geschlossen, wenn es um das Wohl von geflüchteten Menschen geht. Durch die schwerpunktmäßige Zusammenführung der geflüchteten Menschen aus der Ukraine, werden Flüchtlinge aus anderen Ländern in andere Einrichtungen zusammengeschoben. Aus der zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in der ehemaligen York-Kaserne mehren sich die Berichte über menschenunwürdige Zustände: Überbelegungen; es fehlt an Betten, Decken und Kissen; keine dauerhafte sichergestellte Strom- und Warmwasserversorgung;  extrem lange Wartezeiten bei der Essensausgabe und Leistungsauszahlung, keine persönlichen Rückzugsräume; nächtliche Abschiebungen, etc.

Demonstration gegen die Zustände im ZUE Münster. (Foto: Archiv Werner Szybalski)

Unwürdige Lebensbedingungen

Menschen, die vielfach einen langen Leidensweg hinter sich haben, erleben in Münster unwürdige Lebensbedingungen, denen sie hilflos ausgesetzt sind. „Die Menschen hatten einen Traum von einem sicheren Leben in Deutschland und erleben hier ein weiteres Trauma! Das darf eine Stadt wie Münster nicht ignorieren! Wer Geld für Flughäfen und Musikhallen in die Hand nehmen kann, der muss doch wohl auch Geld für eine menschenwürdige Unterkunft und selbstbestimmtes Leben von Menschen übrig haben. Wir als DGB erwarten von der Stadtpolitik kein Kompetenzgerangel um die Zuständigkeit zur Behebung dieser Verhältnisse, sondern sofortiges Handeln!“ empört sich die DGB-Stadtverbandsvorsitzende Pia Dilling.

Verschärfend zur Überbelegung kommt die Unterbesetzung des Personals auf allen Ebenen. Die medizinische Versorgung ist gefährdet. Es fehlt an Sozialarbeiter*innen, deren Arbeit durch häufigen Personalwechsel und damit fehlender Kenntnis von vertrauten Abläufen noch erschwert wird. Für Kinder und Jugendliche, die weit über die erlaubten sechs Monate in der ZUE untergebracht sind, ist das schulische Lernangebot mit nur zwei Lehrkräften völlig unzureichend. „Gute Arbeit ist hier nicht möglich und es wundert mich nicht, wenn hier kaum Personal zu finden ist und die Fluktuation beim Personal so hoch ist, auch wenn gerade hier viel gute Arbeit nötig wäre!“, entrüstet sich der stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende Carsten Peters.

„Alle Menschen haben das Recht auf Schutz.“

Der DGB-Stadtverband Münster stellt fest, dass das Konzept der ZUE als Landeseinrichtung versagt hat und fordert die entsprechenden Stellen auf ihren jeweiligen politischen und verwaltungstechnischen Handlungsspielraum zu nutzen, um den Geflüchteten, egal aus welchen Ländern, gleichberechtigt eine menschenwürdige Bleibeperspektive zu ermöglichen. Dilling zum Weltflüchtlingstag: „Alle Menschen haben das Recht auf Schutz – wo auch immer sie herkommen, wo auch immer sie sind und warum auch immer sie gezwungen sind, zu fliehen.“

Wohnen ist ein Menschenrecht

Für das Bündnis Wohnen Münster durfte ich zum Abschluss der DGB-Kundgebung zum 1. Mai 2022 einen kurzen Redebeitrag leisten. Die Rede im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

ich darf hier heute – nicht als Mitglied des Bezirksvorstandes der Deutschen Journalisten-Union Münsterland sondern – als Vertreter des Bündnisses Wohnen Münster zu Euch sprechen. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss von DGB, AStA, Mieter/innen-Schutzverein, Platanen-Power, Münster gehört uns allen, Kulturverein Frauenstraße 24 und LEG-Mieter*innen-Initiative. Unser gemeinsames Ziel ist das DESASTER WOHNEN in Münster zu beseitigen.

Wohnen und Arbeit – gerade am heutigen 1. Mai müssen wir zeigen, dass seit dem Beginn der Arbeiter*innen-Bewegung beide Lebensbereiche eng verwoben sind und maßgeblich das Leben der nicht privilegierten Menschen – auch in Münster und dem Münsterland – bestimmen. Dies wird auch heute noch daran deutlich, dass Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten auch Wohnraum zur Verfügung stellten. Die großen Werkssiedlungen sind zwar nahezu verschwunden, aber zum Beispiel im Gesundheitsbereich gibt es noch immer Wohnungsangebote der Arbeitgeber*innen.

Sollte Karl Marx in der Schrift „Zur Kritik der Politischen Ökonomie.“ mit der Aussage „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“ recht haben, dann bin ich mit meinem Beitrag, der das Menschenrecht auf angemessenen, was das Attribut „bezahlbaren“ Wohnraum einschließt, heute hier genau richtig.

Das Bewusstsein der Arbeiter*innen in Münster und dem Münsterland war immer eingeengt vom herrschenden Katholizismus. Noch heute sind die Privilegierten im Münsterland stark daran interessiert, den Glauben und damit die Unterordnung der Menschen unter die autoritäre Führung aufrecht zu erhalten. Diese Verbindung – Katholizismus und Neoliberalismus – ist im Münsterland maßgeblich für das DESASTER WOHNEN verantwortlich. Stillhalten war die Forderung der Obrigkeit und viele Menschen im Münsterland beugten sich und zahlten brav, was die Eigentümer*innen für Wohnraum und Grundstücke verlangten.

Was können wir tun?

In zwei Wochen wird in NRW ein neuer Landtag und damit auch eine neue Landesregierung gewählt. Spätestens 2008, als die CDU/FDP-Regierung die landeseigene Landesentwicklungsgesellschaft, die LEG, zu der auch viele ehemalige Werkswohnungen zum Beispiel für Eisenbahner*innen, Postler*innen oder Mitarbeiter*innen aus dem Gesundheitswesen gehörten, privatisierte, verabschiedete sich das Land Nordrhein-Westfalen aus der aktiven Wohnungspolitik. Nicht zuletzt deshalb ist das DESASTER WOHNEN ein Problem, dass fast alle Menschen zwischen Aachen und Minden, Rheine und Eifel belastet.

Wohnen ist ein Menschenrecht!

Ernährung, Mobilität, Arbeit und Wohnen sind kein individuelles Problem der Menschen, sondern müssen gemeinsam von der Gesellschaft gelöst werden. Die LEG hat inzwischen die Mieter*innenräte aufgelöst und dafür einen konzernweiten Kund*innenbeirat eingerichtet. Diese Maßnahme allein macht schon durch die Namensgebung die Vorstellungen der Kapitaleigner*innen im Wohnungssektor zweifelsfrei deutlich – ein elementares Bedürfnis, mit das Privateste, was wird haben, wird auf den Markt gebracht und ausschließlich den Kapitalinteressen unterworfen.

Wenn Wohnen ein Menschenrecht ist – dann muss Wohnen aus dem Zugriff des Geldes befreit werden.

Wohnen ist Daseinsvorsorge und damit eine Verpflichtung für die Gemeinschaft – in Stadt und Land.

Beide gemeinsam müssen dafür sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Grund und Boden darf nicht mehr privatisiert werden. Dieses nicht vermehrbare Gut gehört allen Menschen – allen, die darauf leben.

Auch die Bestandsmieten müssen unter Kontrolle der Gemeinschaft gebracht werden. Wir verlangen deshalb – auch in NRW – einen Mietendeckel, der seinem Namen Ehre macht. Dazu muss auch die sogenannte zweite Miete in den Blick genommen werden, denn die Mietnebenkosten sind nicht erst seit dem verbrecherischen Überfall des Putin-Regimes auf die Ukraine ein gewaltiges Problem für alle Mieterinnen und Mieter.

Was für Arbeitnehmer*innen gilt, gilt erst recht für Menschen in der Ausbildung. Die Schaffung von Wohnraum für Studierende und Auszubildende ist eine Verpflichtung, die die Gemeinschaft in Stadt und Land mit den Regierenden umzusetzen hat. Die nur noch wenigen Wohnungsgesellschaften in öffentlicher Hand müssen – wie es einige der Wohnungsgenossenschaften und viele selbstbestimmte Gruppen, die gemeinschaftliches Wohnen vorantreiben, schon praktizieren – aus dem Wohnungsmarkt mit seiner Profitgier und damit ständig steigenden Mieten aussteigen. Auch die Wohn- und Stadtbau in Münster darf die Mieten nicht mehr ständig dem Mietspiegel anpassen und das Wohnen in Münster verteuern. Zudem sind den kapitalistischen Wohnungsunternehmen Fesseln anzulegen. Die Berliner*innen haben deutlich gemacht, dass schon allein die Größe der Wohnungsunternehmen wie Deutsche Wohnen – heute Vonovia aus Bochum – ein massives Problem für Mieter*innen darstellt. Sie fordern die Begrenzung auf den Besitz von maximal 3000 Wohnungen pro Unternehmen. Allein die LEG besitzt in Münster schon mehr als doppelt so viele. Da muss ein Riegel vorgeschoben werden.

Wir alle sind in den existenziellen Lebensbereichen Ernährung und Mobilität schon längst fremdbestimmt. Wir sind nur souverän in unserer Kaufentscheidung. Dies oder das erwerben? – wir sind nicht mehr als nur Kund*innen! Diese Entwicklung, befeuert durch die Marktgläubigkeit und dem Akkumulationsinteresse des Kapitals, droht – nein, sie ist schon voll im Gange – auch im Sektor Wohnen. Das DESASTER WOHNEN lässt uns täglich darunter leiden.

Das Arbeiten ist schon seit Beginn der Industrialisierung und dem Vormarsch des Kapitalismus fremdbestimmt. Auch hier wird versucht, die Beschäftigten zu Kund*innen des Kapitals zu machen. Die Zunahme von Soloselbständigen und das Wachstum von prekären Arbeitsverhältnissen verdeutlicht dies. Auch damit muss Schluss sein, wenn wir für uns und unsere Freund*innen und Nachbar*innen ein gutes Leben haben wollen.

„Buen Vivir“ ist nur im Einklang mit der Natur und gemeinschaftlicher Selbstbestimmung in den Lebensbereichen Ernährung, Mobilität, Arbeit und Wohnen möglich.

Dafür lasst uns gemeinsam kämpfen! Für die Menschen – gegen den Kapitalismus!