„Deutlich mehr als 700 Kolleg:innen auf Demo und Versammlung des DGB Münster“, freute sich am 1. Mai der Mitorganisator Carsten Peters vom DGB Münster. Los ging es um 11 Uhr im Hafen. Von dort zog die offizielle Maidemo des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) durch das Hansaviertel und die Innenstadt zum Prinzipalmarkt. Weiter ging der Protestzug – unter anderem für stärkere Tarifbindung und ein landesweites Tariftreuegesetz – durch die Salzstraße, am Stadthaus I vorbei zur Stubengasse. Dort fand die Kundgebung statt, deren Hauptrednerin in diesem Jahr die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik war. Sie eröffnete ihren Beitrag mit dem persönlichen Bekenntnis zur „starken und wehrhaften Demokratie“.
Ayla Çelik, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in NRW sprach bei der DGB-Maikundgebung auf der Stubengasse. (Fotos: Werner Szybalski)
Unmut bei Dank an die Polizei
Ganz zu Beginn erinnerte Çelik an „die vielen Kolleginnen und Kollegen, die heute nicht dabei sein können, weil sie auch durch ihre heutige Arbeit das Land am 1. Mai am Laufen halten“ würden. Dabei erntete sie zunächst massive Buhrufe, da sie zuallererst der Polizei dankte, was beim linksradikalen Teil des Publikums ganz schlecht ankam. Auch ihr Versuch, diese Demonstrant:innen für die Erfolge der AfD in Deutschland verantwortlich zu machen, kam sehr schlecht an. Der Unmut unter den Zuhörer:innen breitete sich aus und ein ernsthafter Konflikt zwischen Teilen der Versammlung und der Hauptrednerin erschien am Horizont. Doch die hauptamtliche Gewerkschaftlerin erwies sich als Profi und entschärfte den Disput durch geschickten Themenwechsel.
Herausforderungen der Zeit
Die NRW-Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wandte sich nämlich den „Herausforderungen der Zeit“ zu: „Der Klimawandel ist noch nicht gestoppt. Die soziale Ungleichheit in Deutschland wächst weiter. Der Mindestlohn muss so hoch sein, dass Menschen davon leben können und auch eine ausreichende Rente gesichert werden kann. Dringend muss Deutschland den Investitionsstau überwinden.“
Der Öffentliche Dienst sei die Grundlage für das soziale Miteinander in der Gesellschaft, betonte Ayla Çelik. Die Gewerkschaften würden das Öffentliche verteidigen, so wie sie auch ihre politischen Errungenschaften verteidigen würden. Beispielhaft nannte Çelik dafür den Acht-Stunden-Tag.
Es war richtig voll auf der Stubengasse, nachdem der Demonstrationszug am Kundgebungsplatz angekommen war.
Tag zum Fordern
„Heute ist nicht nur ein Tag zum Feiern“, rief sie laut in die Menge: „Heute ist auch ein Tag zum Fordern!“ Dies gelte insbesondere für ein Tarifbindungsgesetz für Nordrhein-Westfalen. „Tarifverträge für alle“, sei das gemeinsame Ziel der DGB-Gewerkschaften im Land.
Ayla Çelik erinnerte schließlich daran, dass jährlich 50.000 junge Menschen die Schule ohne Abschluss verließen und dass 2,8 Millionen Menschen keinen Berufsabschluss besitzen würden. Dies allein fordere zum Handeln – auch die Kindergrundsicherung müsse her.
Die Musikerin Nadu musste das Publikum nach der langen Rede der GEW-Chefin zunächst wieder motivieren.
Motivationsrede statt Chapmann-Song
Die Musikerin „Nadu“ sollte nach der Hauptrednerin für gute Stimmung sorgen, doch der Künstlerin war es vor der Bühne zu leer. Sie hatte ihre Gitarre schon umgeschnallt und ein Lied von der amerikanischen Singer-Songwriterin Tracy Chapman angekündigt, als sie umschaltete und eine feurige Motivationsrede hielt. Etwas Musik gab es anschließend auch noch auf die Ohren, so dass auch die letzte Rednerin nicht vor einem leeren Platz sprach.
Kommunalwahlkampf hat begonnen
Die Kommunalwahl am 14. September in Münster war auch bei Demo und Kundgebung zu erkennen, denn fast alle bekannten Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters in Münster nahmen an der DGB-Veranstaltung teil. Dr. Georg Lunemann (CDU), Tilman Fuchs (Grüne), Stephan Brinktrine (SPD), Maren Berkenheide (Volt) und Roland Scholle (Die Partei) waren am 1. Mai dabei.
Vom Hafen ging es bei der diesjährigen Maidemonstration durch das Hansaviertel und die Innenstadt zum Prinzipalmarkt. Von dort erreichte der Protestzug über die Salzstraße, wo dieses Foto entstand, den Platz an der Stubengasse. Bei der dortigen Kundgebung war Ayla Çelik (kl. Bild), Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in NRW, Hauptrednerin.
Am Donnerstag (1. Mai) zieht es viele mit Bollerwagen oder auf der Leeze hinaus in die Natur. Maigang ist angesagt. Traditionsbewusste Arbeitnehmer:innen hingegen versammeln sich in diesem Jahr vormittags um 11 Uhr im Hafen von Münster, um in diesem Jahr unter dem Motto „Mach dich stark mit uns!“ für eine gerechte Arbeitswelt, für Demokratie und Solidarität sowie gegen Rechts zu demonstrieren. In Deutschland begann es mit dem Kampftag der Arbeiterklasse im Jahr 1890.
Ein Jahrhundert nach der Französischen Revolution wurde am 14. Juli 1889 auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationalen in Paris von sozialistischen Gewerkschaften und Parteien aus der ganzen Welt beschlossen, sich den Plänen des amerikanischen Arbeiterbundes für eine weltweite Demonstration am 1. Mai 1890 anzuschließen. Eine der Kernforderungen war, den Arbeitstag auf acht Stunden festzulegen. Am 1. Mai 1890 beteiligten sich in Deutschland etwa 100.000 Arbeiter:innen – in Berlin, Dresden und als gewerkschaftlichen Schwerpunkt festgelegt in Hamburg – an Streiks, Demonstrationen und den Maispaziergängen, bei denen Menschen, häufig verbunden mit dem Konsum von Alkohol, den Frühling begrüßen.– an Streiks, Demonstrationen und den Maispaziergängen, bei denen Menschen, häufig durchaus verbunden mit dem Konsum von Alkohol, den Frühling begrüßen.
DGB ruft zum 1.Mai auf: „Mach dich stark mit uns!“
„Wir erheben unsere Stimme für eine gerechte Arbeitswelt! – Für Demokratie und Solidarität – gegen Rechts!“ Mit diesen klaren Äußerungen ruft Pia Dilling, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Münster, zur Teilnahme an der Maidemonstration und -kundgebung am kommenden Donnerstag auf. „Noch nie war es so wichtig für die Rechte der Arbeitnehmer*innen auf die Straße zu gehen“, machte die DGB-Stadtverbandsvorsitzende in einer Pressemitteilung deutlich: „Gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne sind der Schlüssel, um ausreichend Fachkräfte zu gewinnen, die unsere Schulen mit Leben füllen, Kranke pflegen und versorgen, unsere Brücken sanieren und bauen sowie den klimagerechten Umbau des Landes voranbringen. Immer mehr Arbeitgeber stehlen sich aus der Verantwortung und sorgen nicht für faire Löhne. Wir fordern deshalb einen nationalen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung und ein Bundestariftreuegesetz. Damit wieder mehr Beschäftigte von starken Tarifverträgen profitieren und endlich mehr Lohn bekommen. Wir fordern außerdem einen armutsfesten Mindestlohn als untere Haltelinie.“
Pia Dilling und Carsten Peters vom DGB Münster rufen zur Teilnahme an der Maikundgebung in Münster auf. (Foto: DGB Münster)
Errungenschaften verteidigen!
DGB-Stadtverbandsvorstand Carsten Peters, Hauptamtlicher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Bezirk Münsterland sowie Kopf des Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“, verdeutlichte: „Den Acht-Stunden-Tag, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, stabile Renten und einen starken Sozialstaat haben wir Gewerkschaften solidarisch erkämpft, und wir werden diese Errungenschaften verteidigen! Faire Arbeitszeiten, die zum Leben passen, sind für uns nicht verhandelbar. Wer krank ist, muss sich auskurieren können. Die Beschäftigten haben eine gute und sichere Rente verdient. Das Rentenniveau muss bei 48 Prozent stabilisiert und langfristig erhöht werden. Die Angriffe auf den Sozialstaat weisen wir zurück – das ständige Nach-unten-Treten gegen Bürgergeldbeziehende und Geflüchtete muss aufhören!“
Dilling ergänzte: „Wir stehen für ein gerechtes Steuersystem. Die Beschäftigten, die für ihr Geld arbeiten, dürfen nicht höher besteuert werden als diejenigen, die ihr Geld nur für sich arbeiten lassen. Nach Jahrzehnten wachsender Vermögen ist eine angemessene und gerechte Beteiligung von Spitzenverdienern überfällig. Es ist höchste Zeit, die Vermögensteuer wieder einzuführen und eine Erbschaftsteuer ohne Sonderregelungen für reiche Unternehmenserben auf den Weg zu bringen. Reiche und Superreiche müssen ihren fairen Beitrag leisten, um den Haushalt zukunftsfest zu gestalten und die Daseinsvorsorge zu sichern.“
Auch die DGB-Jugend ist traditionell am 1. Mai auf der Stbengasse dabei. (Foto: Archiv Werner Szybalski)
Kampftag für Demokratie und Solidarität
Carsten Peters erklärte zum Hintergrund des Maifeiertages: „Der traditionelle Tag der Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innen ist auch ein Kampftag für Demokratie und Solidarität. Wir müssen in diesen Tagen die Demokratie stärken, die derzeit von Rechts angegriffen wird, unsere Aktionen richten sich gegen den zunehmen Rechtsruck in Deutschland und Europa – keinen Platz für Rassismus, Antisemitismus und soziale Ausgrenzung! Der 1.Mai ist auch der Tag der internationalen Solidarität.“
Vom Hafen durch das Hansaviertel in die Innenstadt
Auf dem Hafenplatz treffen sich in Münster um 11 Uhr die Maidemonstrant:innen, die dann gemeinsam durch das Hansaviertel und die Innenstadt zum Stubengassenplatz ziehen. „Kommt mit uns am Tag der Arbeit auf die Straße und macht euch stark für eine friedliche und gerechte Zukunft in Deutschland, Europa und der Welt! Gemeinsam können wir die Politik zum Handeln bringen und für Investitionen, Verteilungsgerechtigkeit, Tarifbindung, faire Arbeitszeiten, stabile Renten und eine starke Demokratie“, wirbt der DGB, der verdeutlicht: „Unsere Botschaft ist klar. Wir haben nicht nachgelassen – mit Erfolg. Deutschland muss den jahrelangen Investitionsstau überwinden. Die von den künftigen Regierungsparteien vereinbarten Milliarden müssen jetzt dahin fließen, wo sie dringend benötigt werden: in die Schienen, Bildung, den Wohnungsbau, die soziale Sicherung, die Digitalisierung und den Klimaschutz. Es kommt jetzt darauf an, unser Land und unsere Wirtschaft am Laufen zu halten und für die Zukunft aufzustellen. Aber auch klar ist, dass wir erwarten, dass der Staat, die Unternehmen und die Arbeitgeber ihrer Verantwortung gerecht werden. Mit den Geldern müssen moderne Standorte, zukunftsfähige Produkte und damit gute und sichere Arbeitsplätze für die Beschäftigten finanziert werden.“
Die lokalistische FAU Münster nimmt auch schon Mal an der DGB-Kundgebung teil. Mit Infomaterial ist die anarchistische Gewerkschaft aber sicherlich am Nachmittag in Berg Fidel am Start. (Foto: Archiv Werner Szybalski)
Maifeiern in der Innenstadt, am Coerdeplatz, am Aasee und – „revolutionär“ – am Berg Fidel
Um 12 Uhr beginnt auf der Stubengasse das DGB Familienfest, bei dem auch verschiedene Rednerinnen sprechen werden. Die GEW-Landesvorsitzende Ayla Celik ist in diesem Jahr Stargast des DGB auf der Bühne. Für die musikalische Kurzweil sorgt NaDuMusik.
Um 14 Uhr startet die SPD Münster ihre Mai-Feierlichkeiten zwischen Kreuz- und Martiniviertel an der Promenade. Im Sternbuschpark am Berg Fidel lädt zeitgleich die Stadtteil-Gewerkschaft Berg Fidel solidarisch zum „Revolutionären 1. Mai“ ein. Es gäbt Essen, Trinken, Musik, Redebeiträge und sicherlich auch Infostände. Eine Stunde später um 15 Uhr startet das traditionelle Soli-Fest von ODAK, das in diesem Jahr am Aasee bei dem Spielplatz an der Mecklenbecker Straße stattfindet.
Kurze Geschichte des 1. Mai In Australien, im dortigen Bundesstaat Victoria, gingen am 1. Mai 1856 Arbeiter:innen auf die Straße. Sie demonstrierten für die Begrenzung des Arbeitstages auf acht Stunden. 30 Jahre später rief die nordamerikanische Arbeiterbewegung – ebenfalls zur Durchsetzung des Achtstundentags – zum Generalstreik am 1. Mai 1886 auf.. Der 1. Mai war aus zwei Gründen von den amerikanischen Gewerkschaften ausgewählt worden. Einerseits wegen dem australischen Vorbild und andererseits , weil der erste Tag im Mai traditionell auch der traditionelle „moving day“ war. Der Stichtag, zu dem Arbeitsverhältnisse beendet wurden, weshalb für viele Gekündigte ein Umzug oft in einem anderen Ort anstand, um neue Arbeit zu finden. Es kam am Maitag 1886, der Samstag war ein regulärer Arbeitstag, zu Massenstreiks und Demonstrationen in den Industrieregionen Nordamerikas an denen nach verschiedenen Schätzungen insgesamt zwischen 300.000 und 500.000 Menschen teilnahmen. Allein in Chicago gingen 90.000 Arbeiter:innen in den Ausstand. Am dritten Tag des mehrtägigen Streik fand die von acht Anarchisten organisiere berühmten Haymarket-Versammlung statt. Tage später. Sie begründete den ruf des 1. Mai als Arbeiterkampftag. In Deutschland wurde erstmals 1890 der 1. Mai von Sozialdemokraten als Aktionstag begangen. 1919 war er einmalig schon ein Feiertag. Ab 1933 nutzten die Nazis den 1. Mai, um
Für das Bündnis Wohnen Münster durfte ich zum Abschluss der DGB-Kundgebung zum 1. Mai 2022 einen kurzen Redebeitrag leisten. Die Rede im Wortlaut:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
ich darf hier heute – nicht als Mitglied des Bezirksvorstandes der Deutschen Journalisten-Union Münsterland sondern – als Vertreter des Bündnisses Wohnen Münster zu Euch sprechen. Das Bündnis ist ein Zusammenschluss von DGB, AStA, Mieter/innen-Schutzverein, Platanen-Power, Münster gehört uns allen, Kulturverein Frauenstraße 24 und LEG-Mieter*innen-Initiative. Unser gemeinsames Ziel ist das DESASTER WOHNEN in Münster zu beseitigen.
Wohnen und Arbeit – gerade am heutigen 1. Mai müssen wir zeigen, dass seit dem Beginn der Arbeiter*innen-Bewegung beide Lebensbereiche eng verwoben sind und maßgeblich das Leben der nicht privilegierten Menschen – auch in Münster und dem Münsterland – bestimmen. Dies wird auch heute noch daran deutlich, dass Arbeitgeber*innen ihren Beschäftigten auch Wohnraum zur Verfügung stellten. Die großen Werkssiedlungen sind zwar nahezu verschwunden, aber zum Beispiel im Gesundheitsbereich gibt es noch immer Wohnungsangebote der Arbeitgeber*innen.
Sollte Karl Marx in der Schrift „Zur Kritik der Politischen Ökonomie.“ mit der Aussage „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“ recht haben, dann bin ich mit meinem Beitrag, der das Menschenrecht auf angemessenen, was das Attribut „bezahlbaren“ Wohnraum einschließt, heute hier genau richtig.
Das Bewusstsein der Arbeiter*innen in Münster und dem Münsterland war immer eingeengt vom herrschenden Katholizismus. Noch heute sind die Privilegierten im Münsterland stark daran interessiert, den Glauben und damit die Unterordnung der Menschen unter die autoritäre Führung aufrecht zu erhalten. Diese Verbindung – Katholizismus und Neoliberalismus – ist im Münsterland maßgeblich für das DESASTER WOHNEN verantwortlich. Stillhalten war die Forderung der Obrigkeit und viele Menschen im Münsterland beugten sich und zahlten brav, was die Eigentümer*innen für Wohnraum und Grundstücke verlangten.
Was können wir tun?
In zwei Wochen wird in NRW ein neuer Landtag und damit auch eine neue Landesregierung gewählt. Spätestens 2008, als die CDU/FDP-Regierung die landeseigene Landesentwicklungsgesellschaft, die LEG, zu der auch viele ehemalige Werkswohnungen zum Beispiel für Eisenbahner*innen, Postler*innen oder Mitarbeiter*innen aus dem Gesundheitswesen gehörten, privatisierte, verabschiedete sich das Land Nordrhein-Westfalen aus der aktiven Wohnungspolitik. Nicht zuletzt deshalb ist das DESASTER WOHNEN ein Problem, dass fast alle Menschen zwischen Aachen und Minden, Rheine und Eifel belastet.
Wohnen ist ein Menschenrecht!
Ernährung, Mobilität, Arbeit und Wohnen sind kein individuelles Problem der Menschen, sondern müssen gemeinsam von der Gesellschaft gelöst werden. Die LEG hat inzwischen die Mieter*innenräte aufgelöst und dafür einen konzernweiten Kund*innenbeirat eingerichtet. Diese Maßnahme allein macht schon durch die Namensgebung die Vorstellungen der Kapitaleigner*innen im Wohnungssektor zweifelsfrei deutlich – ein elementares Bedürfnis, mit das Privateste, was wird haben, wird auf den Markt gebracht und ausschließlich den Kapitalinteressen unterworfen.
Wenn Wohnen ein Menschenrecht ist – dann muss Wohnen aus dem Zugriff des Geldes befreit werden.
Wohnen ist Daseinsvorsorge und damit eine Verpflichtung für die Gemeinschaft – in Stadt und Land.
Beide gemeinsam müssen dafür sorgen, dass bezahlbarer Wohnraum in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Grund und Boden darf nicht mehr privatisiert werden. Dieses nicht vermehrbare Gut gehört allen Menschen – allen, die darauf leben.
Auch die Bestandsmieten müssen unter Kontrolle der Gemeinschaft gebracht werden. Wir verlangen deshalb – auch in NRW – einen Mietendeckel, der seinem Namen Ehre macht. Dazu muss auch die sogenannte zweite Miete in den Blick genommen werden, denn die Mietnebenkosten sind nicht erst seit dem verbrecherischen Überfall des Putin-Regimes auf die Ukraine ein gewaltiges Problem für alle Mieterinnen und Mieter.
Was für Arbeitnehmer*innen gilt, gilt erst recht für Menschen in der Ausbildung. Die Schaffung von Wohnraum für Studierende und Auszubildende ist eine Verpflichtung, die die Gemeinschaft in Stadt und Land mit den Regierenden umzusetzen hat. Die nur noch wenigen Wohnungsgesellschaften in öffentlicher Hand müssen – wie es einige der Wohnungsgenossenschaften und viele selbstbestimmte Gruppen, die gemeinschaftliches Wohnen vorantreiben, schon praktizieren – aus dem Wohnungsmarkt mit seiner Profitgier und damit ständig steigenden Mieten aussteigen. Auch die Wohn- und Stadtbau in Münster darf die Mieten nicht mehr ständig dem Mietspiegel anpassen und das Wohnen in Münster verteuern. Zudem sind den kapitalistischen Wohnungsunternehmen Fesseln anzulegen. Die Berliner*innen haben deutlich gemacht, dass schon allein die Größe der Wohnungsunternehmen wie Deutsche Wohnen – heute Vonovia aus Bochum – ein massives Problem für Mieter*innen darstellt. Sie fordern die Begrenzung auf den Besitz von maximal 3000 Wohnungen pro Unternehmen. Allein die LEG besitzt in Münster schon mehr als doppelt so viele. Da muss ein Riegel vorgeschoben werden.
Wir alle sind in den existenziellen Lebensbereichen Ernährung und Mobilität schon längst fremdbestimmt. Wir sind nur souverän in unserer Kaufentscheidung. Dies oder das erwerben? – wir sind nicht mehr als nur Kund*innen! Diese Entwicklung, befeuert durch die Marktgläubigkeit und dem Akkumulationsinteresse des Kapitals, droht – nein, sie ist schon voll im Gange – auch im Sektor Wohnen. Das DESASTER WOHNEN lässt uns täglich darunter leiden.
Das Arbeiten ist schon seit Beginn der Industrialisierung und dem Vormarsch des Kapitalismus fremdbestimmt. Auch hier wird versucht, die Beschäftigten zu Kund*innen des Kapitals zu machen. Die Zunahme von Soloselbständigen und das Wachstum von prekären Arbeitsverhältnissen verdeutlicht dies. Auch damit muss Schluss sein, wenn wir für uns und unsere Freund*innen und Nachbar*innen ein gutes Leben haben wollen.
„Buen Vivir“ ist nur im Einklang mit der Natur und gemeinschaftlicher Selbstbestimmung in den Lebensbereichen Ernährung, Mobilität, Arbeit und Wohnen möglich.
Dafür lasst uns gemeinsam kämpfen! Für die Menschen – gegen den Kapitalismus!