Volt will Bezirksvertretungen reduzieren

Lokale Demokratie in der Diskussion

Vor gut einer Woche veröffentlichte die Münsterliste ihren Vorschlag, mehr lokale Demokratie durch die Erhöhung der Anzahl der Bezirksvertretungen in Münster zu erreichen. Gestern (21. Juli 2022) erklärte die Volt Ratsgruppe Münster, dass auch sie über eine Reform der Bezirksvertretungen nachdenkt: „Es braucht bis zur Kommunalwahl 2025 eine Stadtbezirksreform. Die aktuelle Aufteilung der Bezirke ergibt für ein gewachsenes Münster keinen Sinn mehr und muss daher angepasst werden“, so Volt-Ratsfrau Helene Goldbeck. Volt sieht vergleichbare Probleme wie die Münsterliste, möchte aber – nicht zuletzt aus Kostengründen – die Anzahl der Bezrksvertretungen senken. Während die Münsterliste, begründet mit mehr lokaler Demokratie, zehn Bezirksvertretungen fordert, möchte Volt ihre Anzahl auf vier Gremien beschränken.

Helene Goldbeck, Mitglied des Stadtrats für Volt Münster. Foto: Volt

Die Ratsgruppe, die gemeinsam mit Grünen und SPD nach der Kommunalwahl 2020 ein Ratsbündnis geschlossen hat, richtete an Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe eine Anfrage, in der nach dem Einsparpotential bei den Verwaltungskosten bei der Reduzierung der Anzahl der Bezirksvertretungen gefragt wird. Außerdem möchte Volt wissen, bis wann eine Reform (Änderung der Hauptsatzung durch den Rat der Stadt Münster) umgesetzt sein muss, damit bei der kommenden Kommunalwahl im Jahr 2025 neu zugeschnittene Bezirksvertretungen gewählt werden können. Zudem denkt Volt darüber nach, ein neues Gremium zu schaffen, das aus Ratsvertretern und Verwaltungsmitarbeitern bestehen sollte, welches konkrete Vorschläge zur Reform der lokalen Demokratie erarbeiten könnte.

Stadtbezirke sind in der Größe sehr ungleich

„Münsters Bezirksvertreter*innen leisten eine wichtige Arbeit in der Kommunalpolitik“, schreibt Volt und führt aus: „Allerdings unterscheiden sich die Bezirksvertretungen stark in Fläche und Einwohnerzahl, stellen aber trotzdem jeweils 19 Bezirksvertreter*innen, die nur eine geringfügig unterschiedlich hohe Aufwandsentschädigung erhalten. Außerdem teilen die Bezirksvertretungen die Stadt stark nach Münster-Mitte (13 Wahlbezirke) und den anderen fünf Bezirksvertretungen auf. So haben die fünf äußeren Bezirksvertretungen nur wenig Blick auf den Stadtkern und die Bezirksvertretung Mitte sieht wenig die Herausforderungen der anderen Bezirke. Des Weiteren kosten Bezirksvertretungen die Stadt Geld. Ein sechsstelliger Betrag an jährlichen Aufwandsentschädigungen gehen an die Kommunalpolitiker*innen in den sechs Bezirksvertretungen.“

Vorbild für Volt ist Bonn

Die Stadt Bonn kommt mit vier Bezirksvertretungen aus, teilt Volt in der Pressemitteilung mit: „Eine Reduzierung der Bezirksvertretungen in Münster von sechs auf vier wäre also denkbar.“ Details müssten von Politik und Verwaltung diskutiert werden. Für Volt wäre es eine Option die Bezirksvertretungen Ost und Süd-Ost zusammenzulegen und dafür die Bezirksvertretung Münster-Mitte ganz aufzulösen und in die äußeren Bezirksvertretungen einzugliedern. „So wären in Münster vier Bezirksvertretungen denkbar, welche alle acht bis neun Kommunalwahlbezirke abdecken, statt wie aktuell sechs Bezirksvertretungen. „Die Landtagswahl 2022 hat bereits gezeigt, dass eine Aufsplittung der Innenstadt in verschiedene Wahlbezirke sinnvoll sein kann“, heißt es in der Begründung der Anfrage an den Oberbürgermeister. „Münster muss langfristig seine Ausgaben reduzieren, die Politik sollte auch vor den eigenen Aufwandsentschädigungen nicht halt machen“, heißt es zur Begründung.

Bonn oder Bielefeld?

Während am Rhein vier Stadtbezirke (Bonn, Bad Godesberg, Beuel und Hardtberg) mit eigener politischer Vertretung mit jeweils 19 Mandatsträger*innen bestehen, hat Bielefeld zehn Bezirksvertretungen. Völlig klar dürfte sein, dass in Bonn weniger Geld für lokale Demokratie und Selbstbestimmung ausgegeben wird. In Bielefeld hingegen gibt es zehn Bezirksvertretungen (Brackwede, Dornberg, Gadderbaum, Heepen, Jöllenbeck, Mitte, Schildesche, Senne, Sennestadt und Stieghorst) mit Gremien zwischen 15, 17 oder 19 Mitgliedern. Deshalb dürften sich die politisch interessierten Bielefelder*innen lokal besser vertreten fühlen, müssen dafür aber in Kauf nehmen, dass dies mehr Geld kostet.

Mehr Selbstbestimmung durch Reform?

Bezirksvertreter Philip Maurice. (Foto: Volt Münster)

Der Vorschlag der Münsterliste, von sechs auf zehn Bezirksvertretungen zu erhöhen und zudem den Gremien mehr Selbstverwaltungsrechte zu geben, zielt auf eine bessere Vertretung der Menschen. Zudem sollen die tatsächlichen Beziehungen der Einwohner*innen mehr Berücksichtigung auf der kommunalpolitischen Ebene finden. In dem Vorschlag ihrer Liste sieht Sprecherin Sarah Geselbracht Vorteile vor allem für nachbarschaflich aktive Menschen: „Auch rund um den Gasometer oder das Entwicklungsgebiet am Nieberding rückten enger an die Stadt und damit an das natürliche erweiterte Wohnumfeld der Menschen.“ Volt hingegen stellt in der Pressemitteilung die potentielle Kosteneinsparung in den Mittelpunkt – Philip Maurice, Bezirksvertreter in Münster-West, erklärt: „Die Stadt Bonn kommt auch gut mit vier Bezirksvertretungen aus. Wir haben unserer Anfrage einen Vorschlag beigefügt, um die Zahl der Bezirksvertretungen um zwei zu reduzieren. So könnte die Stadt Münster alleine schon über 100.000,- € an jährlichen Aufwandsentschädigungen sparen. Geld, dass an anderen Stellen fehlt.”

Vier Mandate für Volt Münster

Die Ratsgruppe Volt Münster besitzt mit Gruppensprecher Tim Pasch und Helene Goldbeck zwei Ratsmenschen. Zudem ist Volt in den Bezirksvertretungen Mitte (Martin Grewer) und West (Philip Maurice) vertreten.

Autokraten jubeln über Demokratie-Zertifikate

Demokratie-Zertifikate lassen weltweit Teilhabekritiker*innen verstummen

Privat vor Staat – der Neoliberalismus löst endlich auch das Demokratieproblem. Immer wieder wurde weltweit beklagt, dass die Menschen zu wenig Teilhabe an der Politik hätten oder dass die Regime nicht demokratisch wären. Diese Klagen dürften bald der Vergangenheit angehören. In Anlehnung an die bekannte Zertifizierung aus dem Ökologiebereich, einem handelbaren Finanzprodukt, hat nun eine private Initiative die Lösung für ein Jahrtausende altes Problem auf den Markt gebracht: Demokratie-Zertifikate. Durch den Ankauf von solchen Zertifikaten, sie sind aus zum Beispiel aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Luftverschmutzung, Klimaschutz oder Tierwohl nicht nur bekannt, sondern lösen dort schon seit Jahren die unternehmerischen Probleme durch „Greenwashing“.

Nun endlich bietet „DemocracyPartner“ global Zertifikate für Regierungen auf allen parlamentarischen Ebenen und natürlich wegen der großen Nachfrage auch für Autokratien und Diktaturen an. Die Teilhabe-Nörgler*innen in diesen Staaten, Ländern und Kommunen dürften alsbald verstummen, denn immerhin wird ihr Problem Demokratiedefizit an anderen Orten durch einen finanziellen Beitrag der Herrschenden gelöst.

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Keine Beteiligung der Bürger*innen durch die parlamentarische Vertretung? Kein Problem mehr! Mit dem erworbenen Demokratie-Zertifikat, zum Beispiel für die Unterstützung der Einrichtung eines beratenden, entscheidungsunbefugten Kinder- und Jugendrates, kann dieses Demokratiedefizit jetzt finanziell ausgeglichen werden.

Die Berechnung für die Preise der handelbaren Demokratie-Zertifikate ermitteln sich völlig marktkonform aus Nachfrage und Angebot. Es funktioniert genauso wie im Ökologiebereich. Es muss sich gut anhören, sollte die Demokratiedefizite beim Zertifikatskäufer schwerer sichtbar machen und muss sich natürlich für die Zertifikatskäufer als Marketingmaßnahme eignen.

Endlich: Demokratidefizite verschwinden – wie zuvor schon die Umweltverschmutzung – aus der öffentlichen Wahrnehmung!

Unbekannter Abgeordneter

Ganz nebenbei werden durch die neuen Demokratie-Zertifikate aus negativen positive Nachrichten. Es wird zukünftig nicht mehr über Flugzeugentführungen zur Festnahme von Demokratie-Kritiker*innen berichtet, sondern zum Beispiel von der Verteilung von Wahlunterlagen für einen Beirat für mehr Mitbestimmung bei der Aufstellung der Lagerordnung in Umerziehungsanstalten für Uiguren. Natürlich könnte auch das Militärregime in Burma als Ausgleich für die Abschaffung der Demokratie in Europa Werbekampagnen für Direkte Demokratie finanzieren. Das Gute dabei ist die Marktkonformität des Handels mit Demokratie-Zertifikaten. Sobald die Öffentlichkeit weiß, dass das Regime für ihre eigene Verschmutzung Ausgleichszertifikate gekauft hat, können wir auch wieder beruhigt zum Beispiel an die türkische Riviera reisen. Eine Win-win-Situation, bei der den Verlier*innen und den unterdrückten Menschen keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt werden muss, schließlich haben die Herrschenden ja woanders etwas wirklich (oder hoffentlich) Gutes getan.

Jugendrat nimmt Arbeit auf

Nour Idelbi, Frida Reinhardt und Hesham Alhamwi stellen den Vorstand

Im Festssaal des Rathauses kamen am Mittwoch (9. Juni) die Mitglieder des 7. Jugendrates der Stadt Münster zu ihrer ersten offiziellen Sitzung zusammen. Zuvor hatten sich die jungen Politiker*innen im Mai schon zwei Mal online zu Vortreffen zusammengefunden. Damals „stand das Kennenlernen an oberster Stelle, außerdem wurden viele Fragen zur Arbeit des Jugendrates gestellt. Gestern haben sich dann die Jugendratsmitglieder darüber ausgetauscht, welche Themen sie gerne bearbeiten wollen. Die erste Sammlung ist groß geworden“, schreibt Ruth Durek, die den Jugendrat hauptamtlich pädagogisch begleitet, im Blog auf der Webseite des Jugendrates. Gestern wurde es dann ernst.

Die jungen Politiker*innen nahmen im Festsaal Platz, wo Ruth Durek vom Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Münster, mit einer gut gefüllte Tasche mit dem aufgedruckten Logo des Jugendrates Münster begrüßte. Die Idee zur Anschaffung kam aus der AG Merchandise des vergangenen Jugendrates. In seiner abschließenden Sitzung im November beschloss der Jugendrat 4000 Euro für Merchandise-Artikel (Jutebeutel, Taschenwärmer, Kugelschreiber, Notizbücher und Festivalbändchen) auszugeben, damit „den Jugendrat bei Veranstaltungen, in der Schule, etc. vor allem unter Jugendlichen bekannter zu machen und auf sich und seine Arbeit aufmerksam zu machen.“

Sowohl die SPD-Ratsfraktion, namentlich Doris Feldmann, als auch Oberbürgermeister Markus Lewe schickten zur Premierensitzung des 7. Jugendrates ein Grußwort. Beide wurde von Ruth Durek verlesen. Danach schloss sie an die beiden Online-Sitzungen im Mai an und führte die zwölf- bis 17-Jährigen in ihr neues Amt ein. Zudem erhielten die Gewählten ihre Ernennungsurkunde.

Jugendrat: dauerhafte Partizipation für Kinder und Jugendliche in Münster

Der Jugendrat, der alle drei jahre neu gewählt wird, wurde nach Ablauf einer erfolgreichen Modellphase im Sommer 2008 vom Rat der Stadt Münster eingerichtet. Er ist ein dauerhaftes Partizipationsgremium für Kinder und Jugendliche in Münster und soll die Interessen der Kinder und Jugendlichen der Stadt Münster vertreten. In Arbeitsgruppen entwickelt der Jugendrat Projekte und Aktionen, um so Münster politisch mitzugestalten.

Der aktuelle Jugendrat besteht aus 30 Mitgliedern, die Anfang Mai in den sechs Stadtbezirken Münsters (Nord, Ost, West, Südost, Hiltrup und Mitte) von Kindern und Jugendlichen aus Münster gewählt wurden. Er versteht sich als überparteiliche Einrichtung und entsendet in verschiedene andere kommunalpolitische Gremien, darunter auch Rat und Bezirksvertretungen, aus dem Jugendrat gewählte Personen.

In der ersten Sitzung des Jugendrates der Stadt Münster wurde unter anderem der Vorstand gewählt. (Fotos: Werner Szybalski)

Der Jugendrat hat in den Gremien Rederecht, wovon die jungen Politiker*innen bislang auch rege Gebrauch gemacht haben. Damit sie sachkundig mitdiskutieren können, bekommen die Vertreter die Unterlagen für die jeweilige Sitzung im Voraus zugeschickt.

Schwerpunkte: Umwelt- und Klimaschutz, Mobilität und Einsatz für Toleranz und gegen Diskriminierung

Eigene Schwerpunkte setzte der vergangene Jugendrat unter anderem bei den Themen Spaßbad für Münster, neuer Sportpark, Digitalisierung an den Schulen oder die Steigerung der Attraktivität der Busangebote für Schüler und Schülerinnen. Diese Themen hatten die Gewählten auch in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes gestellt. „Hauptsächlich beschäftigen die Jugendlichen mit Umwelt- und Klimaschutz, Mobilität (vor allem im Öffentlichen Personennahverkehr), der Einsatz für Toleranz und gegen Diskriminierung jeglicher Art sowie der Einsatz für modernere Schulen und attraktive Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche“, teilte die Stadt Münster nach der Wahl mit.

Wie hoch motiviert die jungen Politiker*innen ans Werk gingen, zeigte sich bei der Wahl des Vorstandes des 30-köpfigen 7. Jugendrates. Jedes dritte Mitglied bewarb sich in der ersten Wahlrunde für den Vorstand. Am Ende des Wahlmarathons stand fest, dass Nour Idelbi, Frida Reinhardt und Hesham Alhamwi den neuen Vorstand bilden.

Dem 7. Jugendrat gehören an:

  • Stadtbezirk Mitte: Anna Saric, Lorenzo Peuser, Sören Werlemann, Frida Reinhardt und Ida Abel
  • Stadtbezirk Hiltrup: Elisa Feeken, Hesham Al Hamwi, Paul Beining, Anna Emilia Schlichtmann und Sophie Krummheuer
  • Stadtbezirk Südost: Clemens Gnegel, Carlotta Brüggemann, Anton Balke, Benjamin Scherman und Clemens Balke
  • Stadtbezirk Ost: Daniel Kubis, Antonia Gärtner, Luise Theres Stenner, Victoria Steinhoff und Finn Aupers
  • Stadtbezirk Nord: Maia Areerasd, Leonie Jung, Olex Zhulanov und die per Losentscheid nachgerückten Yannik Andor und Luca Wlecke
  • Stadtbezirk West: Abrafi Owusu Sekyere, Nour Idelbi, Janne van Bentem, Elija Winkler und Maximilian Stahl

Vier Mitglieder des 7. Jugendrates bringen schon „jugendpalamentarische“ Erfahrung mit. So gehörten Luca Wlecke (Eintritt in den Jugendrat Februar 2020), Paul Beining (Eintritt in den Jugendrat Sommer 2020), Anton Balke (war von Anfang Januar 2018 an dabei,) und Hesham Alhamwi (ebenfalls von Anfang an dabei) dem Vorgängergremium an, dass letztmalig am 4. November vergangenen Jahren zusammengetreten war.

„Der Jugendrat arbeitet viel in Arbeitsgruppen, die die verschiedenen Themen der Jugendlichen bearbeiten. In diesen Arbeitsgruppen sind alle – auch die nicht gewählten – interessierten Jugendlichen herzlich willkommen. Wir freuen uns über viel Unterstützung“, lädt Ruth Durek alle interesierten jungen Menschen aus Münster zur Mitarbeit im und um den Jugendrat herum ein. Für sie selbst endete mit der ersten Sitzung des 7. Jugendrates die pädagogische Betreuung dieses Partizipationsgremiums.

Knatsch im Integrationsrat

Die Wiedertäufer haben einen Beitrag von mir zum Demokratiedefizit im Intergrationsrat der Stadt Münster veröffentlicht. Hier der Link zum Originaltext. Unten ein Auszug:

Eigentlich hätte der Integrationsrat (IR) der Stadt Münster derzeit allen Grund zu feiern. Fast genau vor 36 Jahren, am 21. April 1985, wurde der erste Ausländerbeirat, der Vorgänger des Integrationsrates, in Münster gewählt. Doch statt Schampus gibt es derzeit lange Gesichter in dem 27-köpfigen politischen Gremium, das in Münster die Interessen der Menschen mit Migrationsvorgeschichte vertreten soll. … [weiterlesen]