E-Center, Hafenmarkt und Quartiersgarage – abstimmen lassen!
Hansa / Hafen. „Warum fragt eigentlich niemand die betroffenen Anwohner*innen nach ihrer Meinung?“ Sarah Geselbracht, Sprecherin der kommunalistisch orientierten Münsterliste, will nicht einsehen, warum die Menschen nicht direkt und entscheidungsbefugt an den kommunalen Planungen in ihren Wohnquartieren beteiligt werden: „Einspruch gegen ungewollte Maßnahmen in Planungsverfahren zu erheben, ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Doch echte Beteiligung der Bürger*innen an örtlichen Entscheidungen sieht aus unserer Sicht anders aus.“
Die Münsterliste schlägt bei dem umstrittenen und derzeit brach liegenden Bauvorhaben der Firma Stroetmann am Hansaring (ehemals E-Center, jetzt Hafenmarkt) deshalb vor, zeitgleich bei der Bundestagswahl im Herbst die Bewohner*innen im Hansaviertel, Klein-Muffi und den weiteren angrenzenden Wohngebieten über die Zukunft der Stroetmannschen Bauruine abstimmen zu lassen. Natürlich sollen auch die bei der Bundestagswahl nicht Wahlberechtigten, also zum Beispiel Jugendliche und Migrant- *innen, an der Abstimmung teilnehmen können. „Direkte Demokratie ist möglich und bindet die Menschen unmittelbar ein. Der Rat der Stadt müsste nur zuvor beschließen, sich an das Mehrheitsvotum der Menschen gebunden zu fühlen“, so Geselbracht.
Der Rat der Stadt Münster hat im März mit einer Mehrheit aus CDU, SPD und FDP beschlossen, dass nun nochmals versucht werden soll, zwischen Hansaring und Hafen ein Edeka-Einkaufszentrum zu bauen. Dies war notwendig geworden, weil der erste Versuch, am Hansaring ein E-Center zu errichten, 2018 vom Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster gestoppt worden war. „Das OVG hatte im letzten Monat im Sinne der Hafencenter-Gegner entschieden und dabei auf zwei wesentliche Mängel des Bebauungsplans verwiesen. Einerseits habe der Stadtrat bei der Aufstellung des Bebauungsplans die Schließung des als Theodor-Scheiwe-Straße bekannten Betriebswegs nicht berücksichtigt. Dies sei ein »durchgreifender Abwägungsmangel«. Weiter monierten die Richter, dass der Nutzungszweck Dienstleistungen nicht ausreichend definiert worden sei“, vermeldete das Online-Magazin „Wiedertäufer“ vor drei Jahren.
Zweiter Versuch des Investors Stroetmann
Nun unternahm der Stadtrat in Münster den zweiten Versuch, die Pläne des Investors Stroetmann in leicht veränderter Form zu Ende zu bringen.
So wurde die Verkaufsfläche des klassischen Supermarktes verringert. Es sind nun weitere Verkaufsgelegenheiten geplant, die aus dem E-Center den Hafenmarkt machen sollen. Mit insgesamt rund 3000 m² Verkaufsfläche ist das vielen Anwohner*innen und insbesondere den Gegner*innen des Projektes noch immer zu viel. „Durch zusätzliche 3000 m² Verkaufsfläche wird aus der guten Versorgung eine Überversorgung in unserem Viertel“, heißt es in dem internen Abstimmungspapier der Hafenmarkt-Gegner*innen. Sie befürchten, dass „die Lebens- und Wohnsituation“ im Viertel sich verschlechtert, da die „hohe Verkehrsbelastung […] durch den Hafenmarkt noch weiter zunehmen“ würde, somit auch die „gesundheitsgefährdende Lärmbelastung der Anwohner*innen“ noch weiter ansteige. Die geplante „Markthalle“ sei ein Fake. „87 Prozent der Verkaufsfläche verbleiben als Verbrauchermarkt im EDEKA-Stil.“ Dies würde „alteingesessene Anbieter*innen in den Bankrott treiben“, befürchten sie. Diese zitierte Stellungsnahme verteilten die drei Vereinigungen „Mehr Lebensqualität für das Hansa- und Hafenviertel“, „Initiative Zukunft Hafen“ und die Nachbarschaftsinitiative „Platanenpower“ in der vergangenen Woche an die Haushalte der betroffenen Wohnviertel per Flugschrift. In diesem kritisierten die drei Vereine auch die zu geringe Zahl an neuen Wohnungen. Im Zuge des Projekts sollen nur 34 gebaut werden: „Keine der Wohnungen wird öffentlich gefördert“. Sie „sind damit nicht preisgebunden.“ Dieser „B-Plan“ bevorzuge das Interesse des Vorhabenträgers und ordne ihm die Interessen der Menschen im Quartier vollkommen unter, behaupten die Gegner*innen.
„Die Menschen selbst entscheiden lassen.“
Sarah Geselbracht
„Diese Einschätzung teilen wir. Deshalb drängen wir nun darauf, dass die Menschen selbst entscheiden dürfen. Dies möglichst endgültig. Was bedeutet, dass der Rat der Stadt Münster die Entscheidung der Bürger*innen anerkennt und akzeptiert“, erläuterte Sarah Geselbracht von der Münsterliste.
Einwendungen können bis zum 21. Mai erhoben werden
Trotzdem unterstützt der kommunalpolitische Verein Münsterliste auch die zur Zeit laufende Kampagne zur Einreichung von Einwendungen im offiziellen Beteiligungsverfahren der Stadt Münster. „Eine direkte Abstimmung der Menschen über den weiteren Umgang mit der Bauruine ist uns wichtig, denn nur so können alle von der Maßnahme betroffenen Anwohner*innen mit darüber entscheiden. Deshalb ist es richtig, auch persönliche Bedenken gegen die Planung im Beteiligungsverfahren einzuwenden. Schließlich konnte der erste Versuch nur durch Einwender*innen vor dem Gericht gestoppt werden“, ruft Sarah Geselbracht dazu auf, Bedenken gegen den Bebauungsplan und auch Verbesserungsvorschläge der Stadt Münster offiziell mitzuteilen. Dies ist im gesetzlichen Beteiligungsverfahren bis zum 21. Mai möglich. Entweder persönlich im Stadthaus 3 am Albersloher Weg 33 oder digital per Email an stadtplanung@stadt-muenster.de.
Hilfestellung zur Formulierung von Einwendungen gibt die Partei Die Linke auf ihrer Webseite. (Hier kann ein Formular für Einwendungen heruntergeladen werden: Formular Einwendung Hafenmarkt). Gemeinsam mit Grünen und ÖDP / Die Partei hatten auch die drei Ratsmitglieder der Linken gegen den Versuch der Stadt gestimmt, nun den „B-Plan“ im Hansaviertel durchzusetzen.