Perspektiven der Friedensbewegung

MdB Ulrich Thoden (Die Linke) zu Gast in der Frauenstraße 24

Jo Hetscher, Vorsitzender des Kulturvereins Frauenstraße 24, begrüßte am Sonntagmorgen (13. April 2025) im Versammlungssaal der Gaststätte den jüngst in den Deutschen Bundestag eingezogenen Abgeordneten Ulrich Thoden. Der Kreuzvierteler Thoden zog über die Landesliste der Partei Die Linke als Kandidat im Kreis Steinfurt ein, wo der GEW-Vorsitzende in Münster an einer berufsbildenden Schule in Rheine als Lehrer tätig ist. Der ehemalige linke Ratsherr aus Münster sprach zum Thema „Friedensfähig statt kriegstüchtig!“

Nicht nur in linken Kreisen wird die Friedensfrage derzeit diskutiert, wie ich jüngst im Handelsblatt gelesen habe.“ Zum Einstieg zitierte Hetscher aus der Düsseldorfer Wirtschaftszeitung, die sich vor einer Woche mit der Wiedereinführung der Wehrpflicht in der Bundeswehr auseinandergesetzt hatte. Dabei, so Hetscher, hätten in Umfragen Menschen über 60 Jahre überwiegend für eine Revitalisierung der Wehrpflicht und die betroffenen Männer, Frauen können wegen des Grundgesetzvorbehaltes nur freiwillig zum deutschen Militär gehen, eine Verpflichtung zum Kriegsdienst mehrheitlich abgelehnt. Das meist ältere Publikum im gut besetzten Saal war mit dem Ü60-Votum nicht einverstanden, denn, so eine Teilnehmerin, die „hier Anwesenden sehen es sicherlich ganz anders.“

Thoden: Waffen werden angeschafft, um eingesetzt zu werden

Ulrich Thoden griff dies auf, um gleich deutlich klar zu stellen: „Parallelen zur Friedensbewegung der 80er Jahre zu ziehen, finde ich sehr schräg.“ Damals habe die Abrüstung im Zentrum der Forderungen der westdeutschen Friedensbewegung gestanden. Was für Thoden angesichts der zur damaligen Zeit herrschenden Blocksituation nachvollziehbar und richtig gewesen sei. „Heute ist mit Abrüstung nicht geholfen.“

Im Moment hingegen, so der Bundestagsabgeordnete, „würden Waffen angeschafft, um sie auch einzusetzen.“ Auch sehe Thoden derzeit keine Zeitenwende, sondern „nur einen Krieg“. Für ihn sei Auschwitz eine Zeitenwende, aber nicht das aktuelle Verhalten einiger Staatslenker.

Zum Thema Wehrpflicht unterstrich der Referent, dass auch die heutigen potentiellen Verweigerer nicht mit denen aus dem vergangenen Jahrhundert gleich gesetzt werden dürften. Damals hätte die Verweigerung zu einer kritischen Einstellung gegenüber dem Militär bis hin zum Pazifismus geführt. Heute sei es anders: „Viele die angeben, gegebenenfalls verweigern zu wollen, sind aber nicht gegen die Bundeswehr, die auch ihnen Sicherheit gäbe.“

Drohnen: flexible Alternative zu Minenfeldern

Nach einigen Exkursionen in die deutsche Außenpolitik und die internationale Lage verurteilte Ulrich Thoden die konkreten Aufrüstungsmaßnahmen in Deutschland. Unter anderem machte er deutlich, dass die geplante Bewaffnung mit Drohnen eine Abkehr von der Bundeswehr als Verteidigungsarmee beinhalte: „Sie gelten als flexible Alternative zu Minenfeldern.“ Diese unbemannten Flugkörper, die natürlich auch Waffen tragen können, würden inzwischen von künstlicher Intelligenz gesteuert. Thoden: „Natürlich rechnen sie damit, dass im Kriegsfall GPS nicht funktioniert. Diese Drohnen können dann für die Orientierung im Überflug die Bodernmerkmale mit gespeicherten Kartenmaterial abgleichen, um ihr Ziel zu finden.“ Ähnlich offensiv seinen die Dark Eagles mit fünf Mach Geschwindigkeit im Tiefflug bei bis zu 3000 Kilometer Reichweite.

Der Vereinsvorsitzende Jo Hetscher moderierte die Veranstaltung, die sich gegen Hochrüstung und gegen soziale Kürzungen richtete. (Fotos: Werner Szybalski)

Klöckner besucht Linksfraktion

Jo Hetscher machte auf den Zusammenhang zwischen Schwächung des Sozialstaates durch Hochrüstung aufmerksam und fragte: „Was tun?“ Auch Ulrich Thoden unterstrich die Verbindung von Sozialem und Militärischen, um aber deutlich zu machen, dass es sich durchaus lohnt, als Opposition im Bundestag für die Menschen und gegen diese Schieflage zu kämpfen. Auch, weil anders als bei den Demokratiefeinden von der AfD, die die Bundestagsabgeordneten der Linken leider immer sehen müssten, da sie genau gegenüber ihre Plätze hätten, gingen die anderen Fraktionen freundlich mit der erstarkten Fraktion der Linken im Bundestag um. Thoden: „Selbst Julia Klöckner, meines Wissens nach zum ersten Mal, war bei uns in der Fraktionssitzung, um für ihre Wahl zur Bundestagspräsidentin um unsere Stimmen zu werben.“

Diese unerwartete Aussage führte durch Beiträge aus dem Publikum zu einer Diskussion – insbesondere getragen von Mitgliedern der DKP und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSV) – über die vier Ja-Stimmen von Linken aus Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, in beiden Bundesländern regieren sie mit, bei der Abstimmung im Bundesrat über das unbegrenzte Sondervermögen für die Aufrüstung. Thoden konnte dies leicht kontern, da die Regierungsmitglieder innerhalb der Bundes- und zumindest selbst in der Landespartei an der Ostseeküste isoliert seien. In acht Sitzungen sei versucht worden, die Vier davon zu überzeugen, dass sie diesen Beschluss nicht mittragen dürften, verdeutlichte Ulrich Thoden: „Auch wenn wir wollten, ausschließen wegen politischer Abweichungen ist nicht möglich. Ich gehe davon aus, dass sie zumindest bei der nächsten Listenausstellung nicht mehr berücksichtigt werden.“

Erstarkte Linke müsse laut werden

Die Perspektiven der Friedensbewegung seien um so besser, wenn „alle Parteien, die sich Frieden auf die Fahnen geschrieben haben, zusammenarbeiten“ würden, erklärte der Bundestagsabgeordnete. Dabei sollen nicht die Unterschiede in den Auffassungen weggebügelt werden, aber Klarheit in Sachen Friedensvorstellung und gemeinsamen Protestes gesucht werden. Seine Partei, so Ulrich Thoden, dürfe mit inzwischen über 100.000 Mitgliedern dabei sicherlich auch mal ganz laut werden.

Ulrich Thoden hofft auf eine zukünftig laute linke Partei und eine Zusammenarbeit der Parteien, die für den Frieden antreten.

Braucht es eine linke Sicherheitspolitik?

Jo Hetscher warf die Frage aus, ob wir eine linke Sicherheitspolitik benötigen? Er beantwortete nach einigen Erläuterungen seine Frage selbst und eindeutig mit „Ja“. Dabei erinnerte Hetscher noch einmal daran, dass es im Kalten Krieg eine klare Polarisierung in der Gesellschaft gab: „Auf- oder Abrüsten!“

Hugo Elkemann, Friedensaktivist aus Münster, mischte sich ein, um deutlich zu machen: Damals hätte es drei relevante Gruppen, die die Friedensbewegung getragen hätten: „Erstens die Kirche, zweitens die Gewerkschaften und drittens die individuellen Verweigerer.“ Für Elkemann steht deshalb aktuell auf der Agenda: „Können wir auch heute die Verweigerung noch in den Mittelpunkt stellen?“

Friedensaktivist Hugo Elkemann. (Archivfoto)

Diese Frage (siehe oben) verneinte Ulrich Thoden, der in diesem Zusammenhang auf den gewerkschaftlichen Kampf gegen die Bundeswehr in den Schulen verwies. Alles, wie auch „unter 18 nie“ würde derzeit in Frage gestellt. Die Schulen könnten sich auch nicht wehren, und müssten die Militärs reinlassen, wenn die Bundeswehr einen Besuch ankündigt. Dafür brauche es einer neuen Strategie der Friedensbewegung.

So blieben zwar nach zwei Stunden einige Fragen offen, aber die Stimmung war zuversichtlich. Zunächst stünde für alle der Ostermarsch auf dem Programm und dann der weitere Austausch zwischen den verschiedenen Friedensgruppen und auch den Parteien. Auch der Austausch mit MdB Ulrich Thoden würde weitergehen, erklärte Jo Hetscher: „Ulrich hat mir versprochen, so etwa in drei Monaten wiederzukommen, um den Diskurs gemeinsam fortzusetzen.“

Wohlfühlen im Martiniviertel

So sehen die Planer*innen die Hörsterstraße nach Abschluss der Umgestaltung. (Visualisierung: SAL Landschaftsarchitektur)

Stadtnahes Quartier wird ab Mai umgestaltet

„Mehr Grün, mehr Aufenthaltsqualität, mehr Klimaschutz und mehr Raum für alle, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind“, verspricht die Stadt Münster in einer Presseerklärung zur Zukunft des innerstädtischen Martiniviertels. Diese Ziele sollen durch die Umgestaltung der Hörsterstraße, der Martinistraße und der Stiftsherrenstraße sowie des kleinen Platzes am Bült realisiert werden. Das zu Grunde liegende Konzept entspricht dem Siegerentwurf des NRW-Fördermittelwettbewerb „ZukunftStadtRaum“ aus dem Jahr 2022. Vor den Umbauten will ab Mai die städtische Tochter „Stadtnetze Münster“ im Quartier die Versorgungsinfrastruktur modernisieren. Die Öffi-Nutzer*innen aus Coerde werden überwiegend nicht profitieren.

Die geplanten drei Bauphasen im Martiniviertel, die fünf Bauabschnitte beinhalten. Nach Erneuerung der Versorgungsinfrastruktur erfolgt die bauliche Umgestaltung zwischen Promenade und Bült. Los gehen soll es im Mai 2025. (Grafik: © Stadt Münster)

Stadt setzt auf Fernwärme statt auf Wärmepumpen

Zunächst wird das Fernwärmenetz aus den 1980er-Jahren im Viertel erneuert. Die Hörsterstraße wird komplett neu angeschlossen. Die Stadt sieht die in Blockheizkraftwerken und dem Kraftwerk am Hafen mit Gas erzeugte Fernwärme gegenüber den zweifelsfrei mit höherem Wirkungsgrad Energie erzeugenden Wärmepumpe im Vorteil. In der Pressemitteilung heißt es: „Der Ausbau der Fernwärme als klimagerechte Alternative zur Wärmepumpe [steht] im Fokus.“ Zudem sollen für mehr Kapazitäten im Stromnetz sowie sichere Internetversorgung neue Kabel verlegt werden. Teilweise würden auch die Trinkwasserleitungen erneuert.

Arbeiten erfolgen in fünf Bauabschnitten

Im Bereich Lotharingerstraße / Hörstertor / Promenade sowie in der Hörsterstraße zwischen Gartenstraße und Lotharingerstraße werden zunächst die Wärmeleitungen erneuert. Darauf folgen die Leitungsarbeiten in weiteren Abschnitten der Hörsterstraße, der Stiftsherrenstraße sowie der Martinistraße. Jeder der fünf Bauabschnitte soll rund sechs Monate dauern. Dabei können die Arbeiten, die auch im Bereich der alten Stadtmauer Münsters erfolgen, durchaus verzögert werden. Dann nämlich, wenn die Archäolog*innen auf bedeutende Funde stoßen.

Die Regionalbusse S 60, S 90 und X 90 verlieren ihre Betriebshaltestelle in der Lotharingerstraße und werden somit dauerhaft aus dem Martiniviertel vertrieben. (Foto: Werner Szybalski)

Wegen der engen Straßen im Quartier erfordern die Bauarbeiten besondere Maßnahmen. So wird zunächst die Lotharingerstraße für die Durchfahrt gesperrt – Pkws, Fahrradfahrer*innen und natürlich auch die Busse aus Coerde können die Umleitung durch die Stiftsherrenstraße nutzen. Trotzdem bleiben das Standesamt mitsamt – für Münster eigentlich wenig überraschend – der zugehörenden Parkplätze und auch das türkische Konsulat, die Sporthalle und Geschäftsstelle der TG Münster sowie andere Ziele (automobil?) erreichbar.

Über vier Millionen Euro vom Land NRW

Parallel zur Sanierung der Versorgungsinfrastruktur finalisiert Münsters Stadtverwaltung die Planungen für die Neugestaltung des Martiniviertels. Neue Bodenbeläge aus Natursteinpflaster, Wasserelemente, Grünflächen mit Bäumen und Pflanztrögen, kleine Bereiche für Außengastronomie und weitere Sitzmöglichkeiten sieht das Konzept vor. Ende 2028 soll alles fertig sein.

Die Wohlfühlmaßnahmen für die Bewohner*innen und Besucher*innen des Martiniviertels wurden im Oktober 2022 im Rat der Stadt beschlossen. Gut zehn Monate später bewilligte für die Planungen und den Umbau das Land NRW Fördermittel in Höhe von rund 4,1 Millionen Euro.

Öffi-Nutzer*innen profitieren nicht

Nicht so erfreut über das unmittelbar an das Stadtzentrum angrenzende zukünftige Wohlfühl-Quartier sind die Nutzer*innen des Öffentlichen Verkehrs. Die Hälfte des innerstädtischen Busangebots wurde im Quartier schon gestrichen – die Linie 6 fährt nun von Coerde kommend schon nicht mehr durch das Martiniviertel (und Kreuzviertel), um die Fahrgäste direkt in die Innenstadt zu bringen, sondern über die Gartenstraße daran vorbei in Richtung Hauptbahnhof. Noch härter trifft es die Öffi-Nutzer*innen aus dem Kreis Coesfeld, denn ab Mai enden die Regionalbusse aus Nottuln (S 60), Senden (S 90) und Lüdinghausen (X 90) am Hauptbahnhof statt am zukünftig noch einladender gestalteten Bült. Natürlich müssen die Fahrgäste aus dem Kreis Coesfeld dann auch zur Abfahrt ihres Busses zum Hauptbahnhof.

Fahrtziel der Linie 8 wird geändert – Fahrtzeit zum Bült verlängert

Inzwischen bedient nur noch die Linie 8 von Coerde kommend das Kreuz- und das Martiniviertel. Die Linie 6 fährt direkt vom Pumpenhaus zur Eisenbahnstraße. (Foto: Werner Szybalski)

Die im Titelbild gezeigte erneuerte Hörsterstraße wird, wie die Stadtwerke Münster auf Nachfrage mitteilten, nach dem Umbau auch nicht mehr von der Linie 8 genutzt werden dürfen. Gemäß Ratsbeschluss vom 21. Februar 2024 soll die Linie 8 spätestens nach Abschluss der Umbaumaßnahme in der Hörsterstraße von der Lotharinger Straße am Standesamt links in Richtung Bohlweg abbiegen. An der Kreuzung hinter der Promenade geht es über die Fürstenbergstraße dann rechts ab zum Bült.

Vier statt einer Ampel auf der kurzen Strecke

Somit müssen möglicherweise vier zusätzliche Stopps an Ampeln eingeplant werden. Bislang muss der Bus, wie im Bild oben, nur am Bült auf Grün warten. Die Fahrtzeit beträgt laut Stadtwerke derzeit zwischen den Haltestellen Standesamt und Altstadt / Bült drei Minuten. Das wird auf dem sicherlich mehr als dreimal so langen zuküftigen Fahrweg nicht annähernd erreichbar sein.

Zudem ändert sich natürlich auch das Fahrtziel der Linie 8, die dann aus der Gegenrichtung die Altstadt erreicht. Wolbeck dürfte nach der Fahrt am Schlossplatz vorbei und über den Stadtgraben sicherlich nicht angesteuert werden. So müssen wohl auch die Fahrgäste der Linien 15 und 16 aus Richtung Kinderhaus sich auf eine geänderte Linienführung zumindest eines der Busse einstellen.

Weitere Verschlechterungen für Öffi-Nutzer*innen aus Coerde

Eine weitere Verschlechterungen insbesondere für die Öffi-Nutzer*innen aus Coerde. Sie müssen für ein Wohlfühlviertel im Innenstadtbereich sich zukünftig entscheiden, ob sie den Hauptbahnhof (und die Eisenbahnstraße) oder den Bült erreichen wollen. Dabei wird die Fahrzeit zur Haltestelle Altstadt / Bült mit der zukünftigen Linienführung länger dauern. Profitieren dürften neben den Anwohner*innen der Hörsterstraße die paar Coerder Busnutzer*innen, die in Richtung Amtsgericht, Aasee oder Pluggendorf wollen – sie bekommen eine Direktverbindung.