„Zwang zum Fahren“

Mitgliederversammlung des VCD Münsterland

Fußgänger, Busse, Fahrrad- und Autofahrer konkurrieren um den begrenzten Raum in der Stadt. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) hat das Thema jetzt im Rahmen einer Infoveranstaltung in der Volkshochschule aufgegriffen.

„Der Konflikt zwischen umweltfreundlicher Mobilität und begrenztem Stadtraum ist eines unserer wichtigsten Themen“, leitete Thomas Lins als Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD) im Münsterland das Refaerat auf der jährlichen Mitgliederversammlung ein, heißt es in einer Pressemitteilung des Vereins.

Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer und Dr. Thomas Klinger vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund diskutierten bei der Mitgliederversammlung des VCD Münsterland mit deren Vorsitzenden Thomas Lins (r.). (Foto: VCD Münsterland)

Eine Antwort gaben die Referenten Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer und Dr. Thomas Klinger vom Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund: Nach ihrer Einschätzung ist das bisherige „Regime“ des vorherrschenden motorisierten Individualverkehrs extrem wirkmächtig. „Es verstärkt sich selber immer wieder mit so vielen Autos, Straßen und den gewachsenen Zwängen zum Fahren,“ führte Dittrich-Wesbuer aus.

Insgesamt brauche es auch in einer Stadt wie Münster eine „Importance of visioning“, nannte Klinger ein übergreifendes Ziel: „Man muss wissen, wo man hinwill!“

Städtebauliche Konsequenz: Einschränkung des Autoverkehrs

Eine Möglichkeit sei das Modell der 15-Minuten-Stadt: „Hierbei sollen alle relevanten Ziele in einer Viertelstunde zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreicht werden können“, erklärte der Referent. „Dies hat dann städtebauliche Konsequenzen und eine Einschränkung des Autoverkehrs zur Folge.“

Für eine Verkehrswende reiche allein die Förderung umweltfreundlicher Verkehre nicht, meinte Klinger.

Walter von Göwels wird Aufsichtsrat bei der Eurobahn

CDU-Politiker aus Münster soll ZVM bei der vom NWL übernommenen Regionalbahn vertreten

Wenn es einen Politiker in Münster gibt, der als graue Eminenz des Öffentlichen Verkehrs gelten kann, dann ist dies spätestens seit vergangenem Montag der CDU-Kommunalpolitiker Walter von Göwels. Er erhielt ein weiteres Amt: Am 24. März 2025 tagte am Aasee in Münster die Verbandsversammlung des Zweckverband Mobilität Münsterland (ZVM). Unter anderem stand die Besetzung des Aufsichtsrates der kürzlich vom Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) erworbenen Regionalbahn „Eurobahn KG“ auf der Tagesordnung. Der Haupt- und Finanzausschusses der ZVM-Versammlung hatte den Münsteraner Walter von Göwels nominiert. Die Versammlung schickt den Vorgeschlagenen einstimmig als Vertreter des ZVM in den Aufsichtsrat der „Eurobahn KG“.

Walter von Göwels von der CDU Münster soll für den Zweckverband Mobilität Münsterland (ZVM) in den Aufsichtsrat der Eurobahn KG einziehen. (Foto: CDU Münster)

Der Münstersche CDU-Kommunalpolitiker Walter von Göwels gehört nicht nur dem Rat der Stadt Münster an, sondern ist für diesen auch in den Ausschüssen für Stadtplanung und Stadtentwicklung sowie für Verkehr und Mobilität, deren 2. Stellvertrender Vorsitzender er ist, sowie im Aufsichtsrat der Stadtwerke Münster GmbH, dessen Vorsitzender er ist, tätig. Zudem gehört er für den Rat der Stadt Münster den Verbandsversammlungen des Zweckverbandes Mobilität Münsterland (ZVM), dem Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) und der Westfälische Landeseisenbahn GmbH (WLE) an. Bei seiner Wahl zum Vorsitzenden der ZVM-Versammlung im Dezember 2020 erklärte Walter von Göwels laut Webseite der CDU Münster: „Die kommunale Zusammenarbeit im Münsterland muss angesichts des demografischen Wandels und des Klimaschutzes den öffentlichen Verkehr auf der Schiene und der Straße als gemeinsames System umfassen.“

Eurobahn-Premiere in der Pfalz

1998 wurde die Eurobahn Verkehrsgesellschaft mbH & Co KG mit Sitz in Wachenheim an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz) gegründet. Die Gesellschafter waren zunächst Via Générale de Transport et d’Industrie, ab 1999 ein Tochterunternehmen der staatlichen französischen SNCF, mit 60 Prozent und Rhenus mit Sitz in Holzwickede, die zum Rethmann-Konzern gehört, mit 40 Prozent.

Ab Ende Mai 1999 fuhr die Eurobahn auf der reaktivierten Donnersbergbahn, die in Rheinland-Pfalz von Alzey nach Kirchheimbolanden führt. Ein Jahr später trat die Eurobahn in Nordrhein-Westfalen auf den Fahrplan. Die Ravensberger Bahn und der Lipperländer von Bielefeld nach Rahden beziehungsweise nach Lemgo wurden fortan mit Zügen der Eurobahn bedient. Im selben Jahr wurde mit einem Tochterunternehmen in Sachsen Schienenpersonennahverkehr auf der Bahnstrecke von Freiberg nach Holzhau angeboten.

Nach nur drei Jahren wurde im September 2001 die Eurobahn Verkehrsgesellschaft zur Rhenus Keolis mit Sitz in Mainz. Dabei übernahmen die Südmünsterländer Rethmann-Tochter Rhenus aus Selm mit 51 Prozent die Mehrheit. Die französische Keolis erhielt 49 Prozent. Die Eisenbahnbetriebe Alzey, Bielefeld und Freiberg sowie Busbetriebe in Bad Kreuznach und Zweibrücken gehörten damals zu Rhenus Keolis mit rund 180 Mitarbeiter*innen.

Anfang Dezember 2007 wurde das Unternehmen in Keolis Deutschland GmbH & Co. KG, die fortan unter dem Namen „eurobahn“ den Betrieb in Bielefeld organisierte, und Rhenus Veniro für den Rest geteilt. Keolis Deutschland übernahm bis 2017 weitere Bahnnetze in Nordrhein-Westfalen und angrenzenden Gebieten.

Eurobahn-Streckennetz am 10. Dezember 2017. (Foto: Keolis; © commons.wikimedia.org)

Vier Jahre später wurde die Eurobahn Opfer ihrer Tiefpreispolitik. Sie hatte in ihren Bewerbungen um Schienenstrecken auf Masse statt auf Preis gesetzt, so dass 2021 anhaltende Betriebsverluste zum Rückzug des Keolis-Mutterkonzern führten. Fortan hieß das Unternehmen „eurobahn GmbH & Co. KG“. Der NWL und andere öffentliche Aufgabenträger gaben dem „neuen“ Unternehmen verbesserte Verträge, so dass der Eisenbahnbetrieb möglichst verlustfrei weitergeführt werden könne. Zum Abschied stattete der französische Staatsbetrieb die Eurobahn mit zusätzlichem Kapital aus und übergab das Unternehmen an die Anwaltskanzlei Noerr, eine Wirtschaftskanzlei mit über 580 Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Unternehmensberatern an zehn Standorten in Deutschland. Deren Tochtergesellschaft „Team Treuhand“ übernahm die Gesellschafterstellung und suchte fortan einen neuen Eigentümer.

Krisen über Krisen schütteln die Eurobahn

Eurobahn wurde in den vergangenen Jahren für Fahrgäste nahezu zum Synonym für Fahrtausfälle. Schon 2016, also ein Jahr vor der größten Netzausdehnung des Unternehmens, wurde – begründet mit der personellen Situation – der Fahrbetrieb auf sechs seiner zehn SPNV-Linien eingeschränkt. Auch nach der Übernahme des Teutoburger-Wald-Netzes im Dezember 2017 gab es Probleme. So startete der grenzüberschreitende Betrieb zwischen dem niederländischen Hengelo und dem niedersächsischen Bad Bentheim erst zwei Monate später. Der NWL mahnte die Eurobahn deshalb im Februar 2018 wegen zu starken Einschränkungen mit Zugausfällen, zu geringerer Kapazität und zu schlechter Fahrgastinformation ab. Ende des Jahres kam schon die zweite Abmahnung, die sogar alle vier Eurobahn-Netze betraf.

Ab November 2018 musste aufgrund von Fahrzeugmangel bei der Eurobahn zwischen Minden und Nienburg ein Ersatzzug der Centralbahn AG eingesetzt werden. (Foto: Clic, CC BY-SA 4.0; © commons.wikimedia.org)

Am 26. Juli 2024 gab der NWL bekannt, dass auf der bisherigen Eurobahn-Linie RE 82 (Bielefeld nach Horn-Bad Meinberg beziehungsweise weiter bis Altenbeken) ab dem August bis zum Fahrplanwechsel im Dezember übergangsweise DB Regio Leistungen erbringen wird. Zunächst soll dies bis Dezember 2025 gelten. Ab September 2024 übernahm auch die Centralbahn AG erneut Zugleistungen der Eurobahn. So kamen beim Porta-Express bis Januar diesen Jahres alte, angemietet Triebzüge der Baureihe 425 aus dem Bestand der Deutschen Bahn (DB-Gebrauchtzug) für die Centralbahn zum Einsatz. Seit Februar 2025 und geplant bis Ende des Jahres nimmt im Auftrag der Eurobahn TRI Train Rental die Verkehrs auf der Linie RE 3.

Triebwagen 425 064 (angemietet von DB Gebrauchtzug und ohne Eurobahn-Logos), am ersten Einsatztag, dem 20. September 2024, im Bahnhof Nienburg (Weser). (Foto: Clic, CC BY 4.0; © commons.wikimedia.org)

900 Mitarbeiter*innen aus 26 Nationen

Eurobahn muss aufgepäppelt werden

Ende Januar diesen Jahres beschloss der NWL die Eurobahn zu übernehmen. Sie muss nun aufgepäppelt werden, was insbesondere durch die Gewinnung von zusätzlichem (Fahr-)Personal erfolgen muss. Der Autor dieses Artikels kommentierte am Tag des Beschlusses im Namen von Pro Bahn Münsterland die Übernahme der Eurobahn in die Öffentliche Hand in der WDR Lokalzeit positiv. „Mit einer zeitlich begrenzten Übernahme der Eurobahn durch den NWL können wir unseren Fahrgästen weiterhin verlässliche Verkehrsleistungen anbieten und geben gleichzeitig den Mitarbeitenden eine langfristige, sichere Perspektive“, verdeutliche am Jahresende 2024 der Geschäftsführer des NWL, warum der Ankauf durch den NWL notwendig sei. Festgelegt wurde das ein Aufsichtsrat bei der Eurobahn eingerichtet wird, der sich aus bis zu sieben Mitgliedern zusammensetzen soll. Der NWL darf bis zu zwei Mitglieder entsenden und die Mitgliedszweckverbände jeweils ein Mitglied. Der ZVM entschied sich für Walter von Göwels.

Werner Szybalski

Die Eurobahn – hier auf dem Weg von Münster nach Greven – fährt nun in öffentlicher Trägerschaft. (Foto: Werner Szybalski)

Otto Addo besucht May Ayim Ring

Rassismuserfahrung eines Spitzensportlers

Unter Rassismus leiden in Deutschland alle Menschen, die nicht weiß sind. Selbst prominenten BiPoC erfuhren und erfahren immer wieder diskriminierende Situationen und werden verbal und nonverbal attackiert. Um zu erfahren, wie es gesellschaftlich erfolgreichen Menschen gelang, mit dieser Ausgrenzung (und Abwertung) zu leben, wie sie es trotz dieser prekären Lebenssituation geschafft haben, sich in der weißen Gesellschaft in Deutschland durchzusetzen und welche Strategien und Maßnahmen sie ergriffen haben, um trotz der diskriminierenden Rahmenbedingungen erfolgreich zu sein, hat der May Ayim Ring Münster den erfolgreichen Trainer und früheren Deutschen Fußballmeister (2002 mit dem BVB) Otto Addo eingeladen. Er wird am Mittwoch, dem 27. Oktober, um 19 Uhr im Tribünengebäude des SC Preußen Münster zu Gast sein.

Christoph Strässer, ehemaliger Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung und Präsident des SC Preußen Münster, wird Otto Addo im Preußen-Stadion begrüßen und zur Situation Schwarzer und BiPoC beim SCP (Verein und Fangemeinde) sprechen. (Foto: SC Preußen Münster)

Otto Addo, erst vor wenigen Wochen zum Co-Trainer der Nationalmannschaft von Ghana ernannt, ist Top-Talente-Trainer von Borussia Dortmund. Er feierte Mitte Mai diesen Jahres als Co-Trainer von Interimscoach Edin Terzic mit dem BVB den Gewinn des DFB-Pokals.

„Ich war das auch im Fußball gewohnt, beleidigt zu werden. Das war für mich leider normal. In der Hälfte der Spiele ist das passiert, in der anderen nicht. Für mich war es das Größte, wenn ich trotzdem als Sieger vom Platz ging. Das war für mich das Beste.“

Otto Addo über rassistische Beleidigungen im Fußball
Otto Addo ist Top-Talente-Trainer bei Borussia Dortmund und Co-Trainer der Nationalmannschaft von Ghana. (Foto: BVB)

Wie May Ayim ist auch Otto Addo in Hamburg geboren. Auch seine Mutter ist Hamburgerin und sein Vater, wie der von May Ayim, ein aus Ghana stammender Mediziner. Mit sechs Jahren begann Addo beim örtlichen Club Hummelsbütteler SV Fußball zu spielen. Die Konzentration auf den Sport wurde dem Jungen schwer gemacht, denn sowohl auf dem Fußballplatz als auch in der Schule. „Meine Schwester und ich waren die einzigen Schwarzen auf der ganzen Schule. Ich musste mich erstmal beweisen, egal, wo ich hinkam – in der ersten Klasse, der Vierten, der Gymnasialstufe“, erklärte Otto Addo im Gespräch mit den Ruhr Nachrichten. Er wurde Otto Addo – wegen seiner Hautfarbe – immer wieder diskriminiert und rassistisch beleidigt. Trotzdem kämpfte er sich durch und erklomm mit dem BVB als Spieler und als Mitglied des Trainerteams die höchsten deutschen Fußballgipfel.

„N*** raus!“

Otto Addo machte im Fußball Karriere. Als er 1997 in der 2. Liga mit Hannover 96 – gemeinsam mit Gerald Asamoah im Team – bei Energie Cottbus antrat, erlebte Addo und der Profifußball in Deutschland einen seiner Tiefpunkte. Im Gespräch mit dem Fußball-Magazin 11 Freunde erinnerte sich Addo an dieses Spiel: „Außer­halb des Sports gab es noch schlim­mere Sachen, aber was den Fuß­ball angeht, war es das, ja. Weil das Sta­dion damals mit 20.000 Zuschauern voll war, und auf einmal schreien die Fans zwei, drei Minuten lang: ​»N*** raus!« Ich hab’ gedacht, ich bin im fal­schen Film. Auch die Gegen­spieler haben mich und Gerald Asa­moah belei­digt, wollten uns pro­vo­zieren.“

Ghana statt Deutschland

Die Laufbahn von Otto Addo wurde ebenfalls durch Rassismus beeinflusst, wie er 11 Freunde erklärte: „Als Anfang der 90er die Gewalt­taten im Osten gegen Aus­länder zunahmen, wäre ich da nicht hin­ge­wech­selt. Dass ich mich damals für die gha­nai­sche Natio­nal­mann­schaft ent­schieden habe, hängt auch mit nega­tiven Erfah­rungen zusammen. Ich finde aller­dings sehr gut, dass Gerald Asa­moah für Deutsch­land spielt. Das muss jeder für sich ent­scheiden.“

Rassismus im Sport spiegelt die Einstellung der Gesellschaft

Addo erlebt Rassismus noch immer. So erzählte er dem Fußball-Magazin, dass er wegen seiner Hautfarbe diskriminiert würde. Erst, wenn er als prominenter Sportler erkannt würde, täte es den Täter*innen Leid: „Zum Bei­spiel die Polizei: Wenn die sehen, dass ein dun­kel­häu­tiger Mensch einen teuren Wagen fährt, dann drehen die auf der Straße um und halten dich an. Manchmal pas­siert das drei Mal am Tag. Und dann for­dern sie in einem ernsten Ton Aus­weis­pa­piere von mir und allen Insassen. Einmal mussten wir sogar aus­steigen und uns durch­su­chen lassen. Wenn sie dann meinen Namen lesen, werden die Stimm­lagen gleich freund­li­cher, zumin­dest wenn sie Ahnung vom Fuß­ball haben und mich erkennen. So was ist mir überall pas­siert, in Ham­burg, Han­nover, Dort­mund. Es kommt heute auch noch vor, dass mich Dort­mund-Fans in gebro­chenem Eng­lisch anspre­chen.“

Anmeldung per Email

Das Gespräch und Diskussion mit Otto Addo zum Thema „Rassismuserfahrung von Spitzensportlern“ beginnt um 19 Uhr im VIP-Saal 1 des Preußen-Stadions. Beim Zutritt zur Veranstaltung gilt die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet). Deshalb wird um eine vorherige Anmeldung per Email (addo@may-ayim-ring.org) wird gebeten.

Aufstehen in Münster

Am Mittwoch (23. Januar 2019) luden die Aktivisten der Bewegung „Aufstehen“, die nach eigener Aussage in der Domstadt 600 „Mitglieder“ habe, zum ersten Mal zu einer öffentlichen Veranstaltung in Münster ein. Rund 200 Interessierte aus Münster, dem Münsterland aber auch aus Osnabrück, dem Ruhrgebiet und selbst aus der Rheinschiene kamen ins Bennohaus, um die Aktivisten sowie die Promis zu hören.

Angekündigt zur Auftaktveranstaltung von Aufstehen in Münster war neben Marco Bülow (links) und Steve Hudson auch Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der Linken. Sie war aber erkrankt. Bild: Aufstehen Münster (facebook)

Zunächst war Stühlerücken angesagt, denn offensichtlich hatte selbst die Orga-Gruppe von Aufstehen Münster unter Leitung von Matthias Gößling nicht mit einem so großen Interesse gerechnet. Auf dem Podium begrüßete Frank Kemper, Mitarbeiter des MdB Alexander Neu und selbst Mitglied der Partei Die Linke, die Gäste und das mit drei (Ex-)SPDlern besetzte Podium.

Den Auftakt machte der Britte Steve Hudson (Köln), der zunächst seine gelbe Warnweste suchte. Er fand sie erst später wieder, konnte dann seine Solidarität mit der französischen Bewegung „Mouvement des Gilets jaunes“, die jüngst verkündete, zur Europawahl mit einer eigenen Liste anzutreten, doch noch auf der Bühne deutlich machen. Der Sozialdemokrat, Mitglied der SPD und von Labour, erinnerte an die unsoziale Vermögensverteilung in Deutschland, Europa und der Welt: „Das ist ungerecht – aber wir sehen am Beispiel Frankreich, dass Änderungen möglich sind. Wir müssen aufstehen – und zwar möglichst viele!“

MdB Marco Bülow, bis vor kurzem SPD-Mitglied, forderte von der Politik mehr Mitbestimmung der Menschen ein.

Ins gleiche Horn stieß Marco Bülow (Dortmund), seit seinem Parteiaustritt aus der SPD Ende vergangenen Jahres fraktionsloser Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Der in der Westfalenmetropole direkt auf SPD-Ticket in das Berliner Parlament gewählte Bülow hob den Verlust von Demokratie, insbesondere durch die unzähligen Lobbyisten in Berlin, hervor: „Die schreiben sogar an den Gesetzen mit.“

Die Basisaktivistin Andrea Schaaf (Köln) berichtete von der erfolgreichen Gründung der Kölner Aufstehen-Initiative. Wichtig war ihr, dass Aufstehen gesehen wird. „Wir waren gestern in Aachen, wo Merkel und Macron einen neuen Vertrag unterzeichneten. Durch unsere gelben Westen und den großen weißen Ballon mit dem Aufdruck Aufstehen wurden wir für viele Interessierte zum Anlaufpunkt. Es tut gut zu diskutieren und zu merken, dass wir viele Unterstützer haben, die eine andere, sozial gerechtere Politik wollen.“

Zwischen den Reden ließ Frank Kemper die Anwesenden das tun, was die Initiatoren von möglichst Vielen erwarten – aufstehen und ins Gespräch kommen. Aber auch Statements und Nachfragen waren möglich. So wurde unter anderem diskutiert, wie das korrekte Verhalten gegenüber AfD-Anhängern bei Aktionen oder Demonstrationen sei. Für Bülow ein einfach zu lösendes Problem: „Frag ihn, ob er nach oben oder nach unten tritt!“ Den Anwesenden war schließlich klar: „Die Aufregung darf nicht von rechts, sie muss von links kommen.“

Abfrage der Parteipräferenzen der Aufstehen-Interessenten durch die Vorbereitungsgruppe auf Facebook (57 Teilnehmer).

Im Vorfeld hatte die Initiative bei Facebook ihre Interessenten nach deren Parteipräferenz gefragt. Rund 60 Prozent tendieren zu der Linken, knapp 20 Prozent bevorzugen die SPD und knapp zehn Prozent würden die Grünen wählen. Bei der Versammlung im Bennohaus zeigten bei der Nachfrage nach Mitgliedschaft in einer Partei lediglich ein Drittel auf.

Von den Grünen war nur vom Podium etwas zu hören; nämlich dass die Parteijugend gelegentlich Seit an Seit mit Aufstehen auf Demonstrationen unterwegs sei. Die SPD war insbesondere durch das Podium selbst vertreten; aber durchaus schlecht, da zwei Referenten den früheren Tanker der deutschen Arbeitnehmerschaft schon verlassen hatten. Bleiben die Linken.

Der Kreisverband hatte sich schon frühzeitig auf einer Mitgliederversammlung von der Initiative von Sarah Wagenknecht und ihrer innerparteilichen Gefolgschaft distanziert. Trotzdem gehören zwei Mitglieder des münsterschen Kreisverbandes zum Orga-Team von Matthias Gößling. Im Publikum waren auch einige weitere Linke zu sehen, wobei der Fraktionsvorsitzende Rüdiger Sagel sicherlich nur als Beobachter da war. Schließlich hat sich Ex-MdL Sagel schon mehrfach – unter anderem auf Facebook – klar gegen Aufstehen positioniert.

Das nächste Aktiventreffen von Aufstehen in Münster findet am Montag, dem 11. Februar, von 19.30 Uhr bis 21 Uhr im Nebenan vom Garbo an der Warendorfer Straße statt.