„Sich fügen heißt lügen!“

Geburtstag von Erich Mühsam

Heute vor 147 Jahren wurde in Berlin der unbeugsame Erich Mühsam geboren. Der Anarchist war Aktivist der Münchener Räterepublik, ein großer Schriftsteller und Publizist sowie überzeugter Antimilitarist. Er wurde in der Nacht des Reichstagsbrandes Ende Februar ´33 von Nationalsozialisten verhaftet. Nur etwas mehr als ein Jahr später, in der Nacht zum 10. Juli 1934, ermordeten SS-Aufseher Erich Mühsam im KZ Oranienburg .

„Ich hab’s mein Lebtag nicht gelernt, mich fremdem Zwang zu fügen. Jetzt haben sie mich einkasernt, von Heim und Weib und Werk entfernt. Doch ob sie mich erschlügen: Sich fügen heißt lügen!

Erich Mühsam. (Foto: Bundesarchiv; © wikipedia.de)

Mit elf Jahren begann Erich Mühsam, der in Lübeck aufwuchs, mit dem Schreiben. Zunächst Tierfabeln, später, mit 15 Jahren, satirische Beiträge für einen Clown. Mit 17 Jahren wurde er wegen „sozialdemokratischer Umtriebe“ von der Schule verwiesen und begann eine Apothekerlehre. Anfang des 20. Jahrhunderts ging Erich Mühsam nach Berlin, wo er zunächst als Apotheker und schon 1902 als Redakteur der Us-amerikanischen, anarchistischen Zeitschrift „Der arme Teufel“ arbeitete. In Berlin knüpfte er Kontakte zu anarchistisch-kommunistischen Aktivist*innen und lernte auch Gustav Landauer kennen. Auch in Künstler*innenkreisen verkehrte er.

Gedichte, Theaterstücke und politische Texte

1904 ging Mühsam vier Jahre gemeinsam mit seinem Freund Johannes Nohl auf Wanderschaft. Stationen waren die Schweiz (Zürich, Ascona) und Norditalien. Sie besuchten auch München, Paris und Wien. Ab 1909 lebte er in München-Schwabing, wo er im Sozialistischen Bund aktiv war und versuchte, das Subproletariat anarchistisch zu agitieren. Zudem verfasste er Gedichte, Theaterstücke und politische Texte. Unter anderem gab er monatlich „Kain. Zeitschrift für Menschlichkeit“ heraus.

Frühlingserwachen
von Erich Mühsam
Wieder hat sich die Natur verjüngt,
wieder sich mit frischem Stoff gedüngt,
und dem Moder wie den jungen Keimen
hat die Kunst zu malen und zu reimen.
Die Gebeine harren der Bestattung,
währenddem die Früchte der Begattung
fröhlich ins Bereich des Lebens ziehn ­
insoferne sie soweit gediehn.
Viech- und Menschern heben sich die Büsen;
in den Bäumen quillt’s und den Gemüsen.
Tief im Kern der Erde hat’s gekracht:
Ja, der Früh-, der Frühling ist erwacht.

© Gedichte von Erich Mühsam

Mit Kriegsbeginn veröffentlicht Erich Mühsam deutlich weniger. 1915 sucht er Kontakt zu Pazifist*innen und linken Sozialdemokrat*innen, um einen Aktionsbund gegen den Krieg zu gründen. Im September heiratet Erich Mühsam Kreszentia Elfinger.

Ein Jahr später nimmt Mühsam an Hunger- und Protestdemonstrationen in München teil und propagiert die revolutionäre Beendigung des Krieges. Er kommt in Kontakt zur Spartakus-Gruppe und gehört ab 2017 dem Gesprächskreis von Kurt Eisner von der USPD an. Zur Oktoberrevolution in Rußland nimmt Erich Mühsam, wie die Anarchist*innen in Petersburg (Stichwort: Kronstadt) eine kritsch-linke Position ein, was ihn unter anderem in Konflik mit Eisner bringt.

Vereinigung Revolutionärer Internationalisten

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges ruft Erich Mühsam beim Münchner Januarstreik der Munitionsarbeiter zur Revolution auf, was ihm die Einberufung zum „Vaterländischen Hilfsdient“ einbringt. Diesen verweigert er, weshalb ein Zwangsaufenthalt in Traunstein folgt. Als die Novemberrevolution in Deutschland ausbricht gründet Mühsam die Vereinigung Revolutionärer Internationalisten (VRI), um die Rätebewegung zu radikalisieren. Weiterhin arbeitet er auch mit orthodoxen, zentralistischen Kommunisten zusammen. Er gehört nach der Ausrufung der Revolution in München durch Kurt Eisner in führender Position dem Revolutionären Arbeiterrat (RAR) an. Im Kampf um die Durchsetzung des Rätesystems, hier der Text „Alle Macht den Räten“ aus seiner Zeitschrift Fanal zum Download .

Auf dem Münchner Rätekongreß im Februar 1919 fordert Mühsam die Schaffung einer bayerischen Räterpublik – er erlangt aber keine Mehrheit; ist ab Anfang April trotzdem führend an der Gründung der Münchener Räterepublik beteiligt. Nach der blutigen Niederschlagung wir er verhaftet, zu 15 Jahren Festungshaft, von denen er fünf Jahre in Ansbach und in der Festungshaftanstalt Niederschönenfeld absitzt. Nach der Haftentlassung kehrt Erich Mühsam nach Berlin zurück, wo er ab Oktober 1926 die Zeitschrift Fanal herausgibt. Ab 1931 ist der Publizist und Redner Mühsam intensiv in der antifaschistischer Agitation tätig. Seine letzte Publikation in Freiheit ist „Die Befreiung der Gesellschaft vom Staat“.

Erich und Kreszentia Mühsam fanden auf dem Waldfriedhof Berlin Dahlem ihre letzte Ruhestätte. (Foto: Werner Szybalski)

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