Bauernkrieg auf der Bühne

Kleine Bühnenboden zeigt den „Mann mit der Regenbogenfahne“

Vor genau 500 Jahren gab es den größten Aufstand von unten in der deutschen, an Revolutionen so armen Geschichte. Mit den „12 Artikeln“, die Forderungen mit welthistorischem Charakter enthalten, und dem nach der Veröffentlichung folgenden „Großen Bauernkrieg“ beschäftigen sich derzeit viele Menschen. Natürlich auch progressive Vereinigungen aus der Landwirtschaft, wie zum Beispiel die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, die einen „Blick zurück der Zukunft zugewandt“ wagen.

Mit einem agrarpolitischen Symposium und einem Theaterstück erinnern ehemalige und heutige Studierende der Universität Hohenheim bei Stuttgart an den Bauernkrieg. Im Blogbeitrag 500 Jahre Menschenrechtserklärung von unten „Revolution des Gemeinen Mannes“ erstreitet in blutig niedergeschlagenen Aufstand mehr „Freyheyt“ wird aufgezeigt, was die vereinigten drei Bauernhaufen aus Oberschwaben im Memmingen verabschiedet haben. Ebenso ist ein Abriss des Bauernkrieges im Artikel vorhanden.

Erfolge durch Bauernkrieg ins Bewusstsein bringen




Regenbogenfahne der Mühlhäuser Aufständischen. (© Julia Mandry)

In Zusammenarbeit mit dem Asta und der Kulturgruppe der Universität Hohenheim will die „Gruppe 1525“ die Erinnerung an den Bauernkrieg wieder ins Bewusstsein der Gesellschaft rücken. Unter anderem mit dem Theaterstück „Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne“, das am 16. Mai 2025 im Kleinen Bühnenboden in Münster erstmals gezeigt wird, und einem agrarpolitischen Symposium, das am 25. Mai 2025 im Thomas-Müntzer-Scheuer, dem zentralen Platz des studentischen Lebens in Hohenheim, durchgeführt werden soll.

Menschenrechte von Bauern und Städtern formuliert

Die „Gruppe 1525“ will allem die damaligen Leistungen der Bäuerinnen und Bauern würdigen, insbesondere ihre 12 Artikel, wie sie in einer Pressemitteilung deutlich machen: „Was die 50 Bauern in Memmingen, quasi dem ersten deutschen Volksparlament, da im März 1525 zustande brachten, hatte welthistorischen Charakter. Tatsächlich gab es nie zuvor eine so umfassende Forderungen nach Menschenrechten für alle.“

Thomas Müntzer auf der Bühne

Die Leistung der geschundenen Bauern, die die Inhalte der 12 Artikel über Jahrzehnte während der immer wieder aufflammenden Kämpfe mit der Obrigkeit erarbeitet hätten, könne nicht hoch genug bewertet werden, betont die Gruppe. Dies spiegele sich auch im Theaterstück „Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne“, wider.

Sie bringen den Bauernkrieg in Münster auf den Kleinen Bühnenboden.

Der historische Hintergrund des Theaterstücks

Die Bäuerinnen und Bauern im Süden und Osten Deutschlands befinden sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts in einer verzweifelten Lage. Die Frondienste und Abgaben an die Grundherren erhöhen sich ständig, so dass für sie und ihre Familien immer weniger übrig bleibt. Gleichzeitig nehmen die Repressionen zu. Hand abhacken oder Augen ausstechen sind keine seltenen Strafen für das Aufbegehren gegen die Obrigkeit. In dieser Situation findet das „Neue Evangelium“, durch zahlreiche Bibelübersetzung auf Deutsch verfügbar, rasende Verbreitung. Prädikanten und Laienprediger ziehen über das Land und predigen die Gleichheit aller Menschen, unterstützt von den Kulturschaffenden, vor allem den Malern. Das ist die Initialzündung für die Bauern, die – die freien Schweizer Bauern vor Augen – nun nicht mehr leibeigen sein wollen und nach Gleichheit, Freiheit und Demokratie verlangen. Ihre Parole: „Nichts denn die Gerechtigkeit Gottes – nichts denn als unsere gerechte Sache!“

Müntzer und die Bauer

Thomas Müntzer ist einer der Theologen, die den Aufruhr unter den Bauern mit entfacht. Er unterstützt deren Forderungen und hilft mit, die 12 Artikel der Bauern mit der Bibel zu begründen. Er distanziert sich von Martin Luther, der die Reformation auf den kirchlich-geistlichen Bereich beschränken will und entwirft Konzepte, wie man die ganze Gesellschaft reformieren und „das Himmelreich auf Erden“ schaffen kann. Als Zeichen der Verbindung Gottes mit den nach Gerechtigkeit strebenden Menschen führt er die Regebogenfahne neben der Bundschuhfahne als Symbol ein. Die Regenbogenfahne ist zugleich auch Ausdruck der Offenheit der „Neuen Evangelischen Gemeinschaft“ für alle, die die Gleichheit der Menschen anerkennen wollen, also nicht nur Bäuerinnen und Bauern, auch Städter, Handwerker, Bergknappen und sogar Vögte, Herzoge und Fürsten. Die euphorisierten, teils fanatischen Bauern versuchen zunächst friedlich, dann aber auch gewaltsam, ihre Ziele zu erreichen. Dem Truchsess von Waldburg-Zeil gelingt es, mit Verhandlungen, Scheinverhandlungen und Attacken die Aufständischen hinzuhalten und zu spalten. Das von Thomas Müntzer verfolgte Ziel einer gemeinsamen Erhebung des ganzen Landes scheitert. Nur wenige Städte machen mit, viele schwanken und einige verraten die Bauern sogar. Nach und nach werden die Bauernhaufen von den Landsknechten des Truchsess aufgerieben. Die letzte Schlacht findet am 15. Mai 1525 bei Frankenhausen statt. Die schlecht ausgerüsteten und im Kampf unerfahrenen Bauern werden von den kriegserfahrenen Söldnern und Landsknechten der Fürsten regelrecht abgeschlachtet. 5000 sterben auf dem Schlachtfeld, 300 werden vor dem Rathaus in Mühlhausen enthauptet. Thomas Müntzer wird gefangen genommen und hingerichtet.

Zur Aktualität des Stücks

500 Jahre bäuerlicher Widerstand. Demonstration der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft vor dem Kramerzunftstube in Memmingen. (Foto: abl-ev.de)

„Das Stück vermittelt Geschichtsbewusstsein, zeigt den langen Weg der Freiheits- und Demokratiebewegung auf und spiegelt mit der Regenbogenfahne die ersten Ansätze einer multikulturellen Gesellschaft wider. Damit ist es auch ein Stück gegen rechte Tendenzen und für die Gleichheit aller Menschen“, verdeutlicht die Gruppe 1525 in ihrer Pressemitteilung. „Der Deutsche Bauernkrieg gilt als die erste große Freiheits- und Demokratiebewegung. Ihr Scheitern hatte nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Bauern und einfachen Leute, sondern auch auf die Geschichte. Verarmung, Abbau von Grundrechten, permanente Religionsstreitigkeiten und nicht zuletzt der Dreißigjährige Krieg sind darauf zurückzuführen. Die mit dem Bauernkrieg verbundenen Ziele und Werte wie Freiheitsrechte, Gleichheit vor dem Gesetz und Mitbestimmung sowie der Wunsch nach demokratischen Entscheidungsprozessen flammten aber immer wieder auf, zum Beipiel in den Revolutionen 1848 und 1918/19, und sie gingen ein ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.“ Die damaligen Forderungen der Bauern haben bis heute „nichts von ihrer Aktualität verloren“, so Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Auch in den UNO-Menschenrechten findet sich ein Großteil der damaligen 12 Artikel der Bauern wieder. Dieser Zusammenhang wird im Stück hergestellt. Der Streit, ob die Reformation die ganze Gesellschaft reformieren oder auf den kirchlich-geistlichen Bereich beschränkt werden soll, spitzt sich in der Auseinandersetzung zwischen Luther und Müntzer zu. Luthers Hetzschrift „Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern“, in der er auffordert, Bauern „wie tolle Hunde totzuschlagen“, radikalisiert auch Müntzer. Der ruft nun auch dazu auf, „das Schwert nicht kalt“ werden zu lassen und die Macht gewaltsam zu ergreifen.

Das Symbol der Regenbogenfahne

Die politische Aktualität ist nicht zuletzt auch durch die Regenbogenfahne gegeben. Für Thomas Müntzer, den Erfinder dieser Fahne, war sie zunächst Symbol der Verbindung Gottes mit den Menschen. Die Vielfalt der Farben wurde dann übertragen auf die Vielfalt der Menschen, die beim Bündnis für eine neue Gesellschaft mitmachen dürfen und sollen. Dieser in der Fahne angelegte Grundgedanke der Vielfalt wurde zunächst von der Friedensbewegung, dann von den Umweltorganisationen und inzwischen auch von der LGBTQ-Bewegung aufgenommen, ist also hoch aktuell. Aktuell ist schließlich auch die Unzufriedenheit auf dem Land, auch wenn die heutigen Bedingungen nicht mit den damaligen vergleichbar sind. Die Situation hinsichtlich Freiheitsrechten und Mitbestimmungsmöglichkeiten ist heute eine andere, was aber für die Bäuerinnen und Bauern spürbar bleibt, ist der ökonomische Druck zum Überleben und der Wunsch nach einer ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft. Auch damals kämpften die Bauern für Pacht-, Jagd- und Fischereirechte, die ihnen nachhaltiges Wirtschaften ermöglichen sollten.

Klassisches Revolutionsstück

Der Münsteraner Gerhard Schepper überarbeitete das Drama „Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne“ von Friedrich Wolf für die Aufführungen in Münster und Hohenheim. (Foto: Werner Szybalski)

„Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne“ sei auch ein klassisches Revolutionsstück: ein denkender Intellektueller sieht das Elend der Welt; er entscheidet sich, sich für die Unterdrückten einzusetzen; er rührt den Aufruhr mit an und liefert die theoretische Begründung; er sieht, dass der politische Kampf persönliche Opfer nötig macht und erkennt das Dilemma: kleines persönliches Glück oder Gerechtigkeit für alle; er will beides, das Himmelreich auf Erden und das persönliche Glück für alle, er will materielle Gerechtigkeit und Eingriffe ins Eigentum; schließlich sieht er vor lauter Euphorie die Realität nicht mehr und willigt ein, Verräter zu töten, weil er glaubt, damit die Bewegung zu retten; am Ende scheitert er und wird hingerichtet.

Die Zweifel, das Schwanken zwischen der Hoffnung auf den großen Sieg und der Angst vor dem totalen Verlust – diese Zerrissenheit bei Müntzer, den Bauern, Bergknappen und Städtern kommt in dem Theaterstück immer wieder zum Ausdruck. So bringt das Theaterstück zum 500. Jahrestag des Großen Deutschen Bauernkriegs nicht nur den historisch-politischen Aspekt auf die Bühne, sondern auch den ganz persönlichen inneren Kampf des Einzelnen mit all seinen Widersprüchen.

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